Anreisetag: Reisen in Zeiten von Chaos-Claus

Ihr Lieben,

fast kann ich mir vorstellen, dass ich auf der gesamten Kreuzfahrt nicht mehr so viel erleben werde wie heute.

Aber von vorn: Als die Lokführergewerkschaft Streiks ankündigte, war mir sofort klar, dass ich nicht am Abreisetag des Schiffes nach Bremerhaven fahren würde. Also buchte ich mir ein Hotelzimmer dort. Da meine Einschiffung erst am späten Nachmittag erfolgen soll, direkt mit Late-Check-Out. Die Bahnfahrten wurden gebucht, ebenso wie die schon auf der Internetseite von Phönix angebotenen Ausflüge in Norwegen und Dänemark. Leider war der Besuch der legendären Eisbar schon ausgebucht, aber ich habe mich für eine ganze Reihe interessanter Dinge eintragen können. Die Autokorrektur hat übrigens aus Eisbar Eisbär gemacht. Legendärer Eisbär?

Die letzte Arbeitswoche war dann noch mal ein wenig herausfordernd, aber ab vergangenem Freitag begann ich dann mit den letzten Abreisevorbereitungen. Unter anderem musste ich mir einen Anzug kaufen sowie diverse Oberteile. Aus einem geheimnisvollen Grund waren die bereits vorhandenen Kleidungsstücke in meinem Schrank alle geschrumpft. Merkwürdig. Eine große Regenjacke musste auch noch her, denn, ojeh, „Geiranger 8 Grad und Regen“, und da will ich auch noch auf einen Berg rauf. Zwiebeltechnik ist angesagt.

Sonntag dann wurden alle Geräte auf Funktionstüchtigkeit geprüft, SIM- und Speicherkarten ausgetauscht, Offlinekarten von Skandinavien heruntergeladen und die ersten Sachen rausgelegt. Montag packte ich zuende und mein Koffer kam auf ein Kampfgewicht von 728 Kilogramm. Mein Handgepäck lag nur wenige Gramm darunter. Das wird noch eine Rolle spielen!

Heute dann früh raus. Mails checken. DB: „Ihr Zug fährt nicht“. Große Überraschung! Sitzplatz für einen anderen Zug gebucht und mit einer Stunde Kulanz zuhause aufgebrochen. Mit den Tonnen an Gepäck.

Der Bus kam noch, aber dann an der S-Bahn-Station Trimbornstraße: nix, aber auch mal so gar nix! Der Aufzug dort war defekt, also hier schon mal treppauftreppab. Ab zur U-Bahn Kalk-Post. Rolltreppe defekt, Treppe. Dort Ohrenkrebs bekommen wegen eines völlig talentfreien Akkordeonisten. Mit der 9 bis Heumarkt. Runter zur Linie 5. „Die Linie 5 fährt erst wieder in 30 Minuten.“ Wieder hoch zur Straße und im Schweinsgalopp durch die Altstadt, über Kopfsteinpflaster und durch Baustellen. Am Bahnsteig dann Menschenmassen, die aber gottseisgedankt alle auf den Flixtrain warteten. Aus dem abfahrenden Flixtrain sprang dann noch ein Mann, was zu übelsten Beschimpfungen seitens des Gleispersonals führte. Mann, kannten die Wörter! Meine Bahn wurde dankenswerterweise erst in Köln eingesetzt und war quasi leer.

Vollkommen nassgeschwitzt und mit einem Blutdruck in Höhe meines o.g. Koffergewichtes ließ ich mich dann in den Sitz sinken.

Die weitere Fahrt an sich war dann unspektakulär, die Regionalbahn nach Bremerhaven und der Bus zum Havenhostel fuhren nach Plan. Allerdings erblickte ich im Bus einen Phönix-Rucksack. Diese erkennt man überall auf der Welt sofort, weil sie in einer grauenhaften Farbe glänzen. Ich glaube, es soll eine Art mintgrün sein. Ob der Herr, der ihn trug, wohl nach Norwegen will?

Das Hostel ist ganz nett, wenn auch ein wenig spartanisch. Aber es hat eine große Wiese, auf der ich mich erst einmal mit einem Brötchen und einer Dose Bier aus dem nahegelegenen Edeka niederließ. Dann erkundete ich den Hafeneingang, ging die Bürgermeister-Smidt-Straße entlang, zuerst durch einen Klon des belgischen Viertels in Köln (nur mit mehr Galerien), um dann in die Einkaufsstraßen zu gelangen, die auch nur Klons anderer Einkaufsstraßen sind. Rechter Hand zur City liegt die Weser, dort schaute ich mir das Klimahaus, das deutsche Auswandererhaus und die alten Klappbrücken an. Auf dem Weg zurück lief ich noch bei der Großen Kirche vorbei, die ebenfalls nach Bürgermeister Smidt benannt ist. Ob der Dom zu Köln mal Henriette-Reker-Gedächtniskirche heißen wird? Ich bezweifele es.

Zurück im Hostel blitzkühlte ich mir einen Wein, den ich mir zwitschere, während ich dies schreibe.

Morgen geht es denn richtig los, ich hoffe nur, die Lotsen sind nicht bei Chaos-Claus gewerkschaftlich organisiert. Ein Wermutstropfen ist, dass sich laut eines Berichtes die Landgangbestimmungen für Kreuzfahrer in Dänemark verschärft haben. Reichte bis gestern eine Impfung, muss ab heute ein aktueller Test vorgelegt werden. Na, ich bin sicher, die Reederei stemmt das.

Bis morgen, wenn Ihr mögt, und liebe Grüße aus dem Norden. Euer Gerald

Wirkt das Deo noch? Ach, geht noch.

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