Ihr Lieben!
Die klösterliche Pflaume konnte ich gestern Abend nicht auftrinken, die hat mir fast die Speiseröhre verätzt. Fühlte sich nach 98 Umdrehungen an, fand aber keinen Hinweis auf dem Fläschchen. Die Nacht war anfangs sehr laut. Man fährt hier als junger Spund bevorzugt hochmotorisiert und liefert sich ganz offensichtlich gerne Rennen. Da wollte wohl jemand, dass ich mich wie zuhause fühle.
Die kulturelle Hauptstadt (was auch immer das bedeuten mag) des Kosovo ist lt. Lonely-Planet-Reiseführer Prizren. Ich überlegte ja schon gestern, dann mal dort hinzufahren. Aber meine Recherchen beim Frühstück ergaben, dass ich dort eine Festung, eine serbisch-orthodoxe Kirche und eine Moschee vorfinden würde. Und dafür sechs Stunden im Bus sitzen bzw. darauf warten? Och nö… Dann doch nicht.
Ich beschloss, heute einfach mal einen auf ganz gemütlich zu machen. Ich hatte hier noch keinen Markt besucht, das machte ich dann als erstes heute. Hier ein paar Impressionen (man achte auf die Trauben aus meiner Geburtsstadt!):




Die Gegend war dann auch ganz interessant. Viele Cafés, in denen nur Männer abhingen (ohne Gay Pride Flagge), Barbershops (ich war fast versucht), eine Brautmodenstraße, unglaublich viele Juweliere. Kitsch wird hier hoch angesehen. Man kann preiswert Klamotten kaufen, aber über die Qualität kann ich natürlich nichts sagen. Apropos: Mein weißes Original-Armani-Shirt habe ich schon mit einer Tomatenscheibe veredelt. Mist. Ich weiß schon, warum ich grundsätzlich keine weißen Oberteile mag.
Es sollte einen archäologischen Park geben. Naja, da war irgendwas, aber das war geschlossen. Ich schlenderte stattdessen zum Stadtpark, in dem ich zu meiner großen Freude ein entzückendes Gartencafé vorfand. Ich bestellte einen Macchiato und plauderte mit dem Inhaber des kleinen Verkaufshäuschens. Auf deutsch natürlich. Es ist wirklich erstaunlich, wie verbreitet das hier ist. Vielleicht sollte ich hier als Lehrer arbeiten, wenn ich in Rente bin.








Auch an Schlendrian-Tagen vergeht die Zeit, Nickerchen im Hotel war angesagt. Danach zur Soma Book Station. Laut Reiseführer der angesagteste Ausgehspot Pristinas. Schon etwas besonderes, aber nicht besonders voll. Touristen sind halt noch sehr rar. Der Aperol-Spritz ist dafür aber hochpreisig und mit ca. 20 Eiswürfeln gestreckt.
Ich wanderte noch einmal den Mutter-Theresa-Boulevard rauf und runter, ließ mir Parfüm in einem Laden mischen, Note „Orientalische Nächte“ mit etwas Himbeere im Abgang, und begab mich frisch eingedieselt zu meiner Bierterrasse des ersten Tages. Ich war diesmal der einzige Gast. Während ich da so saß, kamen ein paar seltsam gewandete Männer an mir vorbei. Was das wohl wieder zu bedeuten hatte!? Überhaupt ist es die perfekte Glotz-Location.






Bevor ich essen gehe, noch etwas Plauderei. In den 70er Jahren war ein Rotwein namens Amselfelder sehr beliebt. War jetzt nicht der Brüller, sehr „lieblich“. Aber ging weg wie warme Semmeln. Ja, und dieses Amselfeld liegt bei Pristina. Der Wein kam allerdings von etwas weiter weg. Der Name Kosovo leitet sich möglicherweise von der Amsel ab, da gibt es einen populären Mythos zur Schlacht auf dem Amselfeld, Ende des 14. Jahrhunderts. Getötete Kämpfer der serbischen Streitmacht hätten sich in Amseln verwandelt. Ob’s stimmt? Naja, ich war nicht dabei. So, Bildungsauftrag für heute beendet.
Um die Ecke gibt es ein albanisches Restaurant, Albanezi, im Netz höchstgelobt. Da ließ ich mir Rippchen empfehlen und Wein aus der Gegend. Nein, war keine rote Plörre vom Schlachtfeld… Sehr leckerer Weißer. Der Kellner, Ihr ahnt es schon… Familie in Dortmund, Magdeburg und Stuttgart. Aber wir sprachen dann doch englisch, weil sein Deutsch noch in Kinderschuhen steckte. War sehr lecker, das Essen.





Es ging ans Packen. Ich lebte nun schon 16 Tage aus dem Koffer. Entsprechend musste ich mal aufräumen. Wo wohnen eigentlich die Hempels jetzt? Danach noch ein paar Bilder hier hochladen und dann zum Abschied leise Servus schluchzen. Naja, war schon bisserl anstrengend, daher ist jetzt auch gut. Freue mich auf meine vier Wände.
Morgen gibt es noch ein Resümee mit ein paar Tipps, falls Ihr auch mal über den Balkan lustwandeln wollt.
Gute Nacht, wir sehen uns in Deutschland! Euer

P.S.: Der Klosterwein ist grauenvoller Essig! Ich musste gerade noch mal in den Supermarkt!