Tag 24: Wo die Tunten hausen

Ihr Lieben,

zuerst einmal Euch allen fröhliche Weihnachten, viele tolle Geschenke und einen wunderbaren Heiligabend, auch für Eure Lieben.

Ich habe mir heute vorgenommen, Gebirgsstraßen entlangzufahren, die ich noch nicht kenne. Natürlich nimmt man den ein oder anderen schon entdeckten Abschnitt dabei mit. Und was soll ich sagen? Ich habe mir damit selbst ein wunderbares Geschenk gemacht und dem Aufenthalt auf der Insel ein weiteres Krönchen aufgesetzt. Es war wunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderwunderschön!

Natürlich hat mich das Navi wieder gefoppt, aber da ich ja einfach durch die Gegend kurven und Aussichten genießen wollte, war das nicht so dramatisch. Ich fuhr bis fast nach Arguineguín und bog dort auf die GC 505 ein. Ich hatte einen Hinweis erhalten, dass es an dieser Strecke auch einen Arco gebe. Den „Arco de Elefante“. Ich gab den Namen in Google Maps ein und wurde auf einen Parkplatz gelotst, von wo aus es noch ein paar Meter zu Fuß sein sollte. Leider, leider lief ich das erste steile Stück des Berges vergebens hoch, denn an einer Gabelung fand sich links ein geschlossenes Tor zu einem Privatbesitz und rechts ein angeketteter Hund, dessen Stimmung mir nicht die beste zu sein schien. Er hatte wohl schlecht geschlafen. Ein Vorbeikommen war nicht möglich und schien mir auch nicht sinnvoll. Ich schmiss Komoot an, das mich 1000 Meter weiter im Süden starten lassen wollte. Ich also zurück und den Anweisungen von Komoot gefolgt. Das Ende vom Lied, ich stand mit MBB auf einer Steigung von 3000 % vor einer Mauer und musste etwa 500 Meter rückwärts mit ihm wieder den Berg runter. Ich beschloss, es gut sein zu lassen.

Weiter sollte es nach Cruz de San Antonio gehen. Hier hat Lissi versäumt, mir mitzuteilen, dass ich in Baranquillo Andrés irgendwo hätte abbiegen müssen. Stattdessen teilte sie mir 5 Kilometer später mit, ich solle doch bitte wenden. Naja, mir blieb auch gar nichts anderes übrig, denn die GC 505 hörte dort schlichtweg auf. Im Nirgendwo. Aber die Strecke war super! Dennoch zurück und in Baranquillo Andrés auf die GC 605. Also, das war abenteuerlich. Saaaaagenhafte Ausblicke, aber die Straße manchmal nur einen Finger breiter als MBB. Vorteil: Bei Tempo 10 kann man alles viel besser genießen. Und Verkehr gab es auch kaum. Ich hielt an der ein oder anderen Stelle an, um einfach die Schönheit zu bewundern. Viele Stauseen, Wälder mit intensivstem Nadelbaumduft, Schluchten und Gipfel. Ein landschaftlicher Traum, den es so auf Erden bestimmt nicht oft gibt.

Am Cruz Grande vorbei ging es weiter nach San Bartolomé de Tirajana. Das ist quasi auch die Hauptstadt der Strandgemeinden im Süden. Daher hat man wohl beschlossen, einen Teil der Stadt Tunte zu nennen. Wie jetzt die Einwohner heißen? Ja, da kann ich nur mutmaßen. Aber ich weiß, dass es ein beliebter Ausflugsort bei uns Trutschen ist, wobei das meistfotografierte Motiv wohl das Ortseingangsschild „Willkommen in Tunte“ sein wird. Ich find’s lustig. Ansonsten ist Bartolomé de Tirajana ein ganz netter Ort, den man aber – glaube ich – nicht besucht haben muss. Liegt aber natürlich an dieser geilen Route! Und ist eine Jakobswegstadt. Ich hätte mir in der Kirche einen entsprechenden Stempel irgendwo hindrücken können.

Mir sind so viele Rennradler wie heute bisher noch nicht begegnet, das wird an der Strecke liegen. Und ich habe das Gefühl, dass hier die meisten ganz vernünftig fahren, im Gegensatz zu Mallorca, wo mir oft die Spucke ob der Waghalsigkeit wegblieb. Dennoch muss man höllisch aufpassen.

Auf dem Weg nach Hause kam ich wieder durch Santa Lucia. Ab da verläuft dann ja die Serpentinen-Strecke, wo es keine 10 Meter am Stück ohne Kurve gibt. In Vecindario kaufte ich mir – etwas schwindelig im Kopf – eine Tortilla für meinen Heiligabendtisch. Dazu wird gleich eine Flasche Cava genuckelt und das alles auf einer vernünftig möblierten Terrasse. Leute, das war ein wirklich schöner Tag. Ich liebe diese Insel, erwähnte ich es schon einmal? Ich meine, wenn, dann nur ganz dezent. Kann man eigentlich fundraisen, dass Fremde den lebenslangen Aufenthalt einer Person in Urlaubsparadiesen finanzieren? Frage für einen Freund!

Liebe Grüße
Euer Gerry

Tag 28: Und Tschüss…

Letzter Blick aus dem Fenster…

Ein letztes ¡Hola!, diesmal vom Flughafen.

Heute war Ausschlafen angesagt, gemütlich Kaffee trinken (ob ich die Cafetera vermissen werde? Eher nicht.) und dann Packen. Obwohl ich ein paar Dinge hier zurückgelassen habe, wurden meine Gepäckstücke alle sehr schwer. Sowohl im Koffer als auch im Trolley Übergewicht. Mysteriös! Durch geschicktes Umverteilen bekam ich das aber in den Griff. Nur wiegt jetzt meine Umhängetasche 40 kg. Aber die kommt ja nicht auf die Waage.

Ich räumte dann noch auf, spülte das Geschirr, schrieb eine Nachricht an Miguel und fuhr nach Arinaga. Erstens hatte ich das in guter Erinnerung, zweitens gibt es dort viele Restaurants an der Promenade und drittens liegt der Flughafen um die Ecke.

Das Wetter war toll in Arinaga. Schön an diesem Ort ist auch, dass man haufenweise Parkplätze vorfindet. Abgesehen von der Promenade ein uninteressanter, wenn auch netter Ort; bestimmt nicht der schlechteste Platz, um Urlaub zu machen. Man hat beide Inselwelten (sonnigen Süden und wunderschönen Norden) in greifbarer Nähe.

Ich aß Meeresfrüchtesuppe und Schnecken mit Chorizo. Und das mit Blick. Und lecker war’s auch. Die Caracoles sehr würzig, die Mariscos frisch wie nix.

Nach einem cortado largo (Espresso mit viel Milch) machte ich mich auf zum Flughafen. Ich war wie üblich viel zu früh, aber das ist ja gescheiter als andersrum. Heute früh übrigens rief ich meine Buchung auf und bekam einen kleinen Schrecken, poppte doch ein Warnhinweis auf, von dem ich zuerst nur „Streik“ las. Aber das ist ja erst ab Montag.

Mietwagenrückgabe absolut problemlos. Tschüss Sora. War schön mit Dir. 957 Kilometer hast Du mich perfekt chauffiert (die Busfahrer übrigens für knapp 100 Euro). Ja, und jetzt hocke ich hier bei einer letzten kanarischen Cerveza – ganz stilvoll im Plastikbecher – und warte auf meinen Aufruf. Ich werde mitten in der Nacht zuhause ankommen. Schön war es hier. Das mache ich jetzt immer. Also vier Wochen Urlaub. Jeden Monat.

Allen, die mich begleitet haben, vielen Dank dafür. Ich hoffe, es hat Euch ein bisschen unterhalten.

Bis zur nächsten Reise, wahrscheinlich über Ostern. Wohin weiß ich noch nicht…

Euer Gerald

Meinen besten cortado largo hatte ich San Cristóbal.

Tag 27: Der Weinkrampf

Blick von meiner Bushaltestelle aus.

Liebe Festlandsbewohner.

Quasi letzter Tag, wie traurig. Mein Antrag auf Asol wurde abgelehnt. Meine Tränen wollen gar nicht mehr versiegen. Um den Salzverlust auszugleichen, war ich dann heute mal im Meer. Also, immerhin bis zu den Waden. Vom Auditorio kneippte ich mich so den ganzen Canteras-Strand hoch.

Ziellos lief ich dann durch La Isleta, um wieder zur Promenade zurückzukehren. Dort war heute nicht ganz so viel los. Ich ergatterte einen Platz in der ersten Reihe und aß Hummersuppe und alte Wäsche im „lachenden Schwein“. „Ropa vieja“ ist ein Eintopf, der auf Kichererbsen basiert, meist mit Fleisch vermengt. Ich hatte ihn mit Pulpo. Sehr yummie!

Nach einer ausgiebigen Meeresbesichtigung zog ich mich zu einer Siesta zurück. Denn für das bevorstehende kulturelle Ereignis am Abend wollte ich ausgeruht sein. Es ging zum Concierto Popular Año Nuevo in das Auditorio Alfredo Krauss. Der Saal ist sehenswert. Hinter dem Orquesta Sinfónica de Las Palmas mit dem großen Chor eine riesige Panoramascheibe mit Blick aufs Meer.

Das Konzert war richtig nett, schön bunt gemischt und alles mit viel Elan vorgetragen. Es gab Flamenco- und Paso-Doble-Einlagen, Queen (mit einem Freddy-Double) und John Lennon (ohne Double), Oper und die Schreibmaschinensinfonie, aber auch Sibelius et al. Besonders hat mir der erste Satz von Beethovens Fünfter als Mambo gefallen!

Und jetzt ist der letzte Abend in Costa Ayala fast zu Ende… Ich darf wegen des späten Fluges – und da die nächsten Gäste erst Sonntag kommen – bis abends in der Wohnung bleiben, was ich sehr nett und praktisch finde.

Ich fahre aber etwas früher los, um noch einmal in Arinaga Fisch in der Sonne zu essen.

Also, Ihr Lieben, morgen dann der finale Abgesang auf diesen schönen (Sprachschul-)Urlaub.

Alles Liebe, Euer Gerald

Diese Sense ist wohl eine zweischneidige…
Da fehlt doch irgendwie was… PFT!

Tag 26: Cabra, Cerveza, Cóctel y Cristóbal Colón

¡Hola de la isla!

Die letzten Tage will ich es mal ruhig angehen lassen. Nach einem ausgedehnten Morgenritual (klingt doch besser als Rumgammeln, oder?) bewegte ich mich ganz gemächlich Richtung Zentrum. Pünktlich zur Essenszeit erreichte ich die Fressbuden im Vegueta-Viertel. Alles sehr voll. Beim Marokkaner war Platz, sah auch gut aus, aber ich hatte mir in den Kopf gesetzt, kanarisch zu speisen. An meinem Papas-Arrugadas-Restaurant ergatterte ich ein Plätzchen und nahm Carne de Cabra, Ziegeneintopf. Sehr lecker! Und eine sehr große Portion wieder.

Der Laden heißt „Te lo dije, Pérez“ – „Ich hab’s Dir gesagt, Perez“. Man prügelt sich ein bisschen um die Tische hier draußen: es ist gerade wirklich Hauptsaison. Auf der Calle Triana z. B. ging es zu wie auf dem Rummelplatz.

Nach dem Essen gab’s Bildung. Alles über Christoph Columbus in dem extra für ihn eingerichteten Museum. Die Hauptattraktion in diesem Museum ist nicht etwas die Nachbildung einer Schiffskabine. Auch Bilder der letzten 5 Jahrhunderte, unter anderem ein Veronese (wenn ich richtig geschaut habe), oder historisches Kartenmaterial nicht. Es sind zwei Papageien, die aber bissig sein sollen. Ein schönes Museum in einem sehr schönen Haus. Mit Galerie und Krypta.

Von Vegueta aus ging es zum Yachthafen. Zu den Reichen und Schönen. Ein Mastenwald sondergleichen. Sehr malerisch.

Einmal quer über die Halbinsel, dort setzte ich mich in eine hippe Cocktailbar und nahm eine große Cerveza und einen Mai Tai zu mir. Bildung macht nämlich durstig. Sonne pur, das Meeresrauschen, die gute Luft. Ein Träumchen. Später fuhr ich nach Hause und machte mir wieder einen Multivitamintrunk.

26 Tage sind rum, ist das zu fassen? Nein, ist es nicht. So langsam muss ich mich mal darauf einstellen, bald wieder Parka und Schirm zu tragen. Oder ich beantrage noch schnell Asol, das ist das Recht auf einen Platz in der Sonne.

Tschökes, bis morgen vielleicht.

Euer Gerald

Und da bin ich überall langelaufen…
Yippieh…

Tag 25: Ofenhitze

¡Felices fiestas, guapos!

Heute hat Gran Canaria ja geschlossen. Es gibt nur wenige Tage im Jahr, wo hier wirklich fast nichts geht (und irgendwie geht dann doch wieder was, aber man muss wissen, wo). Also war Wandern angesagt. Dazu braucht es keine Öffnungszeiten. Leider war heute früh das Wetter ein bisschen diesig und bewölkt. Das verleitete mich zum Bummeln und völlig erschreckt stellte ich um 10 Uhr 30 fest, dass ich die geplante lange Wanderung nicht mehr schaffen würde. GOTTSEIDANK!!! Denn ich machte mich dann auf zu nur einer Teilstrecke. Ihr Lieben. Ich weiss definitiv, was ich heute getan habe.

Zuerst fuhr ich durch das untere Agaete-Tal. Das ist wirklich wunderhübsch. Es ist sehr grün, es blüht hier und da, die Ziegen blöken in den Hängen und bimmeln „Leise rieselt der Schnee“ mit ihren Glöckchen. Die vielen Früchte, die man sehen kann, zeugen von landwirtschaftlichem Reichtum. Es gibt viele produzierende Fincas. Ein etwas verfallenes Restaurant und kurz vorher eine Finca stehen zum Verkauf. Sofort hatte ich wieder Flausen im Kopf. Tststs.

Im Reiseführer wird der Wanderweg von El Sao nach El Hornillo als anfangs etwas steil, dann abflachend beschrieben. Die Abflachung muss ich irgendwie übersehen haben. Leute. In meinem ganzen Leben war ich noch nie so froh, einen Ort erreicht zu haben. Mein Puls war auf 140 und ich war – nun ja – ein klitzekleinwenig derangiert. Wie aus dem Hornillo gezogen quasi. Vielleicht bin ich irgendwie aus dem Alter für solche Bergtouren raus. Fataler Fehler war auch, mit Turnschuhen und ohne Stöcke zu laufen.

Aber die Wanderung ist fantastisch. Auch bei so trübem Wetter. Nur das Refugio Hornillo war leider geschlossen. Die hätten mit mir einen Megaumsatz an Getränken gemacht. 25. Dezember, was willste machen? Es ging wieder ein bisschen durch Waldbrandgebiet, mehrere verlassene Fincahäuser lagen auf dem Weg. Ich hoffe, die Gegend regeniert sich wieder schnell! Auch lagen Höhlen auf dem Weg, in der letzten von mehreren ein Buch zum Eintragen, habe ich dann auch gemacht. In El Hornillo sind auch viele Häuser in den Berg gebaut.

Der Rückweg ging sich natürlich dann viel pulsschonender, hier war nur Aufmerksamkeit gefordert, da die Strecke teils wirklich steil und geröllig war. Während ich so abstieg, lief ein Mann mit einem Affenzahn an mir vorbei. Wie eine kleine Bergziege hüpfte er den Weg hinunter. Ich hatte etwas ähnliches bei meiner Gebirgstour letzte Woche schon von weitem gesehen. Muss eine Sportart sein. Gebirgsrennwandern oder so.

Auf der Rückfahrt nach Hause machte ich noch einen Zwischenstop in Agaetes Zentrum. Vor der Kirche war Weihnachtstrinken angesagt. Es schien, als hätte sich der ganze Ort dort zum Feiern versammelt. Sehr nett.

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Eigentlich wollte ich noch abends nach LPGC rein, aber es hat sich so zugezogen, dass ich mir einen Fernsehabend gönne. Abgesehen davon ziepen meine Oberschenkel auch ein bisschen. Geübte Trecker, Hiker und Alpinisten werden sich jetzt totlachen, aber ich hatte 250 Höhenmeter auf den ersten anderthalb Kilometern zu erkraxeln. Für so einen Sesselfurzer ist das ’ne ganze Menge.

Ich hoffe, Ihr hattet alle einen wunderbaren 1. Weihnachtstag! Mir hat meiner gefallen.

Bis bald, hasta luego!

Euer Gerald

Día 24: ¡Feliz Navidad!

Frohe Weihnachten, Ihr Lieben!

Heute – ganz im Sinne der Weihnacht – sollte es ein ruhiger und friedlicher Tag werden. Zum Sonnenaufgang hatte ich mir den Wecker gestellt und saß dann kurz vorher mit Kaffee am offenen Fenster, es fehlte nur das Kissen mit den Bommeln dran. Es war dann aber ein eher unspektakuläres Ereignis. Ich legte mich dann nochmal ein bisschen hin.

Im Osten geht die Sonne auf…. Wer kennt den Teil über den Norden?

Am späten Vormittag fuhr ich dann mit Bussen bis zum nördlichsten Haltepunkt von Las Palmas (der letzte hat im Leerlauf so vibriert, dass ich nie im Leben jemals eine Hautstraffung benötigen werde). Dort befindet sich der Mirador de Las Coloradas. Ein Aussichtspunkt in einem kleinen Ort auf einem Mondlandschaftshügel. Früher war rundherum und ist heute noch teilweise militärisches Sperrgebiet.

Las Coloradas. Nicht ganz so farbenfroh, wie der Name es vermuten lässt.

Ich kraxelte auf den Mirador de la Cruz, von dem aus man perfekte Fernblicke genießen kann. Ich wanderte weiter Richtung Canteras-Strand. Es wurde leider immer schottiger und steiler. Kurz hinter dem Confital-Strand musste ich nachgeradezu alpine Fähigkeiten beweisen, bis mich nur noch 5 Meter von der Promenade trennten. Leider komplett steil und mit Kakteen in Sprungweite. Zwei schon erlittene Bänderrisse reichen mir für mein Leben und so alpinierte ich zurück. Einen ziemlichen Umweg, diverse Schürfwunden und einen Riss in der Hose später stand ich auf der Promenade, schaute die Gefahrenstelle hoch. Maximal 2 Meter und durchaus machbar. Jeder Pekinese hätte das geschafft! Aber Kiste ist ja bekanntlicherweise die Vorsicht der Porzellanmutter!

Auf dem Weg liegt übrigens eine archäologische Stätte. Höhlen der Canarios. Jetzt offensichtlich bewohnt von Aussteigern, die natürlich und ökologisch leben wollen und so herrlich unkonventionell sind.

Man beachte die Müllberge!!!

Ich hatte Bärenhunger! Jetzt schnell in ein Restaurant, etwas totaaaal leckeres essen. Puh! Alles voll. Alles! ALLES!! Ratet mal, in welchen drei Raststätten es Plätze gab! Burger King, die vegane Saftbar und der All-you-can-eat-Chinese hätten mich gerne willkommen geheißen.

Am Ende von Las Canteras bin ich dann in eine Seitenstraße, dort fand ich eine Avocado-Bar. Prima. Arrugadas mit Guacamole! „Guacamole ist aus…“ Manchmal hat man so einen Lauf… Also einen Wrap mit Salat, aber dazu als Weihnachtsgeschenk noch Sticks mit Hummuspaste. Und das Bier war extrem lecker! Nach Wanderungen ist es das eigentlich immer! Der Kellner ein Fan von Basquiat. Sehr sympathisch. Das ist übrigens kein Fußballverein, sonst hätten wir uns darüber nicht unterhalten können.

Wegen einer einzigen Tomate bin ich dann noch in den Supermarkt. Die brauchte ich dringend für meine Wanderung morgen. Ich nehme mir nämlich einen dreistöckigen Bocadillo mit.

Abends habe ich mich dann wieder auf die Klippen gesetzt. 17 Uhr. Da wurde es dann sentimental. Es bin ich. Damals haben wir zuhause immer so ziemlich genau gegen 17 Uhr die Kerzen im Baum angezündet. Dann wurden – früher wild durcheinander, später gesittet nacheinander – die Geschenke ausgepackt und dann wurde zusammen sehr einfach gegessen. Toast mit Räucherfisch z.B.

Vorher natürlich immer das Drama, wer geht zu wem, wer muss bestimmte Verwandte ertragen, wer kocht, wer räumt auf… Und der Stress mit den Geschenken! Jetzt saß ich einfach auf den Klippen, es war Heiligabend und ich… fand es unglaublich friedvoll und schön!

Der Autor hat ein Sentiment oder so.

Hier und da saßen andere Leute in den Klippen und schauten verträumt aufs Meer. Manche knutschten. Ich chattete ein bisschen mit einer Klassenkameradin aus dem Spanischkurs und einer Freundin aus Köln. Die Sonne ging unter. Ich blieb sitzen. Das Meer brandete gegen die Felsen. Mir wurde klar, dass ich hier leben will. Auf den Kanaren.

Sentimentaler alter Wirrkopp! rief ich mir zu und begab mich in mein Appartement. Dort warteten kühler Wein und eine Empanada de Carne auf mich, mein Weihnachtsmenü. Ähm… kann ein Gericht alleine eigentlich ein Menü sein?

Morgen ist eine Megawanderung geplant, von der ich noch nicht weiß, ob ich sie schaffen werde. Die Australierin aus dem Kurs hat eine ähnliche gemacht und musste ein Taxi rufen, weil sie sich verirrt hatte. Sollte ich Silvester nicht bei Rolfs Party sein, dann sucht mich im Tal von Agaete.

Ihr Lieben! ¡Felices Fiestas! Ich wünsche Euch alles erdenklich Liebe und Gute und sende Euch ganz viele Grüße aus Costa Ayala!

Euer Gerald

Wir wurden hier geboren, wir leben hier und ich gedenke hier zu bleiben, bis sich die Augen schließen.
Carmen Jiménez

Tag 23: Unentdecktes Las Palmas

Buenas tardes de la Costa Ayala, Ihr Lieben!

Heute hatte Sora frei und ich blieb in Las Palmas. Hier gibt es doch tatsächlich Ecken, die ich noch nicht gesehen hatte. Mit dem Guagua ging es erst einmal nach San Telmo und von dort aus in 45 Minuten zu Fuß die Küstenpromenade hinunter nach San Cristóbal, einem Fischerdörfchen im Süden von Las Palmas. Direkt an der Küste verläuft die Hauptautobahn der Insel, die GC-1. Also hat man rechts Verkehrs- und links Meeresbrandung.

Das kleine Örtchen ist einerseits wegen seiner bunten Bemalung, andererseits wegen eines kleinen Türmchens sehenswert. Letzteres war Teil einer Befestigungsanlage, die Angreifer von See abhalten sollte. Francis Drake und Pieter van der Does fügten der Festung aber dennoch massive Schäden zu, so dass sie wieder aufgebaut werden musste. Jetzt erinnert nur noch das gestutzte Türmchen an diese bewegte Zeit. Bei Flut, wie bei meinem Besuch, steht el Torreón de San Pedro Mártir mit den Füßen im Wasser.

Mit dem Guagua ging es nach Santa Catalina. Im Bus zahlte eine alte Dame ihre 1,40 Euro Beförderungsentgelt in Eincentmünzen. Die Freude beim Fahrer war groß. Sie entschuldigte sich dann bei allen Niños und Caballeros wortreich für die Verzögerung.

In La Isleta schaute ich mir die Hafenmarkthallen und die Festung La Luz an. Beides ganz nett. Die Markthalle war leider nur teilweise in Betrieb und das Kastellchen geschlossen.

Von dort lief ich zum Las Canteras-Strand, um zu Mittag zu essen. Es war brechend voll! Da ich unbedingt draußen sitzen wollte, ließ ich mich bei einem Italiener nieder, weil dort justament ein Tischchen frei wurde. Das Essen war aber leider versalzen und teuer und das Personal sehr muffelig. Aber die Aussicht war nett.

Ich lief die Promenade runter und tätigte meinen Festtagseinkauf, schleppte ihn nach Hause und setzte mich dann mit einem Feierabendbierchen auf die Klippen. Das ist ja so viel besser als Dachterrasse. Leider sind sie ein bisschen vermüllt.

Am zweiten Weihnachtstag hat quasi ganz Gran Canaria geschlossen, wie ich heute im Carrefour in Erfahrung brachte. Das schreit geradezu nach einem Wandertag. Apropos Carrefour… Ich mausere mich zu einem Couponspezialisten. Heute habe ich ca. 20% auf meine Einkäufe gespart.

Zu Weihnachten wünsche ich mir jetzt nur noch, dass das Wetter so schön ist wie heute.

¡Hasta mañana, wenns ihr mögt !

Euer Gerald

Tropische Grüße von den Klippen!
Sin título…

Tag 22: Der Süden im Recall

Estimados Sras. y Srs.

Fröhlichen 4. Advent Euch allen!!!

Heute also die zweite Chance für den Süden. Wobei – war ja beim ersten Erkunden nicht alles schlimm.

Also, heute gibt es Punkte für das Wetter. Hier im Norden war es heute früh und ist es immer noch zugezogen. Im Süden supersonnig und sehr gut warm!

Punkte gibt es auch für Arteara, eine Nekropole der Canarios. Sie liegt umrahmt von mächtigen Felsmassiven nördlich von Maspalomas. Diese Gebirge sind im Gegensatz zum üppigen Norden karg und schroff, fast unwirklich. Hier kann man Western drehen und Episoden für Raumfahrtserien. Ich meine sogar, dass Sioux City, ein Vergnügungspark im Süden, ursprünglich mal ein Filmset war – ich müsste das nochmal nachschlagen.

Die Nekropole selbst wird von einem sehr überschaubaren Museum eingeleitet. Dann folgt man gekennzeichneten Pfaden durch das Gräberfeld. Also, das ist hochinteressant! Haufenweise (im wahrsten Sinne des Wortes) Gräber in der gleichen Grundstruktur, doch in unterschiedlichsten Ausarbeitungen. Was diese Art der Bestattung für eine Mühe gemacht haben muss!

Gräberfeld

Es gibt zwei Palmenhaine an den Rändern der Stätte, Bienenstämme werden angesiedelt und Gehege für Tiere wurden angelegt. Noch vor hundert Jahren (so ein Schild, das weiß Gott wie alt ist) wurden hier ertrunkene Seeleute bestattet. Leider sind einige der Erklärungstafeln unleserlich geworden. Auch gibt es keine Waschräume und dergleichen. Wenigstens war es aber, vielleicht wegen der 4 Euro Eintritt, wirklich fast wie ausgestorben. Was ja zu so einem Ort durchaus passt.

Unangenehm war nur die Fahrt auf der GC-60 dorthin. Nicht ganz so kurvig, aber eng und bevölkert von zweien meiner Lieblingsgeschöpfe: Irrsinnige Motorradfahrer und lebensmüde Radrennfahrer. Wobei erstere noch die schlimmeren sind. Die zischen dreistellig durch 30er-Kurven. Und treten in röhrenden Horden auf. Und wenn dann bergab völlig unvermittelt ein Radfahrer im Rückspiegel auftaucht, der quasi am Heck klebt… tatsächlich bin ich an einer Unfallstelle vorbeigekommen, wo ein Radler scheinbar frontal auf ein Auto draufgefahren ist. Wer jetzt in der falschen Spur fuhr? Naja, zwar kotzte der Radfahrer gerade über die Leitplanke, aber scheinbar haben es alle überlebt.

Ich fuhr zum berühmt-berüchtigten Yumbo-Center. Punkte? Nö. Aber auch kein Abzug. Durch gruseligste Schilderungen – auch von großen Fans – war ich auf das allerschlimmste gefasst! Was soll ich sagen? Nicht gerade ein Traum, aber jo mei. Hunderte Fressbuden und Kneipen, die meisten um diese Zeit geschlossen. Souvenirläden und Parfümerien. Massagesalons und Ärzte. Also, etwas trist, aber man hat alles an einem Platz. Die Empanadas zum Lunch konnte ich allerdings nicht zuende essen. Die waren sehr merkwürdig. Und wegen der Fahrerei konnte ich mir die auch nicht schöntrinken. Andere Gäste haben das nämlich offensichtlich mit aller Macht versucht.

Yumbos Innenhof

Ein geschichtsträchtiger Platz befindet sich kurz vor Santa Lucia. Auf dem Heimweg wollte ich dort, an der Fortaleza, vorbei. Hier wurde – vermutet man – 1483 die letzte Schlacht zwischen den Canarios und den spanischen Besatzern geschlagen. Vernichtend für die Canarios, deren Anführer sich anschließend vom Fels gestürzt haben sollen. Die restlichen Überlebenden wurden gemetzelt oder versklavt. Aber die Policia machte mir einen Strich durch die Rechnung. Nachdem ich fast 20 Minuten auf kurvigen, engen Strecken Richtung Santa Lucia unterwegs war, wurde ich von ihr gestoppt. Es ginge wegen Bauarbeiten nicht weiter, ich müsse zurück oder nach rechts abbiegen und einen riesigen Umweg in Kauf nehmen. Naja, ich finde ja, das hätte man schon früher irgendwie andeuten können. Ich fuhr zurück zur Küste und nach Hause. Wieder in die Wolken rein.

Und so rein punktetechnisch? Ja, da hat der Süden was gutgemacht.

Einen Besuch im Arenas-Einkaufszentrum habe ich mir gespart, als ich von der Straße oben das Gewusel auf dem Kreisverkehr unten sah. Aber ich fürchte, morgen muss ich dringend Großeinkauf machen. Weiß ja nicht, wie das hier mit den Feiertagen so ist.

Auf der Klippe vorm Haus stehen wieder viele Meeresanbeterwagen. Irgendwie witzig. Ich würde ja aussteigen und mich auf die Felsen hocken. Aber die Mehrheit sitzt bei hochgekurbeltem Fenster (selbst die Raucher) im Auto und schaut zur Frontscheibe raus.

Heute Abend gibt’s wieder Sangria, ich habe noch so viel Obst. Da erscheint Trinken ja auch gleich als überaus gesundheitsfördernd!

Ihr Lieben, bis morgen vielleicht. Ich verabschiede mich für heute mit einem lautstarken ¡Eviva España!

Euer Gerald (der hofft, dass Ihr jetzt nicht alle einen schlimmen Ohrwurm habt)

Besuchen Sie Tunte… Hm. Was mag da so interessant sein?
Der Autor im Grand Canyon

Tag 21: Steilige Stätten

Guten Abend aus dem bis vorhin noch sonnigen Norden, liebe Leser!

„School’s out forever“, wie schon Alice Cooper seinerzeit lautstark grölte. Trotzdem wachte ich theoretisch rechtzeitig auf. Drehte mich dann aber nochmal rum. Und forever? Hm. Wer weiß, wo ich meinen B2-Kurs mache… Vielleicht in einer Schule in Sevilla? Oder auf El Hierro? ¿Quién sabe?

Heute war Hauptprogrammpunkt der Besuch „eines der schönsten Dörfer Spaniens“, ein Prädikat, das von allerhöchsten Stellen vergeben wird und man sich schwer verdienen muss. Geschafft hat dies unter anderem das Dorf Tejeda im Inselinneren. Na, da wollen wir doch mal sehen… Die Fahrt dorthin war auf jeden Fall wieder einmal spektakulär! Ganz tolle Aussichten! Und diesmal bin ich durch Waldbrandgebiet gekommen. Der Boden grünt schon wieder, Rankzeug bemächtigt sich der toten Stämme. Aber eine Erholung wird noch dauern.

Tejeda begrüßte mich dann mit einer festlichen Hochzeit. Hui, hatte man sich da rausgeputzt! In Italien nennt man das ja „fare una bella figura“, ich nehme an, da gibt es auch einen feststehenden spanischen Ausdruck für. Da muss jedes Haar sitzen und alles glänzen, außer der Stirn. Der Ort ist bis auf eine zentrale Großbaustelle wirklich wunderschön. Alles ist so gepflegt und aufgeräumt. Es gibt keine Werbung und kein Plastik. Es gibt nur Schönes! Ich war sofort hin und weg. Und die Menschen: Die Dame im Souvenirshop, der Kellner auf der Aussichtsterrasse, die Mitarbeiter des Delikatessengeschäftes. Alle zum Liebhaben!

Auf der Aussichtsterrasse habe ich zum Kaffee ein Pan Tomate gegessen. Also, dass etwas so Simples so toll schmecken kann. Das geröstete Brot ein bisschen mit Knoblauch eingerieben und mit Olivenöl beträufelt, dann Tomatenpüree drauf und das ganze verziert mit ein paar Klecksen Honig. Ein Traum. Das Öl habe ich sofort erstanden, dazu Bienmesabe und einen Mandelkuchen, alles mit Zutaten aus der unmittelbaren Gegend. Man schenkte mir dann noch ein Glas Pflaumenmarmelade und bastelte mir eine Papierrose. Die Marmelade ist zwar schon über dem Verfallsdatum, aber wird an sich ja nicht schlecht, wenn sie noch nicht geöffnet ist. Ich habe mich auf jeden Fall gefreut.

Weiter ging es zum nahegelegenen Roque Bentayga. Eine heilige Stätte der Canarios. Man kommt mit dem Auto bis zum dazugehörigen Museum, klein und fein und Eintritt frei, und muss dann den Rest per pedes erklimmen. Was der Onkel Gerald immer wieder vergisst ist, dass der Aufstieg zwar anstrengender, der Abstieg aber immer schwieriger ist. Besonders bei Höhenangst. Oben angekommen war ich etwas aus der Puste. Unten angekommen war ich klatschnass vor Stress. Aber es hat sich gelohnt! Wenn man sich überlegt, dass die Canarios mal eben so ohne vernünftige Schuhe und ohne Hyundai Tucson auf 1414 Meter Höhe gekraxelt sind, um wem auch immer zu huldigen. Teilweise haben sie dort in Höhlen gewohnt. Der Platz ist aber auch wirklich magisch.

Artenara – nächster Punkt der Reise – zählt als das höchstgelegene Dorf der Insel. Auch hier ist es sehr schön, prima Ausblicke, alles so idyllisch! In Artenara kann mann dann nordwestlich zu einem Christus hinaufkraxeln, dann wieder ins Tal, um dort ein Höhlenmuseum zu besichtigen, um anschließend wieder einen Berg im Südosten zu erklimmen, wo sich die Ermita de la Cuevita befindet. Warum muss alles Heilige so weit oben liegen? Also, meine Waden wissen, was sie am Tag geleistet haben.

Das Höhlenmuseum war übrigens überraschend gut besucht. Es handelt sich um Höhlen, die noch aus vorhispanischer Zeit stammen und seit ihrer Wiederentdeckung als Heimatmuseum für typische Einrichtungsstücke des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts dienen. Auch hier freier Eintritt, man darf aber eine Spende hinterlassen. In der Ermita kann man einen Euro in einen Apparat schmeißen, dann geht für drei Minuten das Licht an.

Es wurde schon spät, und ich wusste, dass Sora nicht im Dunkeln die Serpentinen bergab fahren wollte. Vollstes Verständnis! Ich glaubte, ich fände den Weg auch ohne Navi, da ich mich ja jetzt so dolle auskenne. Naja, kurz vor der Küste war ich unentrinnbar in einem mir völlig unbekannten Ort gefangen, aus dem ich nicht mehr rausfand. Nachdem ich dreimal um den selben Platz herumgekurvt war, schaltete ich doch wieder das Navi an, was dieses mit einem höhnischen Kichern quittierte. Innerhalb von 6 Minuten war ich dann von dort aus zuhause.

Diesmal versammelten sich die Wolken an der Westküste.

Also, der Tag heute hat definitiv dazu beigetragen, dass meine Liebe zu dieser Insel einen Quantensprung gemacht hat. Das Inselinnere ist ein Traum!!! Leider nur nix für alte Knochen. Es ist doch alles überall sehr steil. Und man braucht Ewigkeiten, um selbst kurze Strecken zu überwinden.

Morgen geht es nach Maspalomas, ich habe eine Verabredung zum Mittagessen dort. Ich bin gespannt, ob der Süden nicht doch noch Überraschungen für mich bereithält. Ich werde gleich noch einmal den Reiseführer konsultieren.

Ich hoffe, es geht Euch allen gut und sende viele liebe Grüße!

Euer Gerald

Señor Unamuno und ich sind uns einig. Schön hier. Er hat eine sehr interessante Biographie!
Ruhestand hier oben? Man muss sich das dann so vorstellen: Das Blümchen steht in meinem Vorgarten und der Lebensmittelladen ist im Bild Mitte links.

Tag 20: Weihnachtsferien!

Schulferien! Wie lange ich das in meinem Leben nicht mehr hatte! Aber der Reihe nach: Nur die Schweizerin hat die Prüfung abgelegt, die restlichen fünf haben sich den Film angesehen. Auf Spanisch mit spanischen Untertiteln. Es war zwar ganz hilfreich, dass ich „Pans Labyrinth“ schon zweimal gesehen hatte, aber trotzdem hätte ich, oh Wunder!, den Film auch so verstanden. Wir sprachen dann noch einige Zeit über die Symbolik des Films und über den spanischen Bürgerkrieg. Der Abschied heute war nicht ganz so sentimental, wie ich es befürchtet hatte, aber es wurde ein bisschen geherzt und gedrückt. Wir waren -natürlich !- der beste B1-Kurs ever! Kurz überlegte ich noch, ob ich Nummern tauschen sollte – besonders drei der Mitschüler fand ich extrem nett – beließ es dann aber bei Luftküssen und Schulterschlägen.

Wo sind all die Schüler hin…?

Nach der Schule suchte ich mir erst einmal eine Tapas-Bar und aß Tortillas. Die waren ganz anders als ich erwartet hatte, mehr so wie Reibekuchen und nicht wie die sehr festen Gebilde, die man sonst so kennt. Dazu noch Pâté de Perdiz, Pastete vom Rebhuhn. In Spanien enden die Märchen oft entweder mit „Colorín colorado, este cuento se ha acabado“ oder mit „vivieron felices y comieron perdices“ (in etwa: „Farbiges Bunt und das Märchen hat geendet“ bzw. „Sie lebten glücklich und aßen Rebhühner„). Da musste ich das doch mal probieren! Alles sehr lecker.

Dann besuchte ich das Museum der Kanaren, el Museo Canario. Hier gibt es Informationen zu Ausgrabungen, Ausstellungsstücke die dort gefunden wurden, Informationen über die Lebensweise und, und das ist die Hauptattraktion, massenweise Knochenfunde. Dazu noch ein Dutzend Mumien! Ein sehr morbider Saal ist voller Schädel und besagter Leichen. Jemand mokierte sich im Internet über eine Vitrine, in der haufenweise Knochen übereinander liegen, so könne man mit Toten doch nicht umgehen! Also, ich fände es ja ganz witzig, in Zukunft von Touristen begafft zu werden. Aber wenn das jemals eintreten sollte, wäre das ja erst in ein paar tausend Jahren. Ein sehenswertes Museum, mit Audioguide und einer Virtual-Reality-Brille, durch die man sich die Behausung einer Canario-Familie ansehen kann.

Sehr sehenswert finde ich die keramischen Götzenfigürchen, die von den Canarios hergestellt wurden. Ich habe für meine kleine Sammlung von Gottheiten im Museumsshop ein Replikat des „Idolo von Tara“ erstanden. Eine Rekonstruktion der Höhlenmalereien der Cueva Pintada aus Galdár ist ebenfalls zu sehen.

Mein Feierabendbierchen nahm ich dann am Canteras-Strand ein, bei überwältigend schönem Wetter und einem Blick bis nach Teneriffa, vom mächtigen Teide überthront. Im Gegensatz zu unserem Sturm-Tag ist die Promenade heute fast überlaufen. Hier gibt es massenhaft Lästerpotential, aber wie schon früher erwähnt, macht man das ja nicht. Auch nicht über die eigentlich furchtbar blasse blondhaarige Dame, deren Haut schon einen mittelschweren Rotton hatte, und deren falsche, tiefschwarze Wimpern mit mindestens 5 cm Länge in einem unglaublichen Kontrast zu ihrer Haut standen. Genausowenig wie über den unglaublich behaarten und sehr fetten Mann, der quasi splitternackt die Promenade entlang stolzierte wie ein Gockel. Denn ihr müsst mir das glauben, ich lästere ja nie!

Im Hintergrund schemenhaft Teneriffa; nicht der erste Gipfel links, der gehört noch zu uns.

Auf dem Rückweg nach Hause lief ich noch beim Einkaufszentrum vorbei. Kurz davor sehr viele Wellenreiter, die mit einer Geschicklichkeit sondergleichen die Wellen bezwangen. Ein faszinierendes Bild. Vielleicht sollte ich das auch mal versuchen… Oh. Huch! Die Midlifecrisis lässt grüßen! Im Carrefour habe ich dann noch Brot und Wein eingekauft. Auf den Kanaren gibt es eine unglaubliche Coupon- und Rabatttradition. Aus dem Kassenbondrucker rattert es dabei nur so. Manchmal sind die Bons so lang wie meinereiner selbst. Und was man alles sparen kann, wenn man ein bisschen aufpasst! Kaufe dies zweimal, dann kostet Nummer 2 nur ein Viertel. Kaufe diesen Schinken, morgen bekommst Du dafür Schokolade geschenkt. Aber nur, wenn Du den Bon für den Käse nicht benutzt, den Du für den Weinkauf erhalten hast.

Morgen werde ich erst einmal die Möglichkeit zum Ausschlafen nutzen. Und dann weiter die Insel erkunden. Nur noch eine Woche. Ist das zu fassen?

Vale, ¡hasta mañana, chicas y chicos!

Muchos abrazos von Eurem Gerald

Dr. Chil, der Erfinder der nach ihm benannten Entspannungsmethode, ist ebenfalls in Las Palmas geboren.