Mallorca 2025 – Día 5: Es geht immer nur bergauf

Ihr Lieben,

das Hotel hat kräftig Zuwachs bekommen, haben etwa die Osterferien begonnen? Es ist auf jeden Fall sehr trubelig neben und unter meinem Zimmer. Auch beim späten Frühstück ist es voller als gestern, aber immer noch die beste Wahl, wenn man Kaffeebecher und Spiegelei halbwegs ungefährdet zum Tisch balancieren möchte.

Heute stand Pollença auf der Speisekarte, das ist nicht so weit weg und ich war da auch noch nicht so oft. Bei der Suche nach einem Parkplatz hatte ich Glück, ich musste nur dreimal um den Block fahren, bis jemand mir den seinen übergab. Es tröpfelte, als ich ausstieg. Grmpft! Ich lief über die Plaza Mayor und besuchte als erstes die Kirche Santa Maria dels Àngels, die innen sehr hübsch ist, strollte dann durch die Gassen auf der Suche nach dem Museo Dionís Bennàssar, das ich zwar fand, das aber entgegen aller Informationen geschlossen war. Ich rüttelte ein wenig an der Tür, aber auch dies half wenig… Also entschied ich mich stattdessen für sportliche Betätigung: Ich lief zum Kalvarienberg. Dort führen angeblich 365 Stufen zur Wallfahrtskapelle hoch, eine für jeden Tag des Jahres. Nächste Woche, in der Semana Santa wird hier der Bär steppen, denn da gibt es eine große Prozession. Mich kostete jede Stufe wahrscheinlich einen Tag meines Lebens, so dyspnoetisch wie ich da oben ankam. Ein Kerzchen für mein Überleben habe ich dann gerne geopfert. Deutsch, wie ich bin, habe ich die Stufen auf dem Weg hinunter akribisch gezählt. Immer von markantem Absatz zu markantem Absatz und dann die ermittelte Stufenzahl in meine Notizen-App übertragen. Ja, was soll ich sagen? Mein Jahr hat 412 Tage. Deswegen bin ich immer so erschöpft!!

Ich lief zum Kloster Santo Domingo. Hier findet man das Museu de Pollença, das bei freiem Eintritt Zugang zum Kloster ermöglicht sowie zu einer absolut wilden Sammlung von Kunstwerken. Eine große Ecke ist dem Künstler Atilio Boveri gewidmet, ansonsten findet sich moderne Kunst neben barocken Kirchenfiguren, ein riesiges Mandala neben tayalotischen Sarkophagen, Vasen neben einer (sehr gelungenen!) Videoinstallation. Mir hat das sehr gut gefallen! Beim Ausgang kann man eine Spende dalassen.

In Pollença findet gerade ein großes Fest statt, hier und da sind Bühnen aufgebaut, kleine Attraktionen für groß und klein stehen bereit. Leider verpasse ich den Start der Festa de la Diversitat, es geht erst gegen 16 Uhr los. Pollença ist sehr gut besucht, aber wie in allen anderen mallorquinischen Städten konzentriert sich der Trubel auf spezielle Plätze, so dass man auch leere Gassen durchstreifen und viel vom Charme des Ortes mitbekommen kann.

Wo der Trubel sich hingegen gar nicht verteilt ist die Landzunge nordöstlich von Pollença. Ab Port de Pollença ist hier Stop-and-Go-Verkehr. Alle Welt will zum Mirador del far de Cap Formentor. Eine mentale Herausforderung sondergleichen! Natürlich wieder Radrennfahrer ohne Ende, aber diesmal haben besonders die anderen Autofahrer mir den letzten Nerv geraubt. Zugegeben, es gibt enge Stellen, aber selbst Busse kommen ja aneinander vorbei. Dennoch bremste eine Person bei JEDEM entgegenkommenden Fahrzeug komplett ab. Erst nach 15 Minuten (entsprach dann 500 Metern) konnte ich gefahrlos an ihr vorbeiziehen. Es wurde immer gestauter und viereinhalb Kilometer vor dem Leuchtturm entdeckte ich eine Parkbucht, in der ich Sancho abstellte. 30 Sekunden später parkte mich ein anderer Wagen zu und die Fahrerin fragte, wie lange ich hier bleiben wolle. „Na, ne Stunde wird es schon werden.“. Wir einigten uns darauf, dass die Familie dann spätestens auch wieder dort sei. Sie hätten versucht, am Mirador zu parken, aber dort tobte scheinbar gerade die Schlacht von Winterfell. Wie gut, dass ich hier gehalten hatte.

Ich stapfte die Felswand hoch und erlaubte mir, eine Dreiviertelstunde einfach loszuwandern, bevor ich den Rückweg antreten wollte. Das war ebenfalls eine ganz schön sportliche Übung, aber die Ausblicke belohnten die Anstrengung. Einen Leuchtturm bekam ich durch zwei Bergspitzen zu sehen, aber ob es derjenige welcher war? Es war auf jeden Fall eine nette, kleine Wanderung. Höhepunkt war dann die Begegnung mit drei kleinen wilden Bergziegen, von denen es hier gar nicht mehr so viele echte geben soll. Es gibt tausende ausgewilderte Hausziegen, die die wilden wohl verdrängen, vielleicht auch durch… äh… falsche Eheschließungen. Man erkennt die wilden wohl an ihrem braunen Fell, das mit schwarzen Streifen versehen ist, und ihren bernsteinfarbenen Augen. Die Inselregierung versucht indes, der wilden Hausziege Grenzen zu setzen, da sie die Vegetation schädige. Naja, hüstel. Wir plauderten kurz miteinander, dann setzte ich meinen Weg fort.

Die Rückfahrt von der Halbinsel brachte mich dann kurz wieder der Einweisung nahe, aber gottseidank hörte nur ich meine gottlosen Flüche. Ich erwähnte ja schon, dass ich mir bewusst bin, dass ich auch Teil des Problems bin. Aber ich sag mal so: Ich bin froh, dass ich mich entgegen aller eigenen Ressentiments 2016 das erste Mal auf die Insel getraut habe, dass ich seitdem fünfmal wieder hier war, aber es ist dann auch gut. Es wird bei jedem Besuch voller und voller und unangenehmer. Es ist eine tolle Insel, mit tollen Menschen, die aber auch die Schnauze voll haben. Gestern habe ich mich mit einem Kellner unterhalten. Das Geld, das die Touristen bringen, versickert auf dem Weg nach unten. Er geht jeden Tag 3 Stunden zu Fuß zur Arbeit (Hin- und Rückweg), weil er sich kein Auto leisten kann, und wohnt mit mehreren anderen in irgendeiner Bruchbude, weil die Mieten so hoch sind. Der Tourismus mag den Wohlstand mal nach Malle gebracht haben, aber jetzt kommt es zur gegenteiligen Entwicklung. Die zunehmende Beliebtheit Mallorcas macht es den Minderverdienern schwer, irgendetwas vor Ort zu bezahlen. Ich zitierte schon die alle Rekorde knackenden neuesten Besucherprognosen. Ein Interessenvertreter der mallorquinischen Tourismusindustrie hingegen sagte laut Mallorca-Zeitung, da gäbe es noch ganz viel Luft nach oben. Puh!

Eigentlich wollte ich mir zum Abschluss des Tages Mühlen in Sa Pobla angucken, wo es noch einige geben soll, aber ich fühlte mich wie nach einem olympischen Lauf und lechzte nach einem Bier. Ich parkte vor dem Hotel und fiel sofort in die Bar ein, wo ich der einzige Gast war, abgesehen von drei Todesmutigen, die in der Eiseskälte am Pool lagen und sich wolkten. Denn mit Sonne war ja nix. Das Bier tat außerordentlich gut, die mitgelieferten Mandeln verschwanden mit einem Happs im Mund. Erstaunlicherweise ist das Hotelbier preiswerter als jenes draußen. Verrückte Welt.

So, nun noch Wissenswertes: die Straße auf die Formentor-Halbinsel ist von Juni bis September gesperrt und man kann und darf nicht mit dem Auto dort fahren (es drohen drakonisch hohe Strafen!), dafür werden aber Busse eingesetzt. Fahrt bloß nicht außerhalb der o.g. Periode – so wie ich – am frühen Nachmittag da hin, es ist die Hölle. Ich nehme an, ganz früh morgens wäre die beste Zeit. Zum Sonnenuntergang könnte es leider auch voll sein, weil jeder Reiseführer darauf hinweist, wie schön das dann dort ist. Ganz auslassen? Ach nein, dafür ist es dann doch zu pittoresk dort.

Zum Abend versorgte ich mich mal wieder auf dem Zimmer, wo ich tatsächlich erneut die Heizung anschmeißen musste. Ich höre aus der Heimat und umliegenden Ländern, dass Ihr es gerade wärmer und sonniger habt, als ich. Falls Ihr deswegen zu stark schwitzen solltet, dann kommt doch morgen wieder zu mir auf die Insel. 🙂 Viele liebe Grüße, Euer

4 Gedanken zu „Mallorca 2025 – Día 5: Es geht immer nur bergauf“

  1. Wunderbar, deine Bilder.
    Es ist so spannend, mit dir zu reisen.
    Heute hatte es für meinen Geschmack zu viele Treppen. 😉
    Ansonsten wieder ein interessanter und toller Mitreise-Tag.
    Erhol dich gut!
    Bis morgen

  2. Ja, Gerry (und Marco (unbekannterweise), die Fotos sind immer besonders inspirierend gelungen – du hast ja auch das besondere Auge für besonders Motive@

    Freu mich schon auf den nächsten “ dia“ von Dir..befürchte aber, Dein Urlaub geht langsam zur Neige..

    Adios oder so,

    Petra aus dem grünenden Düx

    1. Vielen Dank, liebe Petra! Was für nette Komplimente.
      Ja, morgen ist schon der letzte Tag, so eine Woche geht ja immer rum wie nix. Viele Grüße nach Deutz aus Son Bauló (wo es ziemlich bewölkt ist).

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