Dresden, Tag 1

Ihr Lieben,

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, holt euch doch schonmal einen Kaffee, oder auch ein Bier, je nach Tageszeit bzw. Lust, bis ich mich sortiert habe.

Fangen wir beim Frühstück an, das war ganz ordentlich. Einziges Manko waren die nur zwei existierenden Kaffeemaschinen für gefühlt 2000 Gäste.

Als erstes wollte ich einen bezahlbaren Parkplatz für Cora suchen. Man knöpfte mir tatsächlich für die eine Nacht 24 Euro an der Hotelrezeption ab. In der Königsstraße aber wurde ich fündig und konnte dort einen Parkplatz für zwei Tage für insgesamt 6 € ergattern. Das ist einigermaßen in der Nähe des Hotels, auch wenn ich jetzt für meine abendliche Flasche Wein etwas weiter laufen muss. Denn, ihr ahnt es schon, ich habe entsprechend vorgesorgt.

Mit der Straßenbahn, wofür das Deutschland-Ticket nicht alles gut ist, fuhr ich zum Postplatz, wo ich einen der Sightseeingbusse enterte. Die Tickets hatte ich schon zu Hause gebucht, der Online-Vorteil ist, dass man einen zweiten Tag umsonst oben drauf bekommt. Alle Busse waren heute übrigens ziemlich voll, Dresden ist rasend gut besucht! Ich startete am Taschenbergpalais, von wo aus der Bus einige Stationen mit mir abfuhr. Auf der Strecke konnte ich leider nicht so viel sehen, da die Fenster geschlossen und das Dach zugedeckt waren. Aber einige Blicke konnte man erhaschen und die Erläuterungen waren auch ganz interessant. Teile der Strecke waren nicht wirklich sehenswert, einen guten ersten Eindruck hat man dennoch auf jeden Fall erhalten.

Eine ziemlich entspannte Fahrt also, bis zum Blauen Wunder, wo ich den Bus das erste Mal verließ. Das blaue Wunder ist eine Brücke, die blau angestrichen ist und die, sofern ich es richtig verstanden habe, als einzige Dresdner Brücke im Krieg nicht zerstört wurde. Und jetzt nehmt einen kräftigen Schluck von eurem Getränk, denn es folgt ein Superlativ auf das andere. Ich fuhr mit der ältesten Schwebebahn der Welt den Berg hinauf, lief ein wenig durch die dortige Villenlandschaft, dann die steilste Pflasterstraße der Welt ins Tal hinunter, sodann die steilste Treppe der Welt den Berg wieder hoch in den Stadtteil Weißer Hirsch, um dort mit einer der ältesten Standseilbahnen der Welt wieder herunterzufahren. Bei einigen dieser Superlative bin ich mir nicht sicher, ob sie den anspruchsvollen Kriterien des Guinness Book of Records standhalten würden. Für mich fühlte es sich steil an.

Ich erklomm erneut den völlig überfüllten Bus (wahrscheinlich der überfüllteste der Welt!), um an der Molkerei Pfunds den nächsten Stop einzulegen. Diese Idee hatten 2423 andere Personen auch. Entsprechend voll war es denn auch in dem kleinen und wirklich schönen Ladenlokal. Allerdings gibt mir zu denken, dass offensichtlich ein älterer Herr (?) vor vielen Jahrzehnten beschloss, seinen Käseladen mit lauter nackten Jungs zu dekorieren; vielleicht kommt da der Name Milchbubis her!?

Mein nächster Halt war dann in der Innenstadt von Dresden, ich verließ den Bus am sogenannten Zwinger. Der ist zur Zeit eine große Baustelle, dies schmälert jedoch nicht die enorme Pracht, die dieses Gebäudeensemble ausstrahlt. In das Ticket für die Sightseeingbusse sind eine Tagesführung und eine Nachtwächterführung inkludiert. Ich beschloss, die Tagesführung sofort an Ort und Stelle zu machen, denn sie sollte nach fünf Minuten Wartezeit schon losgehen. Wir hatten einen witzigen Stadtführer namens Alexander, der uns den Zwinger, den Fürstenzug sowie die Frauenkirche erklärte. Das sind zwar nur drei der vielen Bauwerke Dresdens, aber dafür erfahren wir eigentlich fast alles über sie. So heißt der Zwinger z.B nicht Zwinger weil dort Menschen wie in Zwingern festgehalten wurden, sondern weil Zwinger damals einfach der Begriff für einen Umbauten Platz war. Der Fürstenzug ist das größte zusammenhängende Wandrelief der Welt (schon wieder ein Superlativ) und was die Frauenkirche ist, na ja, das muss ich wohl keinem erklären! Jeder Deutsche ab einem gewissen Alter hat an ihrem Wiederaufbau mitgewirkt. Ich persönlich finde das Geld nicht verschwendet, aber andere Menschen mögen da anderer Meinung sein. Wir erfuhren natürlich auch noch ein paar andere Kleinigkeiten, z.B über das Taschenbergpalais oder die Kathedrale.

Jetzt gerade sitze ich gegenüber dem Dresdner Kulturpalast und belohne meine bisherigen Anstrengung mit einem Freiberger Pils. Ein erstes Zwischenresümee kann ich schon geben: Dresden ist auf jeden Fall eine Reise wert. Es gibt viel zu sehen, auch wenn alles quasi unecht ist, Dresden wurde im Krieg ja fast vollkommen zerstört. Aber die ganze Neogotik, der Neobarock, der Neoklassizismus rekonstruiert wunderbar eine geschlossene harmonische Innenstadt, in der einige bemerkenswerte Menschen leben. Einige erinnern an die berühmte Berliner Schnauze, aber insgesamt sind alle furchtbar herzlich, fragt mich insbesondere einmal nach dem Busfahrern, wenn wir uns das nächste Mal sehen…

Der Abend war dann der Kultur gewidmet, ich besuchte die Semperoper, der Freischütz wurde gegeben. Carl Maria von Weber war ja ein großer… sagen wir Neffe der Stadt, nicht dort geboren, aber ab 1817 Kapellmeister, wo er die Oper komponierte; daher ist das wohl eine ganz passende Oper für einen Dresden-Besuch.

Gerade ist Spielpause und ich bin restlos begeistert, die Akustik des Hauses, die Sänger, der Chor, das Orchester, die Inszenierung: alles ist perfekt! Die Szenen in der Wolfsschlucht verursachten bei mir Gänsehaut!

Am Ende der Vorstellung wurde der Sänger des Max, Tomislav Mužek, mit einem Preis geehrt, das war ein schöner Abschluss des Abends.

Morgen werde wieder viel mit dem Sightseeingbus fahren. Für den Abend habe ich einen Nachtwächter-Rundgang gebucht. Ich würde mich wie immer über Begleitung freuen!

Viele liebe Grüße aus Dresden,
Euer Gerry

Hier im ird’schen Jammertal
Wär‘ doch nichts als Plack und Qual,
Trüg‘ der Stock nicht Trauben;
Darum bis zum letzten Hauch
Setz‘ ich auf Gott Bacchus Bauch
Meinen festen Glauben!
Ei, du musst mitsingen! (Kaspar, Freischütz)

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