Tag 17 und Epilog: Die Heimreise

Ihr Lieben,

nun also die Heimreise. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es war alles wie in einem dystopischen Film. Ich frühstückte nicht mit den Jungs im Airport-Hotel, da ich mein Gepäck a) nach meinem Kofferschlüssel und b) nach meinem Wohnungsschlüssel durchforsten musste und dann, als alles kreuz und quer im Hotelzimmer verstreut war, die Gelegenheit nutzte, noch einmal alles neu zu arrangieren. Immerhin flogen wir quasi vom Sommer in den Winter, da muss das Handgepäck genau überdacht werden.

In der Nacht konnte ich dann auch noch das Einreiseformular ausfüllen, Südafrika war nun offiziell als Virusvariantengebiet deklariert. Um halb acht nahmen wir dann den Hotelshuttle zum Airport und dann begann der Horror. Vor dem Check-in stand schon eine ellenlange Schlange. Zwar war der Flug auf 11:40 Uhr verlegt worden, wir wurden aber per Lufthansa-App und Mail aufgefordert, dennoch um spätestens 8:30 Uhr eingecheckt zu sein. Na, bis dahin tat sich aber überhaupt nichts. Relativ gelangweilte Flughafenmitarbeiter saßen hinter den Schaltern und stierten in die Gegend oder auf ihre Handys. Und die Schlange wuchs und wuchs und wuchs. Wie ein Lindwurm zogen sich Business- und Economy- sowie die Ich-will-noch-mit-bitte-gebt-mir-einen-Platz-Schlange durch die gesamte Abflughalle. Irgendwann kam keiner mehr durch und die Schlangen vermengten sich. Eine Prozessoptimiererin musste her!

Die hat dann fast jeden einzelnen unter Androhung physischer Gewalt auf die ihm aus ihrer Sicht zustehende Position dirigiert. Der Erfolg war ähnlich überwältigend wie beim Einreiseprozessoptimierungsmann. Gegen 9:30 Uhr dann tat sich endlich etwas. Quälend langsam. Jede Abfertigung dauerte ewig. Die Leute hatten entweder keinen Test oder nicht alle erforderlichen Transit- und/oder Einreiseformulare. Anderthalb Stunden später waren wir dann endlich dran. Wir zu dritt an den Schalter. Die Dame hinter dem Tresen zu uns: Einer ist hier kein deutscher Staatsbürger. Das geht nicht. Ach Du Karaoke. Otto musste mit mehreren Mitarbeitern ausdiskutieren, dass Transit ja gestattet sei und hatte gottseidank ein Zugticket dafür vorzuweisen. Nach langem Hin und Her mit einer Gegenstimme durfte er dann doch mit. Puh!

Inzwischen war Boardingzeit und noch nicht mal ein Zehntel der Menschenmassen abgefertigt. Auf dem Weg zur Passkontrolle dann noch eine weitere Hürde: Die südafrikanische Gesundheitserklärung. Bei der AUSREISE! Ein ulkiger Spaß. Hatten wir nicht, wieder tausend handschriftliche Angaben machen. Wir sind nach der Passkontrolle dann erst einmal ein Bier trinken gegangen und haben unsere restlichen Rand in Flugzeugproviant investiert. Also, Ihr müsst mir das nachsehen, irgendwann habe ich nicht mehr auf Uhrzeiten und dergleichen geachtet, aber irgendwann wurden wir an Bord gebeten. Wir hatten unsere XL-Seats, die waren auch in Ordnung. Und dann saßen wir und saßen wir. Denn die Wartelistenpassagiere wurden abgefertigt. Stell Dir mal vor: Du darfst nicht mit, weil irgendein Dokument fehlt versus Du darfst mit, weil das jemandem passiert ist. Tragik des Lebens! 11 Stunden Flug dann bei spärlichem Service und einigermaßen unterhaltsamem Bordprogramm. Landung in München irgendwann in der Nacht. War es halb zwölf? Ich weiß es nicht mehr. „Bitte bleiben Sie sitzen, das geht jetzt folgendermaßen….“

Wir sollten uns alle online für einen PCR-Test registrieren. Ein bumsvoller Flieger greift gleichzeitig auf einen Miniserver für Terminblocker zu. Hm… Da kann ja gar nix schief gehen! Es ging nichts mehr. Inzwischen waren Businessclass und alte und gebrechliche Menschen in der Ankunftshalle, wo sich NICHTS tat. Server zusammengebrochen, anderthalb Stunden Reparatur. Wenigstens saßen wir im warmen Flieger. Um zwei Uhr früh durften wir dann raus, Schlange stehen bei Passkontrolle, Zoll, Dokumentenprüfbeauftragtem, Registrierung für Test, Testabnahme. Der Probenehmer stieß mir sein Wattestäbchen gefühlte 50 cm in den Schlund, ich hätte ihm problemlos am Ellenbogen knabbern können. Er war sichtlich, wie alle am Flughafen, erschöpft. Wobei, ich muss es erwähnen, Polizei- und Zollmitarbeiter wirklich gelassen und sogar humorig ihrer Arbeit nachgingen. Respekt.

Dann sollten wir zwei Stunden auf das Testergebnis warten und durften die Ankunftshalle nicht verlassen. Zwei Stunden? HAH! Ihr Lieben, es wurden vier! Wie Schwerstverbrecher von Hundertschaften Polizei bewacht. Wenigstens gab es lauwarmes Pipiwasser aus dem Tetrapack und leicht angeranzte Brötchen mit Käse. Wir wollten die Zeit nutzen, Otto nach Amsterdam umzubuchen und Rolf und mich nach Köln. Uns wurde ja im Flieger versprochen, es sei ausreichend Bodenpersonal vor Ort. Nun, wenn man zwei Personen als ausreichend für 350 Reisende befindet. Die dann auch keinen Laptop oder ähnliches hatten und nicht wirklich etwas für einen tun konnten. Die Stimmung war gereizt. Es wurden hauptsächlich Taxi- und Hotelgutscheine ausgegeben. Dann ein kleines Wunder. Rolf und Otto wurden in die Gepäckermittlung gebeten. Nanu. Wir hatten doch alles. Sie hatten wohl eine Dame so bezirzt, dass diese die erforderlichen Umbuchungen ohne großes Aufsehen vornehmen wollte. Sie war mitten im Prozess, als Ihr Vorgesetzter reinstürmte und sie anblaffte, sie solle das sein lassen. Da hat der Chef mal nicht begriffen, was der Kunde sich wünscht und die arme Frau, die GENAU richtig handelte, vor Kunden niedergemacht. Sie ließ sich davon nicht beeindrucken und wird von uns Dreien zur Heldin des Tages nominiert.

Ab und zu wurden Passagiere mit VOLLEM Namen ausgerufen, die sich zum Gesundheitspersonal an Gepäckband 6 begeben sollten. Es war völlig klar, was mit denen los war, denn sie kehrten nicht zurück. „Der lepröse Herr Gerald Diepolder möge sich bitte zur Entsorgung bei Band 6 melden und auf dem Weg dorthin seine Pestbeulen bedecken.“ So viel zum Datenschutz. Wenigstens war ein unangenehmer Zeitgenosse dabei, der in Kapstadt dadurch auffiel, dass seine Maske lose um seinen Hals baumelte, die ihm seine Holde, als ich ihn anblaffte, über das Gesicht zog, wo das Ding für drei Minuten hing, bevor… Ich gebe zu, dass ich Schadenfreude empfand, als er eingesammelt wurde. Ein koboldhafter Passagier fiel auf, weil er mit jedem, aber auch wirklich mit JEDEM seine Menschrechtsrechte diskutieren wollte. Er sähe dies nicht ein, er sähe das nicht ein. Ohjeh. Ich sagte ja, es herrschte gereizte Stimmung.

Endlich, gegen 6 Uhr Freigabe für uns drei. Otto fuhr ins Hotel, er hatte noch etwas Zeit für eine Dusche und ein Frühstück. Für Rolf und mich war das zu kurzfristig. Wir enterten – nach einer tränenreichen Verabschiedung – den Flughafen-Dallmayr und tranken denen erst einmal die Kaffeevorräte weg. Wir waren hundemüde und kaputt. Im Flieger nach Köln hatten wir dann ausreichend Platz, die S-Bahn kam pünktlich und… ja, ich glaube, ich war selten sooo froh, zuhause zu sein. Ich informierte meine Firma, dass ich noch einen Urlaubstag nachnehmen und 14 Tage Homeoffice machen müsse, aber das war für meinen Chef selbstverständlich. Man stelle sich mal Arbeitnehmer vor, die da nicht auf so ein Verständnis stoßen.

Zuhause dann erst mal drei Stunden auf das Sofa und umgehend eingenickt. Geweckt wurde ich durch einen Anruf des Gesundheitsamtes. Sie kämen dann von Zeit zu Zeit mehr oder weniger unangekündigt vorbei und ich müsse mich auf weitere Tests einstellen. Dann noch ein Schreck: Meine Kreditkartenfirma schrieb eine SMS, sie hätten ungewöhnliche Abbuchungen registriert, ich solle zurückrufen. Tatsächlich. Einfach mal ein gutes Dutzend Transaktionen, die ich nicht getätigt hatte. Später stellte sich raus: Bei Rolf auch. Alles am Flughafen in Kapstadt. Aber es geht für uns beide glimpflich aus, die Abbuchungen werden rückerstattet und die Karten gesperrt. Wir können nur die kommenden Tage nichts damit bezahlen und müssen mit der neuen Karte alles wieder neu einrichten.

So, das war eine sehr lange Dann-dies-dann-das-Geschichte. Ich hoffe, sie hat Euch nicht ermüdet. Ich möchte aber klarstellen, dass wir Jungs uns einig sind, dass die letzten drei Chaostage uns nicht den Urlaub vermiesen können. Es war bis Donnerstag ein traumhafter Urlaub, den ich in absolut guter Erinnerung behalten werde! Und das Chaos danach begreife ich einfach als Chance, zu skurrilen Reiseerlebnisgeschichtsabenden beitragen zu können. 🙂

Ganz zum Schluss gibt es jetzt noch Kunst. Das sind die Kleinigkeiten, die ich in Stellenbosch und Grande Provence erworben habe; sie finden bestimmt einen guten Platz in meiner Wohnung.

Bleibt gesund, Ihr Lieben, und alles Gute für Euch!
Euer

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