Ahrweiler – etwas Umgebung

Ihr Lieben,

heute habe ich mit ein strammes Programm vorgenommen! Aber ich erinnere nur an Bert Brechts Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens. So wie ich mir das vorstellte, klappte es natürlich nicht.

Nach dem Frühstück checkte ich aus und fuhr zur Burg Olbrück. Die, wie ich aus meinen Recherchen zwischen Spiegelei und Obstsalat herausfand, erst um 11 Uhr öffnen sollte. Ich wollte dann abends in meinem Blog witzeln, dass sie damit das Geschäft ihres Lebens verpasst haben, weil ich geplant hätte, den gesamten Souvenirladen leerzukaufen. Vor Ort angekommen musste ich feststellen, dass alles – trotz angekündigtem Eintrittsgeld – frei begehbar und recht öde war. Witzig waren alleine Stationen, an denen man an einer Exkalibur-Schwert-Imitation ziehen konnte. Daraufhin wurde etwas über die Burg erzählt. Fazit: Schöne Ruine, aber möglicherweise für einen weiteren Umweg den Aufwand nicht wert. Die Aussichten, die sich bieten sind aber hübsch.

Mein nächster Stopp war die Benediktinerabtei Maria Laach. Wow. Was ein Trubel. Ein Disneyland für Gläubige. Kloster, Klostergärtnerei, Klostergaststätte, Klostershop, Klosterhofshop, Klosterschmiede, Klosterdies und Klosterdas. Der Klosterparkplatz eine Herausforderung! Aber alles sehr sehenswert und beeindruckend. Ich erstand einen „Klingelbeutel“ Klosterbier und einen Klosteressig. Die Kunstschmiedekunst war nicht wirklich nach meinem Geschmack, aber die Gärtnerei hat mich begeistert! Zudem war gerade in der Klosterkirche hohe Messe, als ich da reinpurzelte. Ich überlegte noch, zum See zu laufen, brach aber nach zwei Kilometern ab und kehrte um, da der See durch Gestrüpp nur zu erahnen war und ich nicht wusste, wann ich zu einer freien Sicht gelangen würde. Hier muss man definitiv mehr Zeit einplanen, als ich es tat.

Wir kommen nun zu einem Märchenschloss: Schloss Bürresheim. Wuuuunderschön! Eine hinreißend gut erhaltene Burg mit Schlossteil. Ich kam genau richtig zu einer Burgführung (ohne die geht es nicht ins Innere). Die Räumlichkeiten sind bis 1938 von den Abkömmlingen der Erbauer (klar, mit wechselvoller Geschichte) bewohnt worden und alles ist quasi im Original erhalten. Verschiedene Baustile prägen den Komplex. Die Führung war erstaunlich gut gebucht und sehr informativ.

Leider wurden aus der mir an der Kasse anvisierten 40 Minuten für die Führung weit über eine Stunde und ich musste umdisponieren. Denn ich wollte mich ja um 15 Uhr mit Silvia und Georg von der Afrika-Reise in Remagen treffen. Die von mir geplanten Stationen Schloss Namedy und der Kaltwassergeysir in Andernach fielen der zu engen Planung zum Opfer. Auf dem Weg hielt ich nur kurz noch bei Schloss Ahrenthal, wo ich aber nur den unspektakulären Vorbau fotografierte, um dann festzustellen, dass ein landwirtschaftliches Großfahrzeug, das ich erst kurz zuvor überholt hatte, wieder vor mir war.

Ehrlich, das kam heute dreimal vor, dass ich im Schritttempo hinter speziellen Gefährten fahren musste. Dazu die Fahrweise der Ureinwohner hier, erkennbar an den Kennzeichen AW oder MYK, die unter aller Sau ist, gepaart mit Motorradfahrern, die ihres Lebens ganz offensichtlich überdrüssig sind. Daher stelle ich mir vor, dass diese gar nicht wünschten, dass man im Falle einer Verunglückung anhält und ihnen irgendwie hilft. In der Eifel Auto zu fahren erfordert viel Umsicht und Nerven.

Mit dem Hotel in Remagen hatte ich vereinbart, dass ich kurz vor 3 Uhr einchecke, um pünktlich beim vereinbarten Treffpunkt sein zu können. Und ich wollte Cora in der Tiefgarage des Hotels abstellen. Leider konnte man vor dem Hotel nicht wirklich parken und als ich dann nach zweimaligem Fahren um den Block in einer Hausnische halten konnte, war niemand da. Ich probierte ein paar Rufnummern an der Eingangstür und bekam nach ein paar Minuten Einlass. Cora in die Garage, Koffer aufs Zimmer, einmal Wasser ins Gesicht klatschen und ich war auf die Sekunde genau im Restaurant.

Dort konnte man sich zwar nicht an eine Reservierung erinnern, schob aber zwei Minitische auf der hoffnungslos überfüllten Terrasse zusammen und brachte mir die Speisekarte. Ich schrieb eine WhatsApp: „Bin da!“ und schickte ein Selfie mit. Prompt kam eine Nachricht zurück, dass ich im falschen Restaurant, auf der falschen Terrasse säße. Man warte schon auf mich. Wie peinlich! So kam ich dann mit 10 Minuten Verspätung am richtigen Ort an.

Was soll ich sagen… Eigentlich wollte ich am späten Nachmittag noch Sightseeing in Remagen machen. Appollinaris-Kirche, die berühmte Brücke… Aber es war dann so nett mit Silvia und Georg, dass wir uns total verquatschten. Dann die Rechnung zahlten, dann nachorderten, dann die Rechnung zahlten…. Aber es ist auch ein wirklich schönes Treffen in einem wirklich schönen Restaurant geworden. Übrigens: Die Fischsuppe war ein Traum!

Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust: Jetzt sitze ich in meiner Butze und finde es schade, dass meine kleine Tour schon wieder zuende ist. Aber ich freue mich auch, dass es so eine schöne Tour war.

Ich hoffe, es hat Euch auch ein bisschen gefallen, mich zu begleiten und ich freue mich auf unsere nächste gemeinsame Reise. Wahrscheinlich ist dies ein Kurztrip nach Nordenham.

Liebe Grüße, Euer Gerry

Ahrtal – Ahrweiler (2)

Ihr Lieben,

am Abend trank ich auf dem Zimmer natürlich noch das ein oder andere Glas Wein, als ein fürchterliches Grunzen einsetzte. Einer meiner Zimmernachbarn schlief offensichtlich mit geöffneten Fenstern, meine waren auch sperrangelweit aufgerissen. Und er schnarchte um sein Leben, das hatte ich so noch nicht gehört. Selbst die Einbauschränke wackelten. Ein Hoch auf den modernen Hörschutz.

Um halb 9 morgens begab ich mich ins Bistro, wo das Frühstück serviert wurde. Es war ganz anständig. Leider fing es draußen an zu nieseln, das versprach schon mal nichts Gutes. Als ich noch fantasierte, mit Regenschirm bewaffnet ausreichend gerüstet zu sein, verstärkte sich der Regen zur Bindfadendichte. Also fiel der Beschluss, mit Cora durch die Lande zu fahren.

Erste Station war der ehemalige „Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes“, im Volksmund „Regierungsbunker“ genannt. Dort kann man zu einem sehr stolzen Eintrittspreis eine Führung buchen, die  Fotografieerlaubnis kostet ebenfalls extra. Aber es ist wahnsinnig interessant und spannend! Angelegt in einem früher geplanten, nie fertiggestellten Eisenbahntunnel wurde auf über 17 km Wegstrecke der Ernstfall geprobt und alles für die wichtigsten Vertreter des Volkes vorgehalten. Heute vielleicht undenkbar! Nach damaligen Verhältnissen atombombensicher, autark und angeblich super geheim. Dazu muss man wissen, dass nach der Wiedervereinigung die kompletten Pläne des Bunkers in den Archiven der Stasi gefunden wurden. Es lohnt sich, pünktlich zur Eröffnung hier zu sein, da es sich später ziemlich knubbelt, wahrscheinlich insbesondere bei Regenwetter.

Als die Führung zu Ende war, nieselte es immer noch. Daher war mein nächster Stopp die Römervilla. Die Existenz einer bestehenden großen römischen Anlage war wohl schon länger bekannt, das Ausmaß wurde aber erst sichtbar, als in den 80er Jahren die Umgehungsstraße in Ahrweiler gebaut wurde und dabei die Ruinen in ihrer Gesamtheit freigelegt wurden. Jetzt ist alles überdacht und man kann die Fundamente und Überbleibsel eines römischen Herrenhauses mit Nebengebäuden begehen. Hier ist der Eintrittspreis noch zivil, insbesondere wenn man eine Gästekarte hat, zudem ist es, jedenfalls für mich, immer spannend, Wege entlang zu laufen, auf denen vor Tausenden von Jahren schon andere Menschen gegangen sind. Und dabei ein bisschen ihre Geschichte zu spüren.

Auch nach diesem Programmpunkt hatte das Wetter sich noch nicht wirklich gebessert. Ich beschloss, den schönsten Programmteil meiner Reise jetzt zu absolvieren. Ich ging weinkaufen. Ja, ja! Dieses Verb existiert, es wurde extra für mich erfunden. Von mir. Und von anderen vor mir wahrscheinlich auch. Ich fuhr zur Winzervereinigung, zum Kloster Marienthal und zu Brogsitter und belud Cora, bis sie ächzte. Ich fürchte, meine Kreditkarte ächzte auch. Aber das höre ich ja Gott sei Dank erst Wochen später.

Erst jetzt klarte es endlich etwas auf, ich stellte Cora auf dem Hotelparkplatz ab und lief durch das Adenburgtor die Weinberge hoch zur Gedenkstätte Silberbergtunnel. Kurz bevor man an der Gedenkstätte ankommt, hat man einen sagenhaften Blick auf ganz Ahrweiler. Der Silberbergtunnel gehörte auch zu dem Eisenbahnprojekt, das durch die französischen Besatzer untersagt wurde, daher stehen dort Viaduktpfeiler, aber die Verbindung für die Schienen wurde nicht mehr fertiggestellt. Dafür konnten sich im Zweiten Weltkrieg die Ahrweiler bei Angriffen in der sogenannten „Stadt im Berg“ verschanzen. Bis zu 2400 Menschen fanden dort Unterschlupf, bis durch Bombardement auch der Tunnel zerstört wurde.

Ich überlegte, noch zur Weinbergkapelle weiterzuwandern, hörte dann aber das 16-Uhr-Läuten aus der Stadt, ein klares Zeichen, zurückzugehen und für das leibliche Wohl in Form eines großen Krugs Bier zu sorgen. Auf dem Weg am Bahnhof vorbei dachte ich darüber nach, noch schnell nach Bad Neuenahr zu fahren, aber dann fiel der Zug aus. Ja ehrlich, kann man mir noch klarere Zeichen geben? Ich denke nein!

Ich beschloss im Marktbrunnen einzukehren, wo ich 10 Minuten lang beobachtete, wie sich drei Kellner kettenrauchend ausschließlich mit sich selbst beschäftigten, so dass ich die Lust verlor und zu meinem gestrigen Tisch beim Hotel zum Stern zurückkehrte. Den passenden Loriot-Ausspruch, ob ich den Herren vielleicht etwas bringen könne, verkniff ich mir. Im Stern wurde ich prompt bedient und plauderte auch noch nett mit dem Kellner.

Das Abendessen gestaltete sich schwierig. Ich hatte zu spät in den von mir ausgewählten Gaststätten angerufen. Alles ausgebucht. Auf gut Glück ging in den Innenhof der Pizzeria Perla, wo ich noch einen Platz ergattern konnte. Das war gut so, denn die Chefin war super nett, der Wein extrem lecker und das Essen sehr gut.

Alles in allem kann man es an der Ahr auch mal bei Regen aushalten. Es war ein schöner Tag und ich könnte noch länger bleiben. Morgen mache ich dann das Umland unsicher. Ihr seid doch sicherlich dabei, oder?

Liebe Grüße, Euer Gerry


Ahrtal – Ahrweiler (1)

Ihr Lieben,

dieses Wochenende verbringe ich an der Ahr, wo ich mich eigentlich mit Freunden treffen und eine hier lebende Freundin besuchen wollte. Leider kam etwas dazwischen und unser Treffen wurde abgesagt. Ich habe allerdings mein Hotel nicht storniert, sondern beschlossen, hierher zu fahren, hatte ich mir doch ohnehin schon das Wochenende freigeschaufelt.

Ich bin in den Eifelstuben untergekommen, das ist ein Anbau an einem historischen Restaurant, sehr zweckmäßig eingerichtet. Was ich aber toll finde ist, dass ich einen Parkplatz im Hotelinnenhof mitten im Zentrum von Ahrweiler ergattern konnte. Cora gefällt das auch sehr.

Was mir zum Zeitpunkt der Buchung nicht klar war: heute ist der zweite Jahrestag der Flutkatastrophe. Auf dem Marktplatz steht auch eine Bühne, es soll wohl eine Gedenkveranstaltung stattfinden. Bei einem Stadtspaziergang stellte ich fest, dass viele Häuser noch nicht wiederhergestellt und dass viele Läden noch geschlossen sind. Im Radio hörte ich, dass bis zu 30% der Spenden noch nicht ausgezahlt wurden. Hier ist einiges zu tun, aber die Region scheint auf einem guten Weg zu sein. Zumindest die Besucher sind wieder zahlreich vor Ort.

Vor ein paar Jahren war ich mit einer Doppelkopfrunde in Ahrweiler. Wir wollten wandern, wandern, wandern! Aber zuerst stärkten wir uns auf dem Marktplatz mit einem Secco. Daraus wurden zwei, dann drei… und dann haben wir aufgehört zu zählen! Wir sind insgesamt vielleicht hundert Meter gelaufen. Und so ging es mir heute in ähnlicher Weise. Nach etwa einer Dreiviertelstunde Stadtspaziergang ließ ich mich schon auf dem Marktplatz nieder, glotzte in die Gegend und trank meine wohlverdienten Wanderbiere.

Dann übermannte mich nach zwei Gläsern aber doch das schlechte Gewissen und ich spazierte noch zur  Wallfahrtskirche Calvarienberg. Eine, wie ich finde, sehr imposante Anlage für ein so beschauliches Fleckchen.

Nach kurzer Rast im Hotel, wo übrigens alle ganz furchtbar nett, aber auch äußerst beschäftigt sind, kaperte ich einen Tisch im Ahr Vinum. Es gab Pfifferling-Rahmschnitzel. Legga! Am Nachbartisch das obligatorische überforderte Elternpaar mit einem geschätzt vierjährigen Lars-Sören, der munter mit Besteck um sich warf, ununterbrochen krähte und wie ein Derwisch hin- und herrannte. Ich fürchte, man muss sich daran gewöhnen, dass der Nachwuchs so ausgebildet wird.

Zum Abschluss kaufte ich mir noch eine leckere Genossenschaftsplörre, die ich mit in mein Hotel-Büro nahm. 22er Pinot-Noir weißgekeltert.

Morgen steht auf jeden Fall der Regierungsbunker auf dem Programm, der Rest ergibt sich aus der Tageslaune. Leider, leider gibt es keine Seilbahn, keine Glasbrücken oder eine Schluchten überspannende Zip-Line. Seeeehr schade!

Aber die Zeit bekomme ich dennoch totgeschlagen. Schlagt Ihr mit?

Liebe Grüße, Euer Gerry

P.S.: Überall im Ort herrscht Personalnot, die Servicekräfte sind nur am Rumrasen und die Gäste stänkern. Ob ich wohl wieder anfangen sollte, zu kellnern?