Tirana – Durrës (der alte Mann und das Meer)

Ihr Lieben,

heute früh gab es Special Eggs. Also, wer damit seinen Tag startet… Kein Mensch könnte das alles ohne Probleme essen. Ike, erinnerst Du Dich noch an Schottland? Es war ein kleines bisschen bewölkt, dennoch warm und jetzt schon schwül, so dass ich auf der Terrasse frühstücken konnte. Aber gerade wegen der aufkommenden Schwüle beschloss ich, trotz des Zeitaufwands an die Küste zu fahren.

Erst aber, ich hatte noch Zeit, lief ich noch einmal durch die Straßen in meiner Nachbarschaft. Das Viertel ist echt nett.

Um nach Durrës zu kommen, muss man erst zum Flughafen und dort dann umsteigen. Die Umsteigezeit beträgt leider 40 Minuten, die man auf einem Parkplatz verbringt. Die Abfahrtszeit an Tiranas Busbahnhof ist übrigens auch eher eine Empfehlung. Der Bus fuhr 10 Minuten eher bzw. 20 Minuten zu spät ab, ich weiß es nicht genau. Das Vehikel nach Durrës stand am Airport schon bereit und war fast schon komplett belegt (40 Minuten vor Abfahrt!!!!!). Ich legte daher mein Handtuch auf einen der Sitze und…. Nee, Spaß! Ich zählte die freien Sitze und schnappte mir 15 Minuten vor Abreise den letzten.

So durch die Gegend zu kurven, ist zur Abwechslung eigentlich ja auch interessant. Mal die Vororte, die Landschaft, die Berge sehen. Meistens fuhren wir allerdings durch Gewerbegebiete, die die gleiche Tristesse ausstrahlten, wie alle anderen ruralen Gewerbegebiete dieser Welt. Zudem fuhren wir auf eine Regenwand zu, yippieh!

Durrës ist leider ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Es gab sowohl auf dem Flughafen als auch in der Innenstadt von Tirana auf großen Werbemonitoren eine Lobpreisung dieses Ortes sondergleichen. Ätherische Schönheiten schweben mit einem Cocktail in der Hand am Strand entlang, Yachten konkurrieren im Hintergrund um die dezenteste Protzigkeit, alle Menschen sind glücklich, sie liegen unter schneeweißen Schirmen auf fein geharktem Sand und sind einfach nur schön, schön, schön!

Die Wirklichkeit kommt leider nicht so ganz an dieses Paradies heran. Und ich fürchte, es ist nicht nur der Wetterlage geschuldet, dass ich so denke.

Vom zentralen Busbahnhof lief ich zuerst zum venezianischen Turm, einer der Hauptattraktionen von Durrës. Der ist eigentlich ganz nett, man kann sogar hineingehen und das Dach erklimmen. Aber als eine der beiden Hauptattraktionen des Ortes sagt das schon viel über selbigen aus. Das Amphitheater soll zu einem der größten des mediterranen Raums zählen, es ist in einem undefinierbaren Erhaltungszustand. Angeblich wurde es erst 1966 entdeckt. Ich frage mich, wie man eine Fläche von einer solchen Größe schlichtweg übersehen kann. Mitten in der Stadt! Man knöpfte mir 300 Lek Eintrittsgeld ab, dabei gab es noch nicht einmal eine Vorstellung. Ich hatte auf Shakespeare gehofft.

Gut, hatte man das also auch gesehen. Eine unspektakuläre Moschee und eine unspektakuläre Kirche (die „Katedrale“ genannt wird) später begab ich mich zum Strand. Herrjeh, da möchte man nicht tot überm Zaun hängen, geschweige denn seinen Urlaub verbringen. Es ist dort dermaßen heruntergekommen und trist. Die ganze Stadt unterscheidet sich stark von Tirana. Die Lokale sind leer, kaum Menschen auf der Straße, viele verfallene Häuser, auch in quasi erster Reihe, eine Art Seebrücke, die einsturzgefährdet aussieht…

Entgegen meiner ursprünglichen Planung fuhr ich schon 2 Stunden früher wieder zurück nach Tirana. Das war eine ganz gute Entscheidung, denn eine Minute nach unserer Abfahrt fing es an zu regnen. Vielleicht war ich an den falschen Ecken der Stadt, aber sie hat definitiv nicht das Flair von Tirana und übte auf mich keinerlei Reiz aus.

Die Rückfahrt war elendiglich lang, wieder mit Umstieg am Flughafen Tirana. Wenigstens war der zweite Bus sehr komfortabel. Aber durch das hohe Verkehrsaufkommen und mehrere Unfälle mit jeweils mehreren Beteiligten (an einer Stelle etwa waren 6 oder 7 Autos ineinandergefahren) dauerte die Fahrt vom Flughafen ins Zentrum fast dreimal so lang wie angegeben. Mein Sitznachbar war ins Parfumtöpfchen gefallen, da war ich froh, eine Covid-Maske dabeizuhaben. In der Sitzreihe vor mir ein stark alkoholisiertes Damengespann, das in einer unerfindlichen Sprache brabbelte und alle 2 Minuten in hysterisches Gelächter ausbrach. Puh! In Tirana angekommen brauchte ich erst einmal, wer hätte es gedacht, ein Bier.

Was übrigens meine Schwierigkeiten mit Flug und Hotel angeht, damit war ich wieder den halben Tag beschäftigt. Immerhin konnte ich irgendwann dann doch auf der Busfahrt für meinen Rückflug einchecken. Wegen der Rechnung bedurfte es noch einiger Dutzend Nachrichten, bis der Reiseveranstalter mir versicherte, er würde mir die Kosten zurückerstatten, falls ich vor Ort bezahlte. Alles sehr nervtötend! Gottseidank ist das Netz in Albanien flächig und stabil. Aber wie machen das technisch nicht so ausgestattete Menschen? Zuhause werde ich mich wahrscheinlich noch wegen der Rückzahlung herumschlagen müssen.

Ja, und nun geht es mitten in der Nacht zurück. Um 3 Uhr werde ich abgeholt, um 5 Uhr geht der Flieger. Ihr müsst nicht extra aufstehen, aber vielleicht guckt ihr morgen noch schnell in meinen Epilog rein, da enthülle ich Geschichten zum Staunen. Oder aber auch nicht. Wer weiß 🙂

Bis denne, liebe Grüße
Euer Gerry

Habe hier den Lehrstuhl für vergleichende Literaturwissenschaften angenommen.
Und wenn das nicht klappt, verkaufe ich halt Schuhe.

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