Ihr Lieben,
heute früh war es total zugezogen, so dehnten wir das Frühstück erst einmal ziemlich aus. Das Hotel wird immer voller, und man ist mit der Organisation des Frühstücks ziemlich überfordert. Wir sind froh, dass wir immer ein Plätzchen auf der Terrasse finden. Dort hält sich der Trubel in Grenzen.
Gestern Abend haben wir noch versucht, herauszufinden, wie man eine Bootsfahrt von Palma aus unternehmen könnte. Es war wohl etwas zu kurzfristig, denn die online angebotenen Touren waren entweder ausgebucht oder nicht nach unserem Gusto. So sind wir heute auf gut Glück zur Anlegestelle in der Nähe des Auditoriums gefahren, um eventuell einen freien Platz auf einem der dort abfahrenden Boote zu ergattern. Wir hatten Glück: eine Viertelstunde nach unserer Ankunft am Pier fuhr ein Boot der City-Sightseeing-Linie ab. Es war eine sehr nette kleine Kreuzfahrt durch den Hafen, wir bekamen auch ein kleines Häppchen Iberico-Schinken aufs Haus. Das Wetter hatte sich stark gebessert und wir hatten schöne Blicke auf die Silhouette von Palma und einen Einblick in den Hafen. Wir hätten die Hafenrundfahrt noch etwas ausdehnen können, indem wir zu unserem Startpunkt zurückkehrten, entschieden uns aber schon am Schiffsanleger in Höhe der Kathedrale auszusteigen, um ein schönes Plätzchen zum Chillen und Auftanken zu finden.
Leute, Leute, Leute! Die Stadt war brechend voll, kein freies Plätzchen, das auch nur irgendwie von einem Fitzelchen Sonne beschienen war, selbst bei den Schattenplätzen standen die Menschen schon Schlange. Wir suchten also das Innere des Cafés Born 8 auf, was sich als geniale Idee erwies, denn dort war es schön ruhig. Von der Passeig des Born nahmen wir dann ein Taxi nach El Arenal, zur Schinkenstrasse. Nein, keine Angst, wir haben keine Persönlichkeitsveränderung durchgemacht. Aber am Eingang zur Schinkenstraße liegt auf der anderen Seite die „Kirche aus Glas“, la Iglesia de Cristall. Das ist eine recht moderne und sehr sehenswerte Kirche mit spektakulären Kirchenfenstern in schillernden Farben.
Die Taxifahrt dorthin war auch beeindruckend, denn ich habe tatsächlich jedes Wort des Taxifahrers verstanden, obwohl er wie ein Wasserfall quasselte. Aber ich glaube, er hat sich sehr viel Mühe gegeben, so zu sprechen, dass ich und Erika folgen konnten. Er hat sich auf jeden Fall wie Bolle gefreut, dass deutsche Touristen Spanisch lernen (wie in meinem Fall) bzw. schon beherrschen (wie bei Erika). Er schien sowieso sehr deutschenfreundlich gesinnt, denn er schwärmte von den Touristen des Ballermann, verteufelte aber die Touristen aus Magaluf. Kann natürlich auch sein, dass er sein Fähnchen dabei an den zu transportierenden Touristen ausrichtet. Die Kirche ist auf alle Fälle ein architektonisches Prachtstück. Ein Besuch lohnt sich definitiv! Es war zuerst auch einiges los, wobei Erika und ich den Altersdurchschnitt der Besucher vor Ort deutlich gesenkt haben. Aber nachher wurde es etwas ruhiger und wir konnten die meisterlichen Glasarbeiten gebührend bewundern.
Aus Gründen der Bequemlichkeit sind wir dann wieder mit dem Taxi zurück nach Ses Illetes gefahren; also umgerechnet hat uns der Eintritt in die schillernde Kirche eine Stange Geld gekostet. Aber die Zeit, die man spart, die Bequemlichkeit, die man genießt, das ist ja auch alles etwas wert. Auf der Hotelterrasse tranken wir Tinto de Verrano, Sommerrotwein. Nein, der heißt nicht so, weil die Trauben im Sommer geerntet werden, sondern weil der Rotwein mit Limonade verdünnt wird und so sehr erfrischend ist. Sehr zu empfehlen, auch fürs Nachmachen zu Hause.
Wir trennten uns kurz, damit jeder vor sich her kruscheln konnte (das Blogger-Geschäft ist übrigens BRUTAL! – statt mich dort zu erholen, schrieb ich auf dem Balkon*), und begaben uns abends mit dem Bus nach Cala Millor. Erika hat ein Fischrestaurant ausfindig gemacht, das „Parada del Mar“. Im Internet wurde unter anderem deren Fischdégustation angepriesen, eine Platte mit acht verschiedenen Sorten. Das wollte ich mir doch nicht entgehen lassen.
= = = W E R B E P A U S E = = =
Ach, Ihr Lieben. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Es fing damit an, dass der EMT-Bus justamente vor dem Hotel vorfuhr, als wir es verließen. Der Fahrer winkte uns auf unseren Haltewunsch hin hämisch zu, quasi ein Stinkefinger für die doofen Touristen. Um so erstaunter waren wir dann, dass die Taxifahrt nur wenig teurer als der Bustransport war. Hm. Am Restaurant angekommen dann die Horrorfragen aller Fragen: „Haben Sie reserviert?“. Nö. Ausgebucht die nächsten zwei Stunden. Heißa.
Wir beschlossen, etwas anderes und einladendes zu finden. In Cala Major. Einladend. In Cala Mayor**. Ähm. Wir guckten in den ein oder anderen Laden und aus Verzweiflung auch mal auf Speisekarten und fühlten uns falsch. Wir setzten uns auf den Bürgersteig und vergossen bittere Tränen! Also…. fast. Wir konsultieren TripAdvisor- und Google-Bewertungen. Bis wir vor einem – nach außen hin so scheinenden – Steakhaus stoppten. „Da steht zumindest Oktopus auf der Karte“, hauchte ich mit letzter Kraft. „Ich habe so einen Hunger!“. Im Eingangsbereich wurde dann diskutiert, ob unser Dasein mit den Reservierungen korrelierte. Unsere Dankbarkeit kannte keine Grenzen, als man ein Tischchen für uns fand. Was soll ich sagen? Ein unscheinbares, bei Google gar nicht so toll bewertetes Restaurant? Ich gebe 5 Sterne! Super aufmerksamer Service, exzellentes Essen, alle Saucen und Desserts hausgemacht. Guter Wein, überragende Qualität des Essens! Wir hatten so tolle Dinge auf dem Teller! Pastetchen, Hausmacherwurst, Rindermagen, Kronfleisch, Mandeleis….
Als wir noch nicht wussten, was wir bekamen und Erika sich die Hände wusch, reservierte ich dann online für morgen einen Tisch im Fischladen für mich alleine. Ich gestand meine Missetat aber sofort. Insgesamt müssen wir aber mal in die Welt tröten: Geht ins „Parilla Buenos Aires“.
Wir fuhren wieder Taxi, nahmen einen Terrassenabsacker und waren uns einig, dass der Tag überraschend, aber sehr stimmig war. Soll man wirklich so viel Geld für den Besuch einer Kirche ausgeben? Ja, soll man, sie war ein Erlebnis! Muss man 13,50 Euro für eine banale Bootsfahrt ausgeben? Ja, muss man. Wird einem von ungewohntem Essen wie Bauernwurst, Oktopus oder Rindermagen übel? Nein, es ist köstlich.
Ach, ich will ja nicht zu sehr schwärmen, um Euch nicht neidisch zu machen…. Gelogen! Seid Ihr morgen trotzdem wieder dabei?
Liebe Grüße, Euer Gerry
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** ) Fragen Sie Ihren örtlichen Sprachwissenschaftler
***) Mit der Überschrift wollte ich Euch nur erschrecken!