Ihr Lieben,
nach Madrid kommt nur der Himmel, so heißt es. Naja, das scheint mir arg übertrieben. Aber immerhin habe ich mich etwas eingewöhnt und bin nicht mehr ganz so aus dem Takt. Ich entdecke mehr und mehr schöne Seiten der Stadt.
Da Aufstehen ja etwas unglaublich anstrengendes hat, begab ich mich nach dem Kaffee erst einmal in die Jardines del Buen Retiro, in etwa mit Gärten des Rückzugs oder der Abgeschiedenheit zu übersetzen. Dieser Park, er liegt direkt hinter dem Prado, ist wirklich nett. Es gibt einen Rosengarten, viele Brunnen, einen großen See, wo man Bötchen fahren kann. Seeehr schön ist es da. Voller Madrilenen und Touristen, die ein bisschen Ruhe suchen, Straßenmusikern, kleinen Kiosken, an denen man sich stärken kann. Es wird gejoggt, tai-chi-t, gewalkt und flaniert. Einem Maler kaufte ich zwei Bilder ab, ein sehr netter, älterer Herr, der gerne von sich und seinen Bildern erzählte. Eine gute Gelegenheit, Spanisch zu üben. Ein Bild heißt „Los siete diás del oportunidad“, er hat es für seine Tochter gemalt (die es vielleicht nicht haben wollte?) und eines stellt Don Quichote und Sancho Pansa dar. Ich weiß nur langsam nicht mehr, wohin damit. Ich muss mir bald eine Villa mieten, um alles aufhängen und aufstellen zu können. Wer spendet freiwillig?
Ich brachte meine Neuerwerbungen ins Hotel und kaufte anschließend wieder im Corte de Inglès ein. Der Supermercado dort platzte aus allen Nähten, aber das wundert mich jetzt nicht mehr, ist doch scheinbar halb Europa in der Stadt. Gottseidank brauchte ich nur Obst, Wasser und Wein (das mit dem Obst musste sein, da das Essen in den Bars und Restaurants hier nicht gerade vor Vitaminen strotzt). Ich nahm einen Ausgang, wo an der Fassade offensichtlich gerade eine Weihnachtsinstallation lief und stand einer Mauer aus Menschen gegenüber. Damit ihr mir das mit den Massen auch mal glaubt:
Danach suchte ich mir ein Plätzchen zum Mittagessen. Das ist hier auch eine besondere Herausforderung. Die Leute stehen ja Schlange vor den Restaurants. Gegenüber des Hostals gibt es allerdings ein Restaurant, da sitzt NIEMAND. Das wiederum schreckt mich jetzt auch ab. Ich wurde in der Calle del Carmen fündig. Einige werden es wissen, in Spanien wird in fast allen Restaurants mittags das sogenannte „Menu del dìa“ angeboten. Es besteht aus drei Gängen und ist unglaublich preiswert, dabei aber nicht von schlechter Qualität. Man hat auch meistens die Auswahl zwischen je drei oder vier Arten von Vor-, Haupt- und Nachspeisen. Dazu wird obendrauf auch noch ein Getränk serviert. Ich zahlte heute für eine Hähnchen-Empanada, Rippchen mit Salat und Crema Catalan mit einem Glas Wein 16,50 Euro. Ich habe mal gehört, dass das Menu del dìa für Restaurants gesetzlich verpflichtend ist, wenn sie einen bestimmten Status erhalten wollen. Finde dazu aber jetzt auf die Schnelle keinen Beleg.
Ich fuhr zur Plaza de Antón Martín. In der U-Bahn dahin stieg ein Mann mit einer Tüte Lutscher ein, die er den Passagieren anbot. Dann sang er ein Lied, es war, soweit ich verstehen konnte, ein persönliches über seine Situation. Sehr herzergreifend vorgetragen. Ich besitze jetzt einen Chupa-Chup. Mag ich gar nicht. Egal. An der Plaza de Antón Martín gibt es einen etwas traditionelleren Markt, heißt, es werden nicht nur Touristen mit Tapas vollgestopft. Man war aber gerade im Begriff, alles zu schließen. Der Markt an sich ist schon nett (ich liebe spanische Markthallen ja über alles!), aber die Gegend drumherum ist auch sehr schön. Ich lief ein bisschen herum und dann über die Puerta del Sol (wo ich durch Zufall eines der Wahrzeichen Madrids, den einen Erdbeerbaum erklimmenden Bären, entdeckte) zurück ins Hostal, es wurde Zeit für ein Nickerchen! Ich musste mich ja schließlich für die Abendattraktion stärken. Und nein, ein Bild des Nickerchens gibt es nicht.
Wer denkt bei Madrid nicht sofort an Schuhplattlern? Wie? Ooops, stimmt, das war ja Mailand. Also, wer denkt bei Madrid nicht auch automatisch an Flamenco? Ich zugegebenermaßen nicht so. Aber es wird einem quasi überall angeboten. Mit meiner lieben Freundin Erika war ich mal in Lissabon bei einem Fado-Abend, garantiert original und keine Touristenbude. Aber wer weiß es wirklich? Wir haben uns das damals schöngetrunken und ich signierte CDs der Künstler gekauft, die ich dann nie wieder gehört habe. Und heute? War ich im Café Ziryab gut aufgehoben? Ich weiß es wieder nicht, aber es war eine nette Vorführung in schönem, übersichtlichen Ambiente. Vor allem der Sänger war hörenswert. Aber auch Gitarrist, Tänzerin und Tänzer waren mit Leidenschaft dabei. Alle hatten auch einen stark bejubelten Solopart. Am Ende der Show kamen noch Flamencofreunde in Straßenkleidung auf die Bühne und performten mit den anderen. Die Getränke und das Essen waren preiswert. Mir gefiel irgendwie die „traditionelle Wurst aus xy-Stadt mit Brot“, dachte dabei an Chorizo, aber es kam Blutwurst. Wäre ja jetzt auch nicht für jeden was gewesen. Mir war es recht, war fast wie Kölner Flönz.
Der Rückweg war etwas problematisch, man hatte einige U-Bahnstationen gesperrt. Ich stieg an einer anderen aus und kämpfte mich durch die Menschenmassen an der Gran Via. Ich komme – ihr merkt es – nicht über die schier unfassbare Zahl der Leute auf den Straßen hinweg.
So, ich bin zufrieden mit heute, es war halt auch etwas entspannter als die Tage davor. Madrid ist hiermit offiziell von der Liste der schrecklichen Städte gestrichen. Aber der Himmel?
Sehen wir uns morgen, Ihr Lieben? Das würde mich freuen. Liebe Grüße, Euer