Harz, 9. Tag: Eine Abreise mit Abstechern

Ihr Lieben,

heute früh gab es ein letztes gemeinsames Frühstück in unserem schönen Boutique-Hotel LIONO, bevor wir uns in alle Winde verstreuten. Naja, alle nach Köln wieder natürlich, aber das hätte ja längst nicht so dramatisch geklungen. Da alle zeitig loswollten, bekam ich sogar den Sonnaufgang mal bewusst mit. Schön war der.

Ich nahm mir vor, noch zwei drei Sehenswürdigkeiten mitzunehmen, aber auch nicht zu spät zuhause zu sein. Ich entschied mich für die größte Stabkirche Deutschlands. Sie steht in Hahnenklee, das ist nicht weit weg von Goslar. Die Kirche ist schon besonders und ich war auch pünktlich zum Gottesdienst da, denn man drückte mir ein Gesangbuch in die Hand. Irritiert stotterte ich, ich sei jetzt nicht… es täte mir schrecklich… ja, nur zum Gucken. Bitte. Danke. Ein Stück Orgelspiel habe ich dann aber noch abgewartet. Die Kirche verfügt über ein Carillon, das habe ich leider nicht in Aktion gesehen bzw. vielmehr gehört. Schräg gegenüber gibt es übrigens noch ein schönes, aber verfallenes Haus, das Hotel Viktoria, das durch eine Privatinitiative, die Spenden sammelt, gerettet werden soll.

Am Abzweig zur Kirche hatte ich ein Schild mit einer Seilbahn gesehen. Und tatsächlich ist Hahnenklee so etwas wie eine Bespaßungsort. Unten eine Band, die für einen einsamen Touristen in den Bänken spielt, dann ein Gedränge auf dem Parkplatz und vor den Ticketschaltern für die vielen Attraktionen. Ich fuhr trotz einer Schlange mit 20 Personen mit einer alten Dame samt Pudel mit der Seilbahn hoch, guckte mich dort ein bisschen um (es ist FURCHTBAR dort!) und fuhr wieder alleine runter, wo die Schlange am Kartenhäuschen auf etwa 200 Personen angewachsen war… Puh! Und wieso furchtbar? Es gibt Sessellift, Seilbahn, Rodelbahn, Aussichtstürme, Imbissbuden, Mountainbike-Trails… aber alles in diesem bräsigen Pappmaché-Stil und alles wirklich lieblos hingeklatscht. Rodelbahn zwei ist im Aufbau und alles steht voller Bauzäune und Baumaschinen. Wem’s gefällt. Allerdings geht von da aus auch der Liebesbankweg ab, ein Wanderpfad, der soll sehr schön sein. Und der Ausblick ist natürlich auch nicht zu verachten.

Ich legte dann noch einen Stopp an der Marktkirche in Clausthal-Zellerfeld ein, der größten Holzkirche der Republik. Die ist ganz in blau gestrichen, tatsächlich ziemlich groß und innen einmal völlig verschieden zu sonstigen Gotteshäusern. Drumherum ist es auch noch ganz nett, die Technische Universität hat Gebäude gegenüber und das Rathaus gehört auch noch zum Ensemble. Der Ort spielt eine große Rolle in Deutschlands Bergbau-Geschichte.

Jetzt war es aber Zeit, mal Richtung Heimat zu düsen. Bibi brachte mich sicher und einigermaßen schnell nach Hause, wir trennen uns erst morgen früh. Es galt, die Post bei den Nachbarn abzuholen, auszupacken, Pralinen zu essen und die Souvenirs zu sortieren. Lauter Lebensmittel, als gäbe es hier in Köln nix. Ach, und zwei kitschige Kühlschrankmagneten.

Es war eine schöne Reise, der Harz ist ein tolles Reiseziel. Es gibt gute Gastronomie, schöne Hotels und viel zu sehen und zu entdecken. Ich kann das nur wärmstens empfehlen! Ja, die nächste Reise dann in das Land der Pharaonen und der tierischen Götter, wir werden es insbesondere mit Sobek, dem Krokodil, und Hapi zu tun bekommen, das ist die Personifizierung des Nils.

Vielleicht schaut Ihr dann ja auch mal wieder rein. Liebe Grüße, alles Gute, Euer

Auf der Postkarte eines Freundes! 🤩

Harz, 8. Tag: Mehr Hexen, mehr Wurst, mehr Fachwerk, viel Schoggi

Ihr Lieben,

zum Frühstück hatte ich heute ein Omelett bestellt, davon wären vier Personen satt geworden! Megalecker! Zudem gelang es mir, in ein weiteres Zimmer zu spinxen, das gerade gereinigt wurde. Auch sehr schön! Das Hotel ist wirklich uneingeschränkt weiterzuempfehlen.

Heute war Pärchentag; Claudia und Uwe waren mit ihrem Klassentreffen beschäftigt, Ute und Andreas wollten den Osten erkunden, Petra und ich sind mit der Bahn nach Wernigerode gefahren. Schon wenn man aus dem Bahnhof rauskommt, ist Wernigerode einfach schön. Kein Müll, kein Dreck, ein wunderschöner kleiner Park vor dem Bahnhof… Wir liefen zum Eingang der Breiten Straße, die auf das touristische Zentrum von Wernigerode, dem Platz mit dem Rathaus, hinführt. Viele schöne Fachwerkhäuser mit kleinen Lädchen, aber auch deutschlandweite Filialableger links und rechts. Dazwischen das ein oder andere Baudenkmal, wie die Krell’sche Schmiede oder das mit einer einzigartigen Fassade ausgestattete Krummelsche Haus. Insbesondere waren aber Boutiquen mit ausgefallenen Dingen, die Spezialitätenläden mit Harzer Produkten und ein Schokoladentempel schuld daran, dass wir für die kurze Strecke schon fast eine Stunde brauchten.

Einen kleinen Abstecher machten wir zu der im Reiseführer lobend erwähnten Kirche St. Johannis, die wir fatalerweise erst einmal von außen inspizierten. Denn als wir sie betreten wollten, kamen uns zwei knöttrige Damen entgegen, erklärten uns, wir seien zu spät, sie schlössen die Kirche jetzt ab. Petra meinte noch, dass ein zweiminütiger Blick uns ausreiche, die beiden Hex… äh… Damen aber waren resolut. Ich flötete ein „Christus belohne Euch für Eure Standhaftigkeit“, die Damen eilten verärgert davon. Das mit den abgeschlossenen Türen im Osten verfolgt mich und ich kann nun nicht mehr anders, als an eine eine sinistre Verschwörung zu glauben.

Schließlich kamen wir beim Wahrzeichen von Wernigerode an, dem berühmten, mit markanten Spitztürmen ausgestatteten Rathaus. Dort liefen wir in Hochzeitsgesellschaft Nummer 1. Das Paar und die Familie schauten alles andere als freudig aus der Wäsche, was bei Petra und mir Spekulationen über den Hintergrund des ehelichen Bündnisses auslöste. Einige davon waren politisch nicht korrekt und ich schäme mich natürlich dafür und gebe sie hier auch nicht wieder. Also, der zentrale Platz ist schon schön, die Straßen drumherum auch, aber bei Kaiserwetter auf einen Samstag war es natürlich auch bumsvoll. Und neben den oben erwähnten netten Lädchen gibt es auch viel Tinnef und Unsinn. Der Rolls-Royce auf den Bildern gehörte dann zu Hochzeitsgesellschaft Nr. 2.

Wir erklommen die gelbe Bimmelbahn und ließen uns aufs Schloss kutschieren. Die Fahrt ist sehr kurz, aber der Anstieg auch nicht unsteil, da muss man dann halt abwägen, ob einem das 5 Euro pro Person wert ist. Auf der Fahrt kann man übrigens das kleinste Haus der Stadt sehen. Das Schloss selbst ist zur Zeit in großen Teilen eingerüstet, aber die Hauptfassade liegt zu drei Vierteln frei und der Blick ins Tal und bis zum Brocken lohnen den Aufstieg. Direkt neben dem Vorplatz der Hauptfassade befindet sich das Schlosscafé. Sehr trubelig und überfüllt. Aber nur ein paar Schritte weiter liegt das Hotel Büchsenmacher, das eine ganz wunderbare kleine Terrasse hat, auf der man einen leckeren Kaffee (und Ute zufolge auch einen immens großen und leckeren Windbeutel) bekommt. Ein bisschen Aussicht gibt es ebenfalls dort. Auf dem Abstieg liefen wir Ute und Andreas in die Arme und verabredeten für später noch ein Treffen im Zentrum.

Eine kleine Anekdote am Rande: Wir trafen in der Bimmelbahn auf eine Gruppe, die etwa zwölf bis 15 Personen umfasste und die wir dann wegen des besseren Winkels fotografierten. Wir trafen sie am Schloss wieder, wo wir sie noch einmal ablichten durften. Es kristallisierte sich heraus, dass alle Teil einer Großfamilie waren. Wir scherzten noch „Also dann umm 16 Uhr am Brunnen vor dem Rathaus!“ und ich sah sie dann tatsächlich dort noch einmal. Petra und ich hatten uns – nachdem wir durch den Lustgarten flanierten und auf Hochzeitsgesellschaft Nummer 3 trafen – dann für ein Dreiviertelstündchen getrennt, da sie noch in eine bestimmte Boutique wollte und ich den Schoggitempel leerkaufte.

Ich ließ mich auf der Ratskeller-Terrasse nieder, wo es zwar ein sehr leckeres Kellerbier gab, aber leider lag die Terrasse voll im Kernschatten des Rathauses und es pfiff ein eisiger Wind hinter meinem Rücken. So verließ ich die Terrasse, als Petra quasi zeitgllich mit den beiden anderen auftauchte. Andreas organisierte uns auf dem völlig überfüllten Platz einen Vierertisch vor einer Pizzeria, gottseidank in der Sonne! Wir durften danach mit im Auto zurück nach Goslar fahren und während der Fahrt versuchten wir, per Telefon irgendwo einen Tisch zu reservieren. Katastrophe: Alles reserviert. Bei vier oder fünf Locations. „Könnten Sie auch gegen ternacht kommen?“. Häh??? Über Open-Table fanden wir dann das „Caruso“, wo ich aber vorsichtshalber anrief, statt online zu reservieren. Endlich waren wir irgendwo willkommen.

Nach einer kurzen Frischmachpause im Hotel machten wir uns auf zum Restaurant. Groß war der Schrecken, als wir es fast leer antrafen. Das kann ja nix sein, schoss es mir durch den Kopf. Also Augen zu und durch. Das Ambiente nett. Der erste Wein lecker. Es kam ein Gruß aus der Küche. Sehr fein! Die Bruschette (ein traditionelles, eines mit Avocado) gut zubereitet, auf sündhaft leckerem, hausgemachten Pinsa-Brot. Bezüglich der Ravioli (sowie den Nudeln der anderen) gab es nicht das geringste auszusetzen. Grappa gab es dann auch noch aufs Haus. Und der Service war sehr gut. Wieso dann keine Gäste? Des Rätsels Lösung: Das Hotel, zu dem das Restaurant gehört, ist erst seit zwei Monaten geöffnet, das Restaurant selbst seit sechs Wochen und man hat noch keine Werbung gemacht. Dies ist hiermit teilweise erledigt, es wird aber wie üblich auch bei Tripadvisor und Google noch gute Bewertungen meinerseits geben. Gönnt Euch diesen Geheimtipp, bevor es in ist, dort zu speisen.

Alles in allem wieder ein wunderbarer Tag, mit wunderbarem Wetter und wunderbaren Erlebnissen. 8 meiner 9 Tage sind rum wie nix, es war ein toller Urlaub. Das Experiment „Reisen mit Nachbarn“ war ein voller Erfolg, weil wir weder aneinander geklebt haben, noch völlig losgelöst von den anderen unser eigenes Ding durchgezogen haben. Es war einfach eine gute Mischung. Gerne wieder.

War das jetzt schon der Abgesang? nichten! Ich fahre morgen ja noch zurück und werde ein oder zwei Stops einlegen. Wenn Ihr da auch noch virtuell mitfahren wolltet, seid Ihr herzlich dazu eingeladen. Liebe Grüße, Euer

Harz, 7. Tag: Was haben wir uns eingebrockt?

Ihr Lieben,

heute war frühes Aufstehen angesagt, denn wir wollten zum Brocken. Der Zug von Goslar sollte um 9 Uhr fahren und vorher galt es, noch zu frühstücken und sich ausgehfein zu machen. der Regionalbahn ging es nach Wernigerode, wo wir in die Brockenbahn umstiegen, einer Schmalspurbahn, die von einer Dampflokomotive angetrieben wird. Die Planung vorher war etwas turbulent, da die HSB GmbH beschlossen hatte, die Brockenbahn genau zu dem Zeitpunkt abfahren zu lassen, an dem der Regelzug aus Goslar in den Bahnhof einfährt. Das ist doch mal pfiffig, oder? Naja, so hat man etwas Zeit, sich am Bahnhof umzusehen, sich die Hände zu waschen und ein überteuertes Kaltgetränk im Bahnhofskiosk zu erstehen.

Das Ticket ist nicht preiswert, aber die Fahrt lohnt sich auf jeden Fall! Der Zug ist etwas über anderthalb Stunden unterwegs, und die alte Lokomotive mit den ebenso alten Waggons schnauft und ächzt sich etwa 1000 m aufwärts auf die höchste Erhebung des Harzes. Normalerweise ist der Brocken nebelverhangen, meteorologischen Daten zufolge an weit über 300 Tagen im Jahr. Wir hatten Sonnenglück! Die Fahrt hat einen Heidenspaß gemacht, und auch wenn der Zug ziemlich voll war, gab es nur wenig Prügeleien um die Plätze auf den Plattformen zwischen den Zügen, von denen man aus natürlich die beste Aussicht hatte. Am Brocken hatten wir eine fantastische Fernsicht, Richtung Osten ins platte Land, Richtung Westen in das telgebirge. Es wurde von verschiedenen Stellen (u.a. der Kellnerin des Brauhauses) dringend empfohlen, am Gipfel die legendäre Erbsensuppe zu essen, aber das Restaurant hatte leider geschlossen. Wir werden das kulinarische Highlight unseres Lebens verpasst haben! Oder ist es doch nur ein besseres Dosengericht? Wahrscheinlich ist das alles ein perfider Plan von Harz-Touristik GmbH & Co. KG, um die Touristen zu einer Wiederkehr zu bewegen.

Statt mit der Dampflok zurückzufahren, entschlossen wir uns, 7 km zu Fuß Richtung Bergfuß zu laufen, um dann in Oderbrück in den Bus Richtung Braunlage zu steigen. Wegen des schönen Wetters war der Ansturm auf den Brocken ziemlich groß, es waren sehr viele Wanderer unterwegs, Mountainbiker, Familien etc., aber sobald wir die Hauptzufahrtswege zum Brocken verließen, lichteten sich die Reihen. Auf unserer kleinen Wanderung mussten wir die alte innerdeutsche Grenze überqueren, die mit einem Schwarz-Rot-Gold bemalten Pfahl einerseits und mit einem Dreieckstein andererseits markiert wird. Um ersteren räkelten einige von uns sich dann mehr oder weniger lasziv herum, um sowohl links als auch rechts der Grenze einen Fuß abzusetzen.

Später kamen wir an einem Ehrenfriedhof vorbei, dessen Besichtigung wir uns aber schenkten, da wir sonst möglicherweise eine entscheidende Busverbindung verpasst hätten. Die Wanderung war toll, aber auf dem Brocken gab es vor wenigen Wochen schwere Brände, deren Spuren heute natürlich noch sichtbar sind. Fast schlimmer aber noch sind die Schäden durch den Borkenkäfer, der halbe Wald ist quasi tot. Das ist ein sehr deprimierender Anblick. Später erklärte ein junger Mann, der sich offenbar mit dem Thema auseinandergesetzt hatte, im Bus, warum der Wald nicht irgendwie aufgeräumt wird. Zusammenfassend: Es ist für niemanden wirtschaftlich. Hier aber mal Impressionen:

In Braunlage schlug Uwe eine Einkehr ins Spezialitätenrestaurant Puppe’s (das Apostroph ist nicht von mir!) vor. Dort gibt es Harzer Köstlichkeiten, die man auch kaufen kann. Ich erstand eine Salami und sündhaft teure Landjäger. Waren halt leider lecker. Wir aßen bzw. tranken eine Kleinigkeit, Petra schmiss ein Schlückchen Schierker Feuerstein (kann man durchaus mal schlürfen!), und ruhten unsere müden Knochen ein bisschen aus. Leider waren wir so erschöpft, dass es von diesem Zwischenstopp keine Bilder gibt.

Von Braunlage fuhren wir dann mit dem Bus nach Bad Harzburg, auch während der Busfahrt waren die Verwüstungen durch den Borkenkäfer omnipräsent.
In Bad Harzburg trennte sich die Gruppe, denn ein Teil, so ich, fuhr mit der Regionalbahn, der andere Teil mit dem Bus zurück nach Goslar. In Goslar seilte ich mich ab und setzte mich noch einmal auf den Marktplatz, trank einen Campari Spritz und begann mit meinem heutigen Tagebuch. Ich hatte es unbeabsichtigt so abgepasst, dass ich das dortige sehr nette Glockenspiel live miterleben konnte. Unter anderem spielt es auch das Steigerlied (Stefan W., da musste ich an Deinen Ausstand denken!) und die Figuren haben Bezug zum Bergbau. Schon schön!

Es wurde Zeit, nach meinem Marktplatzaperitif, zum verabredeten Abendessen aufzubrechen. Ute und Andreas schlugen einen Griechen vor und kümmerten sich um die Reservierung für sieben Personen. Sieben? Gott, der Gerry kann nicht mehr zählen! Nenenee! Uwe hat morgen Klassentreffen in Goslar und seine ehemalige schülerin B. war auch schon in der Stadt und er hat sie dazugebeten. Sie ist auch Hamburgerin, und wir hummelhummelmorsmorsten natürlich. Es war megalecker und normalerweise mache ich ja kaum Werbung hier (krieg ja nix dafür 🙁 ), aber das Platon ist eine gute Adresse in Goslar! Ich war in das Meze Arni schockverliebt. Alles andere war auch überdurchschnittlich. Ein lustiger Abend mit viel Lachen (ich sag nur Schulanekdoten), Genießen und Gutgehenlassen.

Morgen teilen wir uns auf und wir gucken mal, ob und wann wir wie wieder zusammentreffen. Erst hatte ich überlegt, mich auf das Klassentreffen zu schmuggeln und im Brustton der Überzeugung jedem entgegenzuschmettern, ich sei es doch, der Horst, „Ja, erkennst Du mich denn gar nicht mehr?“. Aber das hätte die Tagesplanung etwas durcheinander gebracht. So fahren Petra und ich nach Werningerode, treffen da eventuell Ute und Andreas, die den Ostharz erkunden wollen.

Werningerrode ist ein MUSS im Harz. Daher sehe ich leider keine Möglichkeit, Euer Fernbleiben morgen hier auf dieser Seite zu entschuldigen… äh… Huch, vielleicht haben wir beim Abendessen doch zu viel über Schule gesprochen. Was ich eigentlich sagen wollte: Würde mich freuen, wenn Ihr mit uns auf den Schlossberg kraxelt. Liebe Grüße, Euer

P.S.: Hier nun unsere bei allen Lesern äußerst beliebte Kulturecke:

Faust auf dem Brocken. Brocken auf der Faust.

Video/Foto von (c) Andreas Ahn. Sensationell! Ich liebe es! Zudem habe ich heute von ihm viel Interessantes über Rallyes gelernt.

Harz, 6. Tag: Wer andern eine Grube gräbt…

Ihr Lieben,

das Frühstück im Hotel hat mich nicht enttäuscht. Chef, fallst Du das liest… ich bleibe ein paar Wochen hier und arbeite dann nach. So ein schönes Haus und so umsorgende Personen drumherum. I like it! Und dann auch noch die schöne Gegend!

Heute haben wir uns zu einer Wanderung verabredet, die Uwe ausgesucht hatte. Also, eine von den 300 Alternativen, die abgewogen werden mussten. Gruppenreisen halt. 🙂 Das Wetter war aber morgens nicht schön, es nieselte und war diesig, so beschloss die Gruppe, etwas später als geplant loszulegen. Das gab mir Zeit, noch einmal auf eigene Faust loszugehen und mir die vielgepriesene Neuwerkkirche genauer anzusehen. Zudem brauchte ich auch noch etwas aus der Drogerie, da war ein früher Einkaufsstraßenbummel ja auch nicht verkehrt. Ich betrat die Kirche durch eine Tür und ein Organist empfing mich mit Musik. Wie nett, dachte ich. Dann ging ich zum Tisch mit den Informationsbroschüren, wo ich die Fotografiergebühr zahlen und eine Kerze erstehen wollte. Die Kirche sei doch noch gar nicht geöffnet, das wäre jetzt aber unangenehm. Ich durfte dann aber einfach bleiben. So kam ich in den Genuss eines kleinen Privatkonzertes und hatte auch die allererste Kerze des Tages angezündet. Das mache ich übrigens oft, Kerzen in Kirchen anzuzünden. Ich wünsche mir dann immer, obwohl nicht gläubig, eine schöne (weitere) Reise und ich bilde mir ein, dass diese nur wenige Minuten dauerende Einkehr den Tag auch irgendwie beeinflusst.

Die Neuwerkkirche ist schön anzusehen und definitiv einen Besuch wert. Sie ist nüchtern protestantisch, aber im Gegensatz zu den calvinistisch oder puritanisch orientierten Kirchen des Nordens mit bunten Tupfern und mit einer farbenfroh ausgemalten Apsis versehen. Die Orgel ist dafür wieder langweilig und unspektakulär. Der Kerzenraum ist einladend gestaltet. Es gibt einen Park drumherum mit schönem Baumbestand.

Ich stopfte meine Kulturbeutellücken in einer Drogerie und hatte noch Zeit bis zum Treffen. So besuchte ich auch St. Cosmas und Damian, die Wahrzeichenkirche von Goslar mit den beiden unterschiedlichen Türmen, die auch Marktkirche genannt wird. Hier ist es innen wieder sehr karg und die Orgel ein trauriges kleines Ding. Übrigens: Wusstet Ihr eigentlich, dass ich mal auf Empfehlung eine Probe-Orgelstunde bei einem musikalischen Nachfolger von Johann Sebastian Bach hatte? Er befand mich völlig untalentiert und hat mich erst als größte Zeitverschwendung seines Lebens beschimpft und mich dann als Schüler abgelehnt. Grmpft! In der Marktkirche gibt es zur Zeit eine Ausstellung mit Bildern von Hans Manhart. Die Bilder gefallen mir außerordentlich gut! Wer Zeit und Lust hat…!

Wir waren um 11 Uhr am Marktbrunnen verabredet, ich hatte noch drei Minuten Zeit, die menschenfressenden Detailfiguren des Brunnens zu fotografieren und den Goslarer Dukatenscheißer am Kaiserhaus zu finden. Ja, und dann ging sie los. Die längste kürzeste Wanderung der Welt. Angekündigt waren etwas mehr als 2 Kilometer, gefühlt waren es 15. Es waren wahrscheinlich 7 oder 8. Aber es hat sich gelohnt. Im Nebeldunst erstiegen wir den Rammelsberg, der Teil des Weltkulturerbes Goslars ist. Dazu mussten wir durch das Breite Tor und am Klusfelsen vorbei, wo es eine kleine Einsiedelei gibt. Der Klusfelsen selbst sieht aus wie ein Jabba the Hut, den Medusas Blick in Stein verwandelt hat.

Nach geraumer Zeit des Anstiegs mit wirklich schönen Ausblicken auf das dunstige Goslar (die Fotos können die Atmospäre in keinster Weise wiedergeben) erreichten wir den Maltermeisterturm, der im 16. Jahrhundert als Überwachungs- und Alarmturm errichtet wurde. Später wohnte dort der Maltermeister, der die Holzzuteilung für den Bergbau verwaltete. Ein Malter = zwei Kubikmeter = ein Ster. Den zwei Kubikmetern begegnen wir später wieder. Inzwischen befindet sich hier eine beliebte Ausflugsgaststätte, wo wir uns erfrischten. Der Ausblick ist phantastisch, zudem klarte es auch noch auf und die Sonne kam durch.

Weiter ging es – diesmal bergab – zum Herzbergerteich, wo wir nach rechts zur Weltkulturerbestätte Rammelsberg abbogen. Was soll das sein? Der Reichtum Goslars in seiner Blütezeit begründete sich auf außerordentliche Erzvorkommen im Rammelsberg. Seit etwa um das Jahr 1000 herum wurde hier gewerbsmäßig Erz gefördert. Aber schon vor dreitausend Jahren, also in der Bronzezeit, wurde Kupfer abgebaut. Das Erz in Goslar war eines der reichhaltigsten europaweit. Gold, Blei, Zinn, Kupfer, Silber, Eisen undundund, natürlich in unterschiedlichen Anteilen. Das heutige Gesamtbild der UNESCO-Anlage wird dominiert von Bauten aus den dreißiger Jahren. Zusammen mit dem Altstadtkern Goslar ist es Weltkulturerbe.

Man kann so einiges in der seit 1988 stillgelegten Anlage erfahren, viele verschiedene Besichtigungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung. Ich habe gequengelt, ich wollte unbedingt mit der Grubenbahn in den Stollen rein. Die Begeisterung der Gruppe war eher mau. Aber Claudia, die ich schon vorher liebte, wollte dann mit mir in den Berg fahren. Jetzt liebe ich sie natürlich umso mehr. Wir mussten einen Helm aufsetzen, der uns übrigens ausgezeichnet stand, bekamen von unserer Grubenleiterin eine kurze Einweisung und quetschten uns dann in geschlossene Waggons, um 500 Meter in den Stollen einzudringen. Leute, das ist nix für Klaustrophobiker. Im Stollen selbst läuft man bis zur Schachtfahranlage, die aber nicht mehr in Betrieb ist. Denn der Berg ist abgesoffen. Dann gibt es einen Stollen, in dem es eine Art Zickzack-Lehrpfad gibt, anhand dessen der Weg des Gesteins zur Verhüttung bzw. sonstigen Weiterverarbeitung verfolgt werden kann. Ihr merkt schon anhand der Länge des Absatzes, dass ich total begeistert von diesem Besuch war. Es lohnt sich absolut, zumal unsere Frau Fritsche (glaube ich) auch kompetent und fesselnd vorgetragen und erklärt hat. Supi, supi, supi!

Uwe und Petra haben sich im Museumscafé verlustiert und feierten unsere Rückehr aus dem Berg frenetisch. Es stand nun zur Diskussion, ob wir noch ins Ausflugslokal Kinderbrunnen laufen oder wieder in die Stadt zurückfahren. Wir beschlossen, uns zu trennen, damit jeder bis zum Abendessen sich erholen, frischmachen oder noch mehr rumlaufen könne, wie ersiees eben wollte. Ich lief weiter rum. Ich entdeckte völlig menschenleere Fachwerkviertel, eine weitere Kirche, zu der ich aber auf Beelzebubkommraus keinen Zugang fand, fand durch Zufall das Museum für moderne Kunst, das hatte aber wegen einer Großveranstaltung geschlossen, außerdem einen auf außerirdisches Leben spezialisierten Laden. Hm. Das war der Zeitpunkt, wo ich mich einfach mal wo hinsetzen wollte. Und so fand ich mich im Hotel „Alte Münze“ auf der Terrasse ein, wo ich bei einem Bier Tagesrückschau hielt, als plötzlich eine Stimme „Der Gerry“ rief. Ute und Andreas waren angekommen und so saßen wir gemeinsam vor der Münze und plauderten. Ab jetzt zu sechst.

Es drohte, zu gewittern und wir fanden uns wieder im Brauhaus ein, wo wir einen sehr netten Abend verbrachten und unsere Eroberung des Brockens morgen planten. Draußen schiffte, blitzte und donnerte es. Ich glaube, das bedeutet für morgen klares Wetter, oder? Essen wieder lecker (ich hatte die Harzspezialitätenplatte), sehr lustiges Gequassel und würdiger Abschluss eines ereignisreichen Tages. Im Hotel nahmen Ute, Andreas und ich noch einen Absacker und morgen geht es dann um 9 Uhr los vom Bahnhof Goslar aus nach Wernigerrode und von da aus mit der dampfenden Schmalspurbahn zum Brocken.

Quedlinburg ist ja eine unmittelbare Wow-Stadt. Goslar ist eine Stadt, die entdeckt werden muss. Dann aber ist sie ebenso wow. Vorteil der wirklich schönen Ecken: Touristen verirren sich nicht dorthin. Ja, und wir sind nun 6 Personen, das ist natürlich etwas anderes, als alleine zu reisen. Aber wir kleben nicht aneinander, daher klappt das. Uwe wird von uns allen gequält, aber er hat das initiiert und muss da durch. Ich sage einfach mal an der Stelle hier „Danke, Uwe, wir sind ein nerviger Hühnerhaufen, aber Du machst das prima.“

Morgen also der berühmte Brocken. Da soll es eine fantastische Erbsensuppe geben, wie unsere Kellnerin uns vorschwärmte. Wollen wir die virtuell zusammen schlürfen? Würde mich sehr freuen! Liebe Grüße, Euer

P.S.: Gibt es einen Jesus, der wie Konrad Adenauer aussieht? Möglicherweise.

P.P.S.: Der Malter… Das Sprengen im Berg heißt Schießen. Und nachdem druckluftbetriebene Maschinen die manuellen Druckluftbohrer ersetzt hatten, konnte Gestein als etwa 2 Kubikmeter-Block aus dem Berg geschossen werden. Ihr merkt, die Tour hat mich nachhaltig beeindruckt! Auch die Wiederbefülluung mit Schiefer, die Technologien zur Beförderung, die Arbeitsbedingungen… jaja, ich höre ja schon auf.

P.P.P.S.: Macht diese Tour! Und Ende.

Harz, 5. Tag: Die Sache mit der Einkaufstasche

Ihr Lieben,

die unbeschwerte Zeit der Single-Reise ist vorbei. Ab heute muss ich mich benehmen, ab heute reisen befreundete Nachbarn mit. Ich glaube, ich deutete es im Prolog zur Reise schon an. Um 10 Uhr verließ ich mein Hotel, ich wollte gegen 11 Uhr in Bad Harzburg Claudia und Uwe treffen, die vor zwei Tagen dort Logis genommen hatten, um dort ein bisschen etwas zu unternehmen, um dann gemeinsam weiter nach Goslar zu fahren, unserer Heimat für die kommenden vier Nächte.

Dort angekommen, waren die Berge nebelverhangen, und da wir mit der Seilbahn hinauf wollten, verschoben wir dies und erkundeten erst einmal Bad Harzburg. Ich würde es als typischen Kurort einordnen. Viele ältere Leute (jaja, wir sind ja noch jung!), einschlägige Kurortbesucherläden und alles ein bisschen buntgemixt. Renovierte Holzhäuser, Siebziger-Jahre-Sünden, Parks, Skulpturen (mehr oder weniger anziehend) und in Form geschnittene Blumenrabatten. Ein Jungbrunnen! Aber nett. Heute war wohl Schülerwandertag, es waren haufenweise Schulklassen unterwegs, das sorgte für ein bisschen Kontrast. In der Trinkhalle schmiss Claudia eine Runde und wir durften das salzhaltige Kurwasser probieren. Es soll gegen allerlei Zipperlein helfen. Das Glas kostete 10 ct. Ehrlich, wo bekommt man für so wenig Geld noch etwas geboten?

Nachdem wir eine Stunde geschlendert waren, klarte es auf den Bergen auf und wir reihten uns in die Schlange zur Kabinenseilbahn, Baujahr 1929 (oder so) ein. Während wir anstanden, strömte eine große Besuchergruppe wichtiger Personen an uns vorbei, angeführt vom Bürgermeister. Daher mussten wir extrem lange auf unsere Fahrt warten. Es fährt nämlich nur eine Kabine mit je nur 18 Fahrgästen. Oben war es dann schon mit der Aussicht viel besser, die Sonne kam durch und wir liefen zum Canossa-Denkmal und anschließend zur BaumSchwebeBahn. Wie soll ich das erklären? Ausgedacht für Menschen, die blöd genug sind, 15 Euro auszugeben, um in einer besseren Babyschaukel einen kilometerlangen, mäandernden Eisentrail ins Tal dem sicherem Tod entgegen hinunterzudüsen. Einfach nur krank! Pervers und krank!

Der Sitz war gar nicht mal so unbequem. Man solle bitte nicht in die Karabinerhalterungen fassen und los geht’s! Das Perfide an der ganzen Sache ist, dass es am Startpunkt total gemütlich aussieht. Nach der ersten Kurve dann aber wird es schneller, man dreht sich um sich selbst, wird hin- und hergeschleudert und dann schaut man auf die angeblich aus der Paragliderforschung entwickelten Gurte, in denen man hängt, um festzustellen, dass sie genau so aussehen, wie der Tragehenkel der Einkaufstasche, die neulich gerissen war, weil ein Toastbrot und eine Flasche Wasser darin transportiert wurden. Meine spitzen Schreie hat man noch im Allgäu wahrgenommen. Claudia und Uwe waren vor mir dran. Unten angekommen, dann: „Wie fandest Du es?“ – „Pffft. So ein Kinderkram!“.

Wir erliefen uns anschließend den pädagogisch wertvollen Baumwipfelpfad, der ganz nett ist, um wieder ins Tal zu gelangen. Am Ausgang musste Claudia eine hysterische Teenagerin aus einer Toilette befreien, weil sie die Klinke nicht richtig bedienen konnte. Das ist schon bedenklich, oder? Wir fuhren dann von Bad Harzburg aus Kolonne nach Goslar, wo wir zwei kleine Umwege nahmen, weil wir in einem besonderen Café außerhalb Bad Harzburgs Einkehr hielten und weil Uwe mir zudem ein Viertel mit spektakulären Villen in Goslar zeigen wollte. Das Café WINUWUK wurde 1922 vom Architekten Prof. Hoetger im „elfenhaften“ Stil errichtet und erinnert an eine Hobbithöhle.Lecker Kuchen gibt es da auch. Und die Villen? Ja, das war dann auch schon ein Prunk sondergleichen. Arme Leute wohnen da mit Sicherheit nicht.

Am Hotel wartete schon Petra, die mit dem Zug angereist war. Wir klärten kurz den Treffpunkt für den späteren Nachmittag und dann checkte ich ein. Das Hotel ist ein Träumchen. Wunderschön eingerichtet, ich habe ein sehr großes Zimmer, wo ich es bestimmt gut vier Tage aushalte. Ich wohne im Zimmer Jilliane und auf dem Nachttisch liegt ein Buch von Jilliane Hoffmann. Die Zutrittskarte hing in einem Samtsäckchen an der Tür. Ich liebe so etwas!

Petra und ich wohnen zusammen mit Ute und Andreas, die morgen anreisen, im Hotel; Claudia und Uwe haben eine Ferienwohnung in der Altstadt. Da Petra sich schon eingerichtet hatte, machte ich nur Minikatzenwäsche, um direkt mit ihr ins Zentrum zu laufen. Der Bierdurst nach aufregenden Ereignissen halt. Wir kamen an wirklich schönen Häusern vorbei, aber Goslar kann definitiv auch Bausünden. Der positive erste Gesamteindruck überwiegt aber. Am Rathausplatz, der leider an einer Seite von einer Baustelle dominiert wurde, nahmen wir dann erst einmal eine Stärkung zu uns. Eis und Kaffee und ein Helles.

Kurze Zeit später waren wir dann zu viert und ließen uns von Uwe, gebürtig aus Goslar, und Claudia, die die Stadt inzwischen auch gut kennt, auf einem ersten Spaziergang Goslar zeigen. Durch untouristische Gassen kamen wir über Umwege zur Reichspfalz, dem wohl größten erhaltenen, mittelalterlichen Profanbau Deutschlands, liefen an aufgelassenen Klösterchen vorbei, schauten hinter der Stadtmauer auf die dortigen Teiche am Zwinger, letzteres heute ein telaltermuseum mit Schwerpunkt Folterinstrumente und Ferienhauskomplex. Wer sich da wohl einmietet?

Die etwa zweineinhalbstündige Stadterkundung machte hungrig, so kehrten wir dann im Goslarer Brauhaus ein, wo es die hiesigen Bierspezialitäten Gose und Rammelsberger gibt. Petra bemerkte treffend, dass man schon wissen müsse, dass das Biere sind, um das zu erkennen. Liebe Goslarer, nicht böse sein, das sind leckere Tröpfchen, aber sehr süß und süffig. Ich schicke aber beschwichtigend hinterher, dass ich auch Kölsch nicht für ein wirkliches Bier halte 🙂 So, nachdem ich mir nun alle zum Feind gemacht habe, sei angemerkt, dass das Essen super war und auch nicht wirklich teuer.

Auf dem Rückweg zum Hotel habe ich kurz die Orientierung verloren, aber es gibt ja Handys. Was haben wir früher… ach so, ja. Wir haben einfach fremde Menschen gefragt. Erster Eindruck Goslar auf den zweiten Blick: Ja, hier kann man prima Zeit verbringen. Morgen früh heißt es übrigens „Wer andern eine Grube gräbt…“. Was ds bedeuten soll? Naja, dafür müsst Ihr morgen wiederkommen. Liebe Grüße, Euer

Harz, 4, Tag: Dom, Würstchen und barocke Gärten

Ihr Lieben,

Bibi und ich lernen uns immer besser kennen. Inzwischen weiß ich, wie man den Autopiloten aktiviert und das Verdeck öffnet. Aber es gibt immer noch viele Knöpfe zu enträtseln. Beim Frühstück war ich nunmehr ganz allein, das ist natürlich ein bisschen ungemütlich. Apropos, das Wetter war dann heute früh auch ungemütlich. Daher beschloss ich, nach Halberstadt zu fahren und mir den Dom samt seines Schatzes anzusehen.

Zuerst parkte ich Bibi in den Rathauspassagen. Leute, Parkhäuser sind für mich mit SUV noch einmal eine andere Art der Herausforderung. Da ich dringend mal wohin musste, suchte ich die Toiletten in der Passage auf. 50 ct passend brauchte man für den Türöffnerautomaten. Ich hatte nicht eine einzige Münze mehr, die waren samt und sonders in irgendwelchen Parkautomaten versenkt worden. Um das WC herum gab es ganz viele Fressbuden, aber mir war um 10 Uhr früh nicht nach Scholle Finkenwerder Art (bei der „Ostsee“) oder nach gebackener Ente Kung Pao (beim Schnellimbiss „YinYang“). Daher stellte ich mich an der sehr langen Schlange in der Bäckerei an. Als ich dran war, zeigte ich auf ein Teilchen, das mir preistechnisch auf jeden Fall ein 50ct-Stück bescheren würde, und sagte „Dies da!“. „Sie meinen die Halberstädter Striezenzangenzopfbrezel mit Schokokanten?“. „Äh… ja, vermutlich.“

Die Touristeninfo ist im altneuen Rathaus untergebracht. Der Großteil des Gebäudes ist aus den 90ern, aber es wurden alte Fassadenteile verwendet, was es architektonisch ganz spannend macht. Einigermaßen gelungene Symbiose, möchte ich meinen. Davor das zweite Wahrzeichen von Halberstadt, der Roland. Die Dame am Schalter erläuterte mir alles und so zog ich mit einem Touri-Plan bewaffnet zum ersten Wahrzeichen der Stadt, das ist die Martini-Kirche mit den beiden unterschiedlichen Türmen. Ein paar Meter weiter liegt der Domplatz mit seiner gothischen Kathedrale, die nach dem Vatikan den zweitgrößten Kirchenschatz der Welt beherbergen soll. Also erstand ich zum üblichen Anderthalbdönerpreis ein Ticket.

Der Dom ist großartig! Ein toll abgegrenzter Domchorbereich, dann der Kreuzgang, die Orgel, Statuen und eben die Domschatzkammer. Ein Großteil der Ausstellung ist Textilien gewidmet. Kaseln, Gewänder, Stolen, aber auch Wandteppiche und Seidenbänder. Das finde ich jetzt nicht so spannend, daher hatte ich das schnell hinter mich gebracht. Wobei auch ein Laie erkennt, was für Werte das sind! Interessanter fand ich die Reliquiare, Möbel, Altaraufsätze und liturgischen Gefäße. Ein Einbruch würde vielleicht lohnen, aber nachher verfolgen einen die Zeigefinger von Jacobus und Nikolaus im Traum. Muss ja nicht sein.

Um den Dom herum gibt es auch einiges zu sehen, so die Liebfrauenkirche und den historischen Petershof, in dem heute die Stadtverwaltung residiert. Vom Platz aus führt die Petertreppe in das Altstadtviertel. Dort ist noch einiges an Fachwerk erhalten bzw. wiederhergestellt worden. Die für mich schönste Straße dort ist der nach der Synagoge beginnende Rosenwinkel. Aber auch die anderen Straßen und Gassen bergen schöne Häuser.

Nach Besichtigung der Altstadt zog es mich zum Buchardi-Kloster. Der amerikanische Künstler John Cage komponierte 1987 das Stück „ORGAN²/ASLSP“ für Orgel, mit der Anweisung, es so langsam wie irgend möglich zu spielen. Bei der Uraufführung dauerte dies 29 Minuten. Seit 2001 (9 Jahre nach Cages Tod) wird es in der St. Buchardi-Kirche aufgeführt und ist auf 639 Jahre ausgelegt. Das heißt, alle paar Monate ändert sich quasi ein Ton bzw. Akkord. Einen sehr interessanten Artikel dazu gibt es bei Wikipedia. Die Kirche ist in einem verfallenen Zustand, das macht die Installation der Orgelpfeifen und der Stiftungsplaketten besonders. Man kann jetzt keinen Tonwechsel mehr sponsern, alle Wechsel haben Paten gefunden. Aber man kann sich für den letzten Tonwechel im Jahr 2640 noch ein Ticket sichern. Ja, also ich wäre dabei.

Halberstadt kann sich rühmen, die weltgrößte Wurstfabrik besessen zu haben. Der Halberstädter Industrielle Friedrich Heine erfand nämlich 1896 die Dosenwurst. Tja, und er wurde seeeehr reich damit. Seine bei der immer noch existierenden Fabrik befindliche Villa ist heute ein Luxushotel, nicht weit vom Bhnhof. Ein paar Schritte weiter gibt es dann einen Fabrikverkauf. Da musste ich höchst umständlich von der Innenstadt hin mit der Straßenbahn fahren. Halberstadt kann sich nämlich NICHT rühmen eine sinnvolles Konzept zum öffentlichen Personennahverkehr zu besitzen. Leider lohnt sich der Besuch nicht wirklich. Es ist ein steriler Verkaufsraum mit Glaswürstchen und Dosenfleisch. Zurück in die Stadt lief ich dann wieder zu Fuß.

Ich finde, Halberstadt ist besser als sein Ruf, insbesondere der Innenstadtteil und dort insbesondere der Dom haben es mir seeeehr angetan. Man muss halt gut zu Fuß sein. Leider hatten hier auch viele Läden, auch gastronomische, geschlossen. Und wenn man viel Zeit hat, dann gibt es noch haufenweise Museen, die ich mir allerdings geschenkt habe. Aber interessante sind definitiv dabei. 5 Stunden bin ich in Halberstadt herumgelaufen, aber ich war noch nicht durch mit dem Tag. Denn jetzt schien auch die Sonne.

Letzter Programmpunkt heute war der Besuch von Blankenburg. Ich parkte vorm Rathaus und lief dann durch die netten barocken Gärten des kleinen Schlosses, vorbei an der oberen Mühle bis zum großen Schloss. Das war wieder ein heftiger, aber gottseidank kurzer Aufstieg. Kann mir mal jemand erklären, warum Schlösser immer auf Bergen stehen müssen? Ist doch für so einen Fürst mit Knie oder Hüfte auch nicht wirklich praktisch. Naja, oben angekommen, war das Schloss dann schon geschlossen. Seit 16 Uhr. Leute! Ich meine, ich hätte mich schon einmal im Bericht zur Lutherreise zu den nicht wirklich touristenfreundlichen Öffnungszeiten geäußert.

Abends bin ich dann in einen Edeka, um das Abendessen zu sichern. Zudem bin ich noch in eine Sparkasse, weil die Penunzen knapp wurden. Da habe ich dann gegenüber noch das schöne Rathaus von Gernrode entdeckt. Insgesamt war das ein netter Tag, wieder mit viel Sohlenabnutzung, und zwei Gläser Halberstädter Würstchen aus der Überproduktion für den spanischen Markt habe ich dann zum Sonderpreis auch erworben. Und dazu noch ein John-Cage-T-Shirt.

Morgen geht es dann ins Hotel nach Goslar, um mit anderen Pollern die Gegend unsicher zu machen. Zieht Ihr mit um? Liebe Grüße, Euer

Heute heißt das ja Rapperzirkel

Harz, 3. Tag: Geschlossene Gesellschaft

Ihr Lieben,

„Ich hasse Montage“, deklamiert Garfield in einer seiner bekanntesten Comic-Strips. Ich nehme an, er ist gebürtiger Harzer. Heute war ein ganz kleines bisschen der Wurm drin, was auch mit dem Wochentag zu tun hat.

Beim Frühstück war ich zuerst alleine, es scheinen einige Gäste abgereist zu sein. Ich war allerdings auch schon sehr früh unten, hatte ich mir heute doch ein strammes Programm vorgenommen. Mr. Spannleggings samt Frau und Tochter kamen dann später aber auch noch dazu.

Das Wetter war trüb, ich beschloss, ausgedehntere Fahrten zu interessanten Punkten zu unternehmen, das kann man bei Regen und Kälte ja ganz gut tun. Mein erstes Ziel sollte Stolberg (Harz) sein, abzugrenzen vom nordrheinwestfälischen Stolberg. Hier, also im Harz, wurde die Stammmutter der niederländischen Royals geboren. Gut, das war jetzt nicht mein Beweggrund für den Besuch, sondern dass es sehr hübsch da sein soll. Bevor ich aber überhaupt ankam, ging schon das erste Drama los. Ich war gerade 10 Minuten unterwegs, da teilte mir Bibi mit, sie habe Durst. Kein Problem, dachte ich, Tankstellen gibt es wie Sand am Meer. Ich mache es kurz: das ist ein fataler Irrglaube! In Stolberg angekommen, verfranste ich mich erst einmal im Ort, ich wurde hektisch und wollte endlich das Tankproblem lösen. Ich googelte. Ah, 5 Kilometer, kein Problem. Angekommen stellte sich heraus, es war eine Tanke für Landmaschinen. Bibi exklamierte theatralisch, dass sie bald nicht mehr könne. Nochmal Google. Ah, in sieben Kilometern. Diese Tanke hatte dann auch ein Hinweisschild, das etwa 150 Meter in den Himmel ragte. Wundert mich nicht. Aber wir hatten Benzin! 12 Kilometer hinter Stolberg, die ich wieder zurückgurken musste. Eine halbe Stunde habe ich dadurch verloren, da ich bis zur Shell-Station hinter einer Kolonne Kieslaster hergefahren bin.

Stolberg ist sehr nett. Wieder hunderte Fachwerkhäuschen. Aber Stolberg hat ein Problem: Es besteht quasi nur aus drei oder vier Straßen, an denen sich die Schmuckstücke aneinanderreihen. Direkt an der Straße, die auch als Durchgangsstraße dient. Da ist nichts mit Flanieren und Verweilen. Schade eigentlich. Zwar haben ein paar kleinere Lädchen ein Paar Stühle vor dem Geschäft stehen, aber bei nasskaltem Wetter ist das nix. So hatte auch einiges geschlossen. Ich fuhr noch zum Schloss hoch, da waren aber Bauarbeiten zugange und man winkte mich ebenso zurück, wie die schon dort befindlichen Wagen, die jetzt eine diffizile Choreographie aus wenden, zurücksetzen, drehen und absaufen zum Besten gaben.

Ziel Nummer 2 war das Kyffhäuserdenkmal. Das wollte ich damals schon auf meiner Lutherreise besuchen, es hatte aber nicht geklappt. Durch Nieselregen fuhr ich also in den Südharz. Bei Nieselregen kam ich an. Vom Parkplatz zum Denkmal sind es etwa anderthalb Kilometer, es geht dabei schon ganz gut aufwärts. Der Eintritt betrug anderthalb Dönertaschen. Und nun etwas Hintergrund: Der Kyffhäuser ist ein kleines Gebirge im Harz, namensgleich mit einer seiner höchsten Erhebungen. Dort stand einmal eine größere Burganlage (und zum Teil immer noch), bis nach dem Tode vom ollen Kaiser Willem I. (bekannt aus dem Lied mit dem Wiederhabenwollen) beschlossen wurde, ihm dort ein Denkmal zu errichten, und dies mit tatkräftiger Unterstützung des Kyffhäuserbundes. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dann zum Ruhme des verblichenen Kaisers und des deutschen Volkes dieses fast schon monströs-pompöse Monument errichtet. Hm. Und warum thront Willi über einem 6-Meter-hohen bärtigen Zausel? Nun, dieser Zausel ist Friedrich I. Rotbart, der im Kyffhäuser ruhen soll. Barbarossa sollte nämlich nach der Volkssage gar nicht in Italien dahingegangen sein, sondern seiner Wiederkunft im Kyffhäuser Berg harren. Interessante Sage, kann man mal bei Gelegenheit nachlesen.

Das Monument ist gewaltig. Ich bin ins Museum, in das Denkmal selbst hinein und auf den Turm gekraxelt. Ich verfüge übrigens über ein besonderes Talent. Ich zähle immer die Stufen und dann verzettele ich mich. Ich bin auf jeden Fall seeehr viele Stufen nach oben gekraxelt, wo es ganz schön geweht hat und wo ich auch nicht allzu lange über die Brüstung gucken konnte. In einem der Showräume sollte man eine Schachtfahrt mit einer VR-Brille simulieren können. Yeah! Mein erstes VR-Erlebnis!!!! Und dann funktioniere der Mist nicht. Aber insgesamt ist der Kyffhäuser definitiv einen Besuch wert.

Von Kaiser Friedrichs Wartezimmer aus fuhr ich dann nach Straßberg, wo es eine bezaubernde kleine Kirche mit Fachwerktürmchen gibt (geschlossen) sowie die Grube Glasebach (geschlossen). Naja, beides von außen gesehen. Dann eben zur Burg Falkenstein. Hier gibt es einen Wanderparkplatz, von dem man aus über den sogenannten Eselstieg hinaufkraxeln kann. Angeblich 1.200 Meter. Gefühlt aber 5.000! Und steil wie nix. Oben angekommen konnte ich noch durch Tor 1 und 2 gehen, Tor 3 war dann verriegelt. Montags geschlossen. Leute, was soll man denn montags im Harz machen??? Den ganzen Tag auf dem Kyffhäuser verbringen? Sorry, aber dafür ist mir das Museumscafé zu trist. Immerhin hatte ich noch eine spannende Begegnung auf dem Abstieg: Ich sah einen Feuersalamander (sind doch die gelb-schwarzen, oder?), der sich auf dem Weg merkwürdig hin- und herräkelte. Ach herrjeh, der Arme ist verletzt, dachte ich. Bis sich herausstellte, dass Lurchi auf einer Lurchine lag und ich beide bei der Fortpflanzung störte. Ich empfahl mich unverzüglich.

Bibi brachte mich nach Meisdorf, dem „Tor zum Selketal“. Dort wollte ich mir das alte Schloss der Nachfahren derer vom Falkenstein ansehen, das heute ein Hotelbetrieb sein soll. Wegen umfangreicher Umbaumaßnehmen geschlossen. Na, wenigstens konnte ich ein paar Blicke auf ein Wildgehege erhaschen. Der Reiseführer empfahl das Mausoleum des Grafen im Wald. Ach nee, danke. Ich googelte nach der Konradsburg, die mein nächster Anlaufpunkt hätte sein sollen. Montags geschlossen. Ich wurde langsam ungehalten und beschloss, zum Abendessen ins Hotel zu fahren. Scheibe! Das muss man ja bis 16 Uhr ankündigen! Jetzt ist 17:30 Uhr. Dann ist der Speisesaal für mich wohl heute geschlossen. Auf dem weiteren Heimweg kurvten wir durch Ballenstedt. Auf braunen Schildern lockte man mit weißer Schrift: „Ey, Gerry, wir haben hier ein ganz tolles Schlossensemble! Willste gucken kommen?“. WISST IHR WAS? IHR KÖNNT MIR MAL AM DIENSTAG BEGEGNEN!

Am Ende von Ballenstedt gab es dann einen großen Rewe („Heute für Sie geöffnet!“), wo ich mir eine Käsestange und einen exotischen Nudelsalat sowie ein Stück „Schneewittchenkuchen“ (erinnert an Donauwelle) fürs Abendessen kaufte. Nach einem langen Tag kam ich endlich wieder im Hotel an. Was für ein bescheidener Montag. Hm, war es das? Naja, ich habe mich selten so sportlich betätigt, ich habe kopulierende Reptilien gesehen, und immerhin hatte das Kyffhäuserdenkmal auf. Alles in allem dann halt doch nicht so übel. Ne Seilbahn wäre noch nett gewesen. Und das mit dem Stück Zahn heute morgen beim Frühstück hätte es auch nicht gebraucht.

Morgen soll es wieder schön werden. Lust, mit mir in der Sonne ein wenig lustzuwandeln? Wird bestimmt lustig! Liebe Grüße, Euer

Harz, 2. Tag: Von tanzenden Hexen, ungestümen Gäulern und der schönen Aurora

Ihr Lieben,

das Hotel ist gut gebucht, der Frühstückssaal war entsprechend voll. Ich hatte meine Brille auf dem Zimmer vergessen und konnte so meinen Reiseführer nicht lesen, so schaute ich mich ein bisschen um. Was man ja morgens bei Rührei und Kaffee keineswegs sehen möchte, sind barfuß laufende Männer, Männer der Konfektionsgröße XXL in Leggings der Größe S und Damen die mit einem angebissenen Brötchen in der Hand zum Buffet eilen, um sich mit der anderen Hand ein weiteres Brötchen zu sichern, und derweil munter schmatzend Krümel zu versprühen.

Es war leider etwas bewölkt, auch die Temperaturen waren der Kategorien „frisch“ zuzuordnen, so beschloss ich, nach Thale zu fahren, um dort mit dem Sessellift auf die Roßtrappe und anschließend mit der Kabinenseilbahn zum Hexentanzplatz hochzufahren. Ich kaufte ein Kombiticket, das auch eine Fahrt mit der Sommerrodelbahn beinhaltete und trat meine erste Fahrt mit dem offenen Sessellift an. Wer mag, ich kann ein kleines Video zur Verfügung stellen, das ich während meiner Nahtoderfahrungen gedreht habe. Oben ist es sehr schön, man sieht quasi auf den Grand Canyon des Harzes über den weiland Königin Brunhilde auf der Flucht vor Ritter Bodo mit ihrem Pferd übersetzte, das beim Aufsetzen auf der anderen Seite einen tiefen Hufabdruck hinterließ, die sogenannte Roßtrappe. Bodo stürzte in die Schlucht und hinterließ einen Fluss, die Bode. Man muss ein bisschen laufen, um zu diesem Naturdenkmal zu kommen, angegeben sind von der Seilbahn aus ein paar hundert Meter, aber das stimmt im Leben nicht (man lügt uns doch die Hucke voll!!!). Mir entgegenkommenden Wanderern musste ich auch mehrmals versichern, dass es die Rosstrappe wirklich gibt und dass sie nicht mehr weit sei. Es ist übrigens eine kleine, unspektakuläre Vertiefung, in die man, so man möchte, Münzen werfen kann, die dann in der Brackwasserpfütze vor sich hingammeln.

dem Sessellift ging es wieder hinunter ins Tal, dort wurden die Stationen gewechselt, um mit der Kabinenseilbahn wieder nach oben zu fahren, diesmal zum Hexentanzplatz. mir in der Kabine ein Paar mit Hund, die etwas überrascht, aber belustigt waren, als ich (nach Vorwarnung und Erlaubnis) mein übliches „Absturz-mit-der-Seilbahn-Selfie-Video“ drehte. Ich habe es aus Rücksicht sehr kurz und undramatisch gehalten. Ich weiß nicht genau, was das Areal früher einmal gewesen sein mochte, aber jetzt ist es ein Disneyland für Arme. Lieblose Bretterbuden, alles noch im Bau irgendwie. Nein, ich muss mich korrigieren, es ist für Reiche. Für Familien ist es eigentlich sehr nett, es gibt viele Spielplätze und interessante Attraktionen für Kinder, es ist auch bumsvoll, aber die Preise für Kleinigkeiten aus den vielen Lebensmittelbuden oder den wirklich schauerlichen Souvenirs zahlreicher Lädchen sprengen jede Vorstellungskraft! Aber ich sage ja immer, solange es Menschen gibt die das Bezahlen… ein Highlight ist tatsächlich die Sommerrodelbahn, mit der ich eine Runde drehte, leider kann ich euch nicht sagen, ob es mir gefallen hat, ich musste mich zu sehr darum kümmern, nicht in Ohnmacht zu fallen. Das Maskottchen des Bodetalspaßimperiums heißt übrigens Gondolina und ist – wer errät es? – eine Hexe.

Nach der anschließenden Talfahrt lief ich noch ein bisschen durch Thale. Auch da ist es ganz nett, es gibt eine interessante Kirche (St. Petri), eine Menge holzgeschnitzter Fabelwesen (nicht wirklich meine präferierte Art der Bildhauerei) und Skulpturen, noch ’ne Kirche und hier und da einen Batzen Grün. Das Denkmal gegen den Faschismus möchte ich auch – gerade in der heutigen Zeit – besonders hervorheben.

Vom Bodetal aus fuhr ich nach Quedlinburg. Hier krichste Pippi inne Augen, so schön ist dat hier! Quedlinburg ist ja Weltkulturerbe-Stadt. Unter anderem liegt das daran, dass es hier mehr als 1.300 Fachwerkhäuser gibt. Dazu das sehr imposante Stiftskirchen-/Schlossberg-Ensemble, viele andere sehenswerte Kirchen und Kulturdenkmäler. Inzwischen hatten wir auch strahlend blauen Himmel und es war wärmer geworden, so machte die Stadtbesichtigung natürlich doppelt Spaß.

Ich erlief mir Schlossberg mit seinen Gassen drumherum, enterte die kathedralhafte St.-Servatii-Kirche und kam pünktlich zu einer Führung, der ich mich anschließen konnte. Nach sehr vielen Ausführungen zu den ganzen Heldentaten der Gebeineinhaber unter dem Kirchenboden trennte ich mich aber wieder von der Gruppe: Es war nicht uninteressant, es zeichnete sich aber ab, dass wegen der zahlreichen Erläuterungen zu jeder Grablege der Tag dann um wäre. So erlief ich mir die kleine, übersichtliche Domschatzkammer alleine (das wäre mit der geführten Gruppe auch sehr kuschelig geworden!), guckte hier und da und verließ das Gebäude schon nach 20 Minuten wieder. Zugeben muss ich, dass die Geschichte der wunder-, wunder-, wunderschönen Aurora von Königsmark, die selbst als Mumie noch wunder-, wunder-, wunderschön war, mir völlig neu war. Der restliche Schlossberg steckt gerade in umfangreicherer Sanierung und war leider nicht zugänglich. Von oben aus hat man aber einen tollen Blick über die Stadt.

Durch zauberhafte Sträßchen lief ich über den Markt zum Rathaus, weiter zu St. Benedicti, über die Insel „Zwischen den Städten“ und zu St. Nikolai, eine Kirche die von einem schönen Platz umgeben ist. tendrin gönnte ich mir in der „Romantik-Ruine“, einem sehr netten Lokal, ein Forellenpanini. Die Forelle soll aus dem Bodetal kommen und hat daher möglicherweise noch homöopathische Dosen von Ritter Bode in sich.

Das Abendessen im Hotel fiel aus, weil der Nachwuchs der Wirtsleute in das Musical „Tanz der Vampire“ nach Hamburg spediert werden wollte. So suchte ich mir etwas im Ort aus. Hier wird einem leider nicht wirklich viel geboten. Vieles hat geschlossen, alles macht früh dicht. Im Herbst in einem Kurort! In Badenweiler, wo ich früher gerne war, boxt zwar auch nicht der Papst im Kettenhemd, aber man hatte ausreichend Gastronomie. Naja, Bad Suderode sieht auch nicht wirklich nach Kurbetrieb aus, das Kurhaus steht leer da herum, am Calcium-Brunnen gibt es kein Wasser. Einige einstmals seeehr schöne Häuser am Rande des Kurparks verfallen. Ich landete schlussendlich um 19 Uhr 30 in einem Restaurant, das bis 21 Uhr geöffnet sein sollte. Man wusste aber nicht, ob man für mich noch etwas kochen wollte, war ja schon spät… nur wenn es schnell ginge. Ich nahm Würzfleisch und eine Kartoffel mit Salat. Die Mutter des Wirtes löste Kreuzworträtsel, ein Ehepaar am Nachbartisch hatte sich nichts zu erzählen. Fliegen summten zwischen den Tischen herum. So etwas tristes! Aber das Würzfleisch war lecker. Man isst es mit Worcestershiresauce „Dresdner Art“. Was es alles gibt!

Morgen soll es nicht so schön werden, ich muss mir möglicherweise eine Indoor-Aktivität suchen. Genug zu sehen gibt es hier auf jeden Fall.

Habt noch einen schönen Restsonntag, vielleicht bis morgen, Euer

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Harz, 1. Tag: Ankunft in Bad Suderode (hexhex)

Ihr Lieben,

ich weiß nicht, warum manche Menschen sich so darüber freuen, bei einer Autovermietung ein Upgrade zu bekommen. Einmal habe ich ja auf den Kanaren für vier Wochen einen Hyundai Tucson für 18 € bekommen, obwohl ich einen Fiat 500 bestellt hatte. Es hat ziemlich gedauert, bis ich mich an das Schlachtschiff gewöhnt hatte. Heute wurde mir mitgeteilt, ich bekäme statt meines Kompaktwagens einen nigelnagelneuen Tiguan SUV, mit gerade erst 15 km auf dem Buckel. Ach herrje! Aber inzwischen bin ich ja etwas versierter am Steuer, da habe ich dann mal nicht protestiert. Außerdem nehme ich ja auch immer alle Versicherungen, die es gibt, ich alter Feigling. Meine neue Vertraute für neun Tage taufte ich Bibi. Wie Blocksberg.

Bibi kann anscheinend so einiges, nur verstehe ich nicht, was. Da gibt es Millionen von Knöpfen, deren aufgedruckte Symbole mir leider überhaupt nichts sagen. Erstaunlich nur die beiden Aufkleber „Bitte nicht schneller als 210 Stundenkilometer fahren“ sowie  „Bitte nach 50 km Fahrt die Radmuttern neu anziehen lassen“. Ich bin in meinem Leben noch nie 210 Stundenkilometer schnell gefahren, und während der Fahrt Radmuttern anzuziehen gehört auch nicht zu meinen favorisierten Hobbys. Muss ich da jetzt anrufen, 500 km sind schon drauf auf dem Tacho, und nach der nächsten Europcar-Werkstatt fragen?

einer kurzen Unterbrechung auf Hälfte der Strecke (Burgerkette, auf dem Foto sah das ganz anders aus) waren Bibi und ich nach ziemlich genau 5 Stunden im Hotel am Kurpark in Bad Suderode, wo ich die nächsten vier Nächte verbringen werde. Es ist etwas altmodisch, sauber, gemütlich und betulich. Ein Gemeinschaftskühlschrank steht im Flur, wenn man zu Abendessen möchte, muss man dies bis 16 Uhr ankündigen, und schon wissen was man essen möchte. Ich habe mich für das Geschnetzelte entschieden, weil es gerade frisch in der Mache war, wie mir erklärt wurde. Ich bekam schon einige gute Tipps, was ich in der kurzen Zeit bis zum Abendessen unternehmen könnte und begab mich dann auch nach einer kurzen Inbeschlagnahme meines Zimmers auf Entdeckungstour.

Der grüne Erker plus die beiden Fenster rechts daneben gehören zu meinem Zimmerchen 🙂

Bad Suderode und Gernrode sind Stadtteile der Weltkulturerbestadt Quedlinburg. In Quedlinburg selbst hatte ich kein bezahlbares Zimmer bekommen, das größer als 6 Quadratmeter gewesen wäre. Aber es ist nicht weit von hier.

Ich lief nach Gernrode, wo die sehr beeindruckende Kirche St. Cyriakus steht. Man bekommt ein laminiertes Blatt mit den Sehenswürdigkeiten in die Hand gedrückt und wird dezent auf eine mögliche Spende am Ende des Besuchs hingewiesen. Es gibt ein sehr kunstvolles, restauriertes Grab, eine wirklich wunderschöne Orgel, die Apsiden sind wunderbar ausgestaltet. Wenn man durch den Kreuzgang geht hat man vom Klosterhof aus ein wunderbaren Blick auf die wirklich schöne Architektur des Gotteshauses.

In der Nähe befindet sich das größte Wetterhaus der Welt, das sogar Eingang in das Guinessbuch der Rekorde gefunden hat. Es ist Teil der gernroder Uhrenfabrik mit angeschlossenem Uhrenmuseum. Das hatte aber leider schon geschlossen. Zurück lief ich einen anderen Weg. Es ist ein wirklich bezaubernder Ort. Ganz viel Charme, sehr aufgeräumt, mit einem Hauch von Wohlhabenheit. Hier stehen Villen, mein lieber Scholli!

Bad Suderodes Wahrzeichen ist der Preußenturm, eine Holzkonstruktion, von der aus man einen ziemlichen Weitblick hat. Nur der Weg dorthin ist etwas beschwerlich, es geht schon stramm steil bergauf; und wenn man dann auch noch – Achtung, es folgt das beliebte Google Maps-Bashing – einen primitiven Navigator dabei hat… Gott sei Dank bekam ich über meine Wander-App ein Satellitenbild gezeigt, anhand dessen ich mich dann orientieren konnte. Nach etwa 324 Flüchen kam ich dann endlich auch an und wurde durch wirklich schöne Ausblicke belohnt. Im Harz kann man übrigens Wanderstempel an ausgesuchten Stellen bekommen, mit elf Stempeln wird man auf irgendeiner Wanderprinz-/prinzessinenliste geführt.

Zurück im Hotel genehmigte ich mir das wohlverdiente Wanderbier und zog ein erstes Resümee. Ja, ist echt nett hier im Harz. Dazu gottseidank wieder besseres Wetter. Die Leute auf den Straßen sagen sich die Tageszeit. Das Abendessen war ganz lecker, die Tischunterhaltungen an den Nebentischen skurril.

So, jetzt muss ich gleich mal gucken, wie ich die nächsten Tage rumbekomme. Zu sehen gibt es einiges, sogar eine Seilbahn gibt’s in der Nähe, dann kann ich wieder eines meiner berüchtigten Nahtoderfahrungsvideos drehen. Ich könnte auch auf dem Hexentanzplatz eine Tarantella für Euch hinlegen. Na, mal sehen.

Wäre schön, wenn Ihr mich morgen wieder begleitet. Liebe Grüße, Euer

Eine kleine Hexengalerie:

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Die mysteriöse Formation des als Treehenge bekannt gewordenen Baumkreises in Gernrode lässt seit Jahrzehnten Forscher und Wissenschaftler über ihre Bedeutung rätseln.

Ab in den Harz: der Prolog

Ihr Lieben,

nicht missverstehen, keinesfalls möchte ich ein überdimensionaler Bernsteinfund sein. Noch nicht. Wenn ich vom Harz rede, meine ich nicht das Baumharz, das uns jahrtausendalte Insekten konserviert hat, sondern das nördlichste deutsche telgebirge, in dem ich ab morgen mein Unwesen treiben werde. Aber wie kam es dazu?

Ihr wisst, dass ich auch mal gerne durch Deutschland reise oder meinen Urlaub verbringe. Lutherreise durch die östlichen Bundesländer, Nordsee, Eifel, Ostsee, Städtereisen… Der Harz (Ost wie West) stand diesbezüglich schon lange auf meiner Löffelliste*. Ein Nachbar, Bürgerinitiativegegenrasermitglied und inzwischen Freund ist gebürtig aus Goslar. Bei einem Gespräch der Initiative bot er uns allen – nur halb im Scherz – mal an, seine Heimat zu zeigen. Große Überraschung: Eine gemeinsamer Termin wurde noch am selben Abend gefunden und die gemeinsame Reise einiger glieder schon nach zwei Tagen beschlossen. Und zwar von twoch bis Sonntag kommender Woche mit unterschiedlichen An- und Abreiseterminen. Dieser Beschluss ist schon eine Weile her.

Zwischenzeitlich hatte ich dann aber überlegt, warum ich Montag und Dienstag eigentlich noch arbeiten gehen sollte und nahm auch diese beiden Tage kurzerhand frei. So habe ich das Vergnügen, den Westharz mit Nachbarschaftsfreunden zusammen – mit Unterkunft in Goslar – zu erkunden (ab twoch) und vorher den Ostharz rund um Quedlinburg für ein paar Tage alleine aufzumischen. Also, altersgemäß halt aufzumischen. Also, Logis zu nehmen und zu gucken. Nix mit Disco und grüner Wiese**! Also „aufmischen possible“ halt.

Ein Mietwagenschnäppchen hatte ich dann auch fast gemacht (Cora ist ja leider nicht mehr bei mir), und so werde ich ab Samstagfrüh eine neuntägige Reise per carro (klingt ja fast wie Cora) unternehmen und würde mich mega darüber freuen, wenn ihr mich wieder begleitetet. Seid ihr dabei? Das wäre ein Träumchen!

Übrigens machen wir beim Italiener heute Abend schon ein bisschen Reiseplanung!

Liebe Grüße und bis Samstagabend! Euer

P.S.: Das Bild hat mir ChatGPT gemalt 🙂 Mein erster Versuch!

*) die Löffelliste ist das deutsche Pendant zur amerikanischen „bucket list“. Was hat/will man zu tun, bevor man den Löffel abgibt?!

**) Grüne Wiese ist ein Getränk aus Blue Curacao und Orangensaft.