Balkan 2025 (Tag 10): Kunst und Kirchen oder wie Gerry als Tierfutter endete

Ihr Lieben!

Ich mache es kurz: Ich fuhr nicht ins Kloster Rila und demgemäß auch nicht nach Melnik. Das finde ich persönlich schade, aber ich kann ja nicht hier im Blog einerseits eine wildfremde Person beschimpfen, weil sie sich krank in eine Menschenmenge begibt, um andererseits selbst 5 oder 6 Stunden mit Mitreisenden krank in einem Minibus durch die Landschaft zu touren. Ich sagte daher gestern die Fahrt noch ab. In Museen, draußen auf der Straße oder allein an einem Café-Tisch kann ich zumindest auf Abstand achten.

Und ich nehme es vorweg: Es war ein weiterer schöner Tag. Angefangen damit, dass ich bis 9 Uhr geschlafen habe. Yeah! Ich muss auch noch einmal auf das Hotel zu sprechen kommen. Wenn man die schlechten Bewertungen liest, muss man annehmen, dass ich in einer Vorstufe zur Hölle logiere. Das ist nicht der Fall. Das Frühstück ist prima, die Klimaanlage funktioniert, alle sind nett. Nur die Dusche grenzt an eine Zumutung, da bei Nutzung wirklich alles überschwemmt wird.

Nach einem zeitlich ausgedehnten Frühstück machte ich mich zuerst zur Graffiti-Zone auf, von der ich dachte, dass sie mehrere Straßenzüge umfasse. Es ist aber nur ein größerer Parkplatz, bei dem so gut wie alle umgebenden Wände kunstvoll beschmiert waren. Schöne Sachen dabei, mein Favorit ist die Baba Yaga mit der langen Nase. Ist es eine Baba Yaga? Ich glaube schon.

Die Nationalgalerie! Endlich kamen wir zusammen. Wie schon angemerkt, befindet sie sich in den Räumen des ehemaligen königlichen Palastes. Auch das ethnographische Museum hat da seine Ausstellungsräume, aber das hat mich weniger interessiert. Die ständige Sammlung ist überschaubar und naturgemäß kannte ich auch kaum einen der Künstler. Der von mir entdeckte Rembrandt entpuppte sich als Kopie. Viele Portraits adliger Personen. In zwei weiteren Flügeln gab es Auszüge aus der Sammlung Ruf, einem Schweizer Diplomaten, und eine Werkschau von Vladimir Goev zu sehen. Insgesamt war es ein kurzweiliger Besuch.

Ich lief zum Battenberg-Mausoleum, wo Alexander von Battenberg, erster Knjaz Bulgariens nach dem Berliner Kongress, bestattet wurde. Er hatte es nicht einfach als Fürst, er musste gegen bzw. wahlweise mit den Nationalisten, prorussischen Kräften und sonstigen Störenfrieden regieren. Einmal ließ er sogar die Verfassung außer Kraft setzen. Er gab aber irgendwann genervt auf und ließ sich mit seiner Frau, der  Opernsängerin Johanna Loisinger, als Graf und Gräfin Hartenau in Graz nieder. Begraben werden wollte er aber in Sofia, das wurde ihm dann nicht verwehrt.

Das Gegenstück zur Löwenbrücke in der Nähe meines Hotels ist die Adlerbrücke östlich des Prinzenparkes, der an die Grabstätte anschließt. Beide Brücken gelten als Sehenswürdigkeiten, überspannen aber nur klägliche Rinnsale. Der Hauptfluss Sofias, Iskar, liegt weit außerhalb der Stadt. Dennoch ist das Klima hier wirklich prima (zur Zeit jedenfalls), was sich durch die Höhenlage (600 m) und die nahegelegenen Berge erklärt. Sofia ist nach Andorra la Vella und Madrid die dritthöchstgelegene Hauptstadt Europas. Bei strahlend blauem Himmel sind es erträgliche 28°C.

Ich fuhr eine Station mit der Metro in das Viertel um den Tempel der Sieben Heiligen, eine sehr schöne, belebte, aber keinesfalls hektische Gegend. Die Kirche – ich platzte übrigens mal wieder in eine Beerdigung, ich weiß es ja auch nicht* – besticht durch ihre prachtvolle Innendekoration. Leider konnte ich mich nicht gebührend umsehen, der Trauerzug kam 5 Minuten nach mir an und ich wollte nicht im Wege stehen. Drumherum alles sehr gemächlich und gemütlich, viele kleine Läden, Snackbars, Sitzgelegenheiten. Den Besuch des nahegelegenen Schnapsmuseums schenkte ich mir, das ist mit einer Probe verbunden, das fand ich für frühen Nachmittag dann ein wenig zu übertrieben. Ich schlenderte bis zum Vitosha-Boulevard weiter, wo ich mich für ein Dreiviertelstündchen in ein Café setzte, bevor ich wieder zum Hotel zurückkehrte.

Der o.g. Graffiti-Parkplatz befindet sich direkt neben der Zentral-Halle, in dem auch das Kaufland residiert. Ich brauchte noch Wasser und Wein und so schaute ich mir noch das Untergeschoss an, wo es u.a. Delikatessenläden gibt. Das Spannendste dort aber ist eine Virtual-reality-Station. Für 5 Lew wird man in das antike Serdika zurückkatapultiert und landet am Ende als Gladiator mit wilden Tieren in der Arena. In der Schlussequenz springt einen eine Art Säbelzahntiger an. Happs! Ich hatte noch nie eine VR-Brille auf, ein tolles Erlebnis, auch, wenn ich etwas unsicher auf den Beinen war.

Ich kaufte mir da ein Stück Pizza als sehr frühes Abendessen. Die musste man sich halbwegs selbst zusammenstellen, wie z.B. bei Subway. Das fand ich etwas anstrengend, da mein bulgarisch Verbesserungspotential hat. Deutliches. Und am Ende war das dann auch nix. Dafür aber billig. Apropos: Ich muss das mit dem teuer ein bisschen relativieren: Brot ist hier spottbillig, ein Milchkaffee und ein Schweppes Soda im Straßencafé schlagen mit umgerechnet 3,70 Euro zu Buche. Das ist natürlich preiswerter als bei uns. Spaßeshalber war ich auch mal in einem Lidl. Wurst, Käse, insbesondere Lachs: alles wieder viel (!) teurer als bei uns.

So, und morgen geht es weiter nach Skopje; ich erwähnte es bereits, da muss ich früh raus. Ich habe versucht, mir ein Taxi über eine App vorzureservieren, da sollte ich einen Code eingeben, der mir gesendet wurde. Wurde er nicht. Jetzt organisiert mir morgen früh die Rezeption eins. Oder je nachdem, wie früh ich abreisebereit bin, versuche ich mich wieder mit der Metro, die ist ja zuverlässig.

Das Resümee fehlt noch. Also, mir gefällt Sofia. Eine schöne Stadt mit breiten Straßen, großen Plätzen, schönen Sehenswürdigkeiten. Die Menschen hier sind nicht mehr und nicht weniger schlecht gelaunt als bei uns, mit Englisch kommt man recht gut durch. Vieles ist verfallen, aber dennoch ist die Stadt irgendwie sauberer, als z.B. Köln. Gut, ist jetzt auch nicht sooo schwer. Fahrt mal für ein paar Tage hin, lohnt sich.

Den Rest des Abends werde ich jetzt Filme gucken und mich ein ganz klein wenig in die Geschichte Nordmazedoniens einlesen. Се гледаме утре?

*) Hier wird wahrscheinlich überdurchschnittlich viel geheiratet und gestorben. Einen belegbaren Zusammenhang zwischen beiden Tätigkeiten muss ich schuldig bleiben.

Das sage ich mir in kalten Winternächten auch immer.
Wer KVB fährt, weiß, wie sehr ich diesen eigentlich dämlichen Spruch auf einem Seifenspender im Nationalmuseum feiere!
Wein aus Thrakien. Kann man sehr gut trinken!

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