Tag 15: Der Brunnen des Zweifels

Ihr Lieben,

das Frühstück war super. Und wir hatten ein unglaublich schnelles W-LAN. Ein Bild für die Götter: fast die ganze Reisegruppe starrte auf und tippte in ihre Handys.

Eigentlich hatte ich mit unserem sympathischen Jungspundpaar aus unserer Gruppe um 6 Uhr 30 ein Date am nahegelegenen Wasserloch, aber in der Nacht fing es an zu schütten und um die Zeit regnete es immer noch. Und ich bin ja bekanntlichermaßen aus Zucker. Muss aber toll gewesen sein, es gab wohl ein Gerangel zwischen einem Elefanten und einem Rhinozeros.

Wir brachen pünktlich um 8 Uhr auf nach Outjo, um dort einzukaufen. Es gab eine fantastische Bäckerei, ich hätte mich durch die ganze Theke futtern können.
Der Ort ist insofern auch ganz interessant, weil man schon viel Deutsch lesen kann (und wenn es auch nur „Bitte Drücken“ ist). Der Mann an der Eierstation beim Frühstück glänzte übrigens auch mit seinen Deutschkenntnissen.

In einen seeeehr schönen Souvenirladen erstand ich ausnahmsweise mal keinen Tinnef, sondern nur Postkarten und Briefmarken, muss ich doch die Tradition des Kartenschreibens mit bestimmten Verwandten und Freunden aufrecht erhalten. Ich gehe aber davon aus, dass sie nicht vor Weihnachten angekommen sein werden.

Wichtig war heute auch noch, daran zu denken, dass ab Samstagmittag wieder das Alkoholverkaufsverbot greifen würde. Ich beschloss, bis Montagabend zu planen und da es keine reißfeste Tasche gab, packte man mir im Liquor-Store meine Flaschen und Dosen in einen riesigen Karton, den ich dann zum Bus spedierte. Ich musste kurz überlegen, ob mein Ruf eigentlich noch mehr leiden könnte, kam aber zu dem Schluss, dass dem nicht so sei….

Um 13 Uhr kamen wir dann in der heutigen Lodge an, mitten in Khorixas. Sie ist ganz nett, und während die anderen ihr Mittagessen genossen, besuchte ich mit einer Mitstreiterin den hotelansässigen Holzschnitzer und erstand die Figur eines sitzenden Himba-Mannes. Wir trafen in der Werkstatt auf eine Gruppe Studenten, die hier mehrere Wochen verbringen und Nachhaltigkeitsprojekte fördern wollen. Das war schon ein interessantes Gespräch.

Nach kurzer Ruhepause, um sich frisch zu machen und die Zimmer zu beziehen, brach ein großer Teil der Gruppe auf, um die Felskratzereien (ich bin sicher, es gibt einen wissenschaftlicheren Namen dafür!) in Twyfel Fontein zu besichtigen, die vor mehreren Tausend Jahren dort von Buschvölkern hinterlassen wurden. Erst stand dieser optionale Ausflug auf der Kippe, zeichnete sich doch ab, dass das Interesse eher mau war. Aber das mittelprächtige Wetter – es war wolkenverhangen – und die zwar nette, aber auch nicht wirklich mit Alternativmöglichkeiten glänzende Lodge füllten den Bus dann doch ganz gut. Irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass Dumile nicht wirklich erpicht auf diesen Ausflug war. Er peste die Buckelpiste mit einem Affenzahn entlang, aber das machte allen Beteiligten einen Heidenspaß. Hühüpf, sach ich mal so.

Es war toll! Allein wegen der Szenerie hatten sich die 250 namibischen Dollar gelohnt. Es war eine zerklüftete Gebirgslandschaft vulkanischen Ursprungs mit vielfältigen Formationen, ein Setting wie aus einem Western. Und die oben erwähnte Achterbahnfahrt auf der Buckelpiste war der Hit! Und dann kamen noch die unglaublich interessanten Felsschnitzereien dazu, die von unserer ortskundigen Führerin Thekla mit Erläuterungen präsentiert wurden. Wir waren uns alle einig, dass es auch mal richtig gut war, sich zu bewegen, mussten wir dann doch immerhin ein paar Höhenmeter überwinden. Aber ehrlich, wir sitzen im Bus, wir sitzen im Heli, wir sitzen im Flugzeug, wir sitzen in Restaurants, wir sitzen, sitzen, sitzen. Das war mal Zeit, etwas zu laufen und zu kraxeln.
Dumile schien aufrichtig erfreut, dass wir so begeistert waren und erzählte uns, dass sich viele Gruppen beschwerten, dass der Besuch oft als Zeit- und Geldverschwendung empfunden würde. Das verstehe ich überhaupt nicht. Naja, Motzköppe gibt es immer und überall.

Auf dem Rückweg hielten wir noch an einer bemerkenswerten Pflanze, der Welwichia. Dieses Gewächs sprießt nicht nach oben, sondern zuerst nach unten, um auf Wasser zu stoßen. Die Wurzeln Graben sich angeblich bis zu 90 (!) Meter tief in den Boden und ermöglichen ihr so, jahrelang ohne Wasser auszukommen. Die Ausleger (heißt das so?) werden bis zu zwei Meter lang.

Das Abendessen war sehr nett, nachdem wir darum gebeten haben, etwas anderes als Game-Steak und Schnitzel vorbestellen zu dürfen, wie es eigentlich vorgesehen war. Die Rezeptionistin holte dann eine viel ansprechendere Karte hervor. Ich hatte Boerewurs, die zwar kalt, aber schmackhaft war, und einen riesigen Salatteller. Irgendwann verschwand das Restaurant-Personal und wir saßen immer noch zusammen. Einige holten aus ihren Zimmern und Zelten Weinflaschen herbei und so verbrachten wir noch eine angenehme Stunde. Ich muss es noch einmal erwähnen: Ich bin sehr glücklich mit der Gruppe. Das ist schon sehr viel wert, dass wir uns verstehen und teilweise sogar sehr mögen.
Nachts war es etwas unangenehm, da Dumile schon ausrichten ließ, dass Jugendliche über die Mauer der Anlage klettern könnten, um im Bus Wertgegenstände zu suchen. Wir haben die aber inzwischen wohl alle am Körper, irgendwie. Aber nachts klopfte es an meine Tür (während ich dies schrieb) und Männerstimmen baten mich, die Tür zu öffnen. Ich scheuchte sie mit meinem bassiglastigsten Organ weg und schob dann einen Tisch vor die Tür. Vor der Lodgeanlage gingen dann Straßenrennen los, ich fühlte mich an die Raserszene in Köln erinnert. Es war eine aggressive Grundstimmung draußen wie ich sie in Paternoster in Südafrika einmal erlebt hatte.

Morgen geht es nach Swakopmund, dem, gerüchteweise zusammen mit Lüderitz (wo wir nicht hinkommen werden), wohl deutschesten Ort Afrikas. Ich bin gespannt! Irgendwo essen wir auch noch den besten deutschen Apfelkuchen, wenn ich es richtig verstanden habe.

Wir sehen uns morgen, oder? Würde mich freuen!
Euer Gerry

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