Balkan 2025 (Tag 8): Die heilige Weisheit oder wie der Gerry zum Gauner wurde

Ihr Lieben!

Den Onkel Gerry hat’s erwischt. Kopf-und Gliederschmerzen. Schnupfen und etwas Temperatur. Juchu! Ich habe den Verdacht, dass die verfi… Schl… aus dem Tesla-Museum daran nicht unbeteiligt ist. Und mir fallen noch ganz andere Wörter für die verfilmte Schlumpfine ein, das könnt ihr mir glauben! Muss ich jetzt aber durch, geht ja nicht anders. Gottseidank habe ich in Sofia vier Nächte, da kann man auch mal einen Gang zurückschalten.

Apropos Gang zurückschalten: Begeisterung hat einen Namen. Pavel, der Frühstückskellner. Ich habe wirklich selten einen schlurfenderen Menschen gesehen. Tische abräumen mit Tablett? Muss nicht, man kann ja auch jedes Geschirrteil einzeln zum Küchentresen bringen. Bizarr.

Nach dem Frühstück (hatte nur Kaffee, Saft, ein Ei und Obst) wollte ich mich fast wieder hinlegen. „Reiß Dich zusammen!“ rief da eine Stimme. „Innerer Schweinehund, bist Du’s?“. Er war’s. Ich beschloss, einfach einiges mit ÖPNV zu entdecken, damit ich nicht so viel laufen musste. Eine Handvoll Pillen sollte mich dabei unterstützen. Die 200 Schritte zur Löwenbrücke schaffte ich noch, nahm von da die Metro zum Kulturpalast, einem modernen – naja, von 1980 rum – und großen Multifunktionsgebäude. Davor eine schöne Springbrunnen-Anlage mit Grünstreifen. Es waren ziemlich viele Pavillons in diesem Park aufgebaut. Alle mit Büchern. Diese Pavillonreihe zog sich bis weit in den Vitosha-Boulevard hinein. Das ist die sehr schöne, gepflegte und von dutzenden Cafés und Restaurants gesäumte Haupteinkaufsstraße Sofias. Bücher sind auf dem Balkan im Stadtbild nicht wegzudenken. An jeder Ecke in Belgrad und Sofia werden sie feilgeboten. Die beiden anderen Haupthobbies hier sind übrigens: Fußgänger gefährden (in Belgrad mehr als in Sofia) und ununterbrochen quarzen.

Am Ende der Fußgängerzone stößt man auf die konzentrierten Sehenswürdigkeiten Sofias, wie die Sveta Nedelja-Kathedrale, wo ich übrigens wieder in eine Hochzeit platzte, die Rotunde des heiligen Georg mit Ausgrabungsgelände drumherum, verschiedene protzige Regierungsbauten, die sehr interessante antike Ausgrabung „Serdica“, die bei der Erweiterung der Metro freigelegt und „einfach“ in den Bau integriert wurde. Vielleicht nicht nach allen Regeln der Archäologie, aber – Achtung, Köln-Bashing – man hat das Projekt dann eben nicht 50 Jahre auf Eis gelegt und es schlussendlich trotzdem verbockt.*) An der Kreuzung von allem steht das Wahrzeichen der Stadt: Die Statue der heiligen Sofia, ihrer Namenspatronin.

Ich war nach zweieinhalb Stunden auf Achse schon wieder ziemlich angeschlagen und musste mich erneut hinlegen. Aber nur anderthalb Stündchen. Zwei weitere Ibuprofen waren fällig. Jaja, ich weiß, nicht schimpfen. Waren für heute die letzten.

In der Karte, die ich gestern in der Touri-Info-Bahn erhalten hatte, wurde als absolutes Muss die Kirche von Sts. Nikolaus und Pantaleimon beschrieben, die in einem Vorort von Sofia, Bojana, liegt. Das Kirchlein ist zum einen sehr alt, der Grundbau wurde im 10. Jahrhundert begonnen, zum anderen kann man Fresken aus der Mitte des 13. Jahrhunderts bestaunen.

In Sofia funktioniert Google Maps deutlich besser als in Belgrad, und zusammen mit der Tatsache, dass Busse und Bahnen hier sehr zuverlässig zu sein scheinen (zudem alle klimatisiert und mit Kreditkartenlesern ausgestattet!) kann man die Stadt sowie die Vororte gut mit ÖPNV erkunden. Zur Kirche brauchte es halt ein winziges bisschen. Dort angekommen, muss man noch einen kleinen Hügel hochkraxeln, um dann… vor drei riesigen Reisebussen zu stehen. Das ist ein Problem, denn die Kirche darf immer nur von zehn Personen zeitgleich besucht werden, und jede Gruppe hat ein Zeitfenster von 10 Minuten. Ich sollte laut Kassiererin mehr als eine Stunde warten. Zwar lag ein Café am Fuße des Hügels. Aber, poah, ich wollte nicht in meinem Zustand runterlatschen und dann wieder hoch. So setzte ich mich gottergeben auf eine Bank und begann mein Tagebuch für heute. Es kamen natürlich auch nach mir noch Besucher, auch in kleinen Gruppen. Ein schmieriger Reiseführer der großen Gruppe vor mir schmuggelte girliehafte Nachzüglerinnen mit in seinen Pulk, wenn sie nur ausreichend albern kicherten. Andere Besucher kritzelten geänderte Einlasszeiten auf ihre Zugangskarte. Sachma! Also galt, „When in Rome, do as the Romans… äh… other Tourists do“. Nach 45 Minuten stand ich mit meinem Ticket wedelnd vor der Kirchentür, krähte „I’m next!“ und war drin. Die vergebene Einlasszeit wurde nicht geprüft.

Leute, das Warten hat sich gelohnt! Fotografieren war nicht gestattet, daher gibt’s nur Bilder aus dem Büchlein, dass ich gekauft habe. Aber das kann nicht wiedergeben, wie kunstvoll es drinnen aussieht. Dieses Kleinod steht zurecht auf der UNESCO Kulturerbe-Liste! Natürlich ist nicht alles picobello erhalten, aber das macht es gerade interessant, weil man die verschiedenen Schichten der Bemalung sehen kann. Die Art der Darstellung ist völlig untypisch für die Zeit, die Heiligen sind nahbarer dargestellt. Fantastisch und definitiv einen Besuch wert. Kleiner Tipp: Man kann angeblich auch online ein Zeitfenster buchen. Die Erläuterungen fallen natürlich dürftig aus. Multinationale Gruppen sind da schwer zu bedienen.

Ich lief den Hügel hinunter und fuhr Richtung Zentrum, wobei ich den Faltplan der Touri-Info studierte. Oh, sieh da, eine Skybar, die auf meinem Weg liegt. Im 28. Stock des Grand Hotels Millenium. Da musste ich hin. Hm, das war schon in der Lobby alles sehr edel und schick. Ich musste an mehreren Concierges vorbei, um mir den Weg zu erfragen. Oben angekommen wurde ich schwer gemustert. Man bedenke, ich unrasiert, in einer linnenen Schlabberhose, mit roter Nase und Schweißperlen auf der Stirn. Inmitten der geschniegelten und gebügelten High-Snobiety. Aber man war gnädig, ich durfte hinein, nur der zugewiesene Tisch sei in einer Stunde anders vergeben. Jaja, kein Problem.

Ich bekämpfte meine Bakterien oder Viren oder was auch immer dann mit einem Millenium-Spritz und das bei einer spektakuären Aussicht. Zwar war mein Tisch nach Osten raus, aber der Gerry hüpfte natürlich, nachdem er bezahlt hatte, noch zu allen anderen Himmelsrichtungen, um Fotos zu machen, die Etepeteterie um sich herum ignorierend. Als ich ging, las ich erst das Schild, das „Dresscode“ ab 18 Uhr vorschrieb. Tja, offensichtlich ging mein Schlabberlook als Bohème durch 🙂 Da ich ja immer auch mit Gotteshäusern auf meinen Touren rechnen muss, laufe ich wenig mit kurzer Hose durch Städte. Ich glaube, dann hätte ich den Ansprüchen nicht genügt.

Es war inzwischen 20 Uhr. Noch ausgehen? Mit Triefnase? Ich beschloss, im Hotel etwas aus einem Imbiss zu mir zu nehmen, zu schreiben und dann auch wieder früh zu Bett zu gehen. Auf dem Maria-Louise-Boulevard, in Rufweite meines Hotels, gibt es Döner- und Pizzabuden zu hauf. Der Boulevard ist übrigens nach Marie Louise Pia Teresa Anna Ferdinanda Francesca Antonietta Margharita Giuseppa Carolina Bianca Lucia Apollonia di Bourbon benannt, aber das hätte so ja auf kein Straßenschild gepasst. Sie wurde nur 29 Jahre alt, nachdem sie dem (späteren) bulgarischen Zaren Ferdinand vier Kinder gebar.

Und so sieht dann ein echtes Männeressen auf dem Hotelzimmer aus. Bier aus dem Minimarkt, Döner mit alles und scharf aus der Pommesbude. Döner wird hier ein bisschen anders interpretiert als bei uns. Zum Beispiel werden auch Pommes mit eingerollt und dann wird alles noch einmal gegrillt. Ja, was soll ich sagen, das war teilweise sehr lecker, aber ich musste die total lätschigen Pommes aus dem Döner rauspulen, das ging ja mal nun gar nicht.

So, was halten wir denn von all dem hier? Nun, mir gefällt es hier trotz widriger Umstände. Sofia ist der fleischgewordene Traum eines jeden Stadtplaners! So viel Platz! Breite Boulevards, große Plätze, viel Grün. Viel widersprüchliches hat dieser Flecken Erde, in Reiseführern spricht man dann immer von „vibrierend“! Es ist wieder eine ganz andere Stadt als Bukarest, Sarajewo oder Tirana, hat ein komplett unterschiedliches Flair als Chișinău oder Belgrad. Man spricht immer vom „Balkan“. Aber München und Köln sind ja nun auch zwei gänzlich verschiedene Welten. Dä (ich muss mir mal dieses „Dä!“ wieder abgewöhnen, wo habe ich das nur aufgeschnappt?).

Einen Zahn muss ich noch ziehen. Sofia ist absolut nicht preiswert! Es ist hier teurer als in Belgrad, es ist manchmal sogar teurer als in Köln. Taxifahren und ÖPNV sind billig. Eine Tafel Schokolade der lilanen Sorte aber kostet im Kaufland im Angebot (!) 3 Euro. Trinkbarer Wein ab 8 Euro. Der Cocktail (naja, edle Umgebung) schlug mal eben mit knapp 15 Euro zu Buche. Ein Kioskbier 1,20 Euro. Ich nehme aber an, man kann Sofia nicht mit Bulgarien an sich gleichsetzen. Je nachdem, wie es mir morgen geht, buche ich vielleicht noch eine Landpartie, dann könnte ich da mehr zu sagen.

Ja, Ihr Lieben, ich hoffe Ihr seid nicht zu genervt von meinem Infekt-Gejammer (WARUM ICH???) und habt trotzdem Spaß, mit mir die Stadt zu entdecken. Ich hoffe, wir sehen uns morgen alle topfit hier wieder! Liebe Grüße, Euer

*) ich mag Köln ja, sonst würde ich nicht so oft darüber schimpfen!

P.S.: Hier das Bild eines Spielplatzes in Bojana. Auf diesem werden die unschuldigen Kinder einer Gehirnwäsche unterzogen, später alle schwul, lesbisch oder schlimmeres und als Erwachsene zwingen sie Anderen das Gendern auf!

P.P.S.: Mein Gott, jetzt gehen Sie doch mal wieder zum Friseur!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert