Tag 7 – Trinidad: Noch mehr Sich-Treiben-Lasserei

Ihr Lieben,

der Stromausfall gestern zog sich, wie Ihr vielleicht daran gemerkt habt, dass mein Tagesbericht so spät dran war. Denn auch das Internet funktionierte dementsprechend nicht. Gegen 4 Uhr früh wurde ich dann wach, weil plötzlich Klimaanlage, Ventilatoren und Lichter gleichzeitig angingen. Habe mich kurz ziemlich erschrocken.

Um 8 Uhr 30 kamen dann Yaniris und ihre Hilfe, machten ein super Frühstück und klärten mich über das W-LAN, die örtlichen Sehenswürdigkeiten, mögliche Ausflüge usw. auf. Ich habe dann direkt für morgen einen Ausflug gebucht.

Wegen des WiFi muss ich in den Laden der staatlichen Telefongesellschaft Etecsa, man muss für Internet auch über W-LAN quasi Rubbelkarten erwerben, die einem je nach Kosten mehr oder weniger Zeit zum Surfen erlauben. Aber das ist alles spottbillig im Vergleich zu meiner eSIM. Ich finde auch das Konstrukt „Zeit statt Gigabyte“ interessant, zumal man die gekauften Stunden unterbrechen kann. Vor dem Laden gab es eine kleine Schlange. Eine Wachperson ließ völlig willkürlich Menschen ein, immer dann, wenn andere das Büro verließen, die Position in der Schlange spielte dabei keine Rolle. Ich sagte erstmal nix und dachte, wenn ich jetzt rumstänkere, wird das nie was. Irgendwann fiel mir dann aber auf, dass gerade aggressive Männer irgendwie Vortritt hatten, während eine stille ältere Dame und ich schon länger warteten als alle anderen. Beim nächsten Öffnen der Türe pampte ich dann laut rum. „So, jetzt ist erst einmal diese Señora dran und dann ich. Was ist denn das hier für ein bescheuertes System? Wo sind wir denn?“. Ein Wunder geschah, wir durften rein. Muss ich das verstehen? Ich zahlte übrigens für 8 Stunden Internetnutzung etwa umgerechnet 2 Euro.

Ich lief durch ein paar Galerien, kaufte ein paar Getränkedosen für die Casa ein (Limettenlimo und Guavennektar), guckte Schulkindern in Uniformen bei irgendeiner Probe zu und kam dabei ziemlich ins Schwitzen. Es waren 33 Grad, die Luftfeuchtigkeit lag bei 76%. Gegen Mittag ging dann ein kurzer, aber starker Schauer nieder. Der brachte wenig Abkühlung, denn jetzt dampfte es in den Straßen. Ich zog mich kurz in die Casa zurück, auch natürlich, um meine neuen Internetkarten auszuprobieren. Klappte perfekt.

Das Internet in Trinidad ist aber insgesamt furchtbar langsam, sowohl mit eSIM als auch mit Etesca-Karte. Ich weiß, man ist früher auch ohne ausgekommen. Aber ich stelle mir gerade vor, ich erreiste mir Kuba mit einem halben Dutzend Falkpläne. Irrsinn! Da stehen ja noch nicht einmal Restaurantempfehlungen drin…

Kurz überlegte ich, mich zum Strand von Trinidad fahren zu lassen, aber es war immer noch ziemlich bewölkt und der nächste Schauer konnte jederzeit kommen. Nun ist es so, dass man in Havanna immer irgendetwas unternehmen kann. In Trinidad sind die Angebote deutlich eingeschränkter. Pferdekutschfahrten liegen mir nicht. Das Museum der Märtyrer und das Museum des Kampfes auch irgendwie nicht. Letzteres war wahrscheinlich das von gestern. Die Galerien sind Legion, bieten aber irgendwie nur verkitschten Einheitsbrei an. Bis auf zwei. Jaja, ich höre schon wieder die eine oder den anderen stöhnen und rufen: „Lass es sein, Du hast keinen Platz mehr!“. Saufen und fressen könnte man den ganzen Tag, und zwar bestimmt sehr gut, aber das macht ja auch nicht schlank.

Ich lief mal aus dem Weltkulturerbe raus, den Hügel hoch. Das Leben dort findet bei sperrangelweit geöffneten Haustüren statt, die Männer laufen gerne halbnackt herum. Man sitzt auf den Stufen des Friseurladens und plauscht. Verkäufer tragen Teller mit Fischen oder Beutel mit Broten rum und preisen ihre Ware vor jeder Haustüre an. Ich erregte eigentlich nur wenig Aufmerksamkeit. Einzig ein sehr ungepflegter, offensichtlich unter Drogen stehender Rasta-Man (das schwarze Schaf des Barrios?) lief mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Panik! Geistesgegenwärtig schrie ich „Achtung, ansteckende Krankheit!“, was ihn a) zu einer Vollbremsung und b) zur mehrmaligen Wiederholung des Gesagten veranlasste. Den „Trick“ kenne ich aus ähnlichen Situationen, wenn einem zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. In Basaren zum Beispiel. Jetzt hatte ich aber ungewollt die Aufmerksamkeit, die ich eigentlich vermeiden wollte. Aber wenigstens gab es keine Umarmungen.

Ich bekam langsam Durst. Sangria oder Tinto de verano, die ich aus Spanien kenne, sind auch hier sehr beliebt. Ich suchte mir ein Restaurant mit Hinterhofgarten aus, dort habe ich dann in netter Atmosphäre eine Stunde herumgelungert.

Dann wurde es Zeit, eine kleine Siesta einzulegen. Herrjeh, ob ich mir das je wieder abgewöhnen kann? Ich schmiss den Deckenventilator an, legte mich kurz hin und wurde nach wenigen Minuten Döserei wach, weil es so warm wurde. Wieso läuft denn der Ventilator nicht? Ihr ahnt es. Stromausfall. Ich setzte mich auf die Terrasse und süppelte meine Limonaden. Eine war nicht wirklich… äh… die andere schon.

Abends folgte ich mal wieder den Empfehlungen des weltweiten Netzes und erklomm die Dachterrasse des Bistro Trinidad. Dort war ich zuerst alleine, mit zwei Dieselgeneratoren, die einen Heidenlärm machten. Der Blick wieder super, das Essen okay. Croquetas de Pescada, Pollo con Coco y Piña und Tarta Francesa mit Rum. Das Huhn war nix, die Fischkroketten gut, der Kuchen super. Es gesellten sich zwei deutsche Pärchen dazu, denen beiden der laute Diesel und die Mücken arg zusetzten. Apropos: ich habe einige malträtierte Stellen, aber eher vom Kratzen, als von den Viechern selbst. Heute hatte ich vor Verlassen des Hauses in Autan gebadet und wurde verschont.

Auf dem Rückweg gönnte ich mich noch einen Mojito und war dann ausreichend schlapp für den Absacker daheim, mit dem ich das Tagebuch gewöhnlich abschließe.

Der Strom geht gerade mal wieder, Ventilation läuft und ich bedanke mich bei Euch für Euren Besuch. Ich hoffe, Ihr seid morgen ausgeruht genug für unseren Ausflug.

Liebe Grüße, Euer Gerry

Ich plane, in das Tourismusgeschäft einzusteigen. Würde erst mal mit nur einem Bett zur Vermietung anfangen.

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