Antwerpen 2024, Teil 1

Ihr Lieben!

Vor kurzem fragte Elke an, was ich denn so an Pfingsten triebe. Nunja, freitags hatte ich schon einen Doppelkopftermin, aber sonst… Nach Durchsicht der Preise für Unterkünfte über die Pfingsttage fielen wir erst in Ohnmacht und beschlossen nach Wiedererlangung unseres Bewusstseins, es bei einer Nacht in einer Stadt auf Beneluxgebiet zu belassen. Wir guckten uns Antwerpen aus und buchten dort eine riesige Ferienwohnung für eine Nacht in der Nähe des Bahnhofs. Die war nämlich vergleichsweise preiswert.

Vorher hieß es aber noch eine Woche arbeiten, Reiseführer kaufen und Anreise planen. Ich suchte ein Parkhaus aus, das zwischen unserem Appartement und der Vermietungsagentur lag, bei der wir den Schlüssel abholen sollten. Alles so im 500-Meter-Radius. Das Besondere an diesem Parkhaus war, dass die Einfahrt über Kennzeichenerkennung erfolgen sollte. Wir trugen Coras Daten ein. Elke war zuvor noch nie mit ihr gefahren und die alte Dame will ja noch was von der Welt sehen. Also Cora, nicht Elke.

Ja, und jetzt muss ich mich selbst verpetzen. Seit 3 Monaten fahre ich mit dem Ersatzaußenspiegel im Kofferraum herum, der schon längst sein elendigliches Pendant, das mit Panzertape mehr schlecht als recht befestigt war, ersetzen sollte. Nämliches war ja im Tornado im Dezember quasi getötet worden. Ich stellte mir Elke vor, wie sie auf dem Beifahrersitz sitzend ununterbrochen auf den Trümmerspiegel glotzte und sich fragte, ob ich sie noch alle hätte.

Manchmal meinen die Nornen es aber gut mit einem. Ich hatte am Abend vor unserer Abfahrt ja besagten Doppelkopftermin, dort musste ich aus Zeitnot mit Cora hinfahren. Im Scherz fragte ich Matthias, Petras Mann, ob er nicht mal eben den Spiegel… Er konnte. Ohne zu zögern und im Affentempo tauschte er den Spiegel aus. Obwohl elektrisch und mit Hochtöner über der Verschraubung und Steckverbindung hinter der Türblende. Sagenhaft! Und Petra hatte auch noch eine Spargelquiche feinster Güte gezaubert. Ich werde dann als Rentner zu ihnen ziehen, sie wissen es halt noch nicht. Überraschung. Ich glaube, sie wären vollkommen aus dem Häuschen.

Die Doppelkopfrunde verließ ich dann schon nach 4 Stunden, da ich noch Wäsche im Keller hatte und Pakete aus der Packstation abholen musste. Außerdem spiele ich ohne Alkohol zu gut. 😜Elke kam am darauffolgenden Morgen pünktlich an, wir luden Gepäck um und starteten unseren Kurztrip.

Der Verkehr war bis kurz vor unserer Ferienwohnung völlig okay, insbesondere für ein Pfingstwochenende. Für den letzten Kilometer brauchten wir dann gefühlt allerdings genau so lange, wie von Köln nach Antwerpen. Wir mussten die Carnotstraat Richtung Bahnhof entlang und es ging nur im Schneckentempo voran. Aus den Seitenstraßen wollten Schlangen von Blechkisten auch auf die Carnot, aber alles stand Stoßstange an Stoßstange. Als wir mal einen durchließen, sahen wir in ein sehr glückliches Gesicht. Nach sehr vielen zähen Minuten verkündete Google Maps, wir wären da. Leider war die Einfahrt links und wir durften nicht abbiegen. Elke und ich überlegten, was unsere Strategie sein könnte. Wir hatten ja dank Stau ausreichend Zeit dafür. Ich weiß jetzt gar nicht, wie ich es irgendjemandem erklären könnte. Aber plötzlich erhob sich Cora, schwebte auf die andere Seite und wir standen vor der Parkhauseinfahrt. Ein Wunder. Hüstel. Nur die Nummernschild-Erkennung funktionierte natürlich nicht. Aber dafür hatten wir als Redundanz noch einen QR-Code, der uns einließ. Wir suchten einen Platz in dem überfüllten und engen Parkhaus und schworen uns gegenseitig, den Wagen bis zur Abreise nicht mehr zu bewegen.

Wir suchten die Agentur auf, um die Schlüssel abzuholen. Wir merkten auf dem Weg schon, dass Antwerpen unglaublich voll und entsprechend laut war. Vor der Agentur schon eine kleine Schlange, die sich nach Erledigung unseres Anliegens noch verzehnfacht hatte. Das Gespräch war kurz. Man schicke mir alles per WhatsApp auf das Handy, was ich wissen müsse. Schlüssel in die Hand und Tschüss. Nur bekam ich keine Nachrichten. Mir wurde klar, dass ich ihm die falsche Telefonnummer gegeben hatte. Wieder anstellen? Keinesfalls!!!

Elke war da auch nicht so für und wir holten unsere Plünnen aus dem Kofferraum und schleppten alles zur angegebenen Adresse. Dort nahmen wir einen Aufzug aus dem 3. vorchristlichen Jahrhundert, der dann auch prompt zwischendurch steckenblieb. Als wir oben ankamen, war das Licht im ganzen Gebäude aus und wir tasteten uns zur Türe.

Was für ein riiiiiesiges Appartement! Wie heruuuuuuntergekommen. Nicht wirklich dreckig, aber total abgewohnt. Wenigstens mit kleinem Minibalkon für Elke. Die Spülmaschine war funktionslos, dafür klebte ein Zettel dran, sie wäre ja auch nicht als Ausstattung aufgelistet worden. Eins der beiden Sofas wurde wegen Fleckiose als unbesitzbar klassifiziert. Klo und Waschbecken einen halben Kilometer auseinander. Ein Schlafzimmer mit 3 Doppelbetten und zerfledderten Vorhängen, ein kleines mit einem Bett. Was soll’s, für eine Nacht ist es zu überleben.

Wir packten aus, schlabberten einen Begrüßungssekt (mitgebracht!) und begaben uns auf Sightseeingtour.

Beide waren wir schon einmal hier. Wir können uns beide nicht erinnern. Es ist ewig her. Die Stadterkundung brachte auch keine Erinnerung zurück. Aber es ist eine sehr sehenswerte Stadt! Allein der Bahnhof, bei dem wir unseren Spaziergang starteten. Pompös, prächtig, protzig und palastös! So etwas habe ich als Bahnhof noch nicht gesehen.

Weiter über die Haupteinkaufsstraßen, die uns ja eigentlich generell nicht reizen, Richtung Kathedrale und Grote Markt. Eigentlich? Ja, denn die Läden sind nicht anders als in jeder beliebigen Großstadt bei uns; C&A, Drogerien, Handyzubehör. Aber in was für Bauten stellenweise! Historismus, Jugendstil, Klassizismus und und und. Nicht unterschlagen werden darf aber, dass Antwerpen auch sehr hässlich kann.

Der große Marktplatz und seine Umgebung sind dann aber ganz wunderbar. Klar, sehr touristisch, sehr überlaufen, sehr laut. Aber es gibt so tolle Gebäude, Gassen, Geschäfte!

Wir hatten ein kleines Hüngerchen und liefen zur Schelde, da wir dort viel Gastronomie vermuteten. Pustekuchen. An der Scheldeburg, het Steen, wollten wir dann aber auf einer unscheinbaren Terrasse wenigstens mal ein Bier trinken. Das war dann lecker, die Sonne kam durch, der Laden innen ganz toll… Wir beschlossen, sehr früh zu Abend zu essen und uns den Rest des Abends mit Snacks über Wasser zu halten. Bomma heißt das Restaurant und es hat uns gut gefallen.

Wir erklommen het Steen, suchten den Vlaaikensgang auf (eine zauberhafte verwinkelte Gasse mit hochgelobten Restaurants) und strollten durch die Straßen rund um die Kathedrale. In einer sehr netten Restauration tranken wir draußen einen gruseligen Wein und beschlossen darüber, daß Viertel Sint Andries zu erlaufen. Dies war früher ein Armenviertel, ist nun aber gentrifiziert und gilt als hip! Ich musste ein bisschen an Amsterdams Jordaan denken. Es hat uns ganz gut gefallen.

Wir liefen zur Schelde runter, wo die Sonne sich bettfertig machte und wir einen schönen Uferspaziergang machten. Wir sahen über der Stadt mit der Liebfrauenkathedrale im Hintergrund einen Regenbogen auf sich aufmerksam machen.

Wir flanierten dann noch durch Straßen und Gassen zu unserem temporären Zuhause, wo wir einen Absacker nahmen und uns einig waren, dass wir nichts falsch gemacht hatten.

Das Haus ist ultralaut, es gibt Hausregeln, die keiner beachtet, aber wir haben uns ausreichend Müdigkeit erlatscht, um das ignorieren zu können.

Morgen? Wissen wir noch nicht, mal sehen. Schön aber wäre, wenn Ihr uns dennoch begleitetet!

Liebe Grüße, Euer

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