Kapverden 2025 (17): Friedhof der Muscheltiere

Ihr Lieben,

um 2 Uhr 30 ging der Wecker. Was genau ist daran eigentlich Urlaub? Zé war pünktlich und lud mich und meine Plünnen um 3 Uhr 20 in seinen Wagen. Ungefrühstückt. Man hatte mir ein vorbereitetes Paket angeboten, aber da ist ja kein Koffein drin, da kann ich das nicht gebrauchen. Im Wagen saß schon Ehepaar Kaluppke, die mich fragten, ob ich auch bei „Reiseträume“ gebucht habe. Reiseträume. Unverzüglich hatte ich das Bild eines Diaabends vor Augen, auf dem Kacheltisch Leberwurstschnittchen mit Gürkchen und Käsesemmeln mit Salzbrezel. Ich beanspruchte die Rückbank und versuchte irgendwie, Schlaf nachzuholen, aber auf der Strecke Tarrafal – Praia gibt es mehr Drempels als in den ganzen Niederlanden, daher wurde da nix draus. Am Flughafen spielten und tanzten dann Batucadeiras, die wohl beim Festival (oder Wettbewerb) vorgestern in Tarrafal aufgetreten waren. Da waren dann mal alle kurzzeitig wach. Video hakelt leider ein bisschen.

Der Flug mit allem Drumherum war unspektakulär und wirklich sehr kurz. 35 Minuten braucht man. Die Maschine war bis auf den letzten Platz gebucht (übrigens kein einziger freier Flug die kommenden 4 Tage!), dafür sprach der Pilot, der die Gäste mehrsprachig willkommen hieß, absolut akzentfrei Deutsch, Manuel von Gran Canaria. Am Gepäckband dann geschah, worauf ich seit Anbeginn der Zeiten sehnsüchtig warte: mein Koffer kam als erstes! Adilson wartete auch schon auf mich und fuhr mich im klapprigsten Toyota der nördlichen Halbkugel zu meiner Unterkunft. Natürlich war das Zimmer – quasi mitten in der Nacht – noch nicht fertig, aber man lud mich freundlicherweise auch hier schon zum Frühstück ein. Ich nahm dankend einen Kaffee und einen Pfannkuchen. Ein wenig irritierte mich, dass sich hier fast alle zur Begrüßung um den Hals fielen. Ich hoffe, man erwartet das nicht auch von mir.

Ich machte mich auf, den Ort zu erkunden. Schon bei der Fahrt vom Flughafen kamen irgendwie keine Glücksgefühle auf. Vier Hügel hat die Insel, manchmal ist mein Wäscheberg größer. Auch die Vegetation ist hier eher spärlich. Was für ein massiver Unterschied zu den anderen Inseln. Der Ort, Santa Maria, ist so ferienortig, ferienortiger geht es gar nicht. Weder im schönen noch im schlechten Sinne. Überall klassische Unterkünfte, Rohbauten und chinesische Geschäfte. Im Zentrum eine Fußgängerzone mit aufdringlichen Verkäufern. Es könnte ein Ort an der Ostküste von Malle sein, nur mit Baulücken dazwischen.

Mit der Karten-App suchte ich nach fußläufigen Sehenswürdigkeiten. Der Cemitério de Conchas klang interessant. Frei übersetzt „Friedhof der Muscheltiere“. Nicht zu verwechseln mit „Friedhof der Nuscheltiere“, das ist die Tatort-Reihe mit Til Schweiger. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund ist hier die Konzentration von Buzio-Gehäusen extrem hoch. Dieser Strand liegt am östlichen Ortsrand.

Wenn man Richtung Westen läuft, z. B. erwähnte Fußgängerzone lang, kommt man an einer netten Kirche vorbei. Dann biegt man nach Norden ab, da gibt es einen mir empfohlenen Supermarkt. Zu dem Thema gleich noch mehr. Wieder nach Osten stößt man auf die städtischen Markthallen. Leute, selbst die Gemüseverkäuferinnen sind aufdringlich! Aber die Markthalle ist eigentlich ganz hübsch. Und die Aufgeräumtheit dort hat auch so gar nichts von den Märkten der anderen Inseln.

Eine Straße, gesäumt von Souvenirbuden, führt südwarts in den alten Hafen, der jetzt eine Ansammlung von Bougainvillea-geschmückten Unterkünften beherbergt. Ja, und dann hat man fast alles in der Stadt gesehen.

Es gibt natürlich unzählige Strandbars. Die leere bei mir um die Ecke hat einen fast ungenießbaren Caipirinha. Die hinterm Hafen einen sehr leckeren, da ist aber brechend voll. Zu voll und zu laut und zu nackig und zu verqualmt für mich. Ich aß ein spätes (wieder einmal) Mittagessen im Mar Adentro, wo ich nur durch Zufall einen Tisch ergatterte. Ich nahm das Tagesgericht, das waren Pataniscas de Bacalhau (Fischküchlein) auf Tomatenrisotto. Letzteres leider mit Koriander, aber das meiste davon konnte ich rausfischen.

Dann endlich wollte ich mein Zimmer beziehen. Ich war toooodmüde! Man kann das ja immer schlecht schätzen, aber ich denke, ich habe vielleicht zwei Stunden fest geschlafen und drei Stunden gedöst. Das reicht für einen fast 60jährigen keineswegs aus. Ich erhielt ein ziemlich chemisch verseuchtes Loch, direkt am Pool, Aschenbecher vor der Tür. Ich guckte den Hotelboy angemessen angewidert an. Es sei nur für eine Nacht, ich könne morgen nach oben ziehen. Leute. Langsam ist mal gut mit No Stress. Sieben Stunden als wandelnde Leiche aufs Zimmer warten und dann das. Kein Safe, kein Kühlschrank, kein Arbeitsplatz. Toller Jahresabschluss. Ich riss das Fenster auf, drehte die Klima hoch und versuchte, zu schlafen. Das gelang auf einer Skala von 0 bis 10 so mit -2.

Ach ja. Der erste Supermarkt, den ich besuchte, verkaufte Wein zum Restaurantpreis der anderen Inseln. 12 Euro für einen weißgottwiealten Casal García. In allen anderen (alles Lojas Chineses) ebenfalls Fantasiepreise. Sachma! Ulli war vor ein paar Wochen länger hier und empfahl mir schon früh einen entfernteren Laden, da war es dann auch nicht geschenkt, aber doch deutlich realistischer. Da kaufte ich Rosé, und damit ich den nun nicht lauwarm trinken musste, in einem zweiten Anlauf auch noch Eiswürfel (ebenfalls ein Hinweis von unserer Frau in Havan… äh Weilerswist). Eine Flasche gab ich einem der beiden Best Boys hier, Johnny und Awunumayu oder so. Beide betonen, sie sprächen nur Englisch. Leider verstehen sie mich nicht wirklich und ich sie auch nur bedingt. Ich hoffe, die übergebene Flasche landet wirklich im Kühlschrank der Frühstücksküche und ist morgen Abend wieder auffindbar.

Ich bin dann noch einmal rumgelaufen, Sonnenuntergang gucken und so. Nett. Aber ich fürchte, ich werde mich mit dem Ort nicht wirklich anfreunden. Dennoch versuche ich, das Beste daraus zu machen. Gegenüber gibt es einen Scooter-Verleih. Vielleicht mal einen Tag über die Insel düsen? Am liebsten hätte ich dafür ja so einen pinken Strandbuggy…

aber die gehören zu einer der zahlreichen Wassersportschulen. Schade.

So, ich gucke, wenn ich nicht vorher einschlafe, nachher mal auf dem zentralen Platz vorbei, da ist irgendwas aufgebaut. Silvesterspaß mit Marianne und Michael, aber eben auf kapverdianisch.

Ihr Lieben, ich wünsche Euch einen gaaaanz tollen Rutsch in ein gesundes, glückliches und wundervolles Jahr 2026! Euer

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