Ihr Lieben,
es ist mal wieder soweit, ich bin bald auf der Insel. Auf der Suche nach einem Kurztrip über meinen Geburtstag stolperte ich über ein Schnäppchenangebot für ein sehr nett anmutendes Hotel auf Mallorca. Nicht direkt am Meer, gerüchteweise nicht in einem wirklich interessanten Ort, Abflug aus der „verbotenen Stadt“ (aber als Muschelschubser ist mir das ja wurscht), von Dienstag bis Dienstag und nur Frühstück. Dafür unschlagbar preiswert. Ja, und so verschlägt es mich dann ab morgen nach Can Picafort. Und diese Zeilen schreibe ich in einem Hotel in Düsseldorf, da ich mich nicht auf die Bahn verlassen wollte. Aus guten Gründen, denn in den letzten drei bis vier Jahren kann ich mich nur an eine einzige pünktliche und unproblematische Fahrt erinnern.
Intermezzo – Fahrt von Neuss nach Köln am 4. April 2025:
Die DB-App zeigt an, dass von Neuss Süd aus eine S-Bahn um 22:30 Uhr nach Köln Hbf fahren wird. Die werde ich nehmen. Angekommen am Bahnsteig wird angezeigt, dass die S 11 aber nur bis Longerich fährt. Das Zugzielschild zeigt dennoch Bergisch-Gladbach an. Ich steige ein.
Im Zug keine Durchsage, kein Personal. Die DB-App weist mich darauf hin, dass ich in Dormagen den RE 7 bis Deutz bekommen kann. Ich steige in Dormagen aus. Keine Durchsage, kein Personal vor Ort. Die Anzeigetafel behauptet, dass dieser RE 7 gleich kommt.
Eine Durchsage: Die S 11 fährt jetzt ein. Es fährt aber keine S 11 ein. Die Anzeige zeigt den RE 7 für 23:02 Uhr an, die App, dass sich der Zug um 24 Minuten verspätet. Um 23:15 verschwindet die Anzeige zum RE 7 komplett. Gemäß der DB-App kommt er gerade an. Wieder ein Phantomzug. Und wieder keine Durchsage, kein Personal. Männer von der DB-Security stehen am Gleis. Ob sie etwas wüssten, frage ich sie. Nein, sie hätten die S 11 nehmen sollen, die als angekündigter Phantomzug gar nicht kam. Auch sie sind verwirrt.Es ist inzwischen 23:30 Uhr. „Nehmen Sie den RE 7-Ersatzbus in einer Viertelstunde! Am Bahnhofsvorplatz.“ wurde mir von den netten Securityleuten beschieden. Inzwischen waren wir ein Pulk von Menschen, auch ein paar Ausländer dabei, die wir unter unsere Fittiche nahmen. 23:45 Uhr. Es gibt ein Schild, das die Abfahrtszeit des Ersatzbusses dokumentiert. Allein, es kommt keiner.
Die App meldet sich, es gäbe eine S 11 um 23:53 Uhr. Der Pulk begibt sich wieder zum Bahnsteig (Wer kennt die Bahnhofsszene aus Jacques Tatis „Les vacances de monsieur Hulot“?). Diese S 11 kommt 25 Minuten verspätet. Im Zug: „Es gibt einen Schienenersatzverkehr ab Longerich, dort alle aussteigen.“. Wir steigen aus. Keine Durchsagen, kein Personal vor Ort. Kein Schild. Wo ist der Bus? Ein Linienbus kommt vorbei, ich rudere wild mit den Armen! Er hält an. Ersatzbus? Keine Ahnung, vielleicht da. Sicher kann man nicht sein. Vier Haltestellen gibt es, einen Hinweis auf irgendeinen Ersatzbus gibt es nicht.
Der Pulk nimmt daher den Regelbus 127, der von Longerich zum Ebertplatz fährt, gerade auf der gegenüberliegenden Seite ankommt und rennt dafür selbstmordabsichtartig über die Schnellstraße. Weit mehr als 30 Haltestellen später wechsele ich am Hansaring in die Straßenbahn. Die Australier fragen mich vor dem Abschied, what the fucking heck is wrong with Germany?!
Die Linie 7 nach Hause fährt mir am Rudolfplatz vor der Nase weg. Sie kommt nachts nur alle 30 Minuten, wir leben halt in der Provinz. Ich nehme stattdessen die Linie 1 bis Deutz und von dort ein Leih-Fahrrad. Nach dreidreiviertel Stunden bin ich zuhause.
Derweil sitzt Bahnvorstand Dr. Richard Lutz daheim vor seinem Kamin und zählt die 2,1 Mio. Euro, die er in 2024 erhalten hat. Vielleicht zündet er sich eine Zigarre mit einem der schönen lilafarbenen 500-Euro-Scheine an, denn deren Farbe harmoniert so gut mit dem Feuer des goldenen Dupont-Feuerzeugs. Auf jeden Fall träumt er von seinem Fahrdienst, denn er hasst es, auf die Bahn angewiesen zu sein!
Der Abend bei Elke und Amy, das war der Grund für meine Reise, war trotzdem sehr schön! Es gab einen unserer berühmten Picksalate. Die sind immer so reichhaltig, dass man auch eine halbe Kompanie damit versorgen könnte. Amy mag ja Selfies so gar nicht, aber da muss die alte Lady durch.

Aber zurück zur Reise: Das Hotel in Düsseldorf ist ebenfalls ein Schnäppchen. Und so sieht das Zimmer auch etwas verwohnt aus. Dafür ist es aber sehr groß, gut gelüftet und ordentlich geputzt. Und direkt am Bahnhof, so bin ich schnell am Flughafen. Boarding ist um 10 Uhr 30.
Ja, und da ich nun schon in Düsseldorf war, lief ich auch ein bisschen durch die Altstadt bis zum Rhein und den einmal rauf (bis Nordsee) und wieder runter (bis Bodensee) und das war bei dem Wetter wirklich nett. Die „längste Theke“ war einigermaßen gut besucht, an der Rheinpromenade war in erster Reihe kein Plätzchen mehr frei. Wenn ich mich an früher so erinnere, wie unattraktiv das mal war… das haben sie gut gemacht, die Erzfeinde der Kölner. Überhaupt kann Düsseldorf ja so einiges ganz gut. Ich bin z.B. immer lieber hier in die Oper gegangen, da die Inszenierungen nicht so bott und bekloppt waren. Zu einem Altbier habe ich mich dann aber nicht hinreißen lassen, sondern habe ausnahmsweise mal ein Glas Roten geschlürft. War blöderweise aus dem Barrique, aber gerade noch so unter der Schmerzgrenze.





Insgesamt war das quasi schon ein schöner erster Urlaubstag. Sehen wir uns morgen dann auf der Insel? Das würde mich freuen. Wenn Ihr mal nichts von mir lesen solltet, dann liegt das wahrscheinlich eher an technischen Problemen, als daran, dass ich beim Partysaufen am Ballermann aus Versehen in einen Sangriabottich gefallen bin, wo ich mich den Rest meines irdischen Daseins von billigem Rotwein und Obstsalat ernähren werde.
Liebe Grüße, Euer

P.S.: Wer am Freitag zufällig in der Nähe ist, kann ja mit mir abends essen gehen, geht auf meine Kappe. 🙂
Was für eine Bahn Odyssee!
„Les vacances de monsieur Hulot“, sehr schöne Anlehnung 😄
Ich freue mich sehr, dich wieder auf deiner Reise begleiten zu dürfen, wünsche schon mal einen guten, angenehmen Flug!
Besten Dank. Freue mich, dass Du mitreist. 🤩