Alicante 2025 – Tag 3

Ihr Lieben,

den ganzen Abend (und die Nacht) spielten die Musikgruppen des Entrada-Spektakels noch, die Trachtenträgerinnen und – träger liefen an meinem Balkon vorbei. Die Stadt vibrierte vor guter Laune. Ich schaute und hörte mir das eine Weile an, aber selbst um Mitternacht war es noch drückend schwül und heiß auf dem Balkönchen, so dass ich mich ins klimatisierte Zimmer zurückzog, die Stadt ausschloss und Morpheus‘ Ruf Folge leistete. Mit Stöpseln natürlich, alles andere hätte nicht funktioniert. Sonst hätte ich nämlich aus ganz anderen Gründen vibriert.

In der Hoffnung auf einen etwas heißeren Kaffee suchte ich mir heute früh ein anderes Restaurant für mein Frühstück aus. Der Kaffee war dann auch 3 Grad wärmer. Hier muss man ein wenig aufpassen, denn in der Karte steht das Frühstück mit 4,30 €, aber das ist das Wochenangebot, am Sonntag zahlt man dann 7,50 €. Immer schön das Kleingedruckte lesen! Dennoch preiswert.

Meine Kollegin C. war sehr angetan von meinen Fotos aus dem mexikanischen Laden und fragte nach, ob ich ihr vielleicht eine Schädel-Tasse mitbringen könne. Daher lief ich nach dem Frühstück erst einmal dorthin. Leider hat das Geschäft sonntags geschlossen. Auf dem Rückweg zur Pension legte ich an der angeblich berühmten Heladería Borgonesse einen Zwischenstopp ein und gönnte mir zwei Kugeln Eis in der Waffel. Eine wirklich saudumme Idee! Das Eis schmolz wie… na ja, wie Eis in der Sonne. Mit Mühe und Not schaffte ich es, mich nicht komplett einzusauen, musste aber auf knapp die Hälfte des Eises dann verzichten. Tipp: bei Temperaturen nahe dem Schmelzpunkt besser ein Becherchen nehmen. Ach, und das Fazit: Joah, ganz okay. Das Haus mit der Eisdiele war übrigens das erste in Alicante mit einem modernen Aufzug.

Ich packte meine wenigen Habseligkeiten, brachte das Köfferchen im Locker-Room unter und verabschiedete mich von der wirklich herzlichen Rezeptionistin, die mir noch alle Türcodes aufschrieb, damit ich später meinen Koffer auch wieder abholen konnte.

Das Eis schmolz ja in wenigen Sekunden, Ihr könnt Euch also vorstellen, wie heiß es schon am frühen Morgen wieder war. Was tun?, sprach Zeus. Ich entschied mich erneut für einen Museumsbesuch. Es traf das MARQ, el Museo Arqueológico de Alicante, wo zur Zeit die Ausstellung „Ciudades de Luz“ läuft. In einem sehr schönen Gebäude untergebracht, eine sehr schöne ständige sowie eine interessante temporäre Ausstellung und das Allerwichtigste: herrlich klimatisiert! Ich hätte das Museum auch zu Fuß erreichen können, gönnte mir aber eine U-Bahn-Karte, denn auch der ÖPNV hier ist klimatisiert. Unverschämte 3 Euro Eintritt knöpfte man mir ab! Das gibt einen bösen Brief an Königs. Hier ein paar Impressionen aus dem Museum (übrigens 2002 von Königin Sofia eröffnet und 2004 zum europäischen Museum des Jahres gewählt):

Nach etwa anderthalb Stunden war ich mit der Besichtigung fertig. Es galt nun, eine kühle Beschäftigung bis zur Abreise zu finden. Ich besuchte erst einmal das Museumscafé, googelte ein bisschen und entschied mich dann für etwas völlig beklopptes: Ich fuhr mit der Straßenbahn, die entsprechende Linie hielt am Museum, nach Benidorm. Ein wirklich bemerkenswert blöder Entschluss? Nicht wirklich. Benidorm ist zwar auf den ersten Blick ganz furchtbar (größte Hochhausdichte pro Einwohner weltweit!), auf den zweiten Blick aber offenbart sich die ganze Hässlichkeit. Naja, es sollte aber eine einigermaßen nette Altstadt geben und ich verbrachte immerhin fast 3 Stunden in der klimatisierten Bahn mit teilweise schönen Aussichten auf die Costa Blanca.

Die schöne Altstadt ist absolut überschaubar. Sie besteht aus einer Handvoll Häuser, zwei Kirchen und einer Aussichtsplattform, Mirador del Castell genannt. Also, ich habe mich für Euch geopfert, Ihr müsste jetzt nicht mehr hin. 🙂 Interessanterweise wird Benidorm aber auch in letzter Zeit mit Preisen überhäuft, da die Stadtverwaltung viele Projekte zur Nachhaltigkeit umsetzt.

Auf der Rückfahrt (übrigens nur 4,60 Euro hin und zurück!!!) fing es dann kurz vor Valencia an, zu regnen. Kurz glaubte ich, das brächte vielleicht Erfrischung… *hysterisches Gegacker*

Nun wurde es aber Zeit, zum Flughafen zu kommen. Fast hätte ich vergessen, Kühlschrank-Magneten zu kaufen. Ich hatte Freitag wunderschöne gesehen, die Dame, die sie handmalte, war aber am Samstag nicht mehr an der gleichen Stelle an der Esplanade. Dann sah ich heute früh auf dem Weg zur Eisdiele ganz nette, fand den Laden aber nicht mehr wieder. Ich holte dann welche am Kiosk in der Nähe der Pension. Profitipp: Sofort zuschlagen, wenn Ihr denkt, es wird nicht mehr besser! Ich leistete mir auch noch eine „HOLA!“, die Zeitschrift für Menschen, die ich nicht kenne über Menschen, die ich nicht kenne. Aber ganz hilfreich, um sein Spanisch aufzupolieren.

Das Gepäck war schnell eingesammelt, die Fahrt zum Flughafen klappte perfekt (halbleerer Bus, wie schön!), die Sicherheitskontrolle war ein Klacks. Ich aß in der Flughafenpizzeria, wo ich jetzt noch bei einem Bier sitze und auf das Boarding warte. Im Moment ist ein pünktlicher Abflug angekündigt und sogar eine um ein paar Minuten zu frühe Ankunft in Köln.

Ich hoffe, Ihr habt ein bisschen Spaß beim virtuellen Mitreisen gehabt, ich habe mich auf jeden Fall über Eure Begleitung gefreut. Es gibt auch keine große Atempause, am Donnerstag geht es nach Bukarest. Seid Ihr auch so gespannt?

Liebe Grüße, Euer

P.S.: Die Pension ist schon klasse, aber nächstes Mal mit Balkon Und eigenem Bad. Hier mein badloses Zimmerchen:

P.P.S.: Jetzt doch 20 Minuten Verspätung… Darauf noch eine Anna…

Alicante 2025 – Tag 2

Ihr Lieben,

so eine Pension mitten in der Altstadt hat schon etwas besonderes. Etwas besonders lautes. Sowohl von der Straße als auch aus dem innersten, quasi dem Gedärm des Hauses heraus, so hellhörig ist das hier. Aber das hatte ich geahnt und meine Ohrwunderstöpsel eingepackt. Frühstück gibt es hier ja keins, ich hätte Gutscheine für ein Café in der Nähe ordern können, das hatte ich im Eifer des Gefechts beim Check-in leider vergessen.

Ich suchte mir ein Café drei Häuser weiter, nahm einen halben Liter des gleichlautenden Getränks zu mir, zusammen mit einem Rührei auf Brot, beides leider nur lauwarm, das ist hier so üblich, kehrte zurück zu Pension, machte mich stadtfein… Oh, eine Zwischenfrage aus dem Parkett!? Ungeduscht ins Café? Yep! Erst Kaffee, dann stadtfein! Wie denn sonst? So ging ich auch der Bad-Prügelei aus dem Weg. Wo war ich?… also, machte mich stadtfein und lief zum Zentralmarkt.

Ich liebe Märkte. Aber das ist ja inzwischen hinreichend bekannt. Der Mercado Central in Alicante ist in einer Halle Baujahr 1921 untergebracht, aber er ist bis weit unter die Plaza 25 de Mayo unterkellert. Oben gibt es hauptsächlich Fleisch und Wurst, unten Fisch und Gemüse. Was diese Markthalle von vielen unterscheidet ist, dass es viel weniger Verzehrstände gibt, wo man Austern schlürfen oder Cava trinken kann. Sie ist eben deutlich untouristischer als z.B. der Mercado de San Miguel in Madrid. Allerdings auch nicht so charmant. Aber wenn ich hier lebte, ich wäre jeden Tag im Mercado Central!

Auf der Plaza, deren Name an die über 300 Opfer eines 1938 erfolgten Bombenangriffs während des Spanischen Bürgerkriegs erinnert, die aber auch Plaza de Flores, Platz der Blumen, genannt wird, trank ich dann zwischen lauter Einheimischen einen Cafetito. Zwei Tische weiter saß eine Gruppe, die unter Gitarrenbegleitung lauthals sang und die der Padron verscheuchen wollte, was ihm aber nicht recht gelang, denn irgendwer aus der Runde bestellte dann doch noch irgendeine Kleinigkeit. Für die restlichen Besucher war das ein schönes Spektakel, zumal die kleine Gruppe musikalisch richtig was drauf hatte!

Es war schon um 11 Uhr brütend heiß und schwül, so lief ich in der Hoffnung auf eine leichte Brise zum Meer hinunter. Ich hoffte zwar umsonst, konnte aber eine Menge schöner, neuer Eindrücke gewinnen. Es gibt über die ganze Innenstadt verstreut Kunstwerke, zauberhafte kleine Parks, funktionierende Springbrunnen (Hallo Köln! ) und eine Menge großartiger Häuser zu bestaunen. Allerdings auch mit einigen Bausünden dazwischen. Dazu das Meer, der Yachthafen, Palmen und Pflanzen und blühende Büsche, sowie die mediterrane Lebensart. Alicante scheint auch ein Magnet für Junggesell:innenabschiede zu sein, man kann keine 100 Meter gehen, ohne auf eine ausgelassene Truppe Jungs oder Mädels zu treffen, die lautstark die angehende Braut, den angehenden Bräutigam feiern.

Die Pension verfügt über eine ausgezeichnete Klimaanlage, und so zog ich mich für eine kleine Siesta dorthin zurück, bevor ich mich zum Museum für zeitgenössische Kunst begab. Wie auch das Museum der schönen Künste liegt das MACA (Museo de Arte Contemporáneo de Alicante) nur einen Steinwurf entfernt von der Pension, deren Lage wirklich einzigartig ist. Auch hier ist der Eintritt frei! Also im Museum, nicht in der Pension. Die Zahl der Ausstellungsstücke über vier Etagen ist einigermaßen überschaubar, aber durchaus sehenswert. Wie auch das MUBAG verfügt das MACA über sehr großzügige Räume.

Zwei Kunstwerke haben es mir heute besonders angetan, denn sie befinden sich direkt nebeneinander und sind gerade unglaublich aktuell, obwohl sie aus den 60er und 70er Jahren stammen. Absicht der Kuratoren?

Grenzüberschreitung, Juan Genovés, 1965
Die Verhaftung II, Rafael Canogar, 1972

Auf meiner Straßenkarte aus der Pension hatte die Rezeptionistin auch die nicht historische Innenstadt eingekreist, die ich im Anschluss an das Museum besuchte. Ich fände dort auch noch preiswerte, ursprüngliche Restaurants. Es war leider nicht viel los dort, und auch viele der Restaurants hatten geschlossen. Auf dem Weg dorthin kreuzte ich die Rambla, auf der man fleißig dabei war, Tausende von Plastikstühlen aufzustellen. Ich fragte nach dem Grund und erhielt die Auskunft, man starte in die zweiwöchigen Fiestas der „Hogueras de Alicante“, die am 24. Juni ihren Höhepunkt in den Johannisfeuern fänden, bei denen kunstvolle Pappmache-Figuren verbrannt werden. Es beginnt mit der sogenannten Entrada de las Bandas, bei denen sich die traditionell gewandeten, mehr als 170 Gruppen vorstellen, die bei den Umzügen während der Festwoche mitmachen. Gut, so hatte ich schon eine Abendaktivität für heute.

Vorher lief ich – wie gesagt – noch ein bisschen durch die Neustadt, die allerdings sehr unspektakulär ist, und setzte mich anschließend auf ein Bier in einen kleinen Park, wo sich, da alle Tische besetzt waren, zwei Bosnier zu mir gesellten, die natürlich völlig begeistert waren, dass ich kürzlich in Sarajewo und Mostar war; was sie nicht verstanden, dass ich Banja Luka nicht besucht hatte, wo die beiden herkamen. Da müsse ich ja wohl mal hin. Die beiden waren Teil einer 18-köpfigen Junggesellenabschiedstruppe und einer von beiden wirkte auch sichtlich angeschlagen. Sie orderten erst mal Bier für sich und mich und bezahlten auch sofort mein vorheriges. Da musste ich mich natürlich revanchieren. So wankte ich dann schon leicht angezwitschert zum Festival. Politik mussten wir übrigens frühzeitig aus dem Gespräch ausklammern. Beide sehr jung, beide absolute Putin- und Vučić-Versteher und beide resistent gegen meine Argumente. Ist die Jugend von heute irgendwie verloren? Der Krieg auf dem Balkan sei vorbei, sie mögen nicht darüber sprechen. Es sei Geschichte. Immerhin schätzten sie mich auf nur 50 Jahre.

Vor der Parade eilte ich noch schnell in die Pension, um mich frisch zu machen und entdeckte auf dem Weg einen Laden, der sich der mexikanischen Kultur verschrieben hatte. Frida Kahlo war sehr präsent, aber auch kleine Kunstwerke, die an den Día de los Muertes erinnern sollten. Ich war ganz hingerissen! Und kaufte mal wieder eine Skulptur. Ich muss vor meinem Tod noch dafür sorgen, dass all der schöne Kitsch an Liebhaber kommt und nicht durch den Nachwuchs in die Tonne gekloppt wird. Wäre doch zu schade. Das Bild mit Frida Kahlo als Engel hätte ich auch gerne gekauft. Aber wie transportieren? Und wo hinhängen? Möchte jemand vielleicht eine „Sammlung Gerry“ fördern und ein Gebäude bereitstellen?

Die Parade war dann sehr, sehr nett. Schöne Trachten, alle Beteiligten waren mit Begeisterung und Stolz dabei. Die Entrada scheint eine sehr große Sache zu sein, jede Gruppe hatte ihre Schönheitsköniginnen und – prinzessinnen, die alle namentlich vorgestellt wurden. Fast wie Opernball hier. Die Musikgruppen spielten auf unglaublich hohem Niveau, das scheint eine Frage der Ehre zu sein. Denn sorry, die Karnevalsschrammler bei unseren Umzügen vergreifen sich ja auch mal mächtig im Ton, sozusagen.

Irgendwann, so etwa nach der 30. Gruppe, hatte ich dann aber eine Trachtenüberdosis. Da rettete auch die Mucke nichts mehr. Ich begab mich zu Tisch in der Touristenmeile. Ich fragte in einem Restaurant an, ob ich nicht auch Paella für eine Person bekommen könne. Nee, das ginge ja mal gar nicht. Der Einheizer ein Restaurant weiter hörte das und erwies sich als deutlich geschäftstüchtiger. Siéntate aquí, klar geht das hier. Mayor 20 hieß der Schuppen und war deutlich schlechter besucht als die umliegenden Futtertröge. Hm. Die Sorge war unberechtigt.

Ich hatte Zamburiñas, eine Unterart der Kammmuscheln, als Vorspeise, die waren schon mal perfekt! Die Paella de Mariscos war okay, ich glaube aber, ich bekomme sie fast besser hin. Wenn auch nur ein kleines bisschen. Zum Abschluss wählte ich Flan casera, die war der Hammer! Sooo lecker!

Ich saß ziemlich gut, denn durch eine Seitenstraße hatte ich immer noch Blick auf den Umzug und die volle Dröhnung flotter Marschmusik. Die Trachtler, die schon durch waren, liefen dann die Calle Mayor entlang an meinem Tisch vorbei, so hatte ich Gelegenheit, mir die wirklich aufwendigen Kleidungsstücke aus der Nähe anzusehen.

Ihr konntet ja schon auf Fotos sehen, wie beengt die Gassen durch die Restauranttische sind. Plötzlich rannten Rettungssanitäter, laut rufend, an uns vorbei, Passanten zur Seite schubsend. Da muss man erst einmal drüber nachdenken, da kommt ja keine Ambulanz mehr durch. Hier möchte ich dann doch bitte keinen Notfall erleiden.

Zwei Blumenverkäufer trafen sich dann auf Höhe meines Tisches und ich musste bei der Vorstellung kichern, dass sie versuchten, sich gegenseitig zu einer Rose zu überreden. Aber man kannte sich wohl einfach nur.

Also, das war wieder ein proppevoller Tag, aber auch extrem schön! Fast bin ich versucht, in 14 Tagen zum Johannisfeuer wieder herzukommen, aber da bin ich schon in Berlin (da freue ich mich auch schon drauf!). Was schrieb ich vorgestern? Mal den zweiten Blick abwarten. Alicante ist immer noch sehr anders als die anderen mir bekannten spanischen Städte, aber es hat dann doch seine eigene, gewinnende Art. Vor allem Foodies und Party-People kommen hier voll auf ihre Kosten!

Morgen habe ich noch fast einen ganzen Tag. Den werde ich auch voll auskosten. Ich hoffe, Ihr kostet mit.

Liebe Grüße, Euer

Verdad! Stickerei auf meinem XS-Bademantel.
Ja, der Bürgermeister ist mein Schwager, woher wissen Sie das?

Alicante 2025 – Tag 1

Ihr Lieben,

Weltreisenden wird das Leben echt schwer gemacht. Dauernd müssen sie früh aufstehen, um irgendein Transportmittel zu bekommen. Wie meinen? Ach, das Mitleid hält sich in Grenzen? Püh. Mit Euch rede ich doch gar nicht…

Egal, jedenfalls war ich um 7 Uhr früh am Flughafen Konrad Adenauer (der heute ja fast als linksgrünversifft gelten würde, aber das nur nebenbei). Vor ein oder zwei Reisen fiel mir da mal ein gesonderter Zugang zur Sicherheitskontrolle auf. Zutritt nur mit QR-Code, hieß es da. Hm. Gestern Abend googelte ich dann mal „Zutritt Security CGN“ und fand eine Seite, auf der man kostenfrei ein Zeitfensterchen für einen gesonderten Zugang erhalten konnte. Kostenfrei. Umsonst! GRATIS!!! Ja, wo gibt es denn sowas? Das Fensterlein buchte ich mir. CGN Gateway heißt der Service.

Ob es wirklich etwas bringt? Na ja, man erspart sich das Herummäandern durch die Absperrbänder, von denen ich glaube, dass sie sowieso nur installiert werden, damit das Sicherheitspersonal etwas zu lachen hat. Am Ende landet man bei einer Priority Lane, bei der die Schlange aber genauso lang ist, wie bei allen anderen Checkpoints.

Am Flughafen stach denn wieder besonders die Malle-Fraktion hervor, die grölend Dutzende Biere orderten und mit ihren Bluetooth-Lautsprechern die Abflughalle mit gar seltwürdigen Liedern (?) beschallte. In einem Song am Nachbartisch im Café ging es (wie wahrscheinlich in allen anderen auch) um saufen, saufen, saufen. Zwischendurch das T-Wort sowie das F-Wort. Die, die sich auf bitten und schicken reimen. Nervig. Immerhin, als ich anmerkte, dass das in der Lautstärke nicht jedermanns Geschmack sei, machte man die Musik aus. Was beweist, dass Sauftouristen gut erzogen sind und ich ein grantiger, alter, missmutiger Mann, der nie Spaß hatte und ihn deswegen allen verbieten will.

Quotengetränk zur Ablenkung.

Der Flug war ganz angenehm, ich hatte Beinfreiheit und einen Nachbarsitz frei, nur Angelino-Thorben-Waterblossom vor mir störte die Harmonie durch ununterbrochenes, hysterisches Gekreische etwas. Der Flughafenbus fährt dann in Alicante etwa alle 15 Minuten ins Zentrum, war aber immer hoffnungslos überfüllt; ich musste zwei Busse abwarten, bis ich zusteigen konnte.

Ich war natürlich viel zu früh in der Stadt, um mein Zimmer beziehen zu können, aber ich konnte schon einchecken und den Großteil meines Gepäcks an der Rezeption lassen. Die Rezeptionistin war super freundlich und erklärte mir ganz Alicante auf einer Straßenkarte, die ich dann behalten durfte.

Mein erster Spaziergang führte mich zum Aufzug, der Besucher zum Santa Barbara-Kastell hinaufbringt. Man muss gegebenenfalls ein wenig Geduld mitbringen, nicht viele Menschen passen in den Aufzug und die Schlange davor ist nicht kurz. Das Gelände des Castillo ist riesengroß, man kann dort wunderbar ein, zwei Stunden verbringen, hat einen prima Ausblick auf Stadt und Meer und für das leibliche Wohl ist auch gesorgt. Ich sag mal Prösterken, woll?! Aber ich lief natürlich auch rum. Übrigens, so nebenbei… bringt es eigentlich Glück, wenn eine Möwe auf einen draufsch…?Frage für einen Freund.

Beim Hochkommen war die Schlange zum Lift abwärts schon ellenlang, daher entschloss ich mich, den Fußweg zurück in die Stadt zu nehmen. Das war eine sehr weise Entscheidung, denn man kommt über Treppen und Fußwege automatisch in den oberen Teil des casco antiguo, der historischen Altstadt, und die ist einfach wunderschön. Wunder-, wunder-, wunderschön!!

Ich kehrte auf halber Höhe für einen Teller Muscheln und Pan con Tomate ein und begann mein Tagebuch. Es ist übrigens sehr diesig oder saharastaubig hier (kann das nicht genau sagen), recht bewölkt, aber knalleheiß und schwül. Dazu die Möwenscheiße. Ach nee, das war ja ein Freund… Ich werde also um die exzessive Mitnutzung des Gemeinschaftsbads nicht drumrumkommen.

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Ich lief noch ein bisschen durch das Altstadtviertel, bog zum Meer ab und flanierte die Esplanade entlang. Mein allererster Eindruck von Alicante war, dass es in anderen spanischen Städten schon schöner ist. Insbesondere, weil es nah am Strand wirklich von Touristen wimmelt, von denen auch noch einige halbnackt durch die Gegend laufen, aber auch, weil Alicante auf den ersten Blick nicht in einem so historischen Gewand daherkommt, wie z.B. Barcelona oder Sevilla, und auch nicht diesen unmittelbaren Charme versprüht. Ab dem Besuch der Burg taute ich dann aber auf. Es gibt schon merkliche Unterschiede zu den anderen Städten, z.B. ist in Barcelona ja in jeder Mauerritze ein Souvenirladen untergebracht. Hier ist deutlich weniger Kitsch, dafür mehr Völlerei. Jede zweite Straße ist eine Restaurantmeile. Mal sehen, ob sich der Eindruck auf den zweiten Blick verfestigt.

In der Pension gibt es eine Kühl-/Gefrierkombination für vier Zimmer, das Gemeinschaftsbad teilen sich zwei Zimmer. Ich machte mich also an meine Einkäufe, überfiel einen Carrefour, kaufte Wein und Kekse sowie Wasser und eilte zur Pension zurück, denn ein dringendes menschliches Bedürfnis hatte mich ereilt. Was für ein Drama, als ich feststellen musste, dass meine Mitnutzerinnen das Bad für zwei exzessive Duschorgien okkupiert hatten. Ich verstaute meine Einkäufe und rannte wie ein Wilder zum nächstgelegenen Restaurant. Ich mache es kurz, die Blase ist gottseidank nicht geplatzt.

Jetzt war erst einmal Siesta auf dem Balkon angesagt. Nun, Balkönchen trifft es eher. Ich schaue direkt auf die Außenmauer der Kathedrale, aber das ist jetzt unspektakulärer, als es klingt. Ältere spanische Sakralbauten in den Innenstädten haben ja oft einen eher profanen Charakter. Als die Damen porentief rein waren, machte ich mich dann endlich frisch und zu einem weiteren kleinen Rundgang durch das Viertel auf. Bei meinem hin und her im viel zu kleinen rosa Bademantel schaffte ich es nicht ein einziges Mal, den Flur zu queren, ohne dass mich jemand sah. Tipp: NIEMALS Gemeinschaftsbad auf der anderen Seite des Zimmers! Profitipp: GAR KEIN Gemeinschaftsbad!

Es war immer noch heiß und schwül, warum sollte es sich auch geändert haben, und so beschloss ich nach einem sehr kleinen, aber anstrengenden Rundgang, das Museo de las Bellas Artes Alicante zu besuchen. Liebe Kölner Museen, hier hat man bis 20 Uhr geöffnet, hier ist der Eintritt frei (!!!) und dennoch wartet man mit einer herausragenden Ausstellung auf. Ein wirklich schönes Museum! Fotografieren war nicht erwünscht, daher gibt es keine Bilder.

Ich schaute mir noch die Basilika Santa Maria und die Kathedrale des heiligen Nikolaus von Bari an. Für die Basilika reichte es nur für Außen, denn man wollte 6 Euro Eintritt, dabei war sie nur noch 10 Minuten geöffnet. Die Kathedrale ist eigentlich recht schmucklos, aber dafür, dass sie im Stadtbild eigentlich untergeht, weist sie ein erstaunlich großes Inneres auf. Die Kuppel erinnert ein winzig kleines bisschen an die des römischen Pantheons. Kerzen gab es nur elektronisch, erleuchtet gegen Münzeinwurf. Irgendwie habe ich dann keine Lust dazu, dabei bin ich wahrlich – und das als Atheist – ein Kerzenanzünder vor dem Herrn (man verzeihe mir diesen billigen Witz).

Es wurde Zeit für la cena. Das Abendbrot. Ich erwähnte es bereits, manche Straßen sind eine einzige Fressmeile. Es ist schwer zu beurteilen, wo es gut ist. Daher entschied ich mich für ein Restaurant namens „Gut Essen“. Natürlich auf spanisch, „Buen Comer“. Nur, um diesen Scherz machen zu können. Und das Essen war völlig okay. Der Kellner schloß mich sofort ins Herz, wie alle anderen Gäste übrigens auch, meine Paella Valencia konnte ich nicht bestellen (gab es erst ab 2 Personen) und so nahm ich mit Kalbsragout und Oktopusbein vorlieb. Das arme Ding ist jetzt maximal nur noch ein Eptapus.

Am Nachbartisch nahm ein älteres britisches Ehepaar Platz, er suchte sofort Kontakt. Sie hatten in den 60ern in Deutschland gelebt, sprachen aber kein Wort Deutsch. Ihr Sohn wurde in Aißerlönn geboren. Bis ich da hinterkam, was die meinten! Als die Rede auf „Immigrationsprobleme“ kam, verdeutlichte ich meine Meinung dazu und der Gesprächsbedarf der beiden sank rapide. Sachma, sehe ich aus wie ein Höcke, also wie ein Vollarsch? Sie selbst schwiegen sich den Rest des Essens dann an. Naja.

Die Rechnung war dann touristisch angemessen, aber im Vergleich zu den Tourihotspots bei uns sind die Preise noch mehr als akzeptabel. Ich eierte Richtung Heimat. Die Stadt war inzwischen brechend voll. Tipp: Tut nicht so, als wärt Ihr Spanier und geht erst um 9 Uhr abends essen, denn dann findet Ihr keinen Tisch mehr. Geht, wie zuhause um sieben / halb acht. Da kämpft man noch um Euch als Gast.

Ja, das war dann mal der erste Tag. Ich fand es ziemlich nett, es könnte halt etwas weniger schwül sein. Aber es gibt gut was zu sehen, die Stadt ist insbesondere im Zentrum sehenswert, die Menschen sind schlichtweg freundlich und gelassen und aufgeschlossen. Wobei ich feststellen musste, dass englischsprechende Menschen hier einen Tacken schlechter behandelt werden als Franzosen, Skandinavier und Deutsche. Der Abendkellner sprach mich zuerst auf deutsch an, dann parlierten wir en español. Die Briten neben mir verstand er angeblich nicht. Ich übersetzte und er zwinkerte mir zu. Ist das immer noch ein Ding mit der Armada?

So, ich freue mich über alle, die mich heute begleitet haben/nachträglich begleitet haben werden und ich hoffe, Ihr seid morgen auch dabei, wenn es wieder den Run auf das Badezimmer gibt. Auf dem Plan steht unter anderem der Zentralmarkt! Yummie!

Tantos saludos de Alicante y muchos besos de

So sehen Selfies aus, mithilfe derer man nach Möwenhinterlassenschaften auf dem Kopf sucht…
Ich wurde durchschaut!

Alicante 2025: Der Prolog

Ihr Lieben,

bei Aldi kaufte ich kürzlich Gutscheine für Blind Booking bei Eurowings, nur um festzustellen, dass sie gar nicht das gesamte Spektrum des „normalen“ Blind-booking-Angebotes umfassen. Es stehen nur eine Handvoll Ziele zur Verfügung und man kann sehr schnell erraten, wohin es denn dann geht. Zudem ist die – auch sonst übliche – Einschränkung von max. vier Wochen Vorlauf gegeben, und als ich dann eine Woche im Juli für Entspannungsurlaub verreisen wollte, war kein Flug in dem Zeitraum verfügbar. Tolle Wurst. Was also mit den Gutscheinen machen? Na, benutzen. So kommt es, dass der Onkel Gerry schon wieder op jück ist, diesmal halt nach Alicante. Für knapp 60 Stunden.

Das Ziel konnte man wie gesagt vorausahnen, was ich versäumte, war vorher die Hotelpreise zu checken. Leisten konnte ich mir bei erster Recherche ein Bett in einem gemischten Schlafsaal mit 16 Betten oder ein Zimmer bei einem privaten Gastgeber mit der Bewertung 2,1/10 bei 67 Bewertungen. Schudder! Beides geht ja gar nicht! Schlussendlich wurde ich aber fündig. Eine Pension wartete mit zentraler Lage auf, mit 8,7 Punkten, allerdings mit Gemeinschaftsbadnutzung. Grmpft. Augen zu und durch. Ich habe ja immer Desinfektionstücher im Gepäck und kann auch mal zwei Tage ohne Duschen und Baden auskommen. In Alicante kennt mich ja gottseidank niemand. Aber bevor Ihr Euch jetzt mit Grausen abwendet: Katzenwäsche ist natürlich drin!

Heute musste ich noch nach Braunschweig, von wo ich erst gegen 21.30 Uhr wieder zuhause ankam. Da hieß es schnell packen, online einchecken und den Wecker auf 5:30 Uhr stellen, denn der Flieger geht gegen halb 9. Vorteil, ich habe fast den ganzen Freitag, und der Rückflug am Sonntag ist so spät, dass ich auch den fast komplett in Alicante verbringen kann.

Also, ab morgen dann wieder spanisches Küstenflair, geplant ist nichts, vorbereitet bin ich auch eher unterdurchschnittlich. Aber genug zu sehen und erleben gibt es, so viel weiß ich schon, M. war schon einmal da und gab mir Tipps. Wie immer würde ich mich über Begleitung freuen. Wenn Ihr abends mal nichts von mir hört, wird das eher an technischen Problemen liegen, als daran, dass ich mich in den malerischen Altstadtgässchen verirrt habe, wo ich mich von nun an als Bänkelsänger von Tapasbar zu Tapasbar hangele, um meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Liebe Grüße, Euer

P.S.: In Braunschweig frühstückte ich mit einem waschechten Ritter. Er war aber sehr schweigsam. Gottseidank war mein Kollege C. gesprächiger. Mit dem war ich abends vorher auch indisch essen. Draußen auf einer Terrasse. War lecker!

P.P.S.: Und ich hatte im Hotel einen Duschvorhang bei einer Duschwanne von 60x60cm. Sorry noch einmal für die Überschwemmung, aber das geht ja nun auch GAAAR NICHT!

P.P.P.S.: Das Vorschaubild ist KI-generiert, weiß gar nicht, ob es in Alicante so aussieht 🙂