Friedhof, Flora, Flohmarkt

Ihr Lieben,

heute wurde ich unnatürlich früh wach und konnte dann auch ums Verrecken nicht, wie sonst, einfach wieder einschlafen. So saß ich um 7 Uhr früh bei meinem ersten Kaffee und überlegte, wie ich den Tag verbringen soll. Ich entschied mich für einen Besuch des Melaten-Friedhofs, den ich zwar schon öfter besucht habe, der aber auch immer wieder schön ist.

Ohne Karte und ohne den Vorsatz, bestimmte Gräber zu finden oder zu besuchen, streunte ich über das große Gelände. Der Friedhof war früher die Aussätzigenstätte von Köln, daher auch der Name, von Französisch „maladie“, Krankheit. Später war es auch noch Hinrichtungsstätte und seit sehr geraumer Zeit eben ein Friedhof. Mausoleen, sehr alte Grabsteine, ganz junge Gräber (so jenes von Richard Rogler, der erst vor anderthalb Monaten von uns gegangen ist), Begräbnis-Gärten, Gedenkstätten, Kriegsgräber und dergleichen mehr. Es ist erstaunlich, wie viele Vögel hier zwitschern und wie viele Eichhörnchen zwischen den Bäumen hin- und hertollen. DIe viel befahrenen Straßen um den Friedhof herum sind nur noch als leichtes Summen wahrzunehmen, es herrscht eine sehr friedliche Atmosphäre vor. Versehentlich stolpert man über Namen und denkt, ist es nun diese oder jene Familie, oder ist es eine andere? Politiker, Verleger, Künstler, Financiers, Geistliche, Normalsterbliche… im Tode sind sie dann alle gleich, nur die Grabsteine sind eben größer oder kleiner. Wirklich sicher war ich mir bei der Gedenkstätte der Adenauers, dass es eben die Adenauers sind. Es gibt zur Erkundung des Melaten viele geführte Gruppen, vielleicht sollte man das einfach einmal buchen. Wer kommt mit?

Vom Friedhof aus fuhr ich zur Flora. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich noch nie in meinem Leben in der Kölner Flora war! Dabei liegt sie direkt hinter dem Zoo, den ich schon öfter besucht habe. Was soll ich sagen? Das ist im schönen Herbstwetter ein 1A-Ausflugstipp. Man tritt in den Park, sieht einen großen Springbrunnen, der von einem Blütenmeer eingerahmt wird. Dahinter das riesige, sanierte Gebäude der Flora. Die Gewächshäuser im Park sind leider noch geschlossen, die Renovierung und Sanierung war nämlich bis 2022 geplant; wie wir alle wissen heißt das für Kölner Verhältnisse, dass sie zu meinen Lebzeiten nicht mehr fertig werden. Dennoch lohnt ein Besuch, denn alles drumherum ist kostenfrei: es gibt Kaskaden-Brunnen, Teiche, einen Rosengarten, Obst- und Gemüsebeete und vieles, vieles andere mehr! Zudem gibt es eine sehr schöne Terrasse, wo man in der Sonne sitzend völlig (!) überteuerte Getränke zu sich nehmen kann. Und das in einem Selbstbedienungscafé. Eine gute Idee wäre vielleicht, bei schönem Wetter die Flora zu besuchen, und eine nicht als solche erkennbare Kühltasche dabei zu haben, um sich selbst zu verpflegen, denn an sich ist es hier sehr schön, zu sitzen.

Es war Zeit, nach Hause zu fahren, dort fand der Poller Garagen- und Hofflohmarkt statt, wo ich mir die diversen Angebote ein bisschen anschaute. Leider wird einfach vieles angeboten, was ich selbst loswerden will, bzw. Dinge, die ich nicht brauche. Aber es ist schon deutlich mehr los auf den Straßen, als an einem gewöhnlichen Wochenende.

Ich bin froh, dass ich die (hoffentlich nicht letzten) beiden schönen Tage dafür genutzt habe, vor die Tür zu gehen. Morgen dann wieder in die Fabrik. Dafür sind es aber nur noch genau 4 Wochen bis zur Nilkreuzfahrt! Yeah, sagt Euer

Kunst kommt von gefallen

Ihr Lieben,

während meiner kleinen Harz-Reise hatte ja die Nussmischung, die ich mithatte, einen kleinen Kampf gegen meinen oberen linken Backenzahn gewonnen, ich deutete es in meinem Tagebuch an. Direkt Montag nach meiner Rückkehr stellte der Zahnarzt fest, dass eben jener Backenzahn vertikal durchgebrochen war. Offensichtlich beherrschte die Nuss auch die Kunst gezielter Handkantenschläge. Long story short: Nach dem Ziehen entzündete sich alles und ich sehe meinen Zahnarzt öfter als mancher Mensch seinen Lebenspartner. Da mir erst vor zwei Jahren der benachbarte Backenzahn im Kiefer von der Wurzel gebrochen war, muss ich mich wohl oder übel mit dem Gedanken an mindestens ein Implantat anfreunden. Seufz!

So war ich froh, dass ich von Freitag- bis Sonntagabend mal nichts geplant hatte und mich ein wenig von dem Stress der letzten Woche – denn zusätzlich zu meinem Gebiss hat mich auch die Arbeit schwer geplagt – erholen konnte. Auf dem Weg nach Hause schaute ich mir noch ein kleine Installation auf dem Neumarkt an, die einen Rundumblick auf die Ausgrabungen in Pompeji ermöglicht. Ist ganz interessant und verkürzt die Wartezeit auf die Bahnen.

Heute früh dann hatte ich noch ein Paket in der Stadt abzuholen; ich habe die Abholerinnerungen dauernd ignoriert, und so poppte beim Frühstück die Nachricht auf, dass die Ware zurückgeschickt würde, sollte ich sie nicht bis soundsoviel Uhr abgeholt haben. Also ab in die Stadt. Hm, das könnte man ja mit einem Ausflug verbinden, gelle?

Ich fuhr zum Kölner Skulpturen-Park, wo zur Zeit schon die 11. Ausstellung kuratiert wird. Ich habe außer heute bisher nur eine gesehen. Und ich war auch zuerst alleine mit dem Sicherheitsmitarbeiter, der die Kunstwerke bewachte. Irgendwie ist es scheinbar ein Geheimtipp. Dabei ist das eigentlich sehr nett. Kleiner Park, mehr oder weniger gelungene Skulpturen, das schöne Herbstwetter! Einfach nur super nett! Hier ein paar Impressionen:

Die Holzkomposition „Rübezahl“ von Mary Baumeister fand ich super, das Plastikgewurstel von Olga Balema sinnbefreit. Naja, Geschmäcker sind verschieden und ich bin ja auch kein Kunstexperte. Manchmal verstehe ich das dem Kunstwerk innewohnende Seiende im Nichtsein bei gleichzeitiger Überwindung des Unendlichen im Scheinsein nicht, oder so ähnlich.

Da ich nun schon einmal in der Nähe war, holte ich mir auch direkt ein Seilbahnticket für die Rheinseilbahn. Erstens hatte ich nach den vielen Seilbahnen und Sesselliften im Harz schon Entzugserscheinungen und zweitens bin ich in meinem Leben erst zweimal damit gefahren. Schande! Man landet bekannterweise im Rheinpark, durch den ich dann auch noch lustwandelte. Im Parkcafé gönnte ich mir im 50er-Jahre-Ambiente (es ist ein wunderschöner Bau des Architekten Rambald von Steinbüchel-Rheinwall und wurde von Konrad Adenauer höchsthimself eingeweiht) ein Kölsches Piccolöchen, bevor ich mit der Seilbahn wieder übersetzte, um mein Paket in der Stadt abzuholen. Übrigens war das Parkcafé jahrzehntelang geschlossen, die Renovierung/Sanierung dauerte ewig (wenn man es im weltweiten Durchschnitt betrachtet) und verlief sehr schnell (wenn man es aus Kölner Sicht beurteilen soll).

In der Stadt habe ich dann noch Auszügen des Chorkonzerts eines sehr pfiffigen, jungen Ensembles lauschen können, es scheint regelmäßig vor dem DuMont-Carrée (aka Quincy, aber da muss ich immer an Jack Klugman denken) stattzufinden. Mit meinem Paket auf dem Schoß saß ich dann in der Bahn und bekam die Nachricht, dass ich in meiner Packstation in Poll auch noch etwas abholen könne. Ich konnte, aber leider riss mir meine Riesenpacktasche mit all den Paketen dann leider durch und alles purzelte herum. Kennt Ihr das, wenn man genervt nach oben schaut und denkt, dass da doch einer ist, der einen aber nur foppen will? Naja, mit der Diepolder’schen Stapeltechnik und mithilfe des Busses schaffte ich alles irgendwie nach Hause.

Also, man muss gar nicht wirklich weit fahren, um mal was Schönes zu erleben. Wenn das Wetter morgen auch noch so ist, dann fahre ich vielleicht zum Weinfest nach Porz.

Alles Liebe, allen ein schönes Restwochenende, Euer

P.S.: Kölns Name leitet sich ja von der Bezeichnung Colonia Claudia Ara Agrippinensium ab. Manche Menschen behaupten unverdrossen, dies wäre ungefähr mit Ort des Claudius und der Opferstätte der Aggripinenser zu übersetzen. Dies ist natürlich Mumpitz! Die schöne Agrippina (übersetzt „die oft Erkältete“) hatte hier nämlich um das Jahr 50 herum ihr erstes Ferienhaus und besuchte gerne die Claudius-Thermen. Daher kommt das. Ihr Haus steht immer noch:

Harz, 9. Tag: Eine Abreise mit Abstechern

Ihr Lieben,

heute früh gab es ein letztes gemeinsames Frühstück in unserem schönen Boutique-Hotel LIONO, bevor wir uns in alle Winde verstreuten. Naja, alle nach Köln wieder natürlich, aber das hätte ja längst nicht so dramatisch geklungen. Da alle zeitig loswollten, bekam ich sogar den Sonnaufgang mal bewusst mit. Schön war der.

Ich nahm mir vor, noch zwei drei Sehenswürdigkeiten mitzunehmen, aber auch nicht zu spät zuhause zu sein. Ich entschied mich für die größte Stabkirche Deutschlands. Sie steht in Hahnenklee, das ist nicht weit weg von Goslar. Die Kirche ist schon besonders und ich war auch pünktlich zum Gottesdienst da, denn man drückte mir ein Gesangbuch in die Hand. Irritiert stotterte ich, ich sei jetzt nicht… es täte mir schrecklich… ja, nur zum Gucken. Bitte. Danke. Ein Stück Orgelspiel habe ich dann aber noch abgewartet. Die Kirche verfügt über ein Carillon, das habe ich leider nicht in Aktion gesehen bzw. vielmehr gehört. Schräg gegenüber gibt es übrigens noch ein schönes, aber verfallenes Haus, das Hotel Viktoria, das durch eine Privatinitiative, die Spenden sammelt, gerettet werden soll.

Am Abzweig zur Kirche hatte ich ein Schild mit einer Seilbahn gesehen. Und tatsächlich ist Hahnenklee so etwas wie eine Bespaßungsort. Unten eine Band, die für einen einsamen Touristen in den Bänken spielt, dann ein Gedränge auf dem Parkplatz und vor den Ticketschaltern für die vielen Attraktionen. Ich fuhr trotz einer Schlange mit 20 Personen mit einer alten Dame samt Pudel mit der Seilbahn hoch, guckte mich dort ein bisschen um (es ist FURCHTBAR dort!) und fuhr wieder alleine runter, wo die Schlange am Kartenhäuschen auf etwa 200 Personen angewachsen war… Puh! Und wieso furchtbar? Es gibt Sessellift, Seilbahn, Rodelbahn, Aussichtstürme, Imbissbuden, Mountainbike-Trails… aber alles in diesem bräsigen Pappmaché-Stil und alles wirklich lieblos hingeklatscht. Rodelbahn zwei ist im Aufbau und alles steht voller Bauzäune und Baumaschinen. Wem’s gefällt. Allerdings geht von da aus auch der Liebesbankweg ab, ein Wanderpfad, der soll sehr schön sein. Und der Ausblick ist natürlich auch nicht zu verachten.

Ich legte dann noch einen Stopp an der Marktkirche in Clausthal-Zellerfeld ein, der größten Holzkirche der Republik. Die ist ganz in blau gestrichen, tatsächlich ziemlich groß und innen einmal völlig verschieden zu sonstigen Gotteshäusern. Drumherum ist es auch noch ganz nett, die Technische Universität hat Gebäude gegenüber und das Rathaus gehört auch noch zum Ensemble. Der Ort spielt eine große Rolle in Deutschlands Bergbau-Geschichte.

Jetzt war es aber Zeit, mal Richtung Heimat zu düsen. Bibi brachte mich sicher und einigermaßen schnell nach Hause, wir trennen uns erst morgen früh. Es galt, die Post bei den Nachbarn abzuholen, auszupacken, Pralinen zu essen und die Souvenirs zu sortieren. Lauter Lebensmittel, als gäbe es hier in Köln nix. Ach, und zwei kitschige Kühlschrankmagneten.

Es war eine schöne Reise, der Harz ist ein tolles Reiseziel. Es gibt gute Gastronomie, schöne Hotels und viel zu sehen und zu entdecken. Ich kann das nur wärmstens empfehlen! Ja, die nächste Reise dann in das Land der Pharaonen und der tierischen Götter, wir werden es insbesondere mit Sobek, dem Krokodil, und Hapi zu tun bekommen, das ist die Personifizierung des Nils.

Vielleicht schaut Ihr dann ja auch mal wieder rein. Liebe Grüße, alles Gute, Euer

Auf der Postkarte eines Freundes! 🤩

Harz, 8. Tag: Mehr Hexen, mehr Wurst, mehr Fachwerk, viel Schoggi

Ihr Lieben,

zum Frühstück hatte ich heute ein Omelett bestellt, davon wären vier Personen satt geworden! Megalecker! Zudem gelang es mir, in ein weiteres Zimmer zu spinxen, das gerade gereinigt wurde. Auch sehr schön! Das Hotel ist wirklich uneingeschränkt weiterzuempfehlen.

Heute war Pärchentag; Claudia und Uwe waren mit ihrem Klassentreffen beschäftigt, Ute und Andreas wollten den Osten erkunden, Petra und ich sind mit der Bahn nach Wernigerode gefahren. Schon wenn man aus dem Bahnhof rauskommt, ist Wernigerode einfach schön. Kein Müll, kein Dreck, ein wunderschöner kleiner Park vor dem Bahnhof… Wir liefen zum Eingang der Breiten Straße, die auf das touristische Zentrum von Wernigerode, dem Platz mit dem Rathaus, hinführt. Viele schöne Fachwerkhäuser mit kleinen Lädchen, aber auch deutschlandweite Filialableger links und rechts. Dazwischen das ein oder andere Baudenkmal, wie die Krell’sche Schmiede oder das mit einer einzigartigen Fassade ausgestattete Krummelsche Haus. Insbesondere waren aber Boutiquen mit ausgefallenen Dingen, die Spezialitätenläden mit Harzer Produkten und ein Schokoladentempel schuld daran, dass wir für die kurze Strecke schon fast eine Stunde brauchten.

Einen kleinen Abstecher machten wir zu der im Reiseführer lobend erwähnten Kirche St. Johannis, die wir fatalerweise erst einmal von außen inspizierten. Denn als wir sie betreten wollten, kamen uns zwei knöttrige Damen entgegen, erklärten uns, wir seien zu spät, sie schlössen die Kirche jetzt ab. Petra meinte noch, dass ein zweiminütiger Blick uns ausreiche, die beiden Hex… äh… Damen aber waren resolut. Ich flötete ein „Christus belohne Euch für Eure Standhaftigkeit“, die Damen eilten verärgert davon. Das mit den abgeschlossenen Türen im Osten verfolgt mich und ich kann nun nicht mehr anders, als an eine eine sinistre Verschwörung zu glauben.

Schließlich kamen wir beim Wahrzeichen von Wernigerode an, dem berühmten, mit markanten Spitztürmen ausgestatteten Rathaus. Dort liefen wir in Hochzeitsgesellschaft Nummer 1. Das Paar und die Familie schauten alles andere als freudig aus der Wäsche, was bei Petra und mir Spekulationen über den Hintergrund des ehelichen Bündnisses auslöste. Einige davon waren politisch nicht korrekt und ich schäme mich natürlich dafür und gebe sie hier auch nicht wieder. Also, der zentrale Platz ist schon schön, die Straßen drumherum auch, aber bei Kaiserwetter auf einen Samstag war es natürlich auch bumsvoll. Und neben den oben erwähnten netten Lädchen gibt es auch viel Tinnef und Unsinn. Der Rolls-Royce auf den Bildern gehörte dann zu Hochzeitsgesellschaft Nr. 2.

Wir erklommen die gelbe Bimmelbahn und ließen uns aufs Schloss kutschieren. Die Fahrt ist sehr kurz, aber der Anstieg auch nicht unsteil, da muss man dann halt abwägen, ob einem das 5 Euro pro Person wert ist. Auf der Fahrt kann man übrigens das kleinste Haus der Stadt sehen. Das Schloss selbst ist zur Zeit in großen Teilen eingerüstet, aber die Hauptfassade liegt zu drei Vierteln frei und der Blick ins Tal und bis zum Brocken lohnen den Aufstieg. Direkt neben dem Vorplatz der Hauptfassade befindet sich das Schlosscafé. Sehr trubelig und überfüllt. Aber nur ein paar Schritte weiter liegt das Hotel Büchsenmacher, das eine ganz wunderbare kleine Terrasse hat, auf der man einen leckeren Kaffee (und Ute zufolge auch einen immens großen und leckeren Windbeutel) bekommt. Ein bisschen Aussicht gibt es ebenfalls dort. Auf dem Abstieg liefen wir Ute und Andreas in die Arme und verabredeten für später noch ein Treffen im Zentrum.

Eine kleine Anekdote am Rande: Wir trafen in der Bimmelbahn auf eine Gruppe, die etwa zwölf bis 15 Personen umfasste und die wir dann wegen des besseren Winkels fotografierten. Wir trafen sie am Schloss wieder, wo wir sie noch einmal ablichten durften. Es kristallisierte sich heraus, dass alle Teil einer Großfamilie waren. Wir scherzten noch „Also dann umm 16 Uhr am Brunnen vor dem Rathaus!“ und ich sah sie dann tatsächlich dort noch einmal. Petra und ich hatten uns – nachdem wir durch den Lustgarten flanierten und auf Hochzeitsgesellschaft Nummer 3 trafen – dann für ein Dreiviertelstündchen getrennt, da sie noch in eine bestimmte Boutique wollte und ich den Schoggitempel leerkaufte.

Ich ließ mich auf der Ratskeller-Terrasse nieder, wo es zwar ein sehr leckeres Kellerbier gab, aber leider lag die Terrasse voll im Kernschatten des Rathauses und es pfiff ein eisiger Wind hinter meinem Rücken. So verließ ich die Terrasse, als Petra quasi zeitgllich mit den beiden anderen auftauchte. Andreas organisierte uns auf dem völlig überfüllten Platz einen Vierertisch vor einer Pizzeria, gottseidank in der Sonne! Wir durften danach mit im Auto zurück nach Goslar fahren und während der Fahrt versuchten wir, per Telefon irgendwo einen Tisch zu reservieren. Katastrophe: Alles reserviert. Bei vier oder fünf Locations. „Könnten Sie auch gegen Mitternacht kommen?“. Häh??? Über Open-Table fanden wir dann das „Caruso“, wo ich aber vorsichtshalber anrief, statt online zu reservieren. Endlich waren wir irgendwo willkommen.

Nach einer kurzen Frischmachpause im Hotel machten wir uns auf zum Restaurant. Groß war der Schrecken, als wir es fast leer antrafen. Das kann ja nix sein, schoss es mir durch den Kopf. Also Augen zu und durch. Das Ambiente nett. Der erste Wein lecker. Es kam ein Gruß aus der Küche. Sehr fein! Die Bruschette (ein traditionelles, eines mit Avocado) gut zubereitet, auf sündhaft leckerem, hausgemachten Pinsa-Brot. Bezüglich der Ravioli (sowie den Nudeln der anderen) gab es nicht das geringste auszusetzen. Grappa gab es dann auch noch aufs Haus. Und der Service war sehr gut. Wieso dann keine Gäste? Des Rätsels Lösung: Das Hotel, zu dem das Restaurant gehört, ist erst seit zwei Monaten geöffnet, das Restaurant selbst seit sechs Wochen und man hat noch keine Werbung gemacht. Dies ist hiermit teilweise erledigt, es wird aber wie üblich auch bei Tripadvisor und Google noch gute Bewertungen meinerseits geben. Gönnt Euch diesen Geheimtipp, bevor es in ist, dort zu speisen.

Alles in allem wieder ein wunderbarer Tag, mit wunderbarem Wetter und wunderbaren Erlebnissen. 8 meiner 9 Tage sind rum wie nix, es war ein toller Urlaub. Das Experiment „Reisen mit Nachbarn“ war ein voller Erfolg, weil wir weder aneinander geklebt haben, noch völlig losgelöst von den anderen unser eigenes Ding durchgezogen haben. Es war einfach eine gute Mischung. Gerne wieder.

War das jetzt schon der Abgesang? Mitnichten! Ich fahre morgen ja noch zurück und werde ein oder zwei Stops einlegen. Wenn Ihr da auch noch virtuell mitfahren wolltet, seid Ihr herzlich dazu eingeladen. Liebe Grüße, Euer

Harz, 7. Tag: Was haben wir uns eingebrockt?

Ihr Lieben,

heute war frühes Aufstehen angesagt, denn wir wollten zum Brocken. Der Zug von Goslar sollte um 9 Uhr fahren und vorher galt es, noch zu frühstücken und sich ausgehfein zu machen. Mit der Regionalbahn ging es nach Wernigerode, wo wir in die Brockenbahn umstiegen, einer Schmalspurbahn, die von einer Dampflokomotive angetrieben wird. Die Planung vorher war etwas turbulent, da die HSB GmbH beschlossen hatte, die Brockenbahn genau zu dem Zeitpunkt abfahren zu lassen, an dem der Regelzug aus Goslar in den Bahnhof einfährt. Das ist doch mal pfiffig, oder? Naja, so hat man etwas Zeit, sich am Bahnhof umzusehen, sich die Hände zu waschen und ein überteuertes Kaltgetränk im Bahnhofskiosk zu erstehen.

Das Ticket ist nicht preiswert, aber die Fahrt lohnt sich auf jeden Fall! Der Zug ist etwas über anderthalb Stunden unterwegs, und die alte Lokomotive mit den ebenso alten Waggons schnauft und ächzt sich etwa 1000 m aufwärts auf die höchste Erhebung des Harzes. Normalerweise ist der Brocken nebelverhangen, meteorologischen Daten zufolge an weit über 300 Tagen im Jahr. Wir hatten Sonnenglück! Die Fahrt hat einen Heidenspaß gemacht, und auch wenn der Zug ziemlich voll war, gab es nur wenig Prügeleien um die Plätze auf den Plattformen zwischen den Zügen, von denen man aus natürlich die beste Aussicht hatte. Am Brocken hatten wir eine fantastische Fernsicht, Richtung Osten ins platte Land, Richtung Westen in das Mittelgebirge. Es wurde von verschiedenen Stellen (u.a. der Kellnerin des Brauhauses) dringend empfohlen, am Gipfel die legendäre Erbsensuppe zu essen, aber das Restaurant hatte leider geschlossen. Wir werden das kulinarische Highlight unseres Lebens verpasst haben! Oder ist es doch nur ein besseres Dosengericht? Wahrscheinlich ist das alles ein perfider Plan von Harz-Touristik GmbH & Co. KG, um die Touristen zu einer Wiederkehr zu bewegen.

Statt mit der Dampflok zurückzufahren, entschlossen wir uns, 7 km zu Fuß Richtung Bergfuß zu laufen, um dann in Oderbrück in den Bus Richtung Braunlage zu steigen. Wegen des schönen Wetters war der Ansturm auf den Brocken ziemlich groß, es waren sehr viele Wanderer unterwegs, Mountainbiker, Familien etc., aber sobald wir die Hauptzufahrtswege zum Brocken verließen, lichteten sich die Reihen. Auf unserer kleinen Wanderung mussten wir die alte innerdeutsche Grenze überqueren, die mit einem Schwarz-Rot-Gold bemalten Pfahl einerseits und mit einem Dreieckstein andererseits markiert wird. Um ersteren räkelten einige von uns sich dann mehr oder weniger lasziv herum, um sowohl links als auch rechts der Grenze einen Fuß abzusetzen.

Später kamen wir an einem Ehrenfriedhof vorbei, dessen Besichtigung wir uns aber schenkten, da wir sonst möglicherweise eine entscheidende Busverbindung verpasst hätten. Die Wanderung war toll, aber auf dem Brocken gab es vor wenigen Wochen schwere Brände, deren Spuren heute natürlich noch sichtbar sind. Fast schlimmer aber noch sind die Schäden durch den Borkenkäfer, der halbe Wald ist quasi tot. Das ist ein sehr deprimierender Anblick. Später erklärte ein junger Mann, der sich offenbar mit dem Thema auseinandergesetzt hatte, im Bus, warum der Wald nicht irgendwie aufgeräumt wird. Zusammenfassend: Es ist für niemanden wirtschaftlich. Hier aber mal Impressionen:

In Braunlage schlug Uwe eine Einkehr ins Spezialitätenrestaurant Puppe’s (das Apostroph ist nicht von mir!) vor. Dort gibt es Harzer Köstlichkeiten, die man auch kaufen kann. Ich erstand eine Salami und sündhaft teure Landjäger. Waren halt leider lecker. Wir aßen bzw. tranken eine Kleinigkeit, Petra schmiss ein Schlückchen Schierker Feuerstein (kann man durchaus mal schlürfen!), und ruhten unsere müden Knochen ein bisschen aus. Leider waren wir so erschöpft, dass es von diesem Zwischenstopp keine Bilder gibt.

Von Braunlage fuhren wir dann mit dem Bus nach Bad Harzburg, auch während der Busfahrt waren die Verwüstungen durch den Borkenkäfer omnipräsent.
In Bad Harzburg trennte sich die Gruppe, denn ein Teil, so ich, fuhr mit der Regionalbahn, der andere Teil mit dem Bus zurück nach Goslar. In Goslar seilte ich mich ab und setzte mich noch einmal auf den Marktplatz, trank einen Campari Spritz und begann mit meinem heutigen Tagebuch. Ich hatte es unbeabsichtigt so abgepasst, dass ich das dortige sehr nette Glockenspiel live miterleben konnte. Unter anderem spielt es auch das Steigerlied (Stefan W., da musste ich an Deinen Ausstand denken!) und die Figuren haben Bezug zum Bergbau. Schon schön!

Es wurde Zeit, nach meinem Marktplatzaperitif, zum verabredeten Abendessen aufzubrechen. Ute und Andreas schlugen einen Griechen vor und kümmerten sich um die Reservierung für sieben Personen. Sieben? Gott, der Gerry kann nicht mehr zählen! Nenenee! Uwe hat morgen Klassentreffen in Goslar und seine ehemalige Mitschülerin B. war auch schon in der Stadt und er hat sie dazugebeten. Sie ist auch Hamburgerin, und wir hummelhummelmorsmorsten natürlich. Es war megalecker und normalerweise mache ich ja kaum Werbung hier (krieg ja nix dafür 🙁 ), aber das Platon ist eine gute Adresse in Goslar! Ich war in das Meze Arni schockverliebt. Alles andere war auch überdurchschnittlich. Ein lustiger Abend mit viel Lachen (ich sag nur Schulanekdoten), Genießen und Gutgehenlassen.

Morgen teilen wir uns auf und wir gucken mal, ob und wann wir wie wieder zusammentreffen. Erst hatte ich überlegt, mich auf das Klassentreffen zu schmuggeln und im Brustton der Überzeugung jedem entgegenzuschmettern, ich sei es doch, der Horst, „Ja, erkennst Du mich denn gar nicht mehr?“. Aber das hätte die Tagesplanung etwas durcheinander gebracht. So fahren Petra und ich nach Werningerode, treffen da eventuell Ute und Andreas, die den Ostharz erkunden wollen.

Werningerrode ist ein MUSS im Harz. Daher sehe ich leider keine Möglichkeit, Euer Fernbleiben morgen hier auf dieser Seite zu entschuldigen… äh… Huch, vielleicht haben wir beim Abendessen doch zu viel über Schule gesprochen. Was ich eigentlich sagen wollte: Würde mich freuen, wenn Ihr mit uns auf den Schlossberg kraxelt. Liebe Grüße, Euer

P.S.: Hier nun unsere bei allen Lesern äußerst beliebte Kulturecke:

Faust auf dem Brocken. Brocken auf der Faust.

Video/Foto von (c) Andreas Ahn. Sensationell! Ich liebe es! Zudem habe ich heute von ihm viel Interessantes über Rallyes gelernt.

Harz, 6. Tag: Wer andern eine Grube gräbt…

Ihr Lieben,

das Frühstück im Hotel hat mich nicht enttäuscht. Chef, fallst Du das liest… ich bleibe ein paar Wochen hier und arbeite dann nach. So ein schönes Haus und so umsorgende Personen drumherum. I like it! Und dann auch noch die schöne Gegend!

Heute haben wir uns zu einer Wanderung verabredet, die Uwe ausgesucht hatte. Also, eine von den 300 Alternativen, die abgewogen werden mussten. Gruppenreisen halt. 🙂 Das Wetter war aber morgens nicht schön, es nieselte und war diesig, so beschloss die Gruppe, etwas später als geplant loszulegen. Das gab mir Zeit, noch einmal auf eigene Faust loszugehen und mir die vielgepriesene Neuwerkkirche genauer anzusehen. Zudem brauchte ich auch noch etwas aus der Drogerie, da war ein früher Einkaufsstraßenbummel ja auch nicht verkehrt. Ich betrat die Kirche durch eine Tür und ein Organist empfing mich mit Musik. Wie nett, dachte ich. Dann ging ich zum Tisch mit den Informationsbroschüren, wo ich die Fotografiergebühr zahlen und eine Kerze erstehen wollte. Die Kirche sei doch noch gar nicht geöffnet, das wäre jetzt aber unangenehm. Ich durfte dann aber einfach bleiben. So kam ich in den Genuss eines kleinen Privatkonzertes und hatte auch die allererste Kerze des Tages angezündet. Das mache ich übrigens oft, Kerzen in Kirchen anzuzünden. Ich wünsche mir dann immer, obwohl nicht gläubig, eine schöne (weitere) Reise und ich bilde mir ein, dass diese nur wenige Minuten dauerende Einkehr den Tag auch irgendwie beeinflusst.

Die Neuwerkkirche ist schön anzusehen und definitiv einen Besuch wert. Sie ist nüchtern protestantisch, aber im Gegensatz zu den calvinistisch oder puritanisch orientierten Kirchen des Nordens mit bunten Tupfern und mit einer farbenfroh ausgemalten Apsis versehen. Die Orgel ist dafür wieder langweilig und unspektakulär. Der Kerzenraum ist einladend gestaltet. Es gibt einen Park drumherum mit schönem Baumbestand.

Ich stopfte meine Kulturbeutellücken in einer Drogerie und hatte noch Zeit bis zum Treffen. So besuchte ich auch St. Cosmas und Damian, die Wahrzeichenkirche von Goslar mit den beiden unterschiedlichen Türmen, die auch Marktkirche genannt wird. Hier ist es innen wieder sehr karg und die Orgel ein trauriges kleines Ding. Übrigens: Wusstet Ihr eigentlich, dass ich mal auf Empfehlung eine Probe-Orgelstunde bei einem musikalischen Nachfolger von Johann Sebastian Bach hatte? Er befand mich völlig untalentiert und hat mich erst als größte Zeitverschwendung seines Lebens beschimpft und mich dann als Schüler abgelehnt. Grmpft! In der Marktkirche gibt es zur Zeit eine Ausstellung mit Bildern von Hans Manhart. Die Bilder gefallen mir außerordentlich gut! Wer Zeit und Lust hat…!

Wir waren um 11 Uhr am Marktbrunnen verabredet, ich hatte noch drei Minuten Zeit, die menschenfressenden Detailfiguren des Brunnens zu fotografieren und den Goslarer Dukatenscheißer am Kaiserhaus zu finden. Ja, und dann ging sie los. Die längste kürzeste Wanderung der Welt. Angekündigt waren etwas mehr als 2 Kilometer, gefühlt waren es 15. Es waren wahrscheinlich 7 oder 8. Aber es hat sich gelohnt. Im Nebeldunst erstiegen wir den Rammelsberg, der Teil des Weltkulturerbes Goslars ist. Dazu mussten wir durch das Breite Tor und am Klusfelsen vorbei, wo es eine kleine Einsiedelei gibt. Der Klusfelsen selbst sieht aus wie ein Jabba the Hut, den Medusas Blick in Stein verwandelt hat.

Nach geraumer Zeit des Anstiegs mit wirklich schönen Ausblicken auf das dunstige Goslar (die Fotos können die Atmospäre in keinster Weise wiedergeben) erreichten wir den Maltermeisterturm, der im 16. Jahrhundert als Überwachungs- und Alarmturm errichtet wurde. Später wohnte dort der Maltermeister, der die Holzzuteilung für den Bergbau verwaltete. Ein Malter = zwei Kubikmeter = ein Ster. Den zwei Kubikmetern begegnen wir später wieder. Inzwischen befindet sich hier eine beliebte Ausflugsgaststätte, wo wir uns erfrischten. Der Ausblick ist phantastisch, zudem klarte es auch noch auf und die Sonne kam durch.

Weiter ging es – diesmal bergab – zum Herzbergerteich, wo wir nach rechts zur Weltkulturerbestätte Rammelsberg abbogen. Was soll das sein? Der Reichtum Goslars in seiner Blütezeit begründete sich auf außerordentliche Erzvorkommen im Rammelsberg. Seit etwa um das Jahr 1000 herum wurde hier gewerbsmäßig Erz gefördert. Aber schon vor dreitausend Jahren, also in der Bronzezeit, wurde Kupfer abgebaut. Das Erz in Goslar war eines der reichhaltigsten europaweit. Gold, Blei, Zinn, Kupfer, Silber, Eisen undundund, natürlich in unterschiedlichen Anteilen. Das heutige Gesamtbild der UNESCO-Anlage wird dominiert von Bauten aus den dreißiger Jahren. Zusammen mit dem Altstadtkern Goslar ist es Weltkulturerbe.

Man kann so einiges in der seit 1988 stillgelegten Anlage erfahren, viele verschiedene Besichtigungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung. Ich habe gequengelt, ich wollte unbedingt mit der Grubenbahn in den Stollen rein. Die Begeisterung der Gruppe war eher mau. Aber Claudia, die ich schon vorher liebte, wollte dann mit mir in den Berg fahren. Jetzt liebe ich sie natürlich umso mehr. Wir mussten einen Helm aufsetzen, der uns übrigens ausgezeichnet stand, bekamen von unserer Grubenleiterin eine kurze Einweisung und quetschten uns dann in geschlossene Waggons, um 500 Meter in den Stollen einzudringen. Leute, das ist nix für Klaustrophobiker. Im Stollen selbst läuft man bis zur Schachtfahranlage, die aber nicht mehr in Betrieb ist. Denn der Berg ist abgesoffen. Dann gibt es einen Stollen, in dem es eine Art Zickzack-Lehrpfad gibt, anhand dessen der Weg des Gesteins zur Verhüttung bzw. sonstigen Weiterverarbeitung verfolgt werden kann. Ihr merkt schon anhand der Länge des Absatzes, dass ich total begeistert von diesem Besuch war. Es lohnt sich absolut, zumal unsere Frau Fritsche (glaube ich) auch kompetent und fesselnd vorgetragen und erklärt hat. Supi, supi, supi!

Uwe und Petra haben sich im Museumscafé verlustiert und feierten unsere Rückehr aus dem Berg frenetisch. Es stand nun zur Diskussion, ob wir noch ins Ausflugslokal Kinderbrunnen laufen oder wieder in die Stadt zurückfahren. Wir beschlossen, uns zu trennen, damit jeder bis zum Abendessen sich erholen, frischmachen oder noch mehr rumlaufen könne, wie ersiees eben wollte. Ich lief weiter rum. Ich entdeckte völlig menschenleere Fachwerkviertel, eine weitere Kirche, zu der ich aber auf Beelzebubkommraus keinen Zugang fand, fand durch Zufall das Museum für moderne Kunst, das hatte aber wegen einer Großveranstaltung geschlossen, außerdem einen auf außerirdisches Leben spezialisierten Laden. Hm. Das war der Zeitpunkt, wo ich mich einfach mal wo hinsetzen wollte. Und so fand ich mich im Hotel „Alte Münze“ auf der Terrasse ein, wo ich bei einem Bier Tagesrückschau hielt, als plötzlich eine Stimme „Der Gerry“ rief. Ute und Andreas waren angekommen und so saßen wir gemeinsam vor der Münze und plauderten. Ab jetzt zu sechst.

Es drohte, zu gewittern und wir fanden uns wieder im Brauhaus ein, wo wir einen sehr netten Abend verbrachten und unsere Eroberung des Brockens morgen planten. Draußen schiffte, blitzte und donnerte es. Ich glaube, das bedeutet für morgen klares Wetter, oder? Essen wieder lecker (ich hatte die Harzspezialitätenplatte), sehr lustiges Gequassel und würdiger Abschluss eines ereignisreichen Tages. Im Hotel nahmen Ute, Andreas und ich noch einen Absacker und morgen geht es dann um 9 Uhr los vom Bahnhof Goslar aus nach Wernigerrode und von da aus mit der dampfenden Schmalspurbahn zum Brocken.

Quedlinburg ist ja eine unmittelbare Wow-Stadt. Goslar ist eine Stadt, die entdeckt werden muss. Dann aber ist sie ebenso wow. Vorteil der wirklich schönen Ecken: Touristen verirren sich nicht dorthin. Ja, und wir sind nun 6 Personen, das ist natürlich etwas anderes, als alleine zu reisen. Aber wir kleben nicht aneinander, daher klappt das. Uwe wird von uns allen gequält, aber er hat das initiiert und muss da durch. Ich sage einfach mal an der Stelle hier „Danke, Uwe, wir sind ein nerviger Hühnerhaufen, aber Du machst das prima.“

Morgen also der berühmte Brocken. Da soll es eine fantastische Erbsensuppe geben, wie unsere Kellnerin uns vorschwärmte. Wollen wir die virtuell zusammen schlürfen? Würde mich sehr freuen! Liebe Grüße, Euer

P.S.: Gibt es einen Jesus, der wie Konrad Adenauer aussieht? Möglicherweise.

P.P.S.: Der Malter… Das Sprengen im Berg heißt Schießen. Und nachdem druckluftbetriebene Maschinen die manuellen Druckluftbohrer ersetzt hatten, konnte Gestein als etwa 2 Kubikmeter-Block aus dem Berg geschossen werden. Ihr merkt, die Tour hat mich nachhaltig beeindruckt! Auch die Wiederbefülluung mit Schiefer, die Technologien zur Beförderung, die Arbeitsbedingungen… jaja, ich höre ja schon auf.

P.P.P.S.: Macht diese Tour! Und Ende.

Harz, 5. Tag: Die Sache mit der Einkaufstasche

Ihr Lieben,

die unbeschwerte Zeit der Single-Reise ist vorbei. Ab heute muss ich mich benehmen, ab heute reisen befreundete Nachbarn mit. Ich glaube, ich deutete es im Prolog zur Reise schon an. Um 10 Uhr verließ ich mein Hotel, ich wollte gegen 11 Uhr in Bad Harzburg Claudia und Uwe treffen, die vor zwei Tagen dort Logis genommen hatten, um dort ein bisschen etwas zu unternehmen, um dann gemeinsam weiter nach Goslar zu fahren, unserer Heimat für die kommenden vier Nächte.

Dort angekommen, waren die Berge nebelverhangen, und da wir mit der Seilbahn hinauf wollten, verschoben wir dies und erkundeten erst einmal Bad Harzburg. Ich würde es als typischen Kurort einordnen. Viele ältere Leute (jaja, wir sind ja noch jung!), einschlägige Kurortbesucherläden und alles ein bisschen buntgemixt. Renovierte Holzhäuser, Siebziger-Jahre-Sünden, Parks, Skulpturen (mehr oder weniger anziehend) und in Form geschnittene Blumenrabatten. Ein Jungbrunnen! Aber nett. Heute war wohl Schülerwandertag, es waren haufenweise Schulklassen unterwegs, das sorgte für ein bisschen Kontrast. In der Trinkhalle schmiss Claudia eine Runde und wir durften das salzhaltige Kurwasser probieren. Es soll gegen allerlei Zipperlein helfen. Das Glas kostete 10 ct. Ehrlich, wo bekommt man für so wenig Geld noch etwas geboten?

Nachdem wir eine Stunde geschlendert waren, klarte es auf den Bergen auf und wir reihten uns in die Schlange zur Kabinenseilbahn, Baujahr 1929 (oder so) ein. Während wir anstanden, strömte eine große Besuchergruppe wichtiger Personen an uns vorbei, angeführt vom Bürgermeister. Daher mussten wir extrem lange auf unsere Fahrt warten. Es fährt nämlich nur eine Kabine mit je nur 18 Fahrgästen. Oben war es dann schon mit der Aussicht viel besser, die Sonne kam durch und wir liefen zum Canossa-Denkmal und anschließend zur BaumSchwebeBahn. Wie soll ich das erklären? Ausgedacht für Menschen, die blöd genug sind, 15 Euro auszugeben, um in einer besseren Babyschaukel einen kilometerlangen, mäandernden Eisentrail ins Tal dem sicherem Tod entgegen hinunterzudüsen. Einfach nur krank! Pervers und krank!

Der Sitz war gar nicht mal so unbequem. Man solle bitte nicht in die Karabinerhalterungen fassen und los geht’s! Das Perfide an der ganzen Sache ist, dass es am Startpunkt total gemütlich aussieht. Nach der ersten Kurve dann aber wird es schneller, man dreht sich um sich selbst, wird hin- und hergeschleudert und dann schaut man auf die angeblich aus der Paragliderforschung entwickelten Gurte, in denen man hängt, um festzustellen, dass sie genau so aussehen, wie der Tragehenkel der Einkaufstasche, die neulich gerissen war, weil ein Toastbrot und eine Flasche Wasser darin transportiert wurden. Meine spitzen Schreie hat man noch im Allgäu wahrgenommen. Claudia und Uwe waren vor mir dran. Unten angekommen, dann: „Wie fandest Du es?“ – „Pffft. So ein Kinderkram!“.

Wir erliefen uns anschließend den pädagogisch wertvollen Baumwipfelpfad, der ganz nett ist, um wieder ins Tal zu gelangen. Am Ausgang musste Claudia eine hysterische Teenagerin aus einer Toilette befreien, weil sie die Klinke nicht richtig bedienen konnte. Das ist schon bedenklich, oder? Wir fuhren dann von Bad Harzburg aus Kolonne nach Goslar, wo wir zwei kleine Umwege nahmen, weil wir in einem besonderen Café außerhalb Bad Harzburgs Einkehr hielten und weil Uwe mir zudem ein Viertel mit spektakulären Villen in Goslar zeigen wollte. Das Café WINUWUK wurde 1922 vom Architekten Prof. Hoetger im „elfenhaften“ Stil errichtet und erinnert an eine Hobbithöhle.Lecker Kuchen gibt es da auch. Und die Villen? Ja, das war dann auch schon ein Prunk sondergleichen. Arme Leute wohnen da mit Sicherheit nicht.

Am Hotel wartete schon Petra, die mit dem Zug angereist war. Wir klärten kurz den Treffpunkt für den späteren Nachmittag und dann checkte ich ein. Das Hotel ist ein Träumchen. Wunderschön eingerichtet, ich habe ein sehr großes Zimmer, wo ich es bestimmt gut vier Tage aushalte. Ich wohne im Zimmer Jilliane und auf dem Nachttisch liegt ein Buch von Jilliane Hoffmann. Die Zutrittskarte hing in einem Samtsäckchen an der Tür. Ich liebe so etwas!

Petra und ich wohnen zusammen mit Ute und Andreas, die morgen anreisen, im Hotel; Claudia und Uwe haben eine Ferienwohnung in der Altstadt. Da Petra sich schon eingerichtet hatte, machte ich nur Minikatzenwäsche, um direkt mit ihr ins Zentrum zu laufen. Der Bierdurst nach aufregenden Ereignissen halt. Wir kamen an wirklich schönen Häusern vorbei, aber Goslar kann definitiv auch Bausünden. Der positive erste Gesamteindruck überwiegt aber. Am Rathausplatz, der leider an einer Seite von einer Baustelle dominiert wurde, nahmen wir dann erst einmal eine Stärkung zu uns. Eis und Kaffee und ein Helles.

Kurze Zeit später waren wir dann zu viert und ließen uns von Uwe, gebürtig aus Goslar, und Claudia, die die Stadt inzwischen auch gut kennt, auf einem ersten Spaziergang Goslar zeigen. Durch untouristische Gassen kamen wir über Umwege zur Reichspfalz, dem wohl größten erhaltenen, mittelalterlichen Profanbau Deutschlands, liefen an aufgelassenen Klösterchen vorbei, schauten hinter der Stadtmauer auf die dortigen Teiche am Zwinger, letzteres heute ein Mittelaltermuseum mit Schwerpunkt Folterinstrumente und Ferienhauskomplex. Wer sich da wohl einmietet?