Tag 26: Adiós

Ihr Lieben,

das Packen war mal wieder nervenaufreibend. Eigentlich hat FKK ja doch etwas für sich. Was ich wieder für einen Unsinn mitgebracht habe! Zwei Strickpullis und eine Strickjacke z.B. Ich lerne das in diesem Leben auch nicht mehr. Und wieso hat man am Ende einer Reise immer mehr Plünnen als vorher? Wie soll das erst werden, wenn ich im Frühjahr auf Busreise gehe? Ich muss vorher ein Seminar besuchen oder einen Butler engagieren. Ich bin nur froh, dass Condor so großzügige Freigepäcksregelungen hat. Wie? Nee, Mitbringsel passen dennoch nicht mehr rein. Nee, wirklich nicht!

Die Rückgabe des Wagens verlief nicht ganz reibungslos. Manuel hat angeblich eine Narbe, die er vorher nicht hatte. Man musste schon mit der Lupe ran, um die zu sehen. 90 Euro wollte man von mir für die kosmetische Behandlung. Naja, hab ja Vollkasko und bekomme das Geld wieder. Manuel hat jetzt den Beinamen Scarface.

Apropos Wagen: Ich hatte Cora ja am Tag vor meiner Abreise in die Klinik gebracht. Die Elektriktronik war vollkommen durchgedreht und die Glühbirnen sind quasi im Sekundentakt explodiert. Diagnose: Eine neue Lichtmaschine muss her. Am 23.12. rief ich die Werkstatt an, wie es aussähe. Cora hat es überstanden und die Rechnung fällt deutlich niedriger aus als veranschlagt. Man hätte mir wegen des ganzen Hickhacks entgegenkommen wollen. Das finde ich sehr nett! Daher mache ich jetzt mal Werbung:

„Ist Dein Auto nur noch Schrott? Glowacki macht es wieder flott!“

Neinneinnein, Cora, das ist ein Missverständnis! Du bist doch kein Schrott. Du bist einfach nur eine liebenswerte alte Schachtel. Wie? Auch nicht recht? Herrjeh! Was? Nein, ich KANN Manuel nicht mitbringen. Du liebe Güte!

Am Flughafen bei der Gepäckaufgabe offenbarte sich das Deutsche im Kanario. Ich hatte ja nun 30 kg Freigepäck und 16 kg Handgepäck. Der Koffer wog 23 kg. Ich fragte, ob ich meinen Rucksack (10 kg) auch aufgeben dürfe. Das hat dann 3 Mitarbeiter 15 Minuten beschäftigt. Ich bot mehrmals an, ihn doch mit an Bord zu nehmen. Aber der Ehrgeiz war geweckt. Nein nein nein, man prüfe… Irgendwann kam eine Art Supervisor, der das dann durchwinkte.

Bei der Sicherheitskontrolle dann das nächste Chaos. Ich war schon halb am Terminal, da fiel mir auf, dass meine Brille weg war. Und nicht die für 5 Ocken, sondern die teure. Wieder retour, am Tisch hinter der Security alles ausgepackt, keine Brille. Nachgefragt. Sie lag im Röntgenkasten. Puh. Jetzt waren aber Reisepass nebst Bordkarte weg. Mir brach so langsam der Schweiß aus. Wieder alles ausgepackt. Pass und Bordkarte waren in mein zugeklapptes Laptop gerutscht. Herrjeh. Darauf erstmal einen Sekt.

Der Flug war super. Ganze Reihe für mich allein, lecker Thaicurry, Sektchen. Koffer kamen sofort, Bahn dann auch. Bepackt wie ein Packesel.

Also, ich danke Manuel Benicio Bolsoblanco und den kanarischen Busfahrerinnen und Busfahrern sowie den Pilotinnen und Piloten für den sicheren Transport, den Canarios für Ihre Gastfreundlichkeit, Petrus für das gute Wetter und meinen lieben Leserinnen und Lesern für ihre treue Begleitung auf meiner Reise. Danke für die vielen Feedbacks und Kommentare und vielleicht bis bald, wenn ich mit dem Bus u.a. durch Botswana schaukele. Aber morgen geht es erstmal wieder ins Büro.

Macht’s gut, alles Liebe!
Euer

P.S.:

Tag 25: Christmas, last

Ihr Lieben,

ja, es ist Weihnachten und ich finde, es ist das Letzte, dass ich morgen zurück muss. Und genau so haben WHAM! ihr Lied gemeint. Wahre Propheten! Kann das Lied trotzdem nicht mehr hören.

Hier heißt es übrigens nicht etwa Heiligabend (la noche santa), sondern la noche buena (die gute Nacht). Zu recht: Am Abend war noch bueno was los hier im pueblo. Auf einigen Balkonen wurde gegrillt, allerorten gab es Partys. Es wurde geböllert, aber in Maßen. Und man hat auch wohl mal hier und da Weihnachtsstress – ein paar Häuser weiter hat es nicht geböllert, sondern geknallt. Eine Dame schrie ziemlich herum, vielleicht war die böse Schwiegermutter da oder die Familie hat das Essen nicht ausreichend gewürdigt. Aber wie sagte Karl Valentin so treffend? „Wenn die stille Zeit vorbei ist, wird es auch wieder ruhiger.“

Wie letztlich angedeutet, wollte ich heute hauptsächlich meine Abreise vorbereiten. Online-check-in, Koffer packen, herausfinden, wo ich eigentlich den Wagen hinbringen muss. Ist ja schon lange her, dass ich MBB abgeholt hatte. Und wo ist die letzte Tankstelle davor? Hoffentlich eine Petroprix! Dann wollte ich die vielen Mitbringsel für Euch alle sicher verpacken. Grob das Appartment putzen. Sehr grob. „Bitte verlassen sie die Räumlichkeiten so, wie sie sie vorgefunden haben!“. Habe dann festgestellt, dass mit den Mitbringseln der Koffer zu schwer wird. Gibt also keine, was ich seeeeehr schade für Euch finde! Wo es hier doch so viele geschmackvolle Dinge zu erstehen gibt, alle „mate in cran cranadia (PRC)“ – ich sach nur „Ghldin Klain„.

Mittags bekam ich dann eine verwirrende Nachricht des Autovermieters. Ich solle daran denken, MBB morgen zur vereinbarten Zeit am Flughafen abzugeben. Hm. Die Verleihfirma sitzt doch aber in El Goro. Da ich sowieso noch ein paar Strände in der Nähe anfahren wollte, dachte ich, schaue ich da doch mal vorbei. Vor mir dran war eine vierköpfige Familie, die aber gefühlte 3000 Koffer dabeihatte. Sie hatten einen Mini gemietet und stellten nun fest, dass sie einen größeren Wagen brauchten. Und das zooooog sich. „So teuer? Neinneinnein, keine Automatik. Den da wollen wir! Ach, das ist IHR Wagen?“. Nach 20 Minuten (inzwischen hatte sich die ganze Familie hinterm Schalter vor dem Computer der armen Angestellten versammelt) war die Schlange der Wartenden in etwa so angewachsen, wie bei Kondolenzkundgebungen beim Tode einer beliebten Monarchin. Ich quasselte dann auf Spanisch dazwischen und erfuhr von der inzwischen schweißnassen und kurz vor einem Anfall stehenden Dame, ich möge den Wagen genau hierher, nach El Goro, bringen. Dort würde ein Shuttlebus bereit stehen. Ich gehe übrigens davon aus, dass ich die Familie dann – immer noch diskutierend – antreffen werde.

Meine Umgebungsbesuche waren dann eher unspektakulär. Nördlich des Flughafens sollte es einen tollen Planespotter-Spot geben. Und ich dachte, dann gehe ich doch mal Planespotter spotten. Also zum Planespotterspotter-Spot. Habe ich Euch jetzt verwirrt. Ja, ich mich gerade auch irgendwie. Um es kurz zu machen, es gab nichts zu spotten. Und alle 10 Minuten mal ein Flugzeug in 2 km Entfernung. Naja. Man muss wohl Hobbyist sein.

Der Altkanario-Hügel

Südlich des Flughafens gibt es eine archäologische Stätte. Bei El Burrero. Hier sollen sich schon vor 1.500 Jahren Menschen angesiedelt haben. Es gibt ein paar Mauern zu sehen und man vermutet Grabstätten im Hügel. Tja, hat es leider nicht in den Reiseführer geschafft. Aber immerhin in meinen Bericht. Was sagt das jetzt über den Ort? Hach, ich weiß doch auch nicht!

Ich fuhr wieder nach Hause, räumte den Wagen leer und brachte alles nach oben. Dann lief ich einmal noch zum Leuchtturm (bestens besucht!) und zum nördlich gelegenen Strand „Playa del Cabrón“. Cabrón, das ist einerseits ein Ziegenbock, andererseits ein beliebtes Schimpfwort, was in etwa mit, wenn man es freundlich interpretiert, „Blödmann“ übersetzt werden kann. Aber es ist schon ein nicht so gern gehör(n)tes, also Vorsicht, bitte. Es ist eigentlich ein sehr netter Strand. Schöner als der im Ort selbst.

Ja, und das war es auch schon, Ihr Lieben. Gleich gibt es die Reste der Weihnachtstortilla und später werde ich in mein Kopfkissen weinen. Natürlich vor Freude, dass ich nach Hause kommen und meine lieben Freunde wiedersehen kann. Aber so wie es aussieht, muss ich irgendwann noch mal auf die Insel, denn ich habe noch ein paar Euro Guthaben auf meinem TransGC-Ticket. Der Name ist übrigens politisch völlig deutungsbefreit.

Liebe Grüße
Euer Gerry

P.S.: Ich habe schlimme Nachrichten… Mario geht es nicht so super.

Tag 23: Teroristen

Ihr Lieben,

gestern Abend traute ich meinen Ohren nicht. Als ich nach Hause kam, wurden eine Hausnummer weiter gerade die Wände eingerissen. Es wurde gehämmert, gebohrt und geklopft, was die Werkzeuge hergaben. Leute, es bleibt mir nichts anderes mehr, als an eine internationale Verschwörung zu glauben. Ist ja langsam nicht mehr wahr. Gegen 22 Uhr hatte das dann aber eine Ende und ich konnte bis weit in den Morgen ausschlafen. Ich nehme es mal vorweg, nach meinen Ausflügen heute, das war so gegen 19 Uhr, standen die Handwerker unten und ich fragte, was sie heute einzureißen gedenken. Man will aber nur verputzen. Die denken wahrscheinlich auch, der dumme Aleman, was will der eigentlich. Aber die kennen ja auch meine Passionsgeschichte nicht.

Ich guckte mir heute früh die Karte der Insel an und sah, dass ich den Norden ein bisschen vernachlässigt hatte. So wollte ich dann erst einmal nach Teror fahren, das ich in sehr guter Erinnerung hatte. Der Verkehr war atemberaubend, es war so viel los! Wahrscheinlich alle auf den letzten Drücker noch Weihnachtsgeschenke kaufen. Dabei könnten die doch – das aber nur nebenbei erwähnt – eine Tierpatenschaft vom Eselpark verschenken. Ach übrigens, das kann natürlich auch der geneigte Leser tun, falls ihm gerade siedend heiß einfällt, dass ja morgen schon Bescherung ist.

Meine Erinnerung hatte mich nicht getrogen. Teror ist wuuuunderschön! Auch, bzw. vielleicht gerade deswegen, wenn kein Markttag ist. Die Einwohner von Teror sind übrigens ganz bezaubernde Leute und weit entfernt davon Terroristen zu sein. Die Dame im Souvenirshop hat mich überschwänglich für mein „niedliches/nettes (lindo) Spanisch“ gelobt. Ich muss mir noch klar darüber werden, was das bedeutet. Es gibt wieder – wie in so vielen Orten – eine Krippe der Solidarität (Belém de la solidaridad), die Spenden für die Armen sammelt. Die von Teror ist besonders hübsch und liebevoll gestaltet. Dazu wirklich nette, mir unbekannte spanische Weihnachtsmusik (so nehme ich jedenfalls an)…. ich hatte fast Pipi in die Augen.

Nach einem ausreichend intensiven Bummel fuhr ich weiter nach Firgas, einem Ort, der in meinem Reiseführer einen unbedeutenden Eintrag hat. Aber auf Fotos im Internet sah das ganz entzückend aus. Und das war es auch. Ein schönes Bergdorf mit irrsinnig schönem Weitblick bis nach La Isleta hinunter. Es gibt eine nette Kirche, die Einheimischen füllten die Tische und Bänke vor den Bars und es gibt einen kleinen Kaskadenbrunnen, der zum Paseo de Canarias gehört, einer sehr ansprechend gestalteten Straße mit Denkmälern für die anderen Inseln und die Municipios von Gran Canaria.

Die Serpentinen herunter fuhr ich dann Arucas an. Um den Parkplatz bei der Kirche zu finden brauchte ich dann Stunden. Man hatte beschlossen, das ohnehin etwas verwirrende Einbahnstraßennetz durch Sperrungen und Richtungsänderungen noch zu verkomplizieren. Mein Navi, liebevoll Lissi genannt, wurde darüber fast hysterisch. Irgendwann erhaschte ich eine Parklücke und beschloss, mir den Weg zu erlaufen. Die Kirche war geöffnet, das war schön. Davor wurde alles für eine Weihnachtskonzert aufgebaut und die ersten Proben fanden statt. Erstaunlich viele Jungs auf der Bühne in Cowboykostümen. Ich muss die Weihnachtsgeschichte nochmal lesen, mir ist da wohl etwas entgangen. Es wurde spät und wegen des Straßen-Wirrwarrs wollte ich dann zurück. Das war auch gut so, denn ich brauchte auch wieder Stunden, um aus Arucas wieder herauszufinden.

Also, ich mag den Norden ja sehr. Das Viertel um die Kirche Basílica de Nuestra Señora del Pino de Teror (allein der Name!) gehört mit zum Schönsten, was die Insel zu bieten hat. Zurück in Arinaga hielt ich an der Kirche, um den Supermarkt dort zu stürmen. Zu meiner Freude auch hier eine Art Weihnachtskonzert. Allerdings mit Musik vom Band und einem Nikolaus, auf dessen Schoß die Kinder kraxeln konnten, die mit Ihren Eltern zu Hunderten Schlange standen. Der Musikverantwortliche schien mir ein wenig zu tief ins Glas geschaut zu haben, seine gelallten HoHoHo-Einlagen ließen diese Vermutung zu.

So langsam geht meine Zeit hier zu Ende. Kann es gar nicht fassen, bin doch erst vorgestern hier angekommen. Für morgen habe ich mir noch mal eine Bergstrecke ausgesucht, die ich noch nicht kenne und am Sonntag werde ich schon zusammenräumen müssen. Aber die letzten beiden Tage will ich noch genießen.

Gleich gehe ich noch in den Ort, ich muss unbedingt gucken, was der Salón heute auf der Karte hat. ¡Tengo mucho hambre!

Liebe Grüße
Euer Gerry

P.S.: Ein Engel für Charly….

P.P.S.: Gerry versucht, Christel in die Führanlage zu bringen, ein erstaunliches Detail in der teroristischen Krippe.

Tag 22: ¡Vamos a la Playa!

Ihr Lieben,

das Trio Infernale hat noch eine Stunde lang Rabatz gemacht und fing erst morgens gegen 8 Uhr wieder damit an. Damit konnte ich leben, denn ich wollte selbst mal etwas früher raus, um die zentralen Markthallen mal im Vollbetrieb zu erleben. Das Frühstück war ganz in Ordnung. Überhaupt mochte ich das Hotel, es ist nur leider hellhörig. Würde es dennoch wieder nehmen, aber vorher anrufen und ein Eckzimmer nach hinten raus buchen. 🙂

Ich ließ meinen Koffer im Hotel und fuhr mit dem Bus zum königlich-nautischen Club. Von dort aus lief ich zur grankanarischen „Schildergasse“, das ist die Avenida José Mesa de López, die durch die Plaza España geteilt wird. Im Fußgängerzonenbereich findet sich unter anderem das Corte Inglés. Das verfügt auch über eine sehr nette Delikatessabteilung. Da bin ich natürlich nur rein zufällig reingeraten. Kurz vor der Plaza war noch ein Mini-Kunsthandwerkmarkt mit ganz netten Sachen, aber ich fürchte ja, dass mein Gepäck sowieso schon Übergewicht haben wird, mit all dem Turron und Gofio und dem Metallbüffel.

Die Markthallen sind dann eine Überraschung. Kein Tourist, keine Tapasecken mit Schampus. Es ist eine reine, etwas heruntergekommene Markthalle für Lebensmittel. Aber dennoch schön, ich lieeebe ja Mar…. ach so, das ist bereits bekannt. Na denn.

Ich mogelte mich zum Stadtstrand Las Canteras durch und lief den einmal herunter und dann wieder herauf. Er war gut besucht, auch viele Surfer versuchten sich an der Brandung. Mit mäßigem Erfolg, wie ich das so sehen konnte. Ein weiterer Besuch bei der Sandkrippe, dann ein Cruzcampo in erster Reihe. Ich mag Las Canteras. Es gibt viele schöne, lebenslustige und interessante Menschen zu sehen. Könnte den halben Tag da sitzen und glotzen.
Und während ich das tat, bekam ich eine SMS von meiner Tochter („Hallo Mama!“), mit der Bitte, ihr zu helfen, sie habe eine neue Nummer, weil Handy und Portemonnaie gestohlen. Und ich dachte, das gibt es nur im Film.

Aber irgendwann musste ich ja mal wieder zu meiner Butze daheim zurück. Ich fuhr wieder zum Hotel, schnappte meine Habseligkeiten und nahm ab San Telmo den Bus bis Cruce Arinaga, wo ich sofort einen Anschluss bekam. In meiner Calle Juan Cordena angekommen ein Weihnachtswunder: Wo gestern noch der Presslufhammer-Pepe seiner Tätigkeit nachging, war heute alles asphaltiert und die Baustelle verschwunden. Halleluhjah! Noch ein paar ruhige Tage! Sitze übrigens am neuen Tisch auf der Veranda und denke, es wäre schön gewesen, wenn das mal die ganze Zeit so gewesen wäre.

Am Abend ging ich dann noch zum Ohasis, um den Tag würdig abzuschließen. Mit Chipirones planchas. 😋 Also, ich erwähnte ja bereits, dass Las Palmas, abgesehen von den beiden Vierteln, eine eher hässliche Stadt ist. Aber ich mag sie, sie ist lebendig ohne hektisch zu sein, laut, aber nicht aufdringlich. Meistens jedenfalls nicht :-).

Liebe Grüße
Euer Gerry

P.S.: Ich freue mich schon sehr auf die schönen Träffen nach meiner Rückkehr…

P.P.S.: Und wer demnächst im Spanischkurs Fehler macht, muss in die Calle Losero ziehen!

Tag 21: Das Weihnachtskonzert

Ihr Lieben,

auf der Wanderung gestern habe ich mir einen kleinen…. (hüstel)…. Sonnenbrand zugezogen. Dabei war ich eingecremt wie nix. Auf jeden Fall hatte ich Positionsfindungseinschlafprobleme. Aber das war nicht so schlimm, denn ich hatte morgens eigentlich ausreichend Zeit, bevor ich zu meinem nächsten Abenteuer aufbrechen wollte und konnte ausschlafen.

Womit ich aber nicht gerechnet hatte, war das kurzfristigst angekündigte Auftauchen meiner Vermieterin Nadia mit einem Gehilfen, um einige meiner angeregten Instandsetzungen umzusetzen. Neue Grillroste, neuer Toilettendeckel, neue Küchengeräte, neue Terrassenmöblierung und und und. Bisschen spät, aber so hat der nächste Mieter wenigstens was davon. Und ein bisschen in Zeitnot hat es mich dann doch gebracht.

Aber zum „Abenteuer“: Heute fand das Weihnachtskonzert des Orquesta Sinfónica del Atlántico auf der Plaza de Santa Ana statt, das ist vor der Kathedrale in Las Palmas. Deswegen wollte ich in die Hauptstadt. Da es mir für eine Heimfahrt nach dem Konzert zu spät gewesen wäre, buchte ich kurzerhand ein Hotelzimmer von heute auf Donnerstag in einem Boutique-Hotel, das sehr nett und ansprechend aussah und nur 200 Meter vom Konzertplatz entfernt liegt.

Ich fand heraus, dass es die geheimnisvolle Buslinie 23 in Arinaga gibt. Da muss man zwar nicht zu Gleis 9 3/4, aber die Pläne für diesen Bus sind seeehr merkwürdig. Mittags aus Las Palmas fährt sie um 14 und 15 Uhr. Nach Las Palmas aus Arinaga um 7, 8 und 14 Uhr. Aber es ist ein sogenannter „semi-directo“, das heißt er braucht nicht lange, da er nicht an jeder Milchkanne hält. So war ich in kürzester Zeit in Las Palmas, checkte schnell ein (schönes Hotel!) und strollte mal wieder durch Vegueta und Triana. Vor dem Hotel Madrid nahm ich meine flüssige Laufbelohnung ein und aß in der Sonne ein paar gemischte Tapas auf dem Plaza de las Ranas. Insbesondere meine heißgeliebten Runzelkartoffeln waren hier besonders lecker! Dann schnell noch ein Aperitif auf der Dachterrasse des Hotels, mit Blick auf die Kathedrale und das hübsche Haus der Zentralbibliothek. Umziehen, die Nächte sind kalt, und dann los.

Ich hatte ein bisschen Angst, dass es sehr voll werden könnte und fand mit 50 Minuten vor Beginn des Konzertes auf dem Platz ein. War völlig unnötig, es blieben viele Plätze frei, obwohl man keinen Eintritt zahlen musste. Merkwürdig. Das Konzert war dann sehr nett. Thema: Navidad porteña. Ungefähr „Weihnachten in Buenos Aires“. Zuerst die europäische Uraufführung von „Rincones de Buenos Aires“ der mir unbekannten Komponistin Claudia Montero, alles andere dann aber quasi zum Mitsingen. Jazz-Suite-Walzer, Blumenwalzer, Libertango, Danzón Nr.2 usw. usf. Zum Abschluss dann südamerikanische und kanarische Weihnachtslieder.

Nach dem Konzert lief ich noch ein bisschen durch das Viertel. Also, Energiesparen ist auf diesem strengkatholischen Eiland zu Weihnachten ein UNDING! Hier wird noch Navidad zelebriert.

Im Hotel traf ich dann eine deutsche Mutter mit ihren beiden Kreischblagen, die ich schon beim Bummeln gesehen hatte. Die Töchter (schätzungsweise drei und vier) tobten im Laden herum, rempelten alle an, schmissen Sachen um, und Mutti hatte Freude. Alle schauten völlig entgeistert auf dieses Trio. Abends das gleiche im Rezeptionsbereich, weit nach 22 Uhr. Und dreimal dürft Ihr raten, wo die wohnen. Neben mir. Und machen Radau für 10. Diese völlig erziehungsunfähigen Li-La-Laune-Mütter gehen mir vielleicht so was von auf den Sack. Ich hätte auf „Only adults“ achten müssen. Ein anderes Zimmer war nicht mehr frei, aber immerhin war die Dame an der Rezeption meiner Meinung, dass die Frau komplett irre ist.

Morgen freue ich mich auf einen ausgedehnten Bummel durch die Nordstadt. Ob der Gerry wohl am Strand von Las Canteras ins Wasser geht? Ich wette, dass nicht.

Liebe Grüße
Euer Gerry

P.S.: Hier ein kanarischer Hund. Lebend habe ich einen im Cocodrilo-Park gesehen. Das Tier daneben kommt mir auch bekannt vor.

Tag 20: Wie Gerry den Bogen dann doch noch raushatte

Ihr Lieben,

zuerst einmal eine Frage an die Redaktion der Sendung mit der Maus. Wieso ist es eigentlich anstrengender, einen Berg hinaufzuklettern, als eine ebene Strecke zu gehen? Die Schwerkraft ist doch überall gleich, oder? Frage für ein befreundetes Kind.

Gestern Abend sah ich mir mal topografische Karten von der Gegend um den Arco del Coronadero an. Es müsste doch zu schaffen sein, dorthin zu gelangen. Ich fand einen vielversprechenden Ausgangspunkt bei einer Art Steinbruch mit angeschlossener Zementfabrik. Dort fuhr ich gegen Mittag hin, um festzustellen, dass ich mit Manuel nicht zum Startpunkt weiterfahren durfte. Ihn stehenlassen und von dort aus zu Fuß beginnen würde meine Wanderung mal eben um knapp anderthalb Kilometer pro Wegstrecke verlängern. Ich biss in den sauren Apfel, ließ Manuel in der prallen Sonne stehen und lief los.

Das erste große Teilstück der Wanderung war – gelinde gesagt – scheiße. Bis zur Steinwasauchimmerfabrik fuhren im Minutentakt Schlepper mit Trümmern oder Steinen an mir vorbei und ließen mich durch eine Dauerstaubwolke laufen. Der Weg war zudem dermaßen vermüllt! Wie die Poller Wiesen nach einem Rasertreffen. Ich bekam Zweifel. Die ich überwand.

Nach etwa 3 Kilometern wurde es dann besser. Die Fabrik lag rechterhand im Tal, der Müll ließ nach und die Landschaft wurde schöner. Wanderwege gab es im herkömmlichen Sinne nicht, es waren eher Geröllhaufen, über die man steigen musste. Plötzlich Alarmsirenen. Ach herrjeh, wassn nu los? Dann eine Sprengung. Um die Ecke gab es noch einen Steinbruch. Aha. Nach einer Wegkehre sah ich von oben dann linkerhand ganz weit unten einen alten Bekannten: Den Stausee von meinem ersten Versuch am letzten Donnerstag. Ab da wurde es richtig schön. Zwar ohne plätschernde Begleitung, aber mit atemberaubenden Aussichten. Die Schluchten des Hondo und des Berriel, riesige Höhlen, trockengelaufene Levadas (oder wie die in Spanien auch immer heißen mögen), wunderbare Kakteen. Aber eben alles mit kaum begehbaren Wegen (mit Ausnahme eines Hochplateaus, wo man anderthalb Kilometer gehen konnte, ohne sich wegen Unachtsamkeit die Haxen zu brechen). Die Sonne brannte ganz schön (ja, wenn der edle Herr immer so lange pennen muss!) und ich kam zu einem Anstieg, der mich an meine Grenzen brachte. In der App stand 22%. Mir kam es eher wie 45° vor.

Irgendwann tönte meine App „Hier scharf nach rechts!“. Dort befand sich leider ein Abgrund. Sie bestand darauf, dass ich nur nach rechts müsse und ich sei am Ziel. „Ihr könnt mich alle mal am Arco….“ wollte ich gerade kreischen, da erblickte ich 200 Meter links unter mir einen anderen Wanderer. Ob er wisse, wo der Arco sei, brüllte ich ihn an. He shouted back that he knew (er war Engländer). Ich solle zu ihm runterkommen, er zeige es mir auf seiner App. Und tatsächlich war ich nur noch 300 Meter entfernt. Wir plauderten noch kurz darüber, wie toll man auf den Kanaren wandern kann und über die Tücken von Wander-Apps (seine hatte ihn immerhin zum Ziel gebracht). Ja, und dann war ich endlich da. Ganz alleine. Vor wildromantischer Kulisse. Und die Arcos, es sind nämlich derer zwei, sind spektakulär. Leider konnte ich keine besseren Fotos machen, mir waren da viel zu viele Abgründe, das passte nicht zu meiner Höhenangst. Zudem lagen überall Ziegenköttel rum, und wenn dann mal so ein Widder auf Dich zurennt: Schwupps, lernste fliegen. Kenn‘ mich aus, bin selbst Widder.

Auf dem Rückweg wollte ich mir noch den Túnel de Agua entre los Barrancos ansehen, aber da hatte der „sogenannte Wanderweg“ mir nach einem halben Kilometer zu viele Felsabbrüche. Und überall standen Kakteen herum. Ich hatte sofort Bilder im Kopf, wie ich in der Notaufnahme sitze und man mir Stacheln entfernt. Also lief ich zurück. Leute, ich habe nach der Hälfte des Rückwegs gedacht, ich kann nicht mehr. Es war eine Qual. Als ich beim Wagen war, schrie ich „Manueeeeeel!“ und er schrie „Huup-hup“ zurück. Wir umarmreiften uns unter wildem Geschluchze („Nie wieder lasse ich Dich so lang in der prallen Sohohohohonne stehen….“ und „Keinen Meter mehr hätte ich geschahahahahafft…..“) und fuhren nach Arinaga zurück.

Zuhause schaffte ich es nur mit Ach und Krach die Treppen hoch. Ich trank gefühlte 2 Liter Wasser ohne abzusetzen und ließ mich auf das Sofa fallen. Trotz Baulärm pennte ich sofort für eine Stunde ein. Abends wollte ich noch Kleinigkeiten einkaufen gehen. Milch, Brot und Bier. Die erste Etage schleppte ich mich runter, auf die zweite hatte ich keine Lust mehr und beschloss, aufs Einkaufen zu verzichten. Ich spüre irgendwie jeden Knochen im Leib. Ich weiß, richtige Wanderer würden über die Strecke nur kichern. Dennoch: Ich bin zwar derangiert, aber gerade rasend stolz auf mich. 🙂

Liebe Grüße
Euer Gerry

P.S.: Warum ich ganz alleine bei den Arcos war? Naja, die Instagram-Ladies schaffen das mit High Heels nicht bis da oben 🙂

P.P.S.: Ein schon auf halber Strecke fixundfertiger Hobby-Autor (hinter ihm der Wander-„Weg“)

Tag 19: Glassbottomboat

Ihr Lieben,

Doris Day-Day! Wer kennt nicht ihr bezauberndes Lied über das Glasbodenboot aus dem Film „Spion in Spitzenhöschen“? Auf englisch heißt der Film übrigens (auf deutsch übersetzt) „Glasbodenboot“. Deutsche Filmverleiher beherrschten also schon in meinem Geburtsjahr die Fähigkeit, sich unglaublich dämliche Filmtitel auszudenken. Lasst Euch davon und von der etwas rückgewandten Geschlechterstereotypie nicht irritieren, es ist ein wirklich netter Film.

Ich erstand schon letzte Woche ein Ticket für eine Bootsfahrt mit einem Glasbodenboot, das mich und meine Mitpassagiere von Puerto Rico aus für drei Stunden durch die Gegend schippern sollte. Insbesondere Delphine sollten dabei gesichtet werden. Mit Garantie… Natürlich sind solche touristischen Attraktionen im Kreuzfeuer der Kritik. Aber es gibt inzwischen strenge Auflagen, wie solche Fahrten durchgeführt werden müssen. Auf Madeira hatte mir Elke mal eine entsprechende Katamaranfahrt geschenkt.

Da die Fahrt erst um 13 Uhr 30 starten sollte, hatte ich enorm viel Zeit, herumzutrödeln. Das hätte mehr Spaß gemacht, wenn man nicht heute beschlossen hätte, mit schwerstem Gerät das Riesenloch in der Straße wieder zu befüllen. Das ganze Haus hat dabei gewackelt.

Auf der Fahrt nach Puerto Rico führte mich das Navi bis zu einer Straßensperre. Und egal, wohin ich abbog, es wollte unbedingt, dass ich da durch fahre. OK, ich brachte Manuel etwa 300 Meter davor in Stellung, legte den Gang ein, trat die Kupplung und ließ den Motor röhren… Nee, ich fuhr natürlich zurück zur Autobahn und schlich mich von der anderen Seite an. Künstliche Intelligenz? Naja, eher künstliche Sturheit. Der Parkautomat war dann auch stur. Entweder Tagesticket oder gar nix. Seufz! Gottseidank ja alles nicht so teuer hier.

Das Boot war leider ganz anders als im Film. Es gab keinen Glasboden, sondern nur Fensterschlitze im Unterdeck, immerhin in verschiedenen Höhen. Aber die Fahrt war dennoch sehr schön. Ich liebe ja Bootsfahrten. Und wir sichteten Rundkopf- und Streifendelfine. Flipper, yeah! Wale gab es nur beim kurzen Badestopp zu sehen und die hatten Badewäsche an. Hach, wie gemein… Gelungene Fotos von den Delphinen gibt es nicht. Da hätte man die ganze Zeit mit Serienbildfunktion durch den Sucher glotzen müssen. Sie zu sehen war aber ausreichend.

Es war so wunderbares Wetter, ich legte noch einen Fotostopp in Puerto de Mogán ein. Also, da würde ich es auch mal 10 Tage aushalten.

In Arinaga aß ich im Salón zu Abend. Es gab Sama Frito. Frittierte Zahnbrasse. Und ich aß das erste Mal in meinem Leben Gofio. Das gilt als kanarische Allzweckköstlichkeit. Ich hatte es als Mousse und es war ganz lecker. Nussig und etwas körnig.

Im Haus wurde natürlich noch nichts gemacht. Vielleicht bin ich einfach zu nett. Ich wette, wenn ich rumkrakeelt hätte, dass ich mein Geld zurück möchte, die Touristenpolizei rufe und AirBnB mit Beschwerdenachrichten zuspamme… Aber so will ich nicht sein. Es ist ein Armutszeugnis für die Vermieterin. Ärgern will ich mich auch nicht, bin ja schließlich im Urlaub.

Alles Liebe, Euer Gerry

P.S.: Apropos künstliche Intelligenz. Manuels Bordsystem spricht mit mir, wenn ich eine WhatsApp erhalte. Sie wird vorgelesen und dann werde ich gefragt, ob ich antworten möchte. Ich sage „ja“ und z.B. „Danke für die Nachricht, ich freue mich sehr!“. Das System: „Sie sagten ’sijbed jyddisjabaf xrklgrum, labba ngrimmiso‘, möchten Sie die Nachricht so absenden oder noch etwas ändern?“ 😎

P.P.S.: Elefanten und Kühe tragen diesen Felsen seit Urzeiten…

P.P.P.S.: Was will uns der Künstler damit sagen?

Tag 18: Markttag in Jinamar

Ihr Lieben,

gestern Abend war hier noch ein Gewusel im Ort. Von der Veranda aus konnte ich beobachten wie im 10-Minuten-Takt Tanklastzüge durch die Straßen gurkten. Da sie so groß waren, mussten sie sich mit viel Kurverei durch die engen und zugeparkten Straßen navigieren. Dem wollte ich mal nachgehen und begab mit zum Epizentrum des Geschehens: Man entleerte offensichtlich die Klärgruben der Stadt. Das dauerte übrigens von 20 Uhr bis fast Mitternacht. So lange fuhren die Tanker durch die Straßen – nicht dass Ihr glaubt, ich hätte die ganze Zeit daneben gestanden. Man könnte jetzt bonmotisieren, dass der Mensch eben viel Scheiße produziert. Na, wenigstens wird sie nicht einfach ins Meer geleitet.

Jetzt geht es aber etwas appetitlicher weiter: Sonntags finden auf der Insel viele Märkte statt, unter anderem der bei Touristen sehr beliebte in Teror. Ich entschied mich aber für den als untouristisch und bei einheimischen sehr beliebt beschriebenen Markt von Jinamar. Der sollte nach Internetrecherchen hinter der Ortseinfahrt in die Stadt stattfinden.

„Das Fatale an Informationen aus dem Internet ist, dass man nie weiß, ob sie stimmen.“

G. Galilei, 1610 zu Cosimo II. de‘ Medici

Die Fahrt nach Jinamar war schon gegen Ende nicht unproblematisch. An der Ausfahrt befinden sich unter anderem auch die beliebten Einkaufszentren „Las Terrazas“ und „El Mirador“. Es war irre viel los. So wurde der Kreisverkehr zum Kreischverkehr. Endlich in Jinamar angekommen: Nix. Ich beschloss, irgendwo zu parken und mich durchzukämpfen. Schon als ich aus dem Auto ausstieg, eilte eine junge Frau auf mich zu, ob sie mir helfen könne. „Ein Tourist! Ein Tourist! Hier! In Jinamar!!“ wird sie gedacht haben. Sie erklärte mir, wie ich hinkäme und zog mich dann auch noch über die vielbefahrene Straße, damit ich schonmal auf der richtigen Seite war. So froh war selten jemand, wenn er mir helfen konnte. Aber fand ich toll.

Der Markt ist übrigens in der Calle Compañia de Jesus; falls mal jemand hinmöchte. Aber parken ist dort dann unmöglich, alles voll. Und der Markt IST groß, der Markt IST einheimisch. Es dominieren zwar Billig-Klamotten, aber es gibt auch Obst- und Gemüsestände, Fressbuden und vielfrequentierte Anbieter kanarischer Spezialitäten, wie Wurst und Käse oder Brot und Oliven. Ich erstand ein Nussbrot, gefühlte zwei Zentner Orangen und Mandarinen für 2 Euro, Avocado, Mango, Paprika, Chorizo de Teror. Heute Abend mache ich mir daraus einen Salat. Bei einem Gemischtwarenhändler kaufte ich Wattestäbchen und bekam eine weihnachtliche Pinguinglocke geschenkt. Also, alles in allem wesentlich netter als der Markt in Arguineguin.

Ich brachte meine Schätze nach Hause, machte vorher aber noch einen Abstecher zum Carrefour. Und es war Sonntag. Keine Baustelle. Vogelgezwitscher. Klare Luft und Meeresrauschen. Was macht der integrierte Deutsch-Urlauber da? Genau!!! Eine Siesta.

Diese wurde abrupt unterbrochen, weil draußen ein infernalisches Geschrei losging. War der Vulkan ausgebrochen? Sind wir alle dem Untergang geweiht? Nein, Messi hatte ein Tor geschossen. Irgendwie wurde einem sofort klar, auf welcher Seite die Canarios stehen. Sind halt doch mehr südamerikanisch als europäisch :-). Und naja, Frankreich ist Spaniens Nachbar. Nachbarn hänseln sich ja gerne.

Ich setzte mich also auf den Balkon und las ein bisschen. Die ganzen Spanisch-Lehrbücher habe ich wohl nur dabei, damit der Koffer nicht so leer war. Ich faule Sau. Nachdem ein sinuskurvenverlaufsmäßiges Geheule draußen losging, wusste ich: Elfmeterschießen. Das habe ich mir dann doch mal im Liveticker angesehen. Spannend.

Um sicherzugehen, dass der arinagische Hausvulkan noch steht, machte ich mich zu einem kleinen Spaziergang zum Leuchtturm auf. Inzwischen war wolkenloser Himmel, die Sonne ging unter und die Luft war kalt und frisch. Und was soll ich sagen: Der Vulkan steht noch.

Liebe Grüße
Euer Gerry

P.S.: Der Klingelpinguin und der Hausleuchtturm. Sehen sich irgendwie ähnlich, finde ich…

Tag 17: Massenweise Schleuderpreise

Ihr Lieben,

heute früh war es gut bewölkt und ich beschloss, mich mal in Cruce de Arinaga umzusehen. Ich fragte das Internet und es antwortete, es gäbe da ein Outlet vom Corte Inglés, wo man sich für ’n Appel un’n Ei komplett neu einkleiden könne. Außerdem gäbe es einen riesigen Asia-Superstore. Also, das klang doch gut. Nix wie hin.

Auf dem Weg kam ich an einer Tankstelle vorbei. 99 Cent für Super. Was? Zwischenstopp, aber sofort. Es war eine Automatentanke, die nicht selbsterklärend war, aber irgendwas konnte ich drücken, um 20% auf irgendwas zu bekommen. Stellt Euch mein überraschtes Gesicht vor, als ich beim Bezahlen merkte, dass es um das Benzin selbst ging. So tankte ich für unglaubliche 79,9 Cent pro Liter.

Der Corte-Laden war eher überschaubar und trotz angeblicher 70% Nachlass nicht gerade preiswert. Aber es schienen auch hochpreisigere Marken zu sein. Dazu kommt, dass spanische XXL-Größen selbst an Magermodels wie Presswurstpelle aussehen. Ich kam nur mit Mühe und Not ohne Schweißbrenner aus dem ausgesuchten Pullover. Auch Schuhe fand ich keine. Schade.

Auf zum Asiashop. Der war nicht, wie ich annahm, ein Lebensmittelladen, sondern eine Halle mit wirklich allen erdenklichen China-Produkten, die man sich vorstellen kann. Und das von der Größe Islands. Baumarkt, Weihnachtsdeko, Elektromüll, Klamotten, Küchenware. Alles spottbillig. Und minderwertig. Eine großartige Fundgrube fürs Schrottwichteln. Allein für Badkleinstzubehör gab es 3 Meter hohe und 25 Meter lange Regale. Wir reden über Zahnputzbecher und Seifenschalen!

Komplett unbeladen fuhr ich zurück. Es war etwas aufgeklart und aus dem Süden erfuhr ich, die Sonne scheine. Das Thermometer zeigte nur noch 23 Grad, was ja einem Temperatursturz gleichkam. Eine Dünenwanderung passt perfekt, fand ich. Mit dem Bus ging es zum Leuchtturm von Maspalomas, von wo aus ich durch die Dünen stapfte. Mit vielen anderen Menschen, davon einige gänzlich unbekleidet. In den meisten Fällen war das kein schöner Anblick. Jaja, ich weiß, bodyshaming und so weiter… Aber ist mir wurscht. Stehe ich zu, es sollte sich wirklich nicht jeder entblättern, ich halte mich ja auch zurück. Zudem war es auf dem Dünenwanderweg und nicht abseits des Hauptweges, es ging also auch um Exhibitionismus.

So ein ganz kleines bisschen versöhne ich mich peu-a-peu mit dieser Ecke der Insel. Ich lief nämlich noch an der ein oder anderen netten Stelle vorbei. Aber heiraten werden wir nicht.

Mit dem Bus ging’s dann wieder nach Arinaga, dort nahm ich im Salón de la Sal ein Belohnungsbierchen zu mir. Dünenwandern ist anstrengend. Aber ich muss ja für die Dünen in Sossusvlei im April vorbereitet sein. 😁

Auf der Terrasse des Salón wird wild gestikulierend und laut das Leben diskutiert, auf der Mole stehen die Angler vor der Windparksilhouette, hinter der die Sonne untergeht, über den Bergen im Westen türmen sich dunkle Wolken, während östlich über dem Meer alles noch klar ist, und das Meer brandet an die Promenade.

Erwähnte ich schon, dass ich gern hier bin und es mit gut geht?

Liebe Grüße, Euer Gerry

P.S.: Die Sandbildhauer sind auch hier aktiv…

P.P.S.:

Intermezzo am Tag 16: Weißt Du, wieviel Sternlein stehen?

Ihr Lieben,

ein kleiner Bericht außer der Reihe von meinem Observatoriumsbesuch. Ich nehme eins vorweg: Muss man nicht haben. Aber der Reihe nach. Die Veranstaltung sollte um 21 Uhr beginnen, das bedeutete Nachtfahrt mit Manuel. Bis zum Abzweig nach Temisas war das auch noch kein Akt. Dann aber ward es zappenduster und kurvig. Nach nur einem halben Kilometer auf dieser ansteigenden Serpentinenroute wurde jemand hinter mir nervös. Ich verlangsamte, um zu signalisieren, dass ich eine Vorbeifahrt wünschte. Ah, ein Guagua. Kein Wunder, dass der nicht hinter mir herschleichen wollte. Ich hingegen wollte die Gelegenheit nutzen, um mich an den Bus zu kleben, um besser voranzukommen. Naja, ich hatte Manuels Kreislaufprobleme unterschätzt. Der Bus war schon längst in Panama, da versuchten wir noch, wieder zumindest auf 15 km/h zu beschleunigen. Aber war egal, den Rest der ganzen Strecke war ich allein. Eigentlich fangen so ja Gruselfilme an.

Oben angekommen musste ich erst einmal vor der Einfahrt warten, das Zufahrtstor war noch geschlossen. Irgendwann erschien dann der Dozent und schloss auf. Inzwischen war die Autokarawane schon stattlich angewachsen. Der Herr vom Observatorium bedeutete mir, ich solle die Schlange anführen und hochfahren. Hallelujah, eine einzige Schlaglochquälerei. Wir parkten dann in Reihe die Schotterpiste entlang.

Was aussieht wie die Minen von Mordor, ist Temisas vom Observatorium aus.

Zu Beginn wurden die Namen abgefragt, eine Deutsche und ich wurden gefragt, ob wir denn Spanisch verstünden und hüstelten ein Geht-so raus. Ich nehme es vorweg: Besonders viel habe ich nicht verstanden…. Als der Vortrag schon begonnen hatte, stürmten 5 weitere Personen den Saal, von denen der Gruppentroglodyt 50 cm neben mir Platz nahm, einen angefressenen Döner beendete, um dann während der ganzen Veranstaltung lautstark Schleim hochzuziehen und rumzuhusten. Zwischendurch prokelte er mit ungeahnter Hingabe in seinem ausladenden Zinken und erforschte die Fundstücke ausgiebig. Als ihm das zu langweilig wurde, zog er Schuhe und Socken aus und knetete an seinen Füßen rum. Das war der Zeitpunkt wo ich publikumswirksam meinen Gartenstuhl schnappte und umzog. Die Stühle waren nämlich leider abgezählt. Also, mal ehrlich, sind solche Menschen eigentlich so zahlreich oder habe ich nur ein Händchen, solche Leute anzuziehen. Und, wahrscheinlich interessanter: Was hat ihn bewogen, dieser Veranstaltung beizuwohnen??

Im Grunde ging es beim Vortrag um Asteroiden und Meteoriten. Ich habe verstanden, dass es Milliarden davon gibt und wir alle irgendwann wegen irgendeines Einschlags sterben werden. Dann ging es noch um Planeten (warum ist Pluto keiner mehr?) und um chemische Zusammensetzung von Gestirnen. Das war ganz interessant, die Farbe am Himmel sagt nämlich etwas über die Zusammensetzung aus. Wir durften dann ein paar Meteoritenstücke in die Hand nehmen und ein kleines… nunja…. Zimmerchen mit Ausstellungsstücken ansehen, das hochtrabend als Museum bezeichnet wurde.

Dann alle raus, Sterne gucken. Das war wirklich toll. Der Sternenkundler hatte einen Laserpointer dabei, der wirklich bis zum Sirius leuchtete, und erläuterte alles, was wir so sahen. Unter anderem Mars und Jupiter. Aber auch Taurus, die Plejaden und dergleichen mehr. Leider nahm dieser Part der Veranstaltung nur einen Bruchteil der Zeit ein. Es waren auch noch zwei Periskope aufgebaut, einer auf Jupiter, der andere auf einen mir unbekannten Haufen Sterne gerichtet. Um die wurde sich dann geprügelt.

Mr. Pointer mit seinem Laserschwert

Die Zeit war eigentlich rum, aber ein paar Personen quatschten unseren Dozenten zu, sie hatten wohl dringende Fragen zu klären. Leider wurde es kälter und kälter und ich hatte schon meine Strickwaren übergezogen. Und leider gehörte diesen interessierten Personen der letzte Wagen in der Reihe. Irgendwann saßen die Meisten bei laufenden Motoren in ihren Autos und warteten und warteten. Also, wenn ich nicht wegen dieses rumrotzenden Steinzeitfundes krank werde, dann wegen der Warterei in der Kälte.

Fazit: Geile Lasershow, super Sternenhimmel, aber dann doch eher was für Hartgesottene. Falls Ihr mal überlegt, das Observatorium zu besuchen: Fahrt lieber raus in die Berge und nehmt eine Sternenkarte mit. Auch die Blicke von oben auf die hellerleuchteten Küstenstädte ist ein Traum.

Der Rückweg war easy, denn ich konnte mich an die vorausfahrende Wagenkolonne hängen (bergab war das für Manuelito kein Problem) und 40 Minuten später habe ich dann selten mit sooo viel Genuss ein Bier getrunken. 🙂

Und jetzt noch ein Glaserl Wein und dann heißt es „Sleep you very well in your klapprich Bedgestell“, wie meine Oma Hamburg gerne reimte!

Alles Liebe
Euer Gerry

Blick zur Küste