Ihr Lieben,
was ich mir in drei Tagen für einen Ruf hier erarbeitet habe… Nach dem Frühstück (heute gab es als Extra Bananenbeignets) lief ich in Ermangelung anderer Pläne zur Strandbar, da ich über den dann noch fast leeren Strand auf den Ozean glotzen konnte. Die Dame am Tresen so: „Caipirinha?“. Um 10 Uhr früh!! Leider gibt es hier keinen Kaffee, daher… neinneinnein, ich muss Euch enttäuschen, es gab Limo.
Die ersten Sonnenanbeter ließen nicht lange auf sich warten. Zu den ersten gehörten Vater, Mutter, Tochter (Vermutung), die mit einer riesigen Tasche im Schlepptau nach dem perfektem Spot Ausschau hielten. Als sie ihn gefunden hatten, bauten sie ein Zelt auf, das in Größe dem von Bezos‘ Hochzeit in nichts nachstand, bewunderten ihr Werk und platzten schier vor Glück.
Wer auch hier lebt, sind große, dicke Wespen (?), die sich durch winzige Löcher in Palmenstämme zwängen, das ist schon faszinierend! Ihr seht, ich verzweifelte fast vor Langeweile. Ich lief durch den Ort und knipste Wandmalereien. Herrjeh. Aber: Wenn Horst Tappert das noch hätte erleben dürfen!












Eine leere Hotelterrasse. Ich glaube, sie gehört zum Vista Mar. Ab in den Schatten, mehrere sehr leckere Tassen Kaffee getrunken. Wahrscheinlich von Fogo, der brodelnden Vulkaninsel, da soll es den besten Kaffee der Inseln geben. Irene erzählte mir, dass der Großteil der Ernte von Chinesen gekauft und exportiert wird, so dass Einheimische ihn nur unter der Hand erhalten können. Erinnert mich an Laos, wo sich Laoten keine Fische mehr aus dem Mekong leisten können. Die Fischereirechte wurden ja an China verhökert. Ob das alles stimmt, keine Ahnung, aber unwahrscheinlich ist nichts davon. Apropos China: das bei weitem meistgenutze Fahrzeug hier ist ein Elektro-Dreirad mit Ladefläche. Alle made in China. Und wir diskutieren zuhause über das Aus vom Verbrenneraus. Ts!

Das Vista Mar hatte „Buzios“ auf der Karte. Ob es das denn auch nachmittags noch gäbe? Sollte es. Ich zog mein Nickerchen vor und machte mich gegen 14 Uhr auf, endlich Kegelschnecken zu essen. Da ich keine Ahnung hatte, was da auf mich zukommt (in Köln gibt es die so selten), bestellte ich sie nur als Vorspeise und Shrimp-Spaghetti als Hauptgericht. Spaghetti werden hier als „Massa“ verkauft. Das heißt sowohl Teig als auch Nudeln. Insgesamt hat es zwei Stunden gebraucht, von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Bezahlung. Man braucht hier schon viel Geduld. Dabei waren nur zwei andere Tische besetzt. Die übrigens den Service unerträglich von oben herab behandelten. Ehemalige Kolonialherrschaft. Ätzend.
Die Schnecken waren ziemlich lecker, es gab sie mit leicht geröstetem und entrindeten Toastbrot. Noch besser waren allerdings die Spaghetti, die in einer leichten, cremigen Sauce serviert wurden. Die Massa (weitere Bedeutung: „Masse“) in Punta do Sol kam da bei Weitem nicht dran.
So langsam gingen mir die Escudos aus und ich lief zur ATM der Atlantikbank. Die war leer. Schalter zu. Der Wachmann (hier wird so ziemlich alles bewacht) erklärte mir den Weg zum einzigen anderen Geldautomaten. Kuba-Vibes!! 5 Menschen vor mir und, als ich dran war, 20 hinter mir. Es kam zu Gerangel in der Schlange. Aber eine resolute Dame übernahm das Kommando und sortierte die Anstehenden. Kurz war mir flau. Klar, man kommt notfalls mit Euro auch weiter, aber mit Escudo ist es deutlich unstressiger. Ich bekam noch Geld.
Ich traf die Schweizer wieder. Langsam vermute ich, es gibt nur insgesamt 100 Touristen hier (ausgenommen Sal und Boa Vista) und die werden wie wild über die weniger touristischen Inseln gejagt. Sie waren mit JP wandern. Wie war’s denn? Vater: „ganz nett“, Tochter: „total doof!“ und strahlte mit ihren Zahnlücken übers ganze Gesicht.





Es war Zeit für den Caipirinha am Strand. Inzwischen ist aber feiertagsbedingt das Touristenaufkommen – auch das inländische – dermaßen hoch, dass an der Kasse 30 Menschen anstanden, an der Ausgabe noch einmal so viele. Ich sagte dem Strand Adieu und nahm einen Cocktail im „Storchen“, wo ich meine Vermieterin mit ihrem Mann José traf. Klingt jetzt sehr nach deutscher Provinz, gelle? War beabsichtigt. Der Storch heißt natürlich „A Cegonha“ und hat keine Geweihe an der Wand.
Ich muss vorwegschicken, dass ich vormittags die Agentur bat, Abholzeit und Flüge noch einmal zu checken. Wir erinnern uns, vor 4 Tagen flog die Maschine 75 Minuten zu früh. Tatsächlich war mein morgiger Flug auch um 10 Minuten vorverlegt. Naja, geht ja noch. Es bliebe bei der Abholung um 4 Uhr.
Okay, meine Landlady sagte mir dann, im Storchen halt, man habe sie informiert, ich solle so gegen 2 oder 2 Uhr 30 bereitstehen. Hmpft. Ich wieder die Agentur angeschrieben. Die schrieb, der Fahrer käme um 3 Uhr 20. Also, ich werde mich einfach um Mitternacht mit einer Flasche Wein in den Vorgarten setzen und abwarten, was passiert. No Stress. NO STRESS! NOOOOOO STRESSSSSS!!!
Vor den beiden Zimmern im Erdgeschoss hinten raus gibt es einen kleinen Innenhof mit Sitzgelegenheiten. Meine Nachbarn schauen dabei auf das Bügelzimmer, ich auf eine Küche, von der ich dachte, sie sei zur Frühstücksvorbereitung gedacht (was sie auch ist), aber sie kann dennoch von Gästen mitgenutzt werden. So beobachte ich gerade, während ich dies schreibe, den Gast, dessen Leben durch fehlenden Senseo-Kaffee fast aus den Fugen geriet, beim hingebungsvollen Schnittchenschmieren. Ob er die Dauerwurst von daheim mitgebracht hatte? Und war ich eigentlich schon immer so ein boshaftes Lästermaul? Ich fürchte, nur eine der Fragen lässt sich eindeutig beantworten.
Leute, morgen ist Silvester. Mache ich jetzt durch, oder lege ich mich um 19 Uhr Ortszeit ins Bett und hoffe, dass ich nicht verschlafe?
Ihr erfahrt es morgen, wenn Ihr wieder hier vorbeischaut. Dann liefere ich Euch auch den Beweis der Poincaré-Vermutung. Ehrlich!
Liebe Grüße, Euer

