Ihr Lieben,
ich schrieb es gestern Abend, ich musste früh am Flughafen sein, und jeder, der mal virtuell mitgereist ist oder mich kennt, weiß, dass mich das so sehr stresst, dass ich dann die halbe Nacht wachliege, aus Sorge, ich könne verschlafen. Das merkwürdige ist, dass ich dachte, mit fortschreitendem Alter würde man diesbezüglich entspannter. Ja, drauf geschi… äh… geschimpft!
Frühstück fiel auf jeden Fall aus, das beginnt im Hotel erst um halb Acht, da erwartete man mich schon längst an der Passkontrolle. Am Vorabend habe ich noch nach Verbindungen zum Flughafen geschaut, aber irgendwie wollte das Internet mir keine entsprechenden Metros vorschlagen. Ich beschloss, mir am Morgen ein Uber zum Hotel zu bestellen. Das kam fast pünktlich und kostete nur knapp über 6 Euro. Portugal ist auch hier Schnäppchenland.
Am Flughafen begann dann der Stress, alles automatisiert, aber mit Menschenmassen an den Check-in-Automaten und alle Passagiere hoffnungslos überfordert. Für 20 oder 30 Automaten gab es zwei oder drei Helfer. Dann die Passkontrolle. 10 Stunden anstehen für die automatische EU-Kontrolle, um dann abgelehnt zu werden mit dem Hinweis, man möge zur persönlichen Kontrolle an die Schalter. Dort warteten bereits 2,4 Millionen Menschen. Es war die Pest. Mit Ach und Krach schaffte ich es zum Boarding in die halbleere Maschine. Halbleer? Wieso das denn? Tja, wir standen und standen und standen. Dann kam eine große Truppe auffällig hellhäutiger Menschen an Bord. Die verspätete Maschine aus Düsseldorf. Deutschland hält scheinbar wirklich irgendwie die ganze Welt auf.

Der Flug verlief dann ziemlich ereignislos, es gab sogar etwas Warmes zu essen. Bin ich so auch nicht mehr gewohnt, sogar Getränke gab es umsonst. Wenn auch nur einmal. Der Flughafen São Vicente verfügt ebenfalls über eine automatische Passkontrolle, im Gegensatz zu der in Lissabon funktioniert diese aber einwandfrei. Auf das Gepäck wartete ich nur knapp 10 Minuten; kein Wunder, das Flugzeug stand 200 m von der Empfangshalle entfernt, und wir waren die einzigen Ankommenden. Der sympathische Adriano (ja, ich bemühte den Celentano, was auch sonst) holte mich mit seinem kleinen Minibus ab und brachte mich in das Boutique-Hotel Kira, wo ich ein kleines, aber feines Zimmer bezog. Das hat also alles schon einmal perfekt geklappt.
Nach einer kurzen Katzenwäsche machte ich mich zu einer ersten, kurzen Erkundung der Stadt Mindelo auf. Der Flughafen auf der Insel ist nach der berühmten Sängerin Cesária Évora, der Königin des Morna, benannt und sie ist hier allgegenwärtig. Ich denke, man kann sie, ohne respektlos zu sein, als den erfolgreichsten Exportartikel der Inseln bezeichnen. Wandbilder, Statuen, Konzerte, Souvenirs, Ihr Konterfei ist überall zu finden.

Mein erster Weg führte zur Bank, wo ich eine Nummer ziehen musste, dabei war das Display defekt und man wurde von einem jungen Mann angewiesen, wenn man dran war. Ich tauschte einen Riesenbatzen Geld, da ich nicht jeden dritten Tag in einer Bankfiliale hocken wollte. Warum überhaupt Bargeld? Weil mir zugetragen wurde, dass Kreditkarten an Automaten mit vierstelliger PIN nicht wirklich funktionieren, man brauche 6 Ziffern. Ich schrieb daher vor Wochen schon meine Hausbank an, was zu tun sei, und bekam eine völlig sinnbefreite E-Mail zurück, die mit meiner Frage nichts zu tun hatte. Ich fragte die Dame hier in der Bank interessehalber, sie meinte, mit 4 Ziffern ginge es auch. Man müsse einfach die beiden letzten ignorieren und Enter drücken.
Der erste Eindruck von hier ist ein sehr kleinstädtischer. Man wird interessiert beäugt, angebettelt und angesprochen. Da bekam ich nicht zum ersten Mal Kuba-Vibes. „Komm, ich zeige Dir alles“-Carlos mit Bruder in Hamburg und Schwester in Stuttgart brachte sich in Stellung. Ich lehnte wegen meiner Havanna-Erfahrung dankend ab. Kuba-Feeling gibt es aber auch so, z.B. wurde ich schon nach nur 200 Metern mit „Hello Darling“ angegraben, schrecklich. Dazu überall Musik, trubelige Märkte, Verfall und Glanz. Nur architektonisch nicht ganz so prunkvoll und vielfältig. Und ebenfalls sehr viele Straßenhunde.












Das orangefarbige Haus ist meine Unterkunft. Die Markthalle ist außerordentlich sehenswert und es gibt viele schöne, kitschige Souvenirs. Ich muss mich schwer beherrschen! Der Marktplatz ist – darf man das so sagen? – sehr afrikanisch. Ich musste an Mosambik oder Madagaskar denken. Auch hier könnte man sich dumm und dusselig kaufen. Aber ich denke einfach an den bevorstehenden Umzug und reiße mich zusammen.
Für Wasser und Wein stiefelte ich in den Supermarkt am Hafen. Leute, Wein hat hier seinen Preis für einen Lissabonerweinpreis-Verwöhnten! Und man muss ein bisschen aufpassen, ich griff zu einem Vinho Verde, sah aber noch rechtzeitig, dass der von 2015 war. Höre gerade innerlich die Frau von Montag, „und dann hatten wir einen Wein, wir waren danach tagelang krank, fuuuuurchtbar!“. Hach, Pfui über mich und mein lästerliches Schandmaul.
Ich lief zum Hotel, um meine Einkäufe zu verstauen, und legte mich für 15 Minuten hin. Nach 2 Stunden wachte ich wieder auf. Grmpft! Ich lief wieder zum Hafen, um ein Restaurant zu finden. Ich sah eins im netten Innenhof eines Gebäudes, ließ mich nieder und merkte erst dann, dass hier AUSSCHLIEßLICH Touristen hockten. Egal. Kapverdischen Wein bestellt, dazu das Nationalgericht Cachupa, ein Eintopf aus so ziemlich allem. Der war vielleicht was lecker! Könnte ich vorerst jeden Tag essen! Der Wein ist auch mehr als trinkbar. Und heißt witzigerweise „Cha“, also Tee.


Eine Musikertruppe drapierte sich auf einer als weihnachtlich dekoriertes Boot getarnten Bühne und gab ein Konzert. Auch die fand ich toll. Alles in allem ein sehr gelungener Abend.
Was mal wieder zickt sind die E-SIMs, was aber an dem ziemlich instabilen Netz hier liegen wird, denn ab und zu habe ich für 3 Sekunden ein Signal. Und meine Brille habe ich irgendwo zwischen Lissabon und Mindelo verloren. Schade. Gottseidank habe ich zwei Billiglesebrillen dabei.
Erster Eindruck? Der Tour-Operator existiert und hat mich auf dem Schirm, yeah! (da sehr Ihr mal, worüber ich mir alles Sorgen mache 🤪), das Wetter ist stürmisch aber warm und sonnig, Wein und Essen schmecken, das Bett ist bequem… Ach, ein schöner Start einfach.
Morgen habe ich den ganzen Tag für mich alleine. Pläne habe ich noch keine, werde mich wohl treiben lassen.
Sehen wir uns morgen? Würde mich sehr darüber freuen! Até amanhã, Euer

