Ihr Lieben,
ich war in meinem Leben in einer wohl vierstelligen Anzahl Hotels. Aber so eine miserable Bleibe hatte ich selten! Ich schrieb ja schon bei Ankunft über einige Probleme (mit Grausen erinnern wir uns an den vollgespuckten Zahnputzbecher!). Gestern Abend dann funktionierte das W-LAN nicht, aber ich wollte meinen Bericht schreiben. Also, ab zur Rezeption, was man denn machen könne. „Funktioniert alles, Sie sind einfach nur zu doof!“ fasst die Reaktion am Besten zusammen. Ich war sprachlos! Mr. Clever kam dann mit aufs Zimmer und sah, dass es nicht gut war. Langer Rede, kurzer Sinn: er bekam es nach Reboot für 3 Minuten hin. Dann war die Verbindung wieder tot.
„Oh, wie unangenehm, wir bedauern das, mal sehen, ob wir das hinbekommen…“ wäre meine Reaktion gewesen. Und wenn nicht, dann „tut uns leid…“. Aber „Sie haben das falsche Passwort, Sie sind zu dumm, wieso nehmen Sie denn diese (mir zuvor gesagte) Adresse….“, nur um festzustellen, dass es eben kein Singnal gab? Ich fasse zusammen: laut, kundenfeindlich, muffig, unsauber, frech. Kein Safe, kein Kühlschrank, keine Möglichkeit, zu lüften. No Stress? Muito Stress! Als Krönung obendrauf gab es vor 8 Uhr auch kein Frühstück.
Ich hatte noch eine halbe Stunde Zeit bis zur Abholung, die nutzte ich, um schnell noch durch die zweite, obere Markthalle zu hasten; die war wegen der Feiertage zwei Tage geschlossen gewesen. Da hätte ich zumindest Cachupa bekommen, aber das war mir zu heikel, vor so einer langen Autofahrt. Als ich die Markthalle verließ, rannte ich in eine Reisegruppe hinein, Bus Nummer 1 des Kreuzfahrtschiffes hatte es auf das Plateau geschafft!







Patrick kam pünktlich und fuhr mich durch das Inselinnere über Pässe und durch Täler nach Tarrafal. Er war nicht besonders gesprächig, aber ich, koffeinlos wie ich war, legte auch keinen gesteigerten Wert auf Plauderei. Ein paarmal hielt er an, damit ich ein Foto der wirklich spektakulären Landschaft machen konnte. Teile davon sind ein Nationalpark, Serra da Malagueta. Wunderschön. Und alle Klimazonen vertreten, inn den Höhenlagen regnete es ein bisschen. In einem Ort kurz vor Fundura wehte eine große deutsche Flagge von einem Haus. Hm. Hierhin auswandern? Was ein Stess!!! Man kann sich übrigens einigermaßen günstig Mietwagen hier mieten, damit kann man die Insel auch prima erkunden. Aber, es gbt immer ein „aber“, andere Verkehrsteilnehmer gehören der No-Stress-Religion an und bleiben einfach mal unvermittelt stehen, um mit wem zu plaudern, Fußgänger laufen ohne links-rechts-Schauen über die Straßen, aus den Gebüschen und Straßengräben schießt auch mal eine Ziege oder ein Hund.




In Tarrafal empfing mich Irene, eine Niederländerin. „Du bist aber früh!“. Als sie erfuhr, dass ich noch ohne Kaffee war, bekam ich erst einmal Frühstück. Total nettes Servicepersonal auf der schönen Dachterrasse, leckeres Essen (Spiegeleier!, Obst!, Kaffee!, Joghurt!). Ich habe ein sehr schönes, wenn auch kleines Zimmer (leider wieder sehr hellhörig) mit ganz vielen Pflegeprodukten einer bekannten Drogeriekette. Für das Heimatgefühl, wie Irene anmerkte. Der tolle Empfang hat mich wirklich gerührt!
Ich brach zu einer selbstgeführten Gettoknowyourcitybetter-Tour auf und lief die Küste bis zum zentralen Strand entlang. Es ist wunderschön hier. Blauer Himmel, blaues Wasser, leichte Brise, Boote am Strand und in der Bucht. Ich hockte mich in die Strandbar und bestellte einen Limãopirinha. Der hatte das Potenzial, dass nicht nur Himmel und Wasser blau… äh, ja. Im Laufe des Vormittags wurde der Strand immer voller, die Musik wurde aufgedreht und die Strandhändler holten ihren Tinneff hervor. Die Jetskis durchpflügten die brandenden Wellen, der Gerry bestellte sich einen Papaypirinha. Ohgott, ich habe Strandurlaub! Wie konnte das passieren? Ist das heilbar? Es hätte auch noch Caipis mit Kokos, mit Mango, mit Maracuja etc. pp. gegeben, wenn, ja wenn die Früchte dafür denn vorrätig gewesen wären. Ich verstehe es nicht, ich war ja morgens auf dem Markt, da gab es all das!









Zu einem sehr späten Mittagessen suchte ich mir eins der Restaurants an der großen Zufahrtsstraße zum Hafen aus, Mangui Bixu. Bzw. es suchte mich aus, denn die Kreidetafel versprach Kegelschnecken. Ihr ahnt es. Keine Kegelschnecken. Ich nahm Oktopus vom Grill, war auch okay. Ein Mann am Nachbartisch vertilgte eine Languste oder einen Hummer oder was auch immer. Was das denn koste, frgte ich die Kellnerin. Umgerechnet sind das 30 Euro. Leute. Heute gab es selbstgemachtes Piri-Piri auf dem Tisch. Ich gab einen Miniklacks zum Oktopus und verspreche, ich habe den Rest meines Lebens die Atemwege frei! Hui!
Ich schlenderte durch den Ort, fand den zentralen Marktplatz, die Kirche Santo Amaro, den Mercado Municipal. Da konnte ich nicht rein, da war, wie ich durch das Tor sah, für etwa 20.000 Menschen festlichst eingedeckt! Die Hochzeitsgesellschaft, auf die die Halle wartete, fuhr schon den halben Tag laut hupend durch den kleinen Ort. Auf Pickups, in Bussen, in Taxen, in Privatfahrzeugen bewegten sich die Feiernden wie ein Lindwurm durch alle!! Straßen, durch einige mehrmals. Als ich Irene später darauf ansprach, seufzte sie schwer. Es gäbe Tage, an denen mehrere Hochzeiten stattfänden, dann wäre es kaum auszuhalten. Das glaube ich gerne. Ich kaufte in einem der zahlreichen Minimercados ein paar Grundlebensmittel ein und begab mich zurück zur Casa Alegría. Dabei kam ich an einer Blechhütte vorbei, in der eine Art Gottesdienst mit viel Buhei stattfand, mit fast ausschließlich sehr jungen Menschen. Ich guckte eine Weile dem Halleluhjah und Amen zu. Als ich ein Foto machen wollte, wurde ich umgehend darauf hingewisen, das sei verboten. Es war definitiv kein regulärer Gottesdienst.







Im B&B machte ich – yeah! – ein Nickerchen. Durch das extrem späte Mittagessen ließ ich Abendbrot ausfallen, baute mir einen provisorischen Schreibtisch und – tadaaa!, schreibe das hier nun. Ich knabbere Waffeln, trinke einen Rosé (es gibt einen Kühlschrank!) und faulenze dann ein wenig, bevor ich mich wieder hinlege.
Morgen gibt es kein Programm, ich denke, ich werde ein bisschen „wandern“ und auf jeden Fall die Strandbar wieder besuchen.
Het paradijs. Euer

