Tag 5: Torgau und Leipzig

Ihr Lieben!

Am späten Abend rumorte es in der Gemeinschaftsküche. Als ich mir meinen Wein aus meinem Kühlschrankfach abholte, stolperte ich eine riesige Gruppe fremdländischer Menschen, die dort gemeinsam ein Abendessen zubereitete. Als ich einen guten Abend wünschte und sie meiner gewahr wurden, schauten sie dermaßen verschreckt, ich bin froh dass niemand ein Tintenfass nach mir geworfen hat. Dieses Cranach-Haus gefällt mir ganz gut. Es ist relativ einfach, hat aber viel Charme, auch dadurch, dass es als Begegnungsstätte international besucht ist.

Beim Besuch des Lutherhauses war ich fast alleine, das war eigentlich sehr schön, denn so konnte ich alles genau anschauen, ohne im Weg zu stehen oder warten zu müssen. Hier ist natürlich Luther satt. Es gibt gefühlte 50.000 Gemälde und 20.000 Büsten. Dazu Bildnisse von allerlei anderen Theologen, Landesherren, Mitgliedern der Universität und so weiter und so fort. Als einzige Frau war Katharina von Bora vertreten. Jedenfalls soweit ich das beobachten konnte. Dann die Lutherstube, das bekannte Portal, die Handschriften… Definitiv ein Muss auf einer Lutherreise!

Weiter ging es nach Torgau, wo Luther, Bugenhagen, Melanchthon, Jonas und andere die sogenannten Torgauer Artikel veröffentlichten, die in das Augsburger Bekenntnis mündeten. Torgau ist gleichzeitig die Geburtsstätte Friedrichs, des Weisen, als auch die Grablegungsstätte der Katharina von Bora.

Mein erster Halt hier war Schloss Hartenfels, welches nicht nur eine von Luther geweihte Schlosskirche aufweist, sondern im dritten Reich auch das Reichskriegsgericht beherbergte. Es ist laut Wikipedia „das größte vollständig erhaltene Schloss der Frührenaissance Deutschlands“. Und wer DEFA-Filme mag: Hier wurde „Dornröschen“ gedreht. Ich erklomm die gefühlten 5.000 Stufen des Hausmannsturms, es sind natürlich nur 164, um auf einer 5 cm breiten Austrittsplattform wegen der Anstrengung reanimiert zu werden, wieder in Ohnmacht zu fallen, diesmal wegen des Höhenkollaps, um dann einen wunderbaren Ausblick zu genießen. Warum tue ich mir solche Sachen eigentlich immer wieder an? Es ist und bleibt ein Mysterium.

Im Graben des Schlosses werden übrigens Bären gehalten. Wahrscheinlich auch nicht schlechter als im Zoo, aber irgendwie sitzen die ja ewig auf diesem kleinen Areal fest.

Die Stadtkirche St. Marien bewahrt die sterblichen Überreste der Katharina von Bora, von ihrem Mann liebevoll „Herr Käthe“ genannt. Sie floh zum wiederholten Male aus Wittenberg vor der Pest und starb sechs Jahre nach ihrem Mann in Torgau. Als einziger Besucher der Kirche bekam ich eine kleine Privatführung vom Aufpasser, der mir geduldig sehr viele Dinge erklärte, so z.B. warum man nicht weiß, wo genau Katharina von Bora begraben liegt; das lag an vandalisierenden napoleonischen Soldaten. Er erklärte einige kunstgeschichtlich wichtige Objekte in der Kirche, zeigte mir noch das Grab von Sophie von Mecklenburg und erzählte mir von Berichten seiner Großmutter über die schrecklichen Geschehnisse während der NS-Zeit. Torgau war berüchtigt für die Brutalität, mit der Häftlinge behandelt wurden. Ein düsteres Kapitel der Stadtgeschichte.

Torgau verfügt auch über eine wundervolle kleine Altstadt, die musste ich natürlich auch besuchen. Auch hier ist wieder der Rathausplatz besonders sehenswert. Der Besuch von Torgau hat mir sehr gut gefallen.

Weiter ging es nach Leipzig. Luther war dort nach einer theologischen Disputation, die dem Herzog Georg nicht behagte, nicht mehr gern gesehen. Aber Leipzig war Handelsmetropole und eines der Zentren der Buchdruckkunst. Von hier aus verbreiteten sich seine Schriften rasant. Sein Widersacher, der Ablasshändler und Dominkanermönch Tetzel hatte sein Grab in der Paulinerkirche, die aber Ende der sechziger Jahre durch das DDR-Regime gesprengt wurde. Ob Tetzel vorher umgebettet wurde, entzieht sich jetzt meiner Kenntnis. Aber vielleicht hat er sich ja selbst einen Ablassbrief gegönnt und ist so zumindest dem himmlischen Fegefeuer entkommen.

In Leipzig kam ich etwas später an als geplant, so dass ich meinen Schlüssel fürs Hotel aus einer Box holen musste. Ich musste allerdings auch mindestens 30 Minuten durch die Straßen kurven, um einen Parkplatz in der Nähe des Hotels zu finden. Vielleicht hätte ich einfach in den sauren Apfel beißen und einen Parkhausplatz für zwei Tage bezahlen müssen. Naja, so stehe ich halt zwei Blocks weiter.

Nach kurzer Rast lief ich auf gut Glück in die Innenstadt und schaute mit das ein oder andere an. Neues Rathaus, altes Rathaus, Thomaskirche, Auerbachs Keller…

Da ich aber für morgen früh eine Stadtführung gebucht habe, lasse ich es dann für heute auch gut sein, und trödele mich so in den Abend hinein. Ehrlich gesagt, es ist ja nach gewisser Zeit bei einer solchen Reise auch der Punkt erreicht, wo man vom Sightseeing die Schnauze gestrichen voll hat. Diesen Punkt habe ich scheinbar heute Mittag erreicht. Es gab vor langer Zeit im Stern mal einen Cartoon von, ich meine es sei Neugebauer gewesen, der den Untertitel trug „Es hat sich ausgekathedrahlt!“. Morgen Mittag treffe ich mich nach der Führung dann mit Matthias, und wir werden zusammen nach Altenburg fahren. Fahrt ihr weiter mit?

Liebe Grüße, Euer Gerry

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