Tag 17: Vietnam gegen Malaysia

Heute war, Ihr Lieben, volles Programm. In My Tho – wo wir auf Reede, sprich ohne Anlegestelle, lagen – fuhren wir nach dem Frühstück mit einem Ausflugsboot zur Einhorn-Insel. Da der Mann der Kanadierin unpässlich war, habe ich mich ihr und dem englischsprachigen Tourguide Bao angeschlossen. Der ist übrigens hauptberuflich Botaniker, rettet Orchideenarten und ist ein ganz entzückender Mensch. Tuan (der deutsche Tourguide) ist aber auch sehr sympathisch! Auf der Insel haben wir einen Imker besucht, wo wir einen Tee, versetzt mit Blütenpollen, Honig und Gelee Royale tranken. Muss man mögen.

Wir liefen ein bisschen weiter und hielten an einem Cafe an, wo uns Obst mit Chilisalz sowie Tee von Blättern aus einer bestimmten Baumart serviert wurden; ich habe den Namen vergessen. Ehrlich: Das mit dem Chilisalz und dem süßen Obst ist der Hit! Hätte ich im Leben nicht geglaubt.

Dazu spielten dann ein Gitarrist und ein Monochordspieler (ich glaube, das Instrument nennt sich Dan Bau) eine Art Mekongdeltablues, zu dem zwei Damen herzzereissende Gesänge anstimmten.

Wir fuhren dann mit sogenannten Sampas-Booten (vorne und hinten zwei Paddler/innen, dazwischen je vier Gäste) durch einen hübschen Kanal mit Nippa-Palmen an beiden Seiten, an dessen Ende uns unser größeres Ausflugsboot erwartete, um uns wieder nach My Tho zu bringen.

Dort enterten wir einen Bus und wurden zur Vinh Trang Pagode gebracht. Diese Pagode ist bekannt für ihre überdimensionalen Buddhastatuen. Auch unterscheidet sich der Tempel innen sehr von anderen bisher besuchten. Ein sehr deutlicher chinesischer Einfluss ist erkennbar.

Da es an Tempelbesuchen bisher ein wenig mangelte (findet ihr nicht auch?), fuhren wir im Anschluss auch noch zum Coa Dai-Tempel von My Tho. Der Caodaoismus ist eine in den zwanziger Jahren in Vietnam gegründete Religion, die wohl den Zweck hatte, die Vietnamesen zu einen und die Franzosen zu ärgern. Eine wilde Mixtur aus verschiedenen Religionen und die Verehrung sehr unterschiedlicher Personen sind besondere Kennzeichen des Caodaoismus. Victor Hugo nimmt z.B. eine zentrale Rolle ein. Unbedingt mal nachlesen, ist sehr interessant.

Wir verließ My Tho gegen Mittag, um Kurs auf Ho-Chi-Minh-City zu nehmen. Die Vietnamesen verehren Onkel Ho immer noch sehr, sagen aber trotzdem selbst lieber Saigon. Auf vietnamesisch wird es übrigens ungefähr „Schai Gonn“ ausgesprochen.

Die Fahrt dauerte ein wenig, da es unter anderem durch den stark befahrenen Kanal Cho Gao ging. Stau auf Wasser gibt es eben auch. Und nicht nur am Suez- und am Panamakanal.

Der Kanal ist wunderbar. Es gibt so viel zu sehen! Ich habe dann trotzdem mal einen Mittagsschlaf eingelegt, bevor ich um 15 Uhr den Maschinenraum besichtigen durfte. Leute. Was für ein Geräuschpegel. Und was für eine Hitze! Zwei riesige Volvomotoren treiben uns an. Die Maschinisten hier haben einen echt anstrengenden Job!

Zur Kaffeezeit haben wir einen Dokumentarfilm über Vietnam gesehen. Peter Kunz ist Auslandskorrespondent und hat wohl einige Filme über die Region gedreht. Man kann sie wahrscheinlich auch in den Mediatheken der ÖR-Sender abrufen.
Ab 17.30 Uhr kamen wir schon in Saigon an. Tuan erläuterte die Stadtsilhouette und erzählte ein bisschen über die Stadt, aus der er und seine Vorfahren kommen. Danach schloss sich ein Abschiedscocktail an, bei dem sich die ganze Crew noch einmal verabschiedete und sich die Passagiere mit Applaus bedankten. Wir sind zwar noch zwei Nächte an Bord, aber die Tage sind voller Programm, so dass dieser Abschied vorgezogen wurde.

Nach dem Abendessen sollte der Stadtspaziergang stattfinden, den Lidy am Vorabend angekündigt hatte. Aber heute spielte Vietnam in einem wichtigen Fußballspiel gegen Malaysia und man erwartete, dass mindestens eine Million Menschen der Achtmillionenmenschenmetropole die Boulevards und Straßen bevölkern würde. Sie kündigte daher einen reduzierten Spaziergang an. Ich ging den ersten Teil mit den anderen Passagieren mit, habe aber dann beschlossen, noch zum Nachtmarkt zu gehen, durch das ganze fußballverrückte Volk hindurch. Der Nachtmarkt war dann eher unspektakulär.

Aber der Rückweg! Denn inzwischen stand fest, dass Vietnam 1:0 gegen Malaysia gewonnen hatte. Die Saigoner waren nicht mehr zu halten. Selbst ein Weltmeisterschaftsgewinncorso in jedwedem Land Europas ist mit den dann hier erlebten Szenen nicht zu vergleichen! Der pure Wahnsinn. Als so ziemlich einzige Langnase im ganzen Pulk wurde mir zugewunken, ich wurde angesprochen, ich schüttelte mehrere Dutzend Hände. Man nahm wohl an, ich sei ein Fan.

Zurück an Bord gab es noch ein bisschen Smalltalk mit anderen Passagieren. Morgen gibt es zwei Ausflüge, Freizeit und Finanzen. Denn wir müssen die Bordrechnung zahlen. Noch werden Wetten angenommen, was ich hier alles verzehrt habe. Übermorgen geht es dann zurück nach Hause.
Wow. Die Zeit ist wirklich rum wie nix. Naja, fast halt. Wer etwas über das Chinesenviertel und das Kolonialviertel wissen möchte, muss morgen wieder dieses Programm einschalten.

Bis denne, Euer Gerald

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