Ihr Lieben,
Weltreisenden wird das Leben echt schwer gemacht. Dauernd müssen sie früh aufstehen, um irgendein Transportmittel zu bekommen. Wie meinen? Ach, das Mitleid hält sich in Grenzen? Püh. Mit Euch rede ich doch gar nicht…
Egal, jedenfalls war ich um 7 Uhr früh am Flughafen Konrad Adenauer (der heute ja fast als linksgrünversifft gelten würde, aber das nur nebenbei). Vor ein oder zwei Reisen fiel mir da mal ein gesonderter Zugang zur Sicherheitskontrolle auf. Zutritt nur mit QR-Code, hieß es da. Hm. Gestern Abend googelte ich dann mal „Zutritt Security CGN“ und fand eine Seite, auf der man kostenfrei ein Zeitfensterchen für einen gesonderten Zugang erhalten konnte. Kostenfrei. Umsonst! GRATIS!!! Ja, wo gibt es denn sowas? Das Fensterlein buchte ich mir. CGN Gateway heißt der Service.
Ob es wirklich etwas bringt? Na ja, man erspart sich das Herummäandern durch die Absperrbänder, von denen ich glaube, dass sie sowieso nur installiert werden, damit das Sicherheitspersonal etwas zu lachen hat. Am Ende landet man bei einer Priority Lane, bei der die Schlange aber genauso lang ist, wie bei allen anderen Checkpoints.
Am Flughafen stach denn wieder besonders die Malle-Fraktion hervor, die grölend Dutzende Biere orderten und mit ihren Bluetooth-Lautsprechern die Abflughalle mit gar seltwürdigen Liedern (?) beschallte. In einem Song am Nachbartisch im Café ging es (wie wahrscheinlich in allen anderen auch) um saufen, saufen, saufen. Zwischendurch das T-Wort sowie das F-Wort. Die, die sich auf bitten und schicken reimen. Nervig. Immerhin, als ich anmerkte, dass das in der Lautstärke nicht jedermanns Geschmack sei, machte man die Musik aus. Was beweist, dass Sauftouristen gut erzogen sind und ich ein grantiger, alter, missmutiger Mann, der nie Spaß hatte und ihn deswegen allen verbieten will.

Der Flug war ganz angenehm, ich hatte Beinfreiheit und einen Nachbarsitz frei, nur Angelino-Thorben-Waterblossom vor mir störte die Harmonie durch ununterbrochenes, hysterisches Gekreische etwas. Der Flughafenbus fährt dann in Alicante etwa alle 15 Minuten ins Zentrum, war aber immer hoffnungslos überfüllt; ich musste zwei Busse abwarten, bis ich zusteigen konnte.
Ich war natürlich viel zu früh in der Stadt, um mein Zimmer beziehen zu können, aber ich konnte schon einchecken und den Großteil meines Gepäcks an der Rezeption lassen. Die Rezeptionistin war super freundlich und erklärte mir ganz Alicante auf einer Straßenkarte, die ich dann behalten durfte.
Mein erster Spaziergang führte mich zum Aufzug, der Besucher zum Santa Barbara-Kastell hinaufbringt. Man muss gegebenenfalls ein wenig Geduld mitbringen, nicht viele Menschen passen in den Aufzug und die Schlange davor ist nicht kurz. Das Gelände des Castillo ist riesengroß, man kann dort wunderbar ein, zwei Stunden verbringen, hat einen prima Ausblick auf Stadt und Meer und für das leibliche Wohl ist auch gesorgt. Ich sag mal Prösterken, woll?! Aber ich lief natürlich auch rum. Übrigens, so nebenbei… bringt es eigentlich Glück, wenn eine Möwe auf einen draufsch…?Frage für einen Freund.









Beim Hochkommen war die Schlange zum Lift abwärts schon ellenlang, daher entschloss ich mich, den Fußweg zurück in die Stadt zu nehmen. Das war eine sehr weise Entscheidung, denn man kommt über Treppen und Fußwege automatisch in den oberen Teil des casco antiguo, der historischen Altstadt, und die ist einfach wunderschön. Wunder-, wunder-, wunderschön!!
Ich kehrte auf halber Höhe für einen Teller Muscheln und Pan con Tomate ein und begann mein Tagebuch. Es ist übrigens sehr diesig oder saharastaubig hier (kann das nicht genau sagen), recht bewölkt, aber knalleheiß und schwül. Dazu die Möwenscheiße. Ach nee, das war ja ein Freund… Ich werde also um die exzessive Mitnutzung des Gemeinschaftsbads nicht drumrumkommen.







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Ich lief noch ein bisschen durch das Altstadtviertel, bog zum Meer ab und flanierte die Esplanade entlang. Mein allererster Eindruck von Alicante war, dass es in anderen spanischen Städten schon schöner ist. Insbesondere, weil es nah am Strand wirklich von Touristen wimmelt, von denen auch noch einige halbnackt durch die Gegend laufen, aber auch, weil Alicante auf den ersten Blick nicht in einem so historischen Gewand daherkommt, wie z.B. Barcelona oder Sevilla, und auch nicht diesen unmittelbaren Charme versprüht. Ab dem Besuch der Burg taute ich dann aber auf. Es gibt schon merkliche Unterschiede zu den anderen Städten, z.B. ist in Barcelona ja in jeder Mauerritze ein Souvenirladen untergebracht. Hier ist deutlich weniger Kitsch, dafür mehr Völlerei. Jede zweite Straße ist eine Restaurantmeile. Mal sehen, ob sich der Eindruck auf den zweiten Blick verfestigt.








In der Pension gibt es eine Kühl-/Gefrierkombination für vier Zimmer, das Gemeinschaftsbad teilen sich zwei Zimmer. Ich machte mich also an meine Einkäufe, überfiel einen Carrefour, kaufte Wein und Kekse sowie Wasser und eilte zur Pension zurück, denn ein dringendes menschliches Bedürfnis hatte mich ereilt. Was für ein Drama, als ich feststellen musste, dass meine Mitnutzerinnen das Bad für zwei exzessive Duschorgien okkupiert hatten. Ich verstaute meine Einkäufe und rannte wie ein Wilder zum nächstgelegenen Restaurant. Ich mache es kurz, die Blase ist gottseidank nicht geplatzt.
Jetzt war erst einmal Siesta auf dem Balkon angesagt. Nun, Balkönchen trifft es eher. Ich schaue direkt auf die Außenmauer der Kathedrale, aber das ist jetzt unspektakulärer, als es klingt. Ältere spanische Sakralbauten in den Innenstädten haben ja oft einen eher profanen Charakter. Als die Damen porentief rein waren, machte ich mich dann endlich frisch und zu einem weiteren kleinen Rundgang durch das Viertel auf. Bei meinem hin und her im viel zu kleinen rosa Bademantel schaffte ich es nicht ein einziges Mal, den Flur zu queren, ohne dass mich jemand sah. Tipp: NIEMALS Gemeinschaftsbad auf der anderen Seite des Zimmers! Profitipp: GAR KEIN Gemeinschaftsbad!
Es war immer noch heiß und schwül, warum sollte es sich auch geändert haben, und so beschloss ich nach einem sehr kleinen, aber anstrengenden Rundgang, das Museo de las Bellas Artes Alicante zu besuchen. Liebe Kölner Museen, hier hat man bis 20 Uhr geöffnet, hier ist der Eintritt frei (!!!) und dennoch wartet man mit einer herausragenden Ausstellung auf. Ein wirklich schönes Museum! Fotografieren war nicht erwünscht, daher gibt es keine Bilder.





Ich schaute mir noch die Basilika Santa Maria und die Kathedrale des heiligen Nikolaus von Bari an. Für die Basilika reichte es nur für Außen, denn man wollte 6 Euro Eintritt, dabei war sie nur noch 10 Minuten geöffnet. Die Kathedrale ist eigentlich recht schmucklos, aber dafür, dass sie im Stadtbild eigentlich untergeht, weist sie ein erstaunlich großes Inneres auf. Die Kuppel erinnert ein winzig kleines bisschen an die des römischen Pantheons. Kerzen gab es nur elektronisch, erleuchtet gegen Münzeinwurf. Irgendwie habe ich dann keine Lust dazu, dabei bin ich wahrlich – und das als Atheist – ein Kerzenanzünder vor dem Herrn (man verzeihe mir diesen billigen Witz).




Es wurde Zeit für la cena. Das Abendbrot. Ich erwähnte es bereits, manche Straßen sind eine einzige Fressmeile. Es ist schwer zu beurteilen, wo es gut ist. Daher entschied ich mich für ein Restaurant namens „Gut Essen“. Natürlich auf spanisch, „Buen Comer“. Nur, um diesen Scherz machen zu können. Und das Essen war völlig okay. Der Kellner schloß mich sofort ins Herz, wie alle anderen Gäste übrigens auch, meine Paella Valencia konnte ich nicht bestellen (gab es erst ab 2 Personen) und so nahm ich mit Kalbsragout und Oktopusbein vorlieb. Das arme Ding ist jetzt maximal nur noch ein Eptapus.
Am Nachbartisch nahm ein älteres britisches Ehepaar Platz, er suchte sofort Kontakt. Sie hatten in den 60ern in Deutschland gelebt, sprachen aber kein Wort Deutsch. Ihr Sohn wurde in Aißerlönn geboren. Bis ich da hinterkam, was die meinten! Als die Rede auf „Immigrationsprobleme“ kam, verdeutlichte ich meine Meinung dazu und der Gesprächsbedarf der beiden sank rapide. Sachma, sehe ich aus wie ein Höcke, also wie ein Vollarsch? Sie selbst schwiegen sich den Rest des Essens dann an. Naja.





Die Rechnung war dann touristisch angemessen, aber im Vergleich zu den Tourihotspots bei uns sind die Preise noch mehr als akzeptabel. Ich eierte Richtung Heimat. Die Stadt war inzwischen brechend voll. Tipp: Tut nicht so, als wärt Ihr Spanier und geht erst um 9 Uhr abends essen, denn dann findet Ihr keinen Tisch mehr. Geht, wie zuhause um sieben / halb acht. Da kämpft man noch um Euch als Gast.
Ja, das war dann mal der erste Tag. Ich fand es ziemlich nett, es könnte halt etwas weniger schwül sein. Aber es gibt gut was zu sehen, die Stadt ist insbesondere im Zentrum sehenswert, die Menschen sind schlichtweg freundlich und gelassen und aufgeschlossen. Wobei ich feststellen musste, dass englischsprechende Menschen hier einen Tacken schlechter behandelt werden als Franzosen, Skandinavier und Deutsche. Der Abendkellner sprach mich zuerst auf deutsch an, dann parlierten wir en español. Die Briten neben mir verstand er angeblich nicht. Ich übersetzte und er zwinkerte mir zu. Ist das immer noch ein Ding mit der Armada?
So, ich freue mich über alle, die mich heute begleitet haben/nachträglich begleitet haben werden und ich hoffe, Ihr seid morgen auch dabei, wenn es wieder den Run auf das Badezimmer gibt. Auf dem Plan steht unter anderem der Zentralmarkt! Yummie!
Tantos saludos de Alicante y muchos besos de


