Nil, Tag 3: Kom Ombo und Edfu

Ihr Lieben,

von wegen „nicht mehr früh aufstehen“… Für 7 Uhr (jaja, ich weiß, das geht ja noch) war ein Spaziergang zum Doppeltempel von Kom Ombo angesetzt. Ich war fast versucht, im Pyjama dorthin zu gehen. Der Mitmenschheit zuliebe habe ich mich aber doch entschlossen, etwas anderes anzuziehen. Das Schiff hatte schon um 4 Uhr früh Assuan verlassen, davon wurde ich denn auch wach, denn unten im Schiffsrumpf, wo ich zu Hause bin, plätschert es bei Fahrt melodisch, aber auch deutlich hörbar.

Vom Doppeltempel ist nicht nicht viel erhalten geblieben, dennoch ist es eine sehr interessante Anlage; der Tempel ist zwei Gottheiten gewidmet: dem krokodilköpfigen Gott Sobek und dem falkenköpfigen Gott Horus. Da der Tempel in Edfu ebenfalls dem Horus geweiht war, nannte man den hiesigen Doppelhaushälftengott „den kleinen Horus“. Unser heutiger Reiseleiter war wieder Ahmed. Er hat zu großen Teilen leider fast wortwörtlich Vortragsinhalte wiederholt, die wir auch schon am Philae-Tempel gehört hatten. Er ist bestimmt kein schlechter Reiseleiter, aber wir hoffen inständig, dass wir am Ende der Reise seinen Vortrag nicht auswendig können. (Ich schreibe dieses Tagebuch ja in Etappen, daher Spoilerwarnung: auch in Edfu hörten wir das gleiche!)

Eine Besonderheit des Tempels des Sobek ist, dass man dort viele mumifizierte, in Sarkophagen beigesetzte Krokodile fand. Diese kann man jetzt im Krokodil-Museum um die Ecke besichtigen. Anschließend ging es dann zum Frühstück, heute wurden auch arabische Spezialitäten präsentiert, wie z.B Shakshuka oder Baba Ganoush. Etwas ungewöhnlich für Frühstück, aber sehr lecker. Nach dem Frühstück fuhr das Schiff weiter Richtung Edfu.

Am Nilufer vorbeizugleiten, hatte ich mir in etwa fast so erträumt, nur dass es in Wirklichkeit noch viel, viel schöner ist! Man sieht Fischer, Landwirte, Tiere, Tempel, Ansiedlungen, alles eingebettet in eine prächtige Landschaft aus viel Grün, mit einem bisschen Gebirge und einem bisschen Wüste. Und allesbestimmend der mächtige Strom! Es ist einfach nur wunder-, wunder-, wunderschön!! Ich hatte fast Pipi in den Augen. Vielleicht auch, weil dieser langersehnte Wunsch sich endlich erfüllt hat.

Fast vier Stunden schipperten wir nach Edfu, in der Zeit kamen uns Dutzende Schiffe entgegen (es gibt etwa 300 touristische Kreuzfahrtschiffe auf dem Nil!), oft tröteten sie sich gegenseitig an. In einem Ort standen Dutzende Kinder am Ufer, die uns quasi frenetisch zujubelten. Auch von Baustellen am Ufer winkte man uns wild zu. Bei der Masse der Schiffe ist das natürlich eine zeitraubende Aufgabe. Ich hoffe, man hat sich gefreut, ein so besonders schönes Schiff zu sehen, sonst wären man ja den ganzen Tag mit Winken und Rufen beschäftigt.

Ja, und dann kamen wir in Edfu an und es wurde ein bisschen problematisch. Man wisse, dass einige Gäste das nicht goutierten, aber es gäbe nicht genügend Tuk-Tuks und einen Bus sowieso nicht, also hätte man sich entschlossen, für die Fahrt zum Tempel Pferdedroschken anzumieten, so die Reiseleitung. Zu Fuß sei die so wichtige historische Stätte von der Anlegestelle zu weit entfernt. Unsere Begeisterung hielt sich in Grenzen, aber der Horus-Tempel von Edfu ist tatsächlich ein Highlight der Reise. Wir nahmen die Kutschen. Die Pferde sind ausgemergelt, man kann die Rippen zählen; auf der Fahrt zum Tempel hat das Pferd von Ottos und Rolfs Kutsche den Dienst verweigert, man musste eine neue Kutsche rufen. Unser Pferd (ich teilte mir die Kutsche mit Monika) war auch in bedauernswertem Zustand, aber unser Fahrer peitschte es wenigstens nicht brutal aus, wie es andere berichteten. Long Story short: Die nächste angebotene Kutschfahrt mache zumindest ich (aber ich denke, auch die anderen) nicht mit und werde auch einen entsprechenden Hinweis an Phoenix-Reisen schicken. Klar sollen Kutscher und Pferde nicht ihren Lebensunterhalt verlieren, aber es muss verplichtende Regeln für einen Mindeststandard geben. Dann kostete die Fahrt halt 10 Euro mehr.

Aber zum Tempel: Der ist ein Highlight. Kein Highlight war, dass wir tatsächlich zu 80 oder gar 90 % wieder den gleichen Vortrag hörten. Begründet damit, dass ja nicht alle Mitreisenden an allen Tempeln zugegen waren. Das war dann so ermüdend, dass ich Teile des Gotteshauses des Horus auf eigenen Pfaden erkundete.

Schon das Eingangsportal ist imposant! Die anderen Gemäuer hier stehen dem aber fast nichts nach. Viele der Reliefs sind allerdings durch die ersten ägyptischen Christen als verfluchte Götzenbilder zerstört worden. Es gibt dennoch ausreichend Stoff zum Staunen! In einer der inneren Kammern kann man noch außergewöhnlich gut erhaltene Farben an den Wänden erkennen. Es gibt wundersam schöne Reliefs (eine für mich sehr ungewöhnlich intim anmutende Umarmung zwischen Mutter und Sohn), eine Nachbildung der in der Mythologie bekannten Götterbarke, die Hallen sind imposant wie nix… Ich würde mal sagen: „Prädikat äußerst sehenswert“.

Der Reiseleiter entließ uns mit dem Zuruf „Wir treffen uns draußen“, was bei einigen Mitreisenden zu Verwirrung führte. Draußen könnte ja der Hof sein, der Kutschplatz oder sonstwo. Monika und ich verstanden dies als Aufforderung, nach Hause fahren zu dürfen, da waren andere schüchterner. Wir mussten aber auch noch an Mustafa Ali vorbei, der uns bei der Ankunft am Tempel sofort mit Tüchern behängte, seine Manager-Business-Card in die Hand drückte und auf ein ertragreiches Wiedersehen hoffte. Also, das blaue Tuch mit güldenen Plastikpailletten stand Monika (wir hießen bei bei Mustafa „Heidi Klum“ und „Rambo“) zwar ausgesprochen gut, aber wir wollten dann nichts kaufen, was M.A. sehr enttäuschte. Das Tuch gaben wir natürlich zurück. (Ich werde jetzt nicht wieder über meine Liebe zu Festpreisartikel sprechen…. ups, schon geschehen.)

Mit der Kutsche ging es zurück zum Schiff, wir gaben unserem Fahrer ein paar ägyptische Pfund als Trinkgeld und er war zufrieden. Andere Mitreisende berichteten, dass eine gleiche Summe Trinkgeld beim Fahrer für Unmut gesorgt hatte. Verstehe das einer…

Der Abend gehörte – nachdem das Schiff wieder ablegte – dem Sonnendeck, dem Speisesaal, der Entspannung. Wir legten nach einiger Zeit mitten in Esna an, wo eine rege Betriebsamkeit herrschte. Zwischendurch gab es wieder sehenswerte Sonnenuntergänge, auch vor Industrielandschaft, viel Schiffsverkehr und den ein oder anderen Ort zu bestaunen.

Das war wirklich ein genialer Tag. Ich kann gar nicht oft genug betonen, wie begeistert ich gerade von der Schiffspassage bin! Dazu noch Tempel und ägyptische Küche, Mythologie und eine fantastische Schiffscrew. Ein Träumchen!

Es ist wieder spät geworden. Aber da morgen kein strammes Programm ansteht, kann ich einen gemütlichen Tag verbringen und vielleicht noch die ein oder andere Anekdote der letzten Tage für Euch und mich aufschreiben.

Bis denne vielleicht, Euer Gerry

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