Ihr Lieben!
Ich erwähnte es bereits. Sieben Stunden Flughafen Bukarest!! Man hätte ja für drei oder vier Stunden in die Stadt reinfahren können. Aber mit Handgepäck und Sicherheitskontrollen und einstündiger Hin- und Rückfahrt? Zudem ich ja erst kürzlich ein paar Tage dort war. Außerdem war ich hundemüde, denn ich schaffte es nur, drei Stunden zu dösen, da gegen 21 Uhr das Kind vom Nachbarzimmer aus zu plärren anfing und nicht wieder aufhörte. Gar nicht. Mehrere Stunden. Hatte ich erwähnt, dass das Hotel extrem hellhörig ist? Ich duschte daher (übrigens Mango-Duschgel, ich fühlte mich danach zum Anbeißen – zumal ich ja auch in etwa die Form… äh…), schaute einen weiteren belanglosen Film, packte, kochte mir einen Bottich leckeren, löslichen Kaffees und rief mir gegen 2 Uhr ein Taxi.
Der Flughafen Chișinău ist relativ klein, es gibt weniger als 20 Schalter und gerade mal vielleicht 10 Gates. Aber die Zahl der Reisenden hatte in den vergangenen Jahren unglaublich zugenommen, wie auch Aleks zu berichten wusste. Daher war die Schalterhalle knüppelsvoll, der Security-Check mühsam und die Abflughalle völlig überlaufen. Übrigens kein Souvenirstand dort, d.h. keine Kühlschrankmagneten. Dennoch kamen wir pünktlich (HAHA!!!) weg. Auf dem Feld stockte mir erst einmal der Atem. Propeller war ich zwar schon, wenn auch lange nicht mehr geflogen, aber in so einer vorsintflutlichen Kiste…? Sah aus wie ein Lada mit Flügeln. Immerhin passte die Flugbegleiterin gut zur Maschine, sie hatte eine halbe 60er-Jahre Beehive-Frisur. Wie man sieht, haben wir es überlebt. In Bukarest dann erst Passkontrolle (rein in die EU), dann erneuter Sicherheitscheck (EINE Mitarbeiterin für 5000 Transitpassagiere!), dann wieder Passkontrolle (raus aus der EU). Ich suchte mir ein Café mit einer Bank, die an eine Wand angrenzte, und döste dreieinhalb Stunden bei einem Iced Latte und einem Wasser. Als mein Rücken nicht mehr mitmachte, lief ich erst ziellos herum, wechselte in ein anderes Etablissement und gönnte mir einen Sekt. Wenn schon hinüber, dann auch richtig.

Die restliche Wartezeit am Henri Coandă-Airport nutzte ich dann für ein Resümee zu meiner ersten Etappe. Also, das war ein schöner Auftakt. Chișinău ist ganz interessant, man kann tolle und lehrreiche Ausflüge in die Umgebung machen. Es gäbe auch noch weitere Burgen, Städtchen, Klöster, Naturparks, andere Weingüter zu erkunden, es liegt ja alles einigermaßen beisammen. Sogar eine zweite Autonomieregion gibt es, allerdings ist das Verhältnis Chișinăus zu Gagausien [gagaˈuːziən] im Gegensatz zu Transnistrien fast ungetrübt.
Man tut gut daran, eine Taxi-App vorzuinstallieren, zuhause schon eine eSIM zu aktivieren und Geld vor Ort nicht am Automaten zu ziehen, sondern nur geringe Mengen Euro an einer Wechselstube in kleine Lei-Scheine zu tauschen. Fast überall kann mit Karte (ich habe extra eine für Auslandseinsätze ohne Gebühren) bezahlt werden. Außer in Transnistrien, für dessen Besuch man zudem einen Pass mitnehmen muss, ein Personalausweis reicht nicht aus. Und für den Besuch eines Weinkellers eine warme Jacke sowie saubere wollene Unterwäsche ohne Löcher; kann ja immer mal was passieren und wie steht dann die Familie vor den Rettungssanitätern da?
Das Urlaubsleben ist sehr preiswert, ich schrieb es hier und da schon. ÖPNV umgerechnet 30 Cent, eine sehr gute Flasche Wein im Supermarkt oder Alko-Shop unter 5 Euro. Im Restaurant 15 Euro. Ein halber Liter Bier durchschnittlich 2 Euro. Für Essen habe ich nie mehr als 20 Euro ausgegeben, inklusive Wein und Wasser. Verständigen muss man sich halt auch mal mit ausladenden Gesten, eine schöne Übung für die nächste heimatliche Partie Scharade. Ja, und mit der Griesgrämigkeit der meisten Menschen… da muss man durch. Wahrscheinlich sind es alle herzensgute Menschen.
Um 13 Uhr ging es weiter nach Belgrad. Ein noch heruntergekommener Propeller wartete auf uns. Dafür war der aber nicht so voll und ich hatte meinen Nebensitz frei. Am Flughafen Belgrad lief alles wie am Schnürchen. Das Gepäck wartete schon am Ausgang. Ich war noch nie so schnell vor einem Flughafengebäude! Da stand dann auch ein Bus, in den ich schnell reinhüpfte, weil ich vorne etwas mit Zentrum gelesen hatte. Niemand wollte Geld von mir. Irgendwann bekam ich spitz, dass der Bus aber doch nicht richtig fuhr und stieg aus und nahm einen anderen. Kein Geld. Aber ein netter Fahrer, der meinte, ich müsse eine Station weiter aussteigen und eine Treppe zu einem anderen Bus laufen. Leute, ich dachte zuerst, der verarscht mich. Ich befand mich in einem Betondschungel, der einer Müllkippe glich. Durch einen Haufen Müll lief ich anderen Menschen hinterher, von denen ich annahm, dass die auch zu einer Bushaltestelle wollten. Keiner sprach englisch. Aber es gab dann tatsächlich eine. Ein Bus kam, ich fragte in die offene Tür hinein, ob der Bus ins Zentrum fährt. Keine Reaktion. Na super. Hinter mir dann die ersehnte Hilfe, ich solle einfach mit ihnen, einem jungen Pärchen, sie hochschwanger, mitfahren und – laufen. Er, eigentlich Montenegriner aus Kotor, hatte irgendwas mit Cargoschifffahrt zu tun und war auf der ganzen Welt unterwegs. Wir versicherten uns gegenseitig, dass wir in den jeweils schönsten Städten unserer Länder zur Welt kamen. Ja, und dann war ich an der Skadarska-Straße, wo mein Hotel ist. Wieder ohne bezahlen. Des Rätsels Lösung: Der ÖPNV in Belgrad ist für alle frei. Ist das mal geil?






Luxury Rooms heißt das Hotel. Wenn nicht immer solche Namen so hohe Erwartungen wecken würden… Aber es ist ein tolles Zimmer, mit Optimierungschancen. Ich trank ein Bier aus der eiskalten (!) Minibar, nistete mich ein und begab mich auf Entdeckungsreise in der Umgebung. Skadarska-Straße, Platz der Republik mit Nationaltheater und Nationalmuseum, Präsidentenpalast, die Markus-Kirche. Erst einmal alles von Außen. Und dann kündigte sich eine Schlechtwetterfront an, was mich zurück zu meiner Straße führte, aber nicht ohne noch kurz über den Markt zu schlendern, der natürlich um diese Uhrzeit fast ausgestorben war. Ich kehrte in die Boem Bar neben dem Hotel ein und aß eine Pljeskavica, eine sehr interessante Interpretation eines Burgers. Und wartete das Ende des Regens ab. Und wartete. Und wartete. Ich schrieb mein Tagebuch. Und wartete weiter. Laut Regenradar war alles schon vorüber.















Als es nur noch nieselte, sprintete ich zum Hotel. Zu einem Supermarkt musste ich gottseidank nicht mehr, denn die drei Flaschen Wein von Chișinău hatte ich alle wohlbehalten im Koffer über zwei Ländergrenzen spediert!
Mein erster Eindruck von Belgrad? Tja, die Schönheit erschließt sich vielleicht erst beim 87. Mal hingucken. Viel Soli hat die Stadt auf jeden Fall nicht erhalten. Es dominieren schreckliche Klotzbauten. Vieles ist verrottet, wobei wohl einiges auf das Konto der Operation Allied Forces ging. Kurz und bündig: Schön ist anders, aber ich werde wohl noch Kleinodien entdecken. Aber hey! Man fährt kostenfrei im ÖPNV!
Tja, und was soll ich sagen, ich bin so kaputt, ich gehe früh zu Bett und schlafe mal lange aus. Morgen schauen wir uns dann die Festung und die zweitgrößte orthodoxe Kirche der Welt an. Ihr schaut doch mit, oder? Euer

P.S.: Hier ist schrifttechnisch alles doppelt verwirrend, da man sich nicht darauf einigen kann, ob nun lateinisch oder kyrillisch geschrieben werden soll.
P.P.S.:
