Tag 9: Panta rhei

Chum reap sua, Ihr Lieben!
Alles fließt, „panta rhei“ , sagte schon Plinius der Karthager, als er 1872 zum Papst gekrönt wurde; dies trifft insbesondere auf Flüsse zu. Wir schipperten heute ab 5 Uhr früh den Tonle Sap-See hinunter und befinden uns jetzt, wo ich dies schreibe, in einem Gewitter auf dem Tonle Sap-Fluss. Wir liegen vor Anker in Kampong Tralach. Hier ist es gerade exakt 23.06 Uhr. Den Vormittag verbrachten wir an Bord, ließen die Ufer an uns vorüberziehen, bestaunen weitere schwimmende Dörfer und lauschten außerdem einem Vortrag unseres kambodschanischen Reiseleiters Dawinn über Land und Leute, der zwar viel mit Statistiken durchzogen, aber wirklich sehr informativ war.

Dawinn ist sehr leidenschaftlich, aber ein sehr positiver Mensch, obwohl er auch unter dem Regime der roten Khmer gelitten hat. Er hat einen weiteren Vortrag zu diesem Thema angekündigt. Und wir werden auch ein Museum besuchen, das sich den Gräueltaten der Pol-Pot-Diktatur angenommen hat. „Killing Fields“ wird dann auch als Film an Bord gezeigt.
Auf dem Weg hielten wir in Kampong Chhnang, wörtlich übersetzt heißt dies Töpferhafen. Und das war auch genau das, weswegen wir anlandeten und in klapprige Busse stiegen: um eine Töpferin zu besuchen. Das klingt jetzt sehr unspektakulär, aber diese Frau hat vor unseren Augen in Windeseile in Handarbeit einen absolut ebenmäßigen und großen Topf geformt, und das ohne die sich drehende Töpferscheibe. Der Lehm stand als Haufen auf einem Baumstamm und die Töpferin ist um diesen immer herumgelaufen. Fragt mich. Ich simuliere das dann. Ganz großes Handwerk!

Unsere nächste Anlaufstelle war ein Palmzuckerbauer. Ich begrüßte ihn auf Khmer und er war darob so aus dem Häuschen, dass ich mit Mühe und Not der Heirat mit einer seiner Töchter entkam, weil ich Suy um Hilfe rief. Die Palmzuckerherstellung ist mühsam. Aber das Ergebnis ist toll. Wir durften ganz frische Ware kosten. Ganz ehrlich: Himmelskaramell! Die B-Ware wird zu Palmschnaps verarbeitet, den wir auch kosten durften. (Psst, aber der laotische Reisschnaps war ein my besser)

Zu guter letzt haben wir auch noch die Fertigung von kleinen Brennöfen besucht. Sie muten an wie kleine Grills, haben aber wohl eine exquisite Energieeffizienz.

Die Töpferware ist sehr begehrt. Aber für einen Topf mit geschätzten 20 Litern Fassungsvermögen bekommt unsere erste Töpferin nur USD 1,10. Sie schafft ca. 15 am Tag. Sie muss aber den Lehm und das Brennholz kaufen. Und ist den ganzen Tag beschäftigt. Wie auch der Palmzuckerbauer. 5 Uhr früh geht es los, 22 Uhr ist Feierabend. Beide gelten als erfolgreiche Unternehmer. Die Öfchen gehen für 2 Dollar weg. Schnaps und Zuckerpaste für 1,5 Dollar. Alle diese Spezialisten haben mehrere Jobs. Zur Zeit steht die Arbeit auf den Reisfeldern im Vordergrund.
Wieder auf dem Boot fuhren wir eine enge Passage den Tonle Sap hinunter. Links und rechts Idylle für Touristen. Winkende Kinder, fröhliche Fischer, glückliche Hausbesitzer. Zumindest dem Anschein nach. Lidy brachte es auf den Punkt, indem sie sagte, dass unser Armutsbegriff einem anderen Verständnis zugrunde liegt. Dawinn erläuterte in seinem Vortrag, dass die UN findet, dass 23 Prozent der Kambodschaner arm sind. Die kambodschanischen Regierung findet, dass maximal 13 Prozent arm sind. Ein Zensus im Jahre 2013 hat ergeben, dass 73 Prozent der Bevölkerung zufrieden sind.
Am Abend wurde ein Film gezeigt, der um zwei Tiger aus Angkor Wat ging. Aber ich wollte lieber auf dem Sonnendeck Tagebuch schreiben, wozu ich aber nicht kam. Wir waren nachher eine kleine Gruppe, die ihre Eindrücke austauschte. Unter anderem erzählte dann auch unser Barmann über seine bevorstehende Hochzeit, die in Kambodscha wohl auch eher einem Staatsfest gleicht, als einer gemütlichen Familienfeier.
Alles in allem eher ein Land-und-Leute-Tag. Aber sehr schön. Auch das Schippern mit unerwarteten Ausblicken auf Stelzen-Häuser, Fischer, Badende und wie aus dem Nichts auftauchende Tempel.

Eine bewegende und bewegte Reise.
Morgen ist strammes Programm, u.a. besuchen wir eine Schule, fahren Ochsenkarren und treiben allerhand anderen Schabernack.
Vielleicht seid Ihr ja mit dabei.

Liebe Grüße, Euer Gerald

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