Fedderwardersiel und der Rest der Halbinsel

Moin, Ihr Lieben.

Nach einer eher kurzen Nacht – ich hatte am Tag noch damit geprahlt, dass ich seltenst Einschlafstörungen habe und schlief dann ausgerechnet gestern auf Deubel komm raus nicht ein – nahmen wir ein ausgiebiges und üppiges Frühstück ein, wie wir es uns zuhause leider zu selten gönnen (können). Dermaßen gestärkt brachen wir zur Erkundung der Halbinsel auf.

Wir starteten in Fedderwardersiel, einem kleinen Hafen, zu einer Wanderung über der/die/das Langwarder Groden. Und das bei klarem Himmel mit Sonnenschein. Unser Weg führte an Sielen, Deichen, Watt und Wiesen vorbei, manchmal auch über Deichkronen und Holzplanken bis an die Nordspitze, von der wir einen anderen Weg zurückliefen. Und wir sahen Schafe, Kühe, Pferde und massenweise Vögel, gar nicht zu sprechen von den vielen Wattwürmern 😀

Dadurch, dass alles sehr flach und gleichartig ist, kombiniert mit der unglaublichen Weite, kommt man beim Wandern fast in einen meditativen Zustand. Irgendwann waren auch gar keine anderen Menschen mehr zu sehen. Sehr schön war das. Auf dem Weg zurück hatten wir dann wieder zunehmenden Kontakt, je näher wir unserem Ausgangspunkt kamen. Apropos Kontakt: Hier wird wieder ge-moint, was das Zeug hält. Ich liebe es! Man sagt ja, die Norddeutschen sind mundfaul (sind sie manchmal), distanziert (ja, auch das) und fremdeln (ich als gebürtiger Muschelschubser kann auch das bestätigen!). Aber es herrscht ein dennoch deutlich freundlicherer Umgangston vor, im Gegensatz von z.B. zu Köln.

Nach der Wanderung labten wir uns in einem Biergarten direkt am Meer an einem Kaltgetränk und Elke holte sich noch ein Krabbenbrötchen auf die Hand (mit der Spezialknoblauchsauce des Hauses). Die Dame hinter dem Tresen hörte gar nicht auf, Krabben in das Brötchen zu schaufeln, so war das Konstrukt auch entsprechend schwer zu verzehren. Ich wollte nichts, bekam aber als Ausgleich, „dass Sie den Knoblauchgeruch Ihrer Frau ertragen müssen“, eine kleine Tüte Gummibärchen mit dem Logo der Butjadinger Fischereigesellschaft. Sehr lieb!

Wir begaben uns zum Wattensteg in Burhave. Ich sage ja lieber Seebrücke, das klingt mondäner. Es hat nur leider wenig mit einer Seebrücke gemein. Es ist halt ein Wattensteg. Eine Frau kämpfte sich todesmutig durch den Schlick (es war Ebbe) und schwamm in der braunen Brühe, Respekt! Zwei Schweizerinnen warfen Brot ins Wasser, ich hoffe, es war nicht für die schwimmende Frau gedacht.

Wir haben beide ein Faible für Käsereien oder Hofläden und dergleichen. Wir wollten die besten der besten in Butjadingen und Umgebung finden. Ich nehme es vorweg: Nur wer ohne Ansprüche durchs Leben geht, kann nicht enttäuscht werden. Hofladen No. 1 war ein Tinneff-Shop, der die Cafeteria-Besucher mit Tand und Schund lockte. Hofladen No. 2 war eine Selbstbedienungsbaracke mit zweierlei Sorten Käse, Bionadegetränken und Eisbechern. Hofladen No. 3 bekam uns aufgrund dieser Erfahrungen gar nicht erst zu Gesicht. Was haben wir wehmütig an den Hofladen in Pilsum gedacht.

Jetzt waren wir schon so weit über die Insel gegurkt, da wollten wir einen Blick auf Wilhelmshaven werfen und fuhren nach Tossens, einem Nordseebad im Westen der Insel. Inzwischen nieselte es. In Tossens ging es mal so richtig touristisch zu. Viele Familien mit kreischenden Kindern und kläffenden Hunden. Souvenirshops und gastronomische Betriebe gut gefüllt. Wir erklommen den Deich, um auf einen Strand zu schauen, der auch den Ansprüchen von Mittelmeerurlaubern gerecht würde. Die Hauptstraße hinauf stießen wir auf den Butjener Küstenmarkt. Ich versprach mir sehr viel davon, jedoch war es eine Souvenir-Kitschbude der Extraklasse, mit bestimmt auch schönen Artikeln, die aber im großen Ramschen …. äh…. Ganzen untergingen.

Wir stärkten uns mit einem Aperitiv in einem griechischen Restaurant und nahmen – wegen der Eindrücke, die wir sammeln wollten – eine Umwegsstrecke in Kauf, um nach Hause zu kommen.

Also, die ganze Halbinsel (ich erwähnte gestern das Schöner-Dorf-Idyll) ist sauber, adrett und wie geleckt. Hier liegt kein Dreck herum, die Gärten sind gepflegt bis zum Gehtnichtmehr und alles ist wie im Museum. Fast schon spooky für jemanden, der aus einer so dreckigen Stadt hierher kommt. Wir haben aber eine Vermutung: Wer nicht zu den festgelegten Zeiten seinen Rasen mäht oder die verwelkten Blüten von seinen Sträuchern abzupft oder das Unkraut in seiner Einfahrt mit dem Flammenwerfer vernichtet, wird vom jeweiligen Gemeinderat verdammt und im Schnellverfahren von einer Klippe in die Nordsee geworfen. Ich mag es hier.

Abends haben wir uns aus allerlei Leckereien (nein, NICHT aus einem Hofladen!) unsere traditionellen Burger gebastelt, Backgammon gespielt (Elke hat gepfuscht! Anders kann ich mir ihre vielen Siege nicht erklären!) und dann dem stetigen Regen vor unseren Fenstern gelauscht. Wir sind über 20.000 Schritte gelaufen und haben so einiges gesehen. Es ist eine nette Ecke, aber man muss es auch gerne mal ruhig und etwas langweilig mögen. Wir tun das, daher geht es uns nicht allzu schlecht hier.

Morgen fahren wir in die laut Focus-Magazin sechshässlichste Stadt Deutschlands. Naja, Fakten, Fakten, Fakten!? Wir machen uns mal ein eigenes Bild (wobei ich ja schon einmal da war). Guckt Ihr wieder mit? Würde uns freuen.

Liebe Grüße, Elke und Gerald

Ein Gedanke zu „Fedderwardersiel und der Rest der Halbinsel“

  1. Herrlich, ich frage mich auch jedes mal, wenn ich etwas weiter von Köln weg bin, wie die das alle schaffen, ihre Umgebung so schön sauber zu halten.
    Dazu sind die Städter leider nicht in der Lage😔

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