Berlin 2025: Die Köpenickiade

Ihr Lieben!

Same procedure as last day: Lange schlafen, lange frühstücken. Dann aber los, und zwar nach Köpenick, dem Ort, an dem der Schuster Wilhelm Voigt 1906 die Stadtkasse entwenden konnte, weil er sich als Hauptmann ausgab. Vorbeigefahren mit dem Boot war ich da schon mal, das sah auch aus der Ferne ganz nett aus. Kann man ja mal hin, dachte ich. Nun, ich hatte jetzt zwar keine kleinstädtische Mega-Preziose erwartet, aber es war deutlich uninteressanter, als erwartet.

Beim guten ersten Eindruck half jetzt auch nicht, dass fast alle Straßen aufgerissen, fast alles eingerüstet war; Köpenick ist eine einzige große Baustelle! Sowohl in der Neu-, als auch in der Altstadt. Die paar Sehenswürdigkeiten waren zudem auch schnell abgeklappert: das Rathaus, wo die berühmte Köpenickiade stattfand (die Carl Zuckmayer 25 Jahre später in einem Drama verwurstete und den „Hauptmann“ so unsterblich machte), das Köpenicker Schloss, die Spazierwege an Dahme und Spree.

Auf der S-Bahnfahrt nach Köpenick erreichte mich die Nachricht, dass mein Flixtrain am Mittwoch storniert worden war. Yeah! Man bot mir unzumutbare Umbuchungen auf Busse an. 9 Stunden Fahrt nach Leverkusen, z.B. Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste in den sauren Apfel beißen und mir ein überteuertes DB-Ticket buchen. Nicht ganz so teuer, wie das von Erika und Udo, aber 60 € musste ich halt doch noch einmal draufzahlen. Für mich wären jetzt also beide Fahrten ersatzlos ausgefallen, daher werde ich Flixtrain künftig einfach ignorieren und empfehle dies auch allen anderen. Der absolute Hammer aber ist, dass die mir dann auch noch eine freche Mail schrieben, sie bedauerten, dass ICH storniert hätte und hofften, mich bald wieder zu sehen. Sachma, geht’s noch? Mein Resumée: 🤢🤮💩!

Auf dem Rückweg in die Stadt stieg ich an der S-Bahn Hackescher Markt aus, um im 1840, einer alteingesessenen Restauration, eine Berliner Weiße „Waldmeister“ und eine Currywurst zu mir zu nehmen. Die Currywurst war knapp über daumengroß, der Krautsalat hätte in ein Teelichtdöschen gepasst, aber wenigstens war alles ganz lecker.

Zum himbeerfarbenen Licht hätte natürlich besser die Weiße mit Himbeersirup gepasst…

Die Affenhitze in der Stadt setzte mir körperlich ein bisschen zu, und so verzog ich mich auf das klimatisierte Hotelzimmer, für die inzwischen in meinen Freizeitrhythmus fest integrierte Siesta.

Heute Abend spielt AC/DC im Berliner Olympiastadion, man erkennt es unter anderem daran, dass zu Hunderten ältere Herrschaften in Rockerkluft oder Band-T-Shirts herumlaufen. Aber wenn Angus Young und seine Band ins Publikum schauen, wissen sie wenigstens immer, wie sie heißen, ist doch praktisch. Für heute Abend habe ich da aber Abstand von genommen und mir lieber eine Karte für die ‚Bar jeder Vernunft‘ gekauft, wo der „Shooting Star der Berliner Jazz-Szene“ – so die Werbung – Atrin Madani, am Piano begleitet von Paul Hankinson, auftreten sollte. Ich war da vor Jahren schon mal zu Gast, kann mich aber nicht erinnern, wer damals da auftrat. Hätte mir mal ein T-Shirt kaufen sollen! Es könnten die Geschwister Pfister gewesen sein. Aber auch ein Marianne-Rosenberg-Double. Ich muss wohl noch genauer Tagebuch führen! Der Saalplan der Bar jeder Vernunft zeigte noch eine einigermaßen große Auswahl an freien Plätzen an, und ich, da völlig ahnungslos, ob mir das gefällt, nahm den letzten billigen Sitzplatz für 12,90 Euro.

Ihr Lieben, das war fantastisch! Madani hat in 5 Sprachen gesungen, ist ein großartiger Entertainer und ein exzellenter Sänger. Fast hätte ich am Ende meinen BH auf die Bühne geworfen! Der australische Pianist stand ihm aus künstlerischer Sicht in nichts nach, der hat mal eben das b-moll von Tschaikowsky als Lückenfüller dahingehämmert. Man kennt sich schon länger und man merkt das, es ist ein eingespieltes Team. Solltet Ihr mal Gelegenheit haben, ihn zu sehen: Macht es!!! Es ist mir ein Rätsel, warum es da freie Plätze gab. Werbung: Am 2. und 3. November spielen die Beiden wieder dort.

Der Grauburgunder war auch lecker, mein Sitznachbar angenehm und sehr informiert über die Musikszene hier, alles in allem ein sehr guter Abschluss eines schönen (Flixtrain ignorieren wir jetzt mal) Tages.

Berlin ist, ich erwähnte es, ein Ort, an dem ich gerne bin. Eigentlich kann ich gar nicht so richtig fassen, wieso. Als ich dauernd beruflich hierherkommen musste, fand ich die Stadt mal so richtig doooof. Privat kommt sie ganz anders daher. Ich mag die Häuser, die breiten Straßen, den irgendwie vollkommen reduzierten Autoverkehr, das viele Grün, das viele Wasser, das kulturelle Angebot. Aber Berlin wird auch überrannt. Es wird von Jahr zu Jahr touristischer und damit einhergehend auch teurer. Auf dem Heimweg sprachen mich auf dem Ku’damm die Damen vom Gewerbe auf englisch an. Wie sich hier die Preise entwickelt haben, vermag ich aber nicht zu sagen.

So, morgen letzter Tag. Schade. Programm gibt es noch keines, außer dass ich am Abend in Kreuzberg verabredet bin. Da freue ich mich auch schon drauf. Tisch ist reserviert, vielleicht esst Ihr ja virtuell mit.

Liebe Grüße, Euer

Wer den Krautsalat findet, markiert ihn bitte…

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