Tag 6: Von Havanna nach Trinidad

Ihr Lieben,

5 Uhr 30, der Wecker klingelt. Genau meine Zeit! Ich machte Katzenwäsche, packte meine restlichen Habseligkeiten und begab mich auf den Weg. Gestern Abend hatte ich noch versucht, über Facebook ein Taxi zu organisieren, das hat natürlich nicht geklappt. Ich schleppte mich also zum Hotel Nacional, in der Hoffnung, dort einen Wagen zu bekommen. Ich bekam. Ein pinkes Klassik-Cabrio. Yeah.

Der Busbahnhof ist verwirrend. Da, wo die Dame gestern mich heute sehen wollte, da wollte man mich heute nicht sehen. Irgendwann fand ich die Gepäckaufgabe und setzte mich in die große Wartehalle. Falsch, völlig falsch! Ich müsse mich dahin setzen, wo ich ganz zu Anfang war. Ich sag ja, verwirrend…

Der Bus fuhr pünktlich los (und, ich nehme es vorweg, kam auch pünktlich an – Grüße an die DB sind raus!). Die Plätze wurden zugewiesen (die Tickets muss man vorab und rechtzeitig kaufen) und ich saß zuerst neben einer hektischen Dame. Jacke aus, wieder an, Tasche bitte anreichen, bitte wieder zurückstellen, Jacke aus. PUH! Ṇach der Abfahrt wechselte ich einfach in eine freie Sitzreihe. Scheinbar hatte jemand den Bus verpasst. Der Bus schlich erst ein wenig durch die Vororte La Habanas, nahm auf der Autobahn aber auch nicht wirklich Fahrt auf, hielt nach dreieinhalb Stunden in Cienfuegos das erste Mal und in Trinidad dann anderthalb Stunden später. Dort stiegen die meisten Passagiere aus. Eine Pinkelpause gab es unterwegs an einer kubanischen Autobahnraststätte. Dort wurde u. A. gegrillt. Die Autobahnen sind quasi leer. Ein paar Lieferwagen, ein paar Taxis, kaum Privatautos. Dafür aber viele Pferdekutschen und Reiter.

Ansonsten lief die Fahrt in ungefähr so ab:

  1. Stunde: Oh, was eine hübsche Landschaft!
  2. Stunde: Hach ja, die Landschaft, nett.
  3. Stunde: Puh, echt viel Grün hier.
  4. Stunde: LANDSCHAFT!!
  5. Stunde: AAAARGH!!!!!!

Der Bus wird ja mit „Premium Komfort“ beworben. Das mag für Kuba durchaus zutreffend sein, aber mir graut schon vor den anderen Fahrten, da ist ja mindestens eine dabei, die dreimal so lang geht. Es gibt zwar eine gemäßigte Klimaanlage, wenn man eine Sitzreihe für sich hat, ist auch ausreichend Platz, aber die Sitze sind ziemlich durchgesessen.

Am Busbahnhof in Trinidad angekommen, wurden wir sofort belagert. Taxi? (Häh? Verschwörung vorbei?), caramelos, pesos, cambio, casa? Meine casa ist allerdings nur ein paar Meter vom Bahnhof entfernt, daher musste ich alle enttäuschen, obwohl ich bepackt war wie ein Lastesel.

Meine casa fand ich dann sehr schnell. Man hatte auch schon mehrmals mit mir Kontakt aufgenommen, erst der Besitzer, dann dessen Nichte, dann deren Cousine und zuletzt die Mama. Oder so ähnlich, ich hatte irgendwann den Faden verloren. Die Mama ließ mich eins der beiden Zimmer auswählen, ich habe das ganze Haus für mich allein. Sie wechselte auch direkt zu einem guten Kurs, organisierte mir Frühstück und im Zimmerkühlschrank steht kaltes Bier. Wasser natürlich auch, aber wen interessiert das, nach einer so anstrengenden Busfahrt? Eine Dachterrasse gibt es auch, yeah! Das Haus ist nicht so schick und modern, wie das Appartement in Havanna, hat aber unglaublich viel Charme. Fast bin ich ein wenig traurig, dass im anderen Zimmer keine interessanten Menschen wohnen.

Es wurde Zeit, den Ort zu erkunden, an dem ich die kommenden vier Nächte bleibe. Das centro histórico von Trinidad ist Weltkulturerbe und ich wohne direkt am Eingang davon. Was soll ich sagen: Ich finde es wuuunderschön hier! Havanna ist ja interessant und faszinierend, hier ist es einfach nur schön. Keine Hochhäuser, verwinkelte Gassen, nicht alles im Topzustand, aber durchaus bewohnbar und bewohnt, bunt, Kopfsteinpflaster statt Asphalt… Allerdings kommen gefühlt 20 Restaurants und Bars auf einen Touristen. Hier ist fast nichts los. Schade für den Ort. Gut für uns wenige vor Ort.

Ich kletterte die 716 Stufen der Turms des Revolutionsmuseums hoch (ehemals eine Kirche) und hatte einen netten Ausblick über die Stadt. Können auch mehr oder weniger Stufen gewesen sein, hatte mich mehrmals verzählt. Kostete 50 Pesos. 15 Cent. Der Wechselkurs ist zur Zeit 1:340 auf der Straße, aber ich nahm auch die 320 der Vermieterin, das erschien mir bequemer und sicherer. Vom Museum selbst hat man, glaube ich, eher nur etwas, wenn man sehr an lokaler Geschichte interessiert ist.

Es folgen ein paar Impressionen der Innenstadt:

Mir war nach Rumlungern und ich setzte mich auf die Terrasse der Casa de la música. Mein erster Cuba Libre in Kuba! Keine drei Minuten später erschien auch die erste Liveband. Unter anderem wurden auch wieder die „zwei Gardenien“ gegeben. Ich wippte ein wenig mit und wurde sofort verdonnert, eine CD zu kaufen. Machte ich dann gerne.

Das tat so gut, im Halbschatten zu sitzen, zu glotzen, gute Musik zu hören. Und Tagebuch zu schreiben. Habe mir dann noch einen Canchánchara bestellt, Trinidads Cocktailspezialität und extrem lecker!, und beschloss, mich einfach treiben zu lassen.

Nachdem ich der Band noch eine Weile zugehört hatte, machte ich mich auf zu meinem Palacio, um mich stadtfein zu machen. Denn anschließend ging es zu Muñoz Tapas. Hochpreisig, aber Sonnenuntergangsglücksgefühle seien garantiert. Gute Bewertung im Internet.

Wie man sieht, wurde wegen des Blicks nicht zu viel versprochen. Was hingegen verschwiegen wurde: die Monstermücken. Ich war nach drei Minuten zerstochen. Mein Mückenspray natürlich im Koffer. Ich fragte, ob es im Restaurant vielleicht Spray gäbe. Ja klar, beschied man mir. Und kam mit einer Dose kubanischem Paral wieder, um den ganzen Balkon inklusive meiner einer einzusprayen. Ich sachma so: war nett, Euch gekannt zu haben. Wenigstens war mein Essen noch nicht auf dem Tisch. Und dann wurde es dunkel. Stromausfall. Aber nur kurz, scheinbar gibt es einen Generator.

Am Nachbartisch saßen eine russische Mutter, die seit Jahren in Berlin lebt, mit ihrem Sohn. Wir kamen im Halbdunklen ins Gespräch. Zuerst auf englisch, bis wir merkten, dass wir uns auch deutsch unterhalten können. Auch sie hatte sich – wie ich – auf viel Schlimmeres eingestellt und hatte einen halben Koffer haltbare Lebensmittel eingepackt.

Ich wollte mir was ganz tolles gönnen und bestellte die Tapas Muñoz. Das waren dann Käse, Schinken, Oliven und Toast. Naja, machte auch irgendwie satt! Halt etwas sehr überteuert. Ich war noch mittendrin, da erklärte das Restaurantpersonal meine Balkonecke für drei überdrehte Mittdreißiger (ausgerechnet Deutsche) zur Raucherzone. Sie wollten definitiv keine Rücksicht nehmen. Das fand ich weniger lustig, und ich machte mich vom Acker. Insgesamt kann die übertrieben guten Bewertungen jetzt nicht wirklich nachvollziehen. Bis auf den guten Ausblick natürlich.

Wenn Ihr mögt… morgen bin ich dann möglicherweise wieder mit dem nötigen Ernst bei der Sache! Treiben lassen… Geht’s noch? 😂

Hasta luego, compañer@s! (so geht spanisch gendern… 🤣)

Euer Gerry

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