Ihr Lieben,
irgendwie habe ich da was verwechselt. Ich dachte zwar, ich hätte Urlaub, stehe aber dauernd mitten in der Nacht auf. Naja, heute war es einigermaßen zivil. Zwar informierte man mich gestern, dass die mitgebuchte Abholung direkt am Hotel nicht durchgeführt werden könne und ich zum Büro kommen müsse, aber da es nur 5 Minuten Fußweg entfernt ist, ist mir auch das gelungen. Es war eine ziemlich große Gruppe, die sich da vor der Agentur knubbelte. Hm.
Ziemlich pünktlich fuhren wir in einem schon betagten Bus los und unser Reiseleiter Adis zeigte während der Vorbeifahrt noch das ein oder andere in Sarajevo, wo ich gestern noch nicht hingekommen war, wie z.B. Präsidentenpalast und Parlament. Unser erster Stopp war dann Konjic, das unter anderem für die dortige Schnitzkunst bekannt sein soll, die sogar in das Immaterielle Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen wurde. Zweitens gibt es eine Brücke, die mehrmals zerstört und einigermaßen originalgetreu wieder aufgebaut wurde. In der Stadtsilhouette fällt zudem ein Minarett auf, dessen obere Hälfte fehlt. Die ist dem Erstbombardement im Jahr 1992 zum Opfer gefallen und der Turm soll als Mahnmal so erhalten bleiben.







Wir fuhren und fuhren und fuhren und fuhren… es gab zwar Zeitangaben, wie lange wir von welchem Punkt zu welchem unterwegs sein sollen, aber diese beruhten offensichtlich nicht auf wissenschaftlichen Berechnungen. War vorher die Landschaft zumindest idyllisch, majestätisch, sehr grün und abwechslungsreich, so lag jetzt der Schwerpunkt deutlich auf Industriegebiet und Einöde. Mitten in der Pampa hielten wir an einer unattraktiven Tankstelle an, für Toilettenpause und Snackeinkauf.
Die dann angekündigten 45 Minuten zum nächsten Ziel wurden um eine halbe Stunde überzogen, der Bus ruckelte weiter durch die Einöde und legte zwischendurch auch mal die ein oder andere Vollbremsung hin, die uns aus den Sitzen schmiss. Gegen 12:30 Uhr waren wir dann in Kravica, bei den berühmt-berüchtigten Wasserfällen. Sagen wir mal so, wer schon mal an den Victoria Falls war… naja, es ist ganz nett. Leider völlig überlaufen. Ein kleines Disneyland. Man kann schwimmen, fressen, saufen und sich im Boot über einen See paddeln lassen. Auf und Abstieg waren sehr beschwerlich, denn die angekündigte Fahrt mit der Bimmelbahn war gestrichen.





Ab da ging es dann aber verhältnismäßig zügig und die Attraktionen wurden auch interessanter. Wir besuchten die wirklich sehenswerte mittelalterliche, unter dem Schutz der UNESCO stehende Stadt Počitelj, die wir von der oberen Festung bis zur unteren Moschee hinabliefen. Es gibt nur wenige Einwohner, alles ist wunderbar erhalten, aber auch sehr steil mit sehr vielen Treppen. Es gibt Stände mit selbstgemachten Marmeladen, Honig, getrockneten Früchten, selbstgepresstem Saft. Ich erstand Feigen, die Ortschaft ist voller Feigenbäume.







Von dort aus fuhren wir nach Blagaj, wo die einzige Quelle des Flusses Buna liegt; an dieser Quelle haben Derwische ein Kloster errichtet. Seit 1920 lebt dort keiner von ihnen mehr, aber es wird noch als religiöse Stätte genutzt, vor allem von Souvenirverkäufern und Restaurantbetreiben. Auch hier ist es ziemlich schön und der Ort einen Besuch wert. Aber voll, voll, voll. Und der Weg vom Busparkplatz steil.





Der Höhepunkt des Tages stand an: der Besuch von Mostar und seiner berühmten Brücke. Gestern meinte der Stadtführer, das Mostar ohne die Brücke gar nichts wäre, aber das ist nicht zutreffend, die Altstadt ist wirklich sehr sehenswert. Das finden aber auch Millionen anderer Menschen! Und alle waren sie heute hier! Das Geschiebe und Gedränge könnt ihr euch kaum vorstellen, auf der Brücke ging zeitweise gar nichts. Während wir – kurz vorher – aus der Ferne die Brücke bewunderten, sprang einer der Brückenspringer ins Wasser, den konnte ich nachher aus der Nähe betrachten. Der hatte ganz schön beeindruckende Verletzungen. Scheint also ein einträgliches Geschäft zu sein. Wir besuchten noch eine kleine Moschee und bekamen dann Freizeit. Dreimal dürft ihr raten, was ich da zuerst tat! Nach meiner kleinen Belohnung bin ich aber natürlich noch weiter durch die Innenstadt. Schon nach kurzer Zeit wird es erstaunlich angenehm, die Touristenmassen konzentrieren sich wirklich auf einen Umkreis von 100 m um die Brücke herum. Ich erstand mangels Weinkaufgelegenheit einen selbstgemachten Granatapfelschnaps, den ich mir mit Limo verdünne.








Obwohl unser Adis ein Kriegsveteran und später so etwas wie ein Sonderbeauftragter der UNO für die Kriegsfolgen war, sprachen wir erstaunlich wenig über Geschichte. Aber sie läuft einem natürlich auch insbesondere in Mostar über den Weg. Mostar war mehrmals belagert und attackiert worden. Es gibt große Friedhöfe, auf denen das Sterbedatum ganzer Felder identisch ist. Kinder dabei. Das ist erschütternd.
Die Rückfahrt zog sich und gegen 21 Uhr waren wir wieder in Baščaršija. Ich war fix und alle. 13 Stunden wahlweise in einem ausgenudelten Bussitz oder auf steilen Abhängen unterwegs. Dazu einen sehr verstörenden Sitznachbarn. Der spielte z.B. mit verkniffenem Gesicht Luftschlagzeug. Puh. Ich eilte in meine Lieblingsbäckerei, orderte zwei Bureki und nahm sie mit ins Hotel. Fettriefend und absolut köstlich! Der Hammer! Ich schaffte aber nur einen, sehr mächtig die Dinger.

Fazit des Tages? Also, der Ausflug war in Teilen ja sehr schön, aber wenn man dreiviertel der Zeit herumfährt und vor Ort nur eine kleine Führung und dann ein bisschen Freizeit hat… dazu die recht große Gruppe und der völlig unbequeme Bus… vielleicht würde ich beim nächsten Mal einen kleineren Ausflug buchen oder aber für einen Tag einen Mietwagen nehmen. Mit dem Auto kommt man hier doch recht gut von Ort zu Ort, wie mir scheint.
Morgen schlafe ich erstmal aus, weitere Pläne habe ich noch nicht. Es gibt gute Museen, aber das Wetter ist ja viel zu schön für Innenaktivitäten.
Ihr Lieben, ich hoffe, wir sehen uns morgen wieder. Bis dahin alles Liebe und Gute, Euer


Danke für die gelungene Bilddokumentation.
Es scheint sich schon um eine kleine Abenteuerreise zu handeln, wenn ich mir allein die Schilderung des Busses und der Fahrt vorstelle…
Sehr gut gefällt mir der BurekKing.
Ich freue mich auf deinen Samstagsbericht.
Viel Spass!
Ja, das war schon eine nicht alltägliche Herausforderung… 😁
Heute wird es, glaube ich, deutlich beschaulicher.
Lidbe Grüße, Gerry