die Vorhersage fürs Wetter ist ja mal wieder mau, ab heute Abend sind mal wieder Gewitter und für morgen Regen angesagt. Da ich mich zuhause nicht zwischen Terrasse putzen und Wäsche waschen entscheiden konnte, kurvte ich mit Cora Richtung Drachenfelsbahn. Ich wohne schon so lange im Rheinland, aber ich war erst zweimal am Drachenfels. Einmal während des G7-Vorsitzes Deutschlands in 2007, wo ich eine Gruppe von Gästen des Umweltministeriums mitbetreute, die an einem Abend ihrer Konferenz auf dem Petersberg im Gipfelrestaurant zu speisen gedachten. Da habe ich dann wenig vom Drachenfels an sich gehabt. Das zweite Mal auf einer Wanderung 2021 im totalen Nebel. Man sah die Hand vor Augen nicht.
Heute war es bei der Ankunft zwar etwas diesig, aber man hatte beste Sicht. Nachdem ich ein wenig mit dem modernen Parkscheinticket gekämpft hatte, konnte ich dort auch einer polnischen Familie weiterhelfen, der Kreditkarten nicht anerkannt wurden. Ich habe das Ticket dann für sie bezahlt und sie gaben mir das in bar wieder. Touristenfreundlich ist das auf jeden Fall schon einmal weniger, dass man nur eine Bezahlmethode hat.
Die Drachenfelsbahn war bis auf den letzten Platz gefüllt und hoch ging es über die Mittelstation bis zur Bergstation, wo die Menschenmasse sich über die Aussichtsplattform ergoss. Ein babylonisches Stimmgewirr erfüllte die Luft, Kinder- und Elterngeschrei („Kathleen-Saphirette, ich sage es nicht noch einmal…“), Hundegebell („Wuschel, ich sage es nicht noch einmal…“), Vogelgezwitscher. Ich machte mich auf zur Turmruine. Ich frage mich ernsthaft, wie die ganze Burg ausgesehen haben muss, denn eigentlich stehen die Überreste auf einem Nadelfelsen. Vielleicht war die Festung recht klein oder wand sich spiralförmig um den Berg.
Etwa 700 Meter von der Ruine entfernt befindet sich das Schloss Drachenburg. Man konnte sich bei der Namensgebung vielleicht nicht entscheiden, was es letztendlich sein sollte. Da war ich jedenfalls noch nie in meinem Leben und ich lief zu Fuß hinunter. Mir begegnete dann ein kleiner Tross aus Eseln, die faule, dicke Kinder hinauftrugen. Naja, wenigstens keine Erwachsenen. Eintritt bezahlt und gestaunt. Das Gemäuer ist wirklich ein Kleinod. Auch innen sehr sehenswert. Zur Ersteigung des Nordturms musste man Schlange stehen, der Einlass war durch eine Ampel geregelt. Demonstrationen, dass die Ampel weg muss gab es aber keine. Nach 47.219 Stufen hat man auch eine super Aussicht über das Bonner Rheintal. Lohnt auf jeden Fall!
Ich lief den Rundweg entlang und wollte so wieder in den Ort Königswinter gelangen. Hustepiepen, ich musste wieder hochlaufen und an dem Schlossburgpalastgemäuerfestungsbau hinaus. Wenigstens kam ich noch an der spektaku… äh… interessan… äh… also, da konnte man noch ein paar Steine sehen, Meer der Felsen genannt und immerhin für Geologen vielleicht besuchenswert. Ich nahm für die restliche Teilstrecke wieder die Bahn hinunter zum Parkplatz.
Das ist ein sehr schöner Tagesausflug, aber insgesamt nicht billig. Für das Parken habe ich 5 Euro bezahlt, die Zahnradbahn schlägt mit 12 Euro zu Buche und der Schlosseintritt mit 8 Euro. Wenn man jetzt zu zweit ist und drei Kinder dabei hat, von denen auch noch, sagen wir mal, jedes drei Weizenbier trinkt und zwei Portionen Pommes verschlingt… dann kommt schon ein stattliches Sümmchen zusammen.
ist eine 4-Nächte-Reise nach Berlin noch ein Schnipsel? Ich weiß es nicht. Aber die ersten beiden Abende bin ich gar nicht zum Schreiben gekommen, weil wir zwei so lange unterwegs waren und dann noch auf dem Balkon geplaudert haben und die Tage danach war ich auch etwas faul, so dass es heute einmal alles auf einmal gibt.
„wir zwei“? Ja, Erika flog Freitag mit mir hin, denn wir hatten schon im November 2023 Karten für ein Konzert auf der Waldbühne gekauft. Zu der Zeit buchten wir auch die Hinflüge und Hotelzimmer und Erika die Bahnrückfahrt für Sonntag. Ich ließ mir damals noch offen, wie lange ich in Berlin bleibe, denn ich hatte die Idee, Mitreisende von der Namibiafahrt im letzten Jahr zu treffen. Es kristallisierte sich dann irgendwann im Frühjahr heraus, dass das klappt und so buchte ich einen Rückflug für den heutigen Dienstag. Das war noch simpel. Ich rief unser schon gebuchtes Hotel an, ich wolle zwei Nächte verlängern. Das glockenhelle Gelächter der Rezeptionistin hörte man bis ins Allgäu. Kurz: Ich hatte leider die Fußball-EM nicht auf dem Schirm. Es war sehr schwer, ein Zimmer zu finden, das nicht 75 Kilometer außerhalb Berlins lag und dennoch bezahlbar war. Es klappte aber dann doch irgendwie 🙂 Dazu später mehr.
Erika und ich planten, am Freitagmorgen noch zu arbeiten und nachmittags abzufliegen. Deswegen überhaupt die Entscheidung für den Flieger. Eurowings machte uns dann aber einen Strich durch die Rechnung, indem sie Wochen später den Flug ganz ohne Skrupel auf vormittags verlegten. Hm. Also zwangsweise einen Tag Urlaub genommen. Da Erika und ich bezüglich der Zuverlässigkeit der Deutschen Bahn gebrannte Kinder sind, verabredeten wir, dass sie so reist, dass sie mindestens einen Zugausfall, besser zwei, problemlos überbrücken könnte, und machten zweieinhalb Stunden vor Abflug einen Treffpunkt am Flughafen aus. Rätselhafterweise kam nichts dazwischen, so dass wir am Flughafen (da ebenfalls keine Warterei am Check-in oder im Sicherheitsbereich) zwei Stunden an der einzigen Gastrobude im Terminal 2 herumlungerten. Dann die Durchsage, dass der Flug sich verspäte. Nach weiteren 45 Minuten dann Boarding, das sich hinzog wie nix. Passagierzahl und Gepäck stimmten nicht überein, hieß es.
Der Flieger war bumsvoll, vor allem österreichische Fußballfans fielen durch ihren markanten Dialekt auf. Um uns herum ausgerechnet die, die wir schon in Terminal 1 beim Rudelsaufen beobachten konnten. Der Kapitän verkündete, jetzt stimmten die Zahlen, aber leider würden wir noch 40 Minuten auf unseren Time Slot warten müssen, woraufhin die österreichischen Bubis (sie waren seeeehr jung) eine Bacardí-Flasche auspackten. Ich ahnte übles! Gottseidank wurde sie ihnen von einem beherzten Steward abgenommen und vorne verstaut (wahrscheinlich beim Kapitän, der sich über dieses zusätzliche Frühstück freute). Irgendwann sind wir dann in Berlin-Brandenburg gelandet und haben ewig gebraucht, um in die Stadt zu kommen. Wir hätten prima auch einen Zug buchen können, andere waren in der Reisezeit wahrscheinlich schon in New York.
Unser Hotel liegt sehr schön in der Nähe zur Friedrichstraße und Erika hatte sogar ein Balkonzimmer ergattert. Ich war auf der Tagungsraumetage und hatte als gerechten Ausgleich für Notfälle eine Kapelle um die Ecke. Ich nehme es vorweg, ich benötigte sie nicht. Die Zimmer sind seeeehr zweckmäßig, aber für wenige Nächte völlig ausreichend. Leider regnete es Bindfäden. Draußen, nicht in den Zimmern. So kauften wir an der Rezeption erst einmal einen Sekt und beratschlagten dann, was zu tun sei. Unsere Abendfahrt auf der Spree, die wir schon zuhause gebucht hatten, war uns am Morgen von der Reederei abgesagt worden. Wir waren jetzt nicht allzu böse, denn es gab auch eine Gewitterwarnung.
Wir liefen stattdessen im Regen zu den Hackeschen Höfen, die immer einen Besuch wert sind. Am Hackeschen Markt tranken wir dann unter einem Schirm im Platzregen Berliner Weiße. Wir hatten sie beide etwas leckerer in Erinnerung. Muss die so leicht muffig….? Links polnische, rechts niederländische Fans, einige davon schon recht stramm. In einer Regenpause beschlossen wir, es in einem italienischen Restaurant in den Heckmann-Höfen zu versuchen. Der war innen ausgebucht und die Stühle draußen waren zu nass zum Sitzen. Wir zogen weiter zum nächsten Italiener. Dort fielen wir unangenehm auf, weil ich erst vom Tisch draußen nach Drinnen wechseln wollte (zu viele Raucher), dann saßen wir auf einmal neben einem Tisch, an dem eine seeeehr kinderreiche Gruppe Platz nahm, die sehr lebensfroh war, was wir ganz toll fanden, aber leider konnten wir uns nicht unterhalten. Wieder den Tisch gewechselt. Aber ab da war es schön. Das Essen war gut, die Weine passabel und der Service war so nett, dass er noch ein paar Punkte gut machte. Und da haben wir uns dann festgequatscht. Als die Stühle hochgestellt wurden, sind wir noch auf Erikas Balkon umgezogen und haben dort weiter geplaudert, während auf den Straßen gegrölt, gelacht und gefeiert wurde. Berlin im EM-Fieber!
Das Frühstück am nächsten Tag ließ kaum Wünsche offen und wir liefen im Regen zu Unter bzw. in die, oder muss es in die unter heißen…? Ich rede von den Linden! Dann zum Brandenburger Tor, anschließend zum Reichstag. Als es etwas aufklarte, pesten wir zum Schiffsanleger Reichstagufer, um eine große Spreefahrt zu machen. Tja, leider ausverkauft. Eine Reederei weiter hatte man Plätze, aber nur für die kleine Spreefahrt. Kurzerhand hüpften wir an Bord. Das war dann sehr nett. Leider dauerte der Spaß nur eine Stunde. Wir beschlossen das Altstadtviertel um St. Nikolai zu kapern. Das ist hübsch und übersichtlich. Am Ufer der Spree aßen wir dann gutbürgerlich zu Mittag. Hier in Berlin ist die Spargelsaison noch lange nicht vorbei, das sieht man auch an den Markt- und Obstständen, und so hatte ich schon wieder mal Spargel. Diese Saison habe ich wirklich ausgenutzt. Lecker waren auch Erikas Königsberger Klopse. Nach dem Mittagessen liefen wir die Spree entlang, wieder bis zu unserem Hotel, wo wir uns vor unserem großen Konzert noch eine Stunde ausruhen wollten.
Dann ging es auf zur Waldbühne, unserem Berlin-Highlight Nummer 1, wo wir schon sehr früh aufschlagen wollten, da wir aus unseren früheren Besuchen wussten, dass der Einlass ewig dauert. Im Vorfeld eines solchen Besuches muss man sich mit den Einlassmodalitäten vertraut machen. Bei unserem letzten Besuch auf der Waldbühne hatten wir es nach stundenlangem Anstehen fast geschafft, dann wurden wir zur Taschenabgabe zurückgeschickt, weil unsere mitgebrachten Rucksäcke nicht der erlaubten Größe entsprachen. Dass es überhaupt eine erlaubte Größe gibt, das wussten wir damals gar nicht. Seid vorgewarnt, alles größer DIN A4 findet nicht das Wohlgefallen des Einlasspersonals. Was waren wir diesmal überrascht, dass wir quasi ohne Wartezeit aufs Gelände gelangten. Jetzt hatten wir noch ausreichend Zeit bis zum Beginn des Konzerts. Also erst einmal Erdbeerbowle organisiert. Der 1-Liter-Becher schlägt mit 20 Euro zu Buche! Ohne Pfand.
Pünktlich um 20:15 Uhr begann das Konzert. Ich nehme es vorweg, es war größtenteils grandios. Zuerst Mussorgskys „Nacht auf dem kahlen Berge“, sehr schön!, gefolgt von Prokoffiews 1. Klavierkonzert, gespielt von Yuja Wang. Möglicherweise hat sie es absolut virtuos gespielt, als Laie konnte ich das allerdings nicht erkennen. Ich gebe es offen zu, ich bin vielleicht ein Banause, aber ich mag Stücke, bei denen man erkennt, ob jemand sich verspielt hat oder nicht. Es gab eine Improvisation (?) und einen Chopin-Walzer als Zugabe, das war dann wieder ganz nett. Nach der Pause: Ravel satt, gipfelnd in seinem berühmten Bolero. Eigentlich ja ausgelutscht, aber so toll aufgeführt, schon genial! Danach eine weitere mir unbekannte Zugabe, könnte Schostakowitsch gewesen sein, sowie dem traditionellen Stück von Lincke, „Berliner Luft“. Das Publikum tobte! Auch, weil Erika so unglaublich laut und partiturgerecht gepfiffen hat; sie erhielt Szenenapplaus! Für ausgewählte Freunde gibt es hierzu einen Videobeweis. Mit dem Wetter hatten wir auch Glück, denn zu Beginn regnete es etwas, was mich dazu verleitete, für mehrere 1000 € zwei Regenponchos zu erwerben. Immerhin mit dem Aufdruck „Waldbühne“. Die brauchten wir dann nicht.
Die Rückkehr ins Hotel war dann eine Herausforderung, denn nun wollten 22.290 Besucher des Konzerts wieder in die Berliner Innenstadt. Das hat in den Vorjahren immer super geklappt. Und obwohl ich die Berliner Verkehrsbetriebe hoch schätze (als KVB-Geschädigter keine Kunst), an diesem Abend hat es leider nicht ganz so gut funktioniert. Am Bahnhof Friedrichstraße versorgten wir uns noch mit Laugengebäck und enterten dann wieder Erikas Balkon, um ihrem Abschiedsabend einen würdigen Rahmen zu verleihen. Das war schon ein sehr schöner Tag!
Meinen ersten Solotag startete ich nach dem Frühstück mit einer großen Spreefahrt, weil mir das Bötchenfahren gestern so gut gefallen hatte. Erika saß da schon längst im Flix-Train. Teile der Strecke waren auf dieser Bootsfahrt nicht ganz so idyllisch, viel Hafen- und Industriegebiet links und rechts, aber insgesamt war sie wieder sehr schön und entspannend. Gestern gab es eine zweisprachige Lautsprecherdurchsage, deren englischer Part Erika und mich sehr erheitert hat, da extrem „posh“ eingesprochen; selbst die deutschen Wörter wurden „veroxfordt“. Diesmal war es nur auf Deutsch, dafür aber mit völlig unterschiedlichen Informationen im Gegensatz zu gestern. So kam dann auf dem bekannten Teil der Spree auch keine Langeweile auf.
Nach der Fahrt war ich hungrig. Das Mittagessen war aber leider eine Katastrophe. Ein Etepetete-Italiener am Spree-Ufer kredenzte mir eine völlig überteuerte und dafür versalzene Fischsuppe, die ich fast unangetastet ließ. Man interessierte sich leider nicht dafür, warum dem so war, ich nehme an, dass das der Erfahrung geschuldet ist. Italofritzen heißt die Bude, Ihr solltet sie meiden!
Es wurde Zeit, umzuziehen. Mein zweites Hotel in Berlin liegt im Grunewald am See. Es dauerte ein wenig, dorthin zu kommen, weil von der S-Bahn Station Heerstraße zwar ein Bus dorthin fährt, dieser aber nur stündlich. Und finden muss man die entsprechende Haltestelle auch noch. Etwa zwei Dutzend diskutierende Einheimische brachten mich dann zur richtigen Stelle. Berliner können durchaus freundlich sein!
Es wird wieder einmal Zeit, über Navigationssysteme zu lästern. Ich zeige euch einmal den Weg, den Google Maps vorschlug, und dann den Weg, den ich tatsächlich nahm.
Das Hotel ist total schön, klein, etwas verwinkelt, es liegt direkt an einem See, von dem ich nicht weiß, welcher es ist. Google Maps behauptet, es sei die Havel. Aber das mag ich irgendwie nicht glauben. Leider hat das Hotelrestaurant am Abend zu, es herrsche Personalmangel, wie mir beschieden wurde. Ich könne aber zu einem Restaurantschiff 20 Minuten Fußweg von hier latschen, das Essen dort wäre nicht schlecht. Ich mache erst einmal eine kleine Pause auf dem Zimmerbalkon, fing dort endlich schon einmal mein Tagebuch an, und lief dann gegen kurz vor 6 Uhr Richtung „Alte Liebe“. Am Wasser entlang, durch Waldgebiet, freundlich grüßende Menschen… Das tat mal gut. Die Luft ist klar, es gibt ein Zwitscherkonzert ohnegleichen und ich beschloss, hier will ich leben! Ja, Ihr Lieben, manchmal habe ich so Anfälle. Sind aber harmlos.
Ich ergatterte auf dem Ponton einen Sitzplatz direkt an der Reling zur See und wartete auf den Service. Der wuselte hinter mir links und rechts und nahm mich nicht zur Kenntnis. Ich räusperte mir einen „Guten Abend“ heraus, woraufhin sich die Bedienung umdrehte und rief: „Huch, ich habe sie gar nicht bemerkt! Dabei sind sie doch wirklich nicht zu übersehen!“. Ich guckte entgeistert (nehme ich zumindest an), sie legte nach: „So viele Kilo Gemütlichkeit!“. Hrmpft! Wir waren dann per Du. War sie aber mit allen. Skurril. Was soll ich sagen, das Bier war kalt, der Fisch nicht totgebraten, der Absackerwein besser als alle anderen in Berlin. Und die Kellnerin war superlustig, so dass ich ihr verzieh (sie hatte ja auch iwie recht).
Ich trudelte glücklich wieder gen Hotel, wollte weiter Tagebuch schreiben, fiel aber komatös in die Heia, wo ich 11 (!!!!!) Stunden schlief. Das mag ein wenig meinen schlaflosen Nächten der letzten Zeit daheim geschuldet sein (ich rege mich seit Wochen noch mehr als sonst über meinen Arbeitgeber auf). Es tat aber seeeehr gut.
Ihr Lieben, ich schrieb, dass das Frühstück im VCH-Hotel prima war. Das Frühstück hier im Haus am See war der Hammer! Unter einem Sonnenschirm auf der Terrasse, mit Blick auf den See und ins Grüne, bei wunderbarem Wetter, mit Vogelgezwitscher und Wassergeplätscher, ein Traum! Es gab kleine fertige Aufschnittplatten, die in einem gläsernen Kühlschrank angerichtet waren, also sehr hygienisch, der Obstsalat war vorportioniert, ebenso wie der Joghurt. Der Kaffee war wunderbar, das Rührei fluffig. Wenn der Balkon nicht voller Vogelschiss wäre, käme das Hotel auf zehn von zehn Punkten! Man muss halt mögen, dass hier „tote Hose“ ist. Ich denke aber, dass gerade das ein Pluspunkt sein könnte. Ich glaube, ich möchte hier leben… (man darf skurrile Gedanken auch zweimal haben). 🙂
Ich fuhr mit dem Oldtimer-Doppeldeckerbus bis zur nächsten S-Bahn-Haltestelle und von dort aus mit der S-Bahn nach Spandau Rathaus und lief ab da bis zur Zitadelle, wo ich mehrere der kleinen Museen besuchte, den Juliusturm hinaufkraxelte, immerhin 150 Stufen, und ein wenig die Befestigungsanlagen entlang lief. Der Besuch ist seinen Eintritt wert! Vom Turm aus eine sehr schöne Weitsicht, die Kunstausstellung sehenswert, das zeitgeschichtliche Museum interessant!
Danach erkundete ich die Altstadt von Spandau, die ist jetzt eher unspektakulär, bis auf einen kleinen Teilbereich rund um die Marienkirche, Behnitz und Kolk genannt, sowie um die Nikolaikirche herum. Was selbst Spandau von Köln unterscheidet ist, dass es überall noch Märkte und Spezialitätenläden und Restaurants in der Innenstadt gibt. Ich bin ja kein großer Köln-Fan, und es wird nicht besser, wenn ich Berlin zum Vergleich habe. Ja, es darf geshitstormt werden. Es macht mehr Spaß, durch die Stadt zu laufen, es ist sauberer, es ist vielfältiger im kulturellen Angebot (Jamie Cullum tritt demnächst in der Zitadelle auf!!!!) und der Nahverkehr ist ein Traum!
Wohin jetzt? Ich googelte „Schöne Biergärten Berlin“ und entschied mich für das „Bootshaus Stella“ am Lietzensee. Das war für Berliner Verhältnisse ein bisschen teurer und bot nur Selbstbedienung, lag aber nett mitten in Charlottenburg. Ich aß, Frevel!!!, um 13 Uhr dort Weißwurst mit Brezel und labte mich an einem Berliner Kindl (selbst das Bier können Sie besser als die Kölner! Erneuter Shitstorm in 3…2…1…).
Meinen Lunch-Spaziergang unternahm ich dann entlang der East-Side-Gallery. Da war ich zwar schon oft, aber die künstlerisch gestalteten Überreste der Berliner Mauer sind immer wieder sehenswert. Vor dem wohl berühmtesten Gemälde, dem sozialistischen Bruderkuss, versammeln sich seit jeher die meisten Touristen und es macht viel mehr Spaß, diese zu knipsen, als das eigentliche Motiv. Nach Überquerung der Oberbaumbrücke (ist Euch schon aufgefallen, dass es gar keine Zwillingstürme sind?) setzte ich mich in die U-Bahn Richtung Kudamm, besuchte den Neppmarkt am Europaplatz, bestaunte die Fußballisierung der Gedächtniskirche, kaufte aus Solidarität im Karstadt ein paar Shirts (wehe, ein Pfennig davon fließt in die Taschen von diesem Kotzbrocken Benko! Jaja, auch Berggruen, Middelhoff et al. gehören dazu), dann wurde es auch Zeit für Highlight Nummer 2!
Ich erwähnte es weiter oben, ich schulde der Namibia-Reisegruppe Dank, dass ich jetzt in diesem schönen Hotel im Grunewald hocke. Und genau 4 davon traf ich abends auf dem Weinmarkt am Rüdesheimer Platz wieder: Margit und Thomas sowie Sabine und Ulrike. Der Weinmarkt besteht seit etwa 25 Jahren und ist von Frühjahr bis Herbst an sechs Tagen in der Woche geöffnet. Übrigens sehr zum Ärgernis eines Anwohners, der aber erst viel später dort hingezogen ist und das Erscheinungsbild des Weinmarktes durch seine vielfältigen Klagen dennoch drastisch verändern konnte. Es ist aber immer noch ein Erlebnis, ich war auch mit Ruth schon ein- oder zweimal dort. Verschiedene Winzer wechseln sich beim Betrieb eines (!) Weinausschankes ab, man bringt sein eigenes Essen mit und hofft, einen Tisch zu ergattern. Das ist manchmal schwierig, weil eine Handtuchmentalität wie auf Malle vorherrscht. Nur ein bisschen subtiler. Schon morgens wird ein gebrechlicher Verwandter mit Tischdecke und Tupperdosen und Geschirr dort platziert, der dann bis zum Abend den Tisch freihalten muss.
So trafen wir uns auch erst an einem Stehtisch, den ich, da viel zu früh vor Ort, schon zu einem Drittel erobern konnte. Dort trafen wir uns erst einmal zum Aufwärmen und dann – Gloria Dei – wurde hinter uns ein Teiltisch frei, an den wir alle noch passten. Und dann wurde ausgepackt. Salate, Frikadellen, Dips, Brotsorten, Oliven, Käse, Erdbeeren… Das meiste selbstgemacht, alles superlecker! Und das war ein wirklich schönes Treffen, ich bin bis heute dankbar, dass wir damals so viel Glück mit der Reisegruppe hatten! Wir haben auch am Ende des Abends (der ist dann wegen des erwähnten Klägers sehr abrupt) beschlossen, dass die Berliner auch mal zu einem weiteren Treffen nach Köln kommen.
Ulrike brachte mich dann noch mit ihrem VW-Beetle-Cabrio nach Hause (sie hatte den ganzen Abend nur Apfelschorle!), das war dann auch noch mal ein Highlight. Wer kann denn von sich behaupten, mal im Cabrio über den AVUS gedüst zu sein? Jaja, ich weiß, viele. Aber für mich war es trotzdem besonders!
Mein Abreisetag war dann ein wenig chaotisch. Direkt nach dem Frühstück besuchte ich das Jaczo-Denkmal, das nur ein paar Minuten vom Hotel entfernt ist und an einen slawischen Fürsten erinnert, der an dieser Stelle zum Christentum konvertierte. Das in mehreren hundert Jahren vor dem Amtsgericht Neuss zu errichtende Diepolder-Denkmal… da ist das dann genau andersherum. Zuerst überlegte ich, dann zur Pfaueninsel zu fahren, die kenne ich zwar schon, aber die ist sehr hübsch!, aber wegen der doch eher selten verkehrenden Busse nahm ich davon wieder Abstand. Da ich aber ohnehin schon im Oldtimer-Bus in diese Richtung saß, verließ ich diesen am Wannsee. Dort gibt es zur Zeit eine Großbaustelle. Irgendwie war es nicht schön, sich dort aufzuhalten. Die Fähre der Berliner Verkehrsgesellschaft, mit der man eine Stunde hin und her hätte fahren können, hatte gerade abgelegt, also ließ ich Wannsee Wannsee sein und fuhr mit der S-Bahn zum Potsdamer Platz.
Im Sony-Center dann auch wieder Großbaustelle. Das Kinomuseum hatte geschlossen, nette Bars oder Cafés waren nicht in Sicht. Ich beschloss, zum Flughafen zu fahren, wo ich dann natürlich 3 Stunden zu früh aufschlug. Im Food Court entschied ich mich für eine internationale Burgerbraterei, das war ein großer Fehler. War das auch früher schon so eine lieblose, kalte Matschepampe? Ich hatte auf jeden Fall ein bisschen Magen danach.
Der Flieger ging pünktlich, ich hatte Beinfreiheit und einen freien Mittelplatz. Nur der Zeitungsleser hinter mir war nervig, denn er las die Zeitung offensichtlich nicht, sondern erprobte Nahkampftechniken an ihr. Bei einem längeren Flug hätte ich sie ihm aus der Hand gerissen und aus dem Fenster geworfen. 🙂
In Köln dann mal wieder der Dämpfer. Am Bahnhof wartete ich 40 (!!!!) Minuten darauf, in Richtung Stadt zu kommen. Alles verspätet, Zugausfälle und Bundespolizeieinsatz im ICE, den ich sonst genommen hätte. Was für ein Armutszeugnis bei einer Europameisterschaft.
So, Ihr Lieben, diesmal habt Ihr mich nicht live begleitet, ich hoffe aber dennoch, dass meine Eindrücke von der kleinen Berlinfahrt Euch Spaß machen. Ich hoffe, wir lesen uns bald wieder!
ich mache es kurz. Das Wetter trübe, die Verkehrsmeldungen lang, Emden von Matjesfans überrollt. Ich räumte ein und auf, sagte per Telefon meinen Vermietern Adieu und fuhr los. Ich hielt nur noch im Hafen, um Matjes zu kaufen und an einem Hofverkauf, wo es Klei-Kartoffeln gab. Darüber hatte ich gelesen, sie seien besonders lecker. Also her damit!
Dann fuhr ich nach Hause und es war tatsächlich etwas nervig. Fast 5 Stunden habe ich gebraucht. Aber es war auch pickepackevoll auf den Autobahnen. Wo kommen all diese Camper und Wohnwagen her? Wahnsinn!
Jetzt hatte ich noch einen guten Teil des Nachmittags zum Rumpröddeln oder aber auch Faulenzen (halb/halb halt), und Ihr dafür ein einfaches Rezept für einen Kartoffelsalat.
Dank an die virtuell Mitreisenden und bis zur nächsten Fahrt in zwei Wochen, dann geht es nach Berlin!
schön, dass Ihr auf den Clickbait reagiert, ich verrate dann auch im Laufe meines 27seitigen Artikels, welches Lebensmittel betroffen ist.
Heute stand West-Ostfriesland auf dem Plan. Da kenne ich mich schon einigermaßen gut aus, da ich – wie erwähnt – bereits mehrmals in Norddeich Logis genommen hatte. Allerdings beschloss ich, im Gegensatz zu gestern, mich nicht Ort für Ort voranzutasten, sondern zu meinem weit entferntesten Ziel zu fahren und mich quasi zurückzuhangeln. Normalerweise stehen auch IMMER Pilsum mit dem markanten „Otto-Leuchtturm“ und der herausragenden Käserei außerhalb des Ortes sowie Norden auf dem Plan, aber die wollte ich mal bewusst auslassen.
Ich startete in Hinte, wo es ein sehr schönes Ensemble aus einer Häuptlingsburg, der Hintaburg, der Kirche und dem Friedhof zu bestaunen gibt. Geparkt hatte ich an der Mühle, die bestimmt auch für irgendetwas berühmt ist. An Burgen, Kirchen und Mühlen mangelt es hier definitiv nicht! Die Wasserburg ist in Privatbesitz und daher nicht besuchbar. Aber dennoch sehenswert! Der Ort ist mal wieder pittoresk wie nix. Aber das sind hier ja bekanntlicherweise sehr viele.
Von Hinte aus ging es nach Rysum, 1998 Landessieger im Wettbewerb um den schönsten Ort. Jau, merkt man heute noch, dass die Entscheidung nicht komplett falsch gewesen sein kann! Die Kirche prunkt mit der angeblich ältesten Orgel Deutschlands. Die wollte ich sehen!! Man glaubt es nicht, aber ich bin ein großer Orgelfan. Man muss sie nur richtig spielen können! Ich hatte ja mal Probestunden bei Franzjosef Franzen, der Schüler in der Reihe Bach – Massiaen – Guillou usw.usf. war. Sein vernichtende Urteil: Nä, nie im Leben! So bleiben mir als Erinnerung nur die Klavierstunden bei Madame Rau, die strenge Frau mit Dutt und Lineal, mit dem sie einem auf die Finger haute.
Ein Ehepaar vor mir öffnete die Tür zur Kirche und schloss sie sogleich wieder. Huch, ich will doch aber die Orgel sehen! Wieso kommt man nicht rein? Man kam, allerdings war dort jemand aufgebahrt und drei Männer hielten wohl Totenwache und klönsnackten derweil auf platt, dass man kein Wort verstand. Aber ich liebe diesen Singsang. Hm, was tun? Ich grüßte in die Runde, lief bis zu Mitte des Kirchenschiff, drehte mich um, fotografierte die Orgel und verließ die kleine Trauergemeinde wieder. Es ist offiziell: Ich bin hemmungslos!
Rysum hat auch noch ein altes Landarbeiterhaus von 17hundertetwas zu bieten und … TADAA! eine Mühle. Die könnte man gegen Spende sogar hochkraxeln, was ich natürlich sofort tat. Innendrin eine kleine Ausstellung, von der Galerie ein schöner Blick. Sehr nett.
Eine weitere, wiederaufgebaute Häuptlingsburg steht in Pewsum. Die schaute ich mir auch von außen an, zu besichtigen wäre sie erst ein paar Stunden später gewesen. Neben der Burg des Manninga-Stammes gibt es eine… Ihr wisst schon. Dreistöckiger Galerieholländer.
Das touristische Highlight des Westens ist und bleibt Greetsiel. Hier boxt durchgehend der Papst im Kettenhemd. Es war sooo voll, Venedig ist eine merda di mosca dagegen. Selbst die Außenparkplätze waren überfüllt und ich fand nur mit Glück einen Stellplatz, weil jemand rausfuhr. Eigentlich wollte ich mir am Hafen dann ein Fischbrötchen gönnen, aber alle Plätze waren besetzt und vor den Stehimbissen – wie auch vor den Eisdielen – standen Schlangen von Menschen. Ich strollte daher nur durch den Ort und ergab mich dem Kitschseeing. Souvenire sind hier teilweise um ein vielfaches teurer als in anderen Orten! Ein Krabbenbrötchen kostet hier im Stehimbiss 12 Euro.
Ich beschloss, zurück nach Dornumersiel zu fahren, um dort am Hafen Krabben und Matjes zu erstehen, um mir zum Abendbrot selbst Brötchen machen zu können. Im großen Fischverkauf am Hafen hätte ein Krabbenbrötchen dann übrigens vergleichsweise billige 7 Euro 35 gekostet. Man hatte nur blöderweise keine Krabben. Man könne mir einen Salat mit Fisch und Krabben in Cocktailsauce anbieten. Nö, da hatte ich mich schon reingesteigert. Dann eben Krabben aus dem Supermarkt. Ab zum „Markant“. Keine Krabben! Aus lauter Verzweiflung kaufte ich Louisiana-Flußkrebsschwänze, Rémoulade und Salat. Daheim kochte ich dann noch Eier und machte mir daraus zwei Dinkelbrötchenkrabbenremouladensalateierburger. Ihr kennt das: Einmal reinbeißen, alles auf dem Teller. War trotzdem lecker und mein Krabbenbrötchennervenzusammenbruch war halbwegs abgewendet.
Mein Gott, wie die Zeit vergeht, morgen ist schon wieder Abreise. Ich hatte überlegt, einen Zwischenstopp in der berühmten Emdender Kunsthalle einzulegen, aber ich hörte vorhin im Radio, dass Emdener Matjes-Tage sind und man 180.000 Besucher erwarte. Dreieinhalbmal so viele, wie Emden selbst Einwohner hat! Jetzt bin ich mir nicht sicher, ob das eine gute Idee wäre, da noch auf einen freien Parkplatz zu hoffen. Naja, mal sehen, was auf der Rückfahrt so passiert. Immerhin fährt nun ganz Nordrhein-Westfalen auch wieder aus dem Feiertags-Kurzurlaub nach Hause.
Ich entscheide das spontan und hoffe, Ihr guckt dann nochmal rein. Alles Liebe aus dem Norden, Euer
neuer Tag, neuer Ohrwurm. Heute wollte ich noch früher aufstehen, um noch mehr Sonne zu haben. Hustepiepen! Es war morgens total trübe und pünktlich bei Abfahrt fing es an zu nieseln und hörte erst einmal gar nicht mehr auf. Egal. Ab nach Ost-Ostfriesland, das dort aber eigentlich nur Friesland heißt. Jever, Wilhelmshaven und das Drumherum gehörten nämlich eine ganze Zeit lang zu Oldenburg und mussten namentlich abgegrenzt werden.
Ich fuhr zuerst die östlich gelegenen Sielorte ab, was ich vor ziemlich genau 5 Jahren schon so ähnlich mit Elke gemacht hatte. Ich startete meine Erkundung in Neuharlingersiel. Hier war nix beschaulich. Bei so schlechtem Wetter klappern die Touris (wie ich ja auch) die netten Orte ab, shoppen, picheln und schlemmen. Zudem war auch noch Kuttermarkt (klein aber fein), so dass der Kutterhafen aus allen Nähten platzte. Bevor ich überhaupt zum Hafen kam, musste ich lernen, dass es ein modernes Parksystem auf den Plätzen gibt. Die Nummernschilder werden erfasst und man soll am Ende zahlen. Das habe ich nicht begriffen und ging direkt zum Bezahlautomaten, der mich verabschiedete mit den Worten „Du hast 3 Minuten geparkt, das kostet nix, Tschüssikowski!“. Naja, so ähnlich halt. Ich musste daher doch glatt vom Platz fahren und mir einen anderen zum Parken suchen.
Vom Parkplatz aus lief ich erst einmal ein Stück des Deichs entlang, bis der Regen stärker wurde. Ich prügelte mich dann im kleinen Hafen (geparkt hatte ich am großen Fährhafen) so an den Ständen mit land- und fischwirtschaftlichen Produkten vorbei und war schon nach kurzer Zeit davon erschöpft. Wieso müssen größere Gruppen, gerne mit Kinderwagen und/oder Rollatoren, immer an der engsten Stelle stehenbleiben, um was auch immer zu diskutieren? Martin Perscheid, der von mir hochgeschätzte und leider viel zu früh verstorbene Cartoonist hat da mehr als eine schöne Zeichnung zu gemacht. Stichwort „Idioten, die im Wege stehen.“
Ich beschloss, dem Rat einer Nachbarin zu folgen und das Buddelschiffmuseum zu besuchen. Das ist sehr übersichtlich und war gut gefüllt. Regenwetter halt. „Haben Sie eine Nordseekarte?“ – „Ja, habe ich, die NSC!“ – „Das ist die falsche…, wir bräuchten die NSC!“- *Verdutztguck* – „Sie haben die Nordsee-Card, wir brauchen die Nordseeservice-Card.“. Ja, so kann man es auch regeln, lieber Tourismusverband. Also, vollen Eintritt bezahlt. Ich bin jetzt nicht so der Modellbau-Liebhaber, aber die Ausstellung ist nett. Und trocken!
Ich machte mich auf nach Carolinensiel, wo ich gar keinen Parkplatz im Zentrum bekam und wegen zweier sich blockierender Lastwagen auch nicht mehr wenden konnte. Ein Heidendurcheinander! Ich parkte daher jwd (janz weit draußen!) und lief im inzwischen mehr als nieseligen Regen den Harlesiel bis zum Hafen runter, um dort auf der anderen Seite wieder hochzulaufen. Am Ende des Rundganges war ich trotz Schirm mehr als nebelfeucht. Carolinensiel hat zwei Besonderheiten: Einmal den Raddampfer Concordia, der den Siel auf- und abfährt, und die einzige Deichkirche Ostfrieslands. Ansonsten ist es bei Regen dort nur so lala.
Weiter ging es nach Hooksiel, das kannte ich tatsächlich noch gar nicht; es war im Reiseführer als sehr sehenswert angepriesen. Ja, was soll ich sagen. Im Bindfadenregen fehlte mir das erheiternde und liebreizende Element. Ich wurde zusehends grantelig, ich brauchte Medizin in Form von Essen! Ich wurde in einer Bäckerei mit Wintergarten fündig. Der Kuchen hieß Amerika-Schnitte, erinnerte aber sehr an Käse-Sahne-Torte. Dazu einen Halbliterpott Milchkaffee. Hat geholfen. Es hörte auf zu regnen. Das nenne ich mal Magie! Hooksiel ist bestimmt ganz nett, aber unspektkulär. Es gibt Speicherhäuser, ein zum Künstlerhaus umgestaltetes Spritzenhaus und ein Muschelmuseum in einem kleinen Häuschen mit Zwiebeltum.
Gestern schrieb ich von der „Herrlichkeit Dornum“. Ich lernte inzwischen, dass es hier mehrere Herrlichkeiten gibt. Es ist der einem Häuptling zugeordnete Herrschaftsbereich. Ja, Häuptling. Wer jetzt an Majestix oder Winnetou denkt, liegt nur halb daneben. So hießen die friesischen Fürsten. Auch hier wenig mit m/w/d. Heißt das dann eigentlich Häuptlingin? Oder Häuptinling? Egal. Diese Häuptlinge bauten sich ganz ansehnliche Wohnsitze. Einer davon ist die Burg in der Herrlichkeit Kniphausen, die aus zwei Gründen überregional bekannt ist: Erstens steht sie noch und zweitens beherbergt sie einen sogenannten Ahnensaal, der von kultureller Bedeutung zu sein scheint. Leider war der geschlossen. Ostfriesland hat sich offensichtlich nicht wirklich gut auf meinen Besuch vorbereitet :-). Um die Burg ein netter Park, man kann also mal einen Abstecher wagen, wenn man in der Nähe ist.
Jetzt galt es, zu entscheiden, wohin die nächsten Schritte gelenkt werden sollten. Es nieselte mal wieder. Wilhelmshaven? Ich war da noch nie. Aber Städte im Regen erkunden? Puh! Doch lieber eine Wasserburg und einen kleinen Ort? Ich besuchte Schloss Gödens. Bis ich vor Ort ankam, hatte ich das auf der Karte falsch gelesen und als Gedöns gespeichert; den Namen fand ich sehr erheiternd. Der dazugehörige „schönste Ort Frieslands“, Neustadt-Gedöns heißt übrigens auch nicht wirklich so. Es war das Highlight des Tages! So ein schönes Wasserschloss! Leider nicht zugänglich, aber immerhin der Park war Besuchern geöffnet. Dort gab es wunderschöne, stolze Pfauen und schwarze Schwäne. Ein Ehepaar, mit dem ich zusammen die schwarzen Schwäne samt ihrem Nachwuchs bewunderte (dem der Wasservögel, nicht des Ehepaars!) erkannte, dass ich nicht von hier sein könnte und klärte mich auf, dass die Schwäne seit einer Woche hier im Wassergraben schwimmen, weil sie in ihrem Heimatgewässer im Schlosspark Jever von mutmaßlich Betrunkenen gequält und misshandelt worden wären. Sie seien jetzt zu ihrer Sicherheit hier. Jetzt mal ehrlich: Was stimmt mit den Menschen nicht??? Man legte mir nahe, auf meinem Rückweg in Jever Halt zu machen. Wusstet Ihr übrigens, dass Pfaue ziemlich schreien? Und schwarze Schwäne ein hupendes Geräusch von sich geben können?
Wie angedeutet, gehört zu Gödens auch der Ort Neustadt-Gödens, eine als Planstadt geplante… äh… ja… Stadt, um die örtlichen Weber aufzustocken, die dem Ort Wohlstand brachten. Es kamen Mennoniten, Juden, Protestanten, Katholiken…. Angeblich war es ein Ort, an dem alle vertretenen Religionen friedlich miteinander lebten. Wie wir alle wissen, geht das immer nur bedingt gut. Der Ort rühmt sich, wie schon erwähnt, der schönste Ort Frieslands zu sein. Ehrlich? Hier ist alles schön und geleckt. Ganz Ostfriesland ist der Ort, der „schöner werden soll!“. Naja, wahrscheinlich gibt es in den größeren Städten auch die ein oder andere Schmuddelecke, aber manche kleine Ortschaften sehen so aus, als würden die Besitzer von Rasenmährobotoren diesen nicht vertrauen und sich auf allen Vieren selbst darum bemühen, dass alle Grashalme auch wirklich gleich lang sind, indem sie die Spitzen abknabbern. Aber ich mag es!
Ich folgte dem Rat meiner Kurzbekanntschaft und stellte Cora auf dem Parkplatz der Touristeninformation in Jever ab. Dort fiel mir auf, dass das linke Vorderlicht wieder einmal defekt war und die Motorkontrollleuchte etwas tat, was sie nicht tun sollte: Sie leuchtete. Manchmal habe ich das Gefühl, Cora will gar nicht mehr durch den TÜV. Der Schlossturm ist derzeit eingerüstet, der Park ist sehr grün. Hier residierte Anfang des 18. Jahrhunderts das erbenlose Fräulein Maria, das verantwortlich war, dass die Fräuleinkeit Jever und somit Ost-Ostfriesland an die Oldenburger ging. Ansonsten ist Jever natürlich bekannt für sein Küppers Kölsch (kleiner Scherz), eine ansehnliche Altstadt sowie eine Mühle (leider habe ich den Rekordtitel dieser Mühle nicht herausfinden können). Auch hier im Park gab es Pfaue und ich konnte ein älteres Paar beobachten, das mit gezückten Kameras sehr lange einen dieser Vögel fixierte. Als es auf dem Rückweg immer noch so dort stand, meinte ich, man müsse schon Paarungsbereitschaft signalisieren, damit ein Rad geschlagen wird. Ich weiß selbst nicht, warum so ein Unsinn manchmal aus mir herauspurzelt, aber der Mann beschied mir, ich sei unverschämt.
Mit sehr vielen Eindrücken versehen machte ich mich auf den Weg zurück zu meinem Feriendomizil. Just bei Ankunft verirrten sich auf einmal Sonnenstrahlen durch die dichte Wolkendecke. Ich fühle mich leicht verhohnepipelt. Aber so saß ich, wenn auch mit Jacke, auf dem Balkon und konnte meine ersten Eindrücke des Tages herunterschreiben. Wie schon die letzten drei Abende fährt auf dem Parkplatz ein Mädchen ohne Unterlass mit Skates im Kreis (was wegen der Pflasterung geräuschtechnisch etwas zermürbend ist) und ich hoffe sehr, dass sie – sollte sie mit ihrer Familie länger in der Siedlung verweilen – hier eine Ulaubsliebe findet (damit die anderen Feriengäste Ruhe haben). Die Chancen stehen bei ihr jedenfalls höher, als bei mir, wie ich befürchte.
Nachdem ich mich daheim ein wenig sortiert hatte und draußen die Sonne schien, als sei nix gewesen, beschloss ich, auswärts zu essen. Liebe Kinder, passt gut auf, Ihr lernt jetzt was. Käthe&Karl: Haben Sie ein Plätzchen für mich frei? Oh, wie schade. Kann ich morgen kommen? Das glockenhelle Lachen hörte man bis in die Alpen. Pizzeria Santa Maria: Tischchen? Und morgen? Ridi, Pagliacci, HAHAHA! Man muss halt schon im Winter wissen, wo man im Frühjahr essen möchte. Durch die Bäume erspähte ich eine Terrasse direkt am Siel. Sollte das etwa ein Restaurant sein? Es sollte. Namens „Am Kamin“. Die Speisekarte verhieß nichts gutes. Aber es gab Barre-Pils vom Fass und viel Platz und einen schönen Blick. Das Servicepersonal war lustig und trotz der Umstände (man hatte nicht damit gerechnet, dass man die Terrasse aufmachen könne und war ein wenig im Brass) freundlich. Und große Überraschung: Der Fisch auf meinem Lotsenteller war saftig, die Bratkartoffeln zwar nur lauwarm, aber lecker und die Rémoulade möglicherweise sogar hausgemacht (oder ein sehr gutes Conveniance-Produkt). Als ich den Fisch lobte, wurde mir beschieden, in der Küche stehe eine relativ neu angeworbene Portugiesin, man sei so glücklich mit ihr! Ich stimme dem einfach mal zu.
Also, insgesamt ein eher nebelfeuchter Tag, aber ich habe wieder so einiges entdeckt und bin guter Dinge, was den morgigen Tag angeht. Ostfriesland vive, vive Ostfriesland!
Liebe Grüße, Euer
Wie, mein Blog gefällt Euch nicht!? Ich bin doch nicht Euer
bei der gestrigen Annektion des Appartements traf mich ja in der Küche fast der Schlag. Auf den Fotos stand da eine Kaffeemaschine. Ganz klassisches Filtermodell. Ich kaufte schon zuhause extra Filter und gemahlenen Kaffee und dann… Schnappatmung! Was soll ich sagen, sie stand im Schrank. Völlig umsonst schnappgeatmet. Oder heißt es geschnappatmet?
Gestärkt von Kaffee und Rührei brach ich auf, Friesland zu erobern. Ich erwähnte bereits, dass ich schon oft hier war, aber meistens eher planlos. Und bisher auch nie allein. Da ließ man sich eben irgendwie zusammen treiben. Gestern aber studierte ich den Reiseführer und war baff, was ich alles bei meinen bisherigen 3 oder 4 Aufenthalten so verpasst hatte. Klar hatten wir die beiden schiefsten Türme der Welt in Suurhusen und Midlum gesehen, den Leuchtturm und den Käsehof in Pilsum, den Schlosspark in Lütetsburg. Aber, so schrieb ich gestern einer Freundin, man kann ja 3 Wochen hier sein und jeden Tag etwas Neues entdecken. Na, denn mal los.
Für heute nahm ich mir Dornums historischen Stadtkern vor, dann eine grobe Draufsicht auf Aurich, um dann über Wittmund und Esens wieder zu meinem temporären Zuhause zurückzukehren. Ich stellte mir sogar einen Wecker, um nicht den wettertechnisch als gut vorhergesagten Morgen zu verplempern und fuhr um halb zehn los.
Dornum hört man schon von Weitem! Irgendwelche Rabenvögel haben den Ort fest in ihrer Hand und krächzen sich die Seele aus dem Leib. Vor Jahren war ich mal mit meiner Ex-Schwägerin und meiner „Gattin“ dort, da war das auch schon so. Die Bewohner scheint es nicht zu stören. Dornum ist echt ein netter Ort. Es gibt Reste zweier Schlösser, davon ist eins nicht durchgehend besuchbar, da dort die Dornumer Realschüler untergebracht sind,Touristenströme sind da womöglich eher kontraproduktiv. In dem anderen Schloss war früher ein Hotel mit angeschlossener Restauration. Jetzt wird dort anders restauriert. Die Kirche des Fleckchens, das den Beinamen „Herrlichkeit“ trägt, steht auf einer Warft, das ist eine Erdaufschüttung, die im flachen Ostfriesland einen Überflutungsschutz darstellt. Drumherum sind pittoresk Gräber arrangiert. Sehr hübsch!
In allen heute besuchten Städtchen gibt es Mahnmale oder Gedenkstätten an die damaligen jüdischen Gemeinden. Man scheint in Ostfriesland rigoros gegen diese vorgegangen zu sein. In Dornum wurden zum Beispiel Thorarollen und die Einrichtung der nahegelegenen Synagoge auf dem Marktplatz verbrannt. Eine makabre Auflistung berichtet, was aus den jüdischen Bewohnern geworden ist. Die meisten starben in Vernichtungslagern. Ja, und in Hamburg schreit man nach dem Kalifat und auf Sylt nach den Faschisten. Wohin bewegt sich die Republik? Ich besuchte noch den kleinen jüdischen Friedhof.
In Friesland gibt es haufenweise Mühlen. Die Ortschaften wetteifern darum, wer die schönste, älteste, größte, lustigste und farbenfroheste Mühle hat. Damit jede Gemeinde eine Chance hat, wird zudem noch nach verschiedenen Mühlentypen unterschieden. Dornum hat die letzte Bockwindmühle ihrer Art aus dem Dreißigjährigen Krieg. Die schaute ich mir dann auch noch an. Ihr seht sie im Beitragsbild.
Mein nächster Stopp war Aurich. Das ist ein beschaulicher Ort mit einem großen, nicht besonders ansprechenden Marktplatz (scheußlicher Turm eines Aachener Bildhauers und einbebauzaunte Markthallen), aber einer netten Fußgängerzone. Souvenirshops überwiegen, aber es gibt auch viele inhabergeführte Geschäfte und sogar Metzgereien und andere Lebensmittelgeschäfte. Man stelle sich vor: Ein Metzger auf der Schildergasse oder ein Weinladen auf der Hohe Straße. Eine unrealistische Vorstellung.
Ich schaute mir das Schloss von außen an, das jetzt Gerichte beherbergt, die Kirche, das „Pingelhuus“ (auch hier ist der Hafen gewandert, dass Pingelhuus kündigte die Abfahrt der Schiffe an) und die Ostfriesische Landschaft. Allerdings hier im Sinne eines Gebäudes für den Kommunalverband. Wie Mannschaft halt. Natürlich hat auch Aurich eine Mühle, nämlich die höchste Galeriemühle Deutschlands.
Ganz in der Nähe findet man den Upstallsboom.Ebenfalls auf einer Warft trafen sich dort vor hunderten von Jahren die friesischen Häuptlinge zu Versammlungen, um das Zusammenleben zu regeln. Man genoss das Privileg der friesischen Freiheit, die von Kaiser Karl verliehen worden sein soll und den dortigen Friesen zusicherte, keinen Herren außer dem Kaiser zu haben. Zum Andenken daran steht dort seit 1833 eine steinerne Pyramide.
Wittmund, mein nächster Halt, ist ebenfalls beschaulich. Irgendwie ist hier überhaupt wenig los. Viele Gaststätten haben noch keine Außengastronomie (was wahrscheinlich auch dem Wetter geschuldet ist) und Menschenmassen wie in Antwerpen findet man hier auch nicht. Wittmund wartet mit einer Besonderheit auf. Dem Beispiel des Walk of Fame in Los Angeles folgend haben sich (bzw. wurden) in der Fußgängerzone Prominente mit ihren Handabdrücken und ihrer Unterschrift verewigt. Darunter mehrere Bundespräsidenten, einige Sportler, Schauspieler und Künstler. Alles m/w/d, außer bei den Präsidenten :-). Ich entdeckte Otto Waalkes und Udo Lindenberg.
Auch in Wittmund stand mal eine Synagoge. Sie wurde dem Erdboden gleichgemacht. Außerdem wartet der Ort mit einem überdimensionierten Marktplatz mit einem beeindruckenden Kreishaus, einer ansehnlichen Kirche und – natürlich – einer Pelde-Mühle, dem ältesten Galerieholländer Deutschlands, auf.
Von Wittmund aus ging es nach Esens. Beschau… ach, Ihr ahnt es schon. Nette Innenstadt, schöne Lädchen, großer Marktplatz. Hier gibt es einen Tidebrunnn, der den Stand der Tide im benachbarten Badeort Bensersiel anzeigt. Dazu Kirche, jüdisches Museum, Mühle. Ich shoppte ein bisschen: Kitsch für das Badezimmer, Stoffbeutel mit norddeutschen Bekenntnissen und ein paar neue Schuhe. Ich hatte leider nur ein Paar mit und das ist für langes Laufen äußerst unbequem! Aber immerhin waren die Schuhe reduziert, was ich nicht wusste und mir an der Kasse einen Freudenkiekser entlockte.
Ob Ihr es glaubt oder nicht, zu genau dem Zeitpunkt, an dem ich die Einkäufe im Wagen verstaute, fing es an zu regnen. Ich hatte fast 7 Stunden Glück gehabt! Ich fuhr ins Appartment, machte auf dem Weg dorthin noch einen Stopp im Supermarkt, weil ich das Pils gestern so lecker fand, und erstand noch Brötchen (ich hätte beinahe nach „Schrippen“ gefragt) für das Abendbrot. Zwar gibt es ansprechende Restaurants im Ort, aber da würde ich nicht gerne drinnen sitzen, was bei der Witterung gerade aber erforderlich wäre. Mal sehen, wenn es weiter so aufklart, wird vielleicht morgen etwas daraus.
Das war insgesamt ein schöner Tag und ich bin auch schnell in den Urlaubsmodus reingekommen. Morgen gehe ich dann an den Strand, schwimmen und sonnen. Nee, Spassssss! Ich stöbere gleich mal wieder im Reiseführer, dann gucke ich mir was nettes aus.
Sehen wir uns morgen wieder? Das würde mich freuen. Liebe Grüße, Euer
habt Ihr jetzt einen schlimmen Ohrwurm? Gern geschehen!
Ich bin mal wieder weg, aber erneut nicht so weit. Ich suchte schon vor einiger Zeit nach einer Unterkunft über den Fronleichnams-Brückentag. Es sollte ein kleines Appartement an der Küste werden, und da ich Norddeich (unspektakulär, aber nett) gut kenne, wollte ich dort mit dem Zug hin und vier Nächte rumlümmeln, Fischbrötchen mampfen und am Meer spazieren gehen. Ich war ziemlich geschockt. 1.370 Euro. 954 Euro. 1.120 Euro. Vier Nächte Norddeich, wohlgemerkt. Juist, Greetsiel, selbst Wilhelmshaven: alles völlig überteuert. Das Angebot war zudem recht dünn. Dann ein Glückstreffer, denn in Dornumersiel, einem sehr kleinen, ebenfalls unspektakulären Ort, bekam ich ein sogar sehr schönes Appartement für 80 Euro die Nacht. Sofort gebucht! Weil es aber ein so abgelegener und kleiner Ort ist, musste ich doch mit Cora fahren.
Die Schlüsselübergabe machten die Vermieter und ich für etwa 18 Uhr aus. Mir war klar, auch weil so viel schon vor Wochen ausgebucht war, dass halb Nordrhein-Westfalen sich auf den Weg in den Kurzurlaub machen würde. Daher fuhr ich schon gegen 13 Uhr von der Arbeit aus los. Bis zum sogenannten Ostfriesenspieß, der A31, war es auch sehr zähflüssig, ab dann lief der Verkehr eigentlich ganz flüssig. Ich brauchte insgesamt etwas über vier Stunden. 45 Minuten vor Ankunft sollte ich meine Vermieterin anrufen. Dies tat ich auch; sie erklärte, sie könne nicht kommen, aber ihr Mann warte auf mich vor dem Haus am Aufgang A. Er zeige mir dann auch meinen Parkplatz. Den hätte ich selbst auch erst nach viel Sucherei gefunden, denn man nummerierte die Plätze völlig willkürlich.
Cora unten rechts
Google Maps war wieder für Überraschungen gut, ich wurde unter anderem über Feldwege mit kratertiefen Schlaglöchern geführt. In Dornumersiel angekommen wurde ich auch noch in eine ganz offensichtlich falsche Straße gelotst, auf der ich mit mehreren Manövern drehen musste. Ab da machte Cora außerordentlich merkwürdige Geräusche. Ich wollte aber erst einmal zur Wohnung kommen, denn ich wusste, jemand wartet auf mich. Mit einem Heidenlärm kam ich vor dem Haus zu stehen, wo ein Ehepaar neben dem Aufgang A auf jemanden zu warten schien. Das war ja ganz offensichtlich ich. Ich eilte auf sie zu, schüttelte wild ihre Hände, der Mann kam sofort auf die merkwürdigen Geräusche zu sprechen und wir überlegten zusammen, was das denn wohl sein könnte. Als ich der Frau dann sagte, dass ich mich freue, dass sie es auch geschafft habe, fragten mich beide, wer um Himmels Willen ich denn sei. Es stellte sich heraus, es waren gar nicht meine Vermieter. Das war ein bisschen skurril, ließ sich aber schnell aufklären.
Der Vermieter saß derweil in seinem Wagen und dachte nicht, dass ich ich sei, da ich mich ja so gezielt und angeregt mit anderen Menschen unterhielt. Irgendwie kamen wir nachher aus dem Lachen alle nicht mehr heraus. Er schaute mit mir gemeinsam unter das Auto und tatsächlich fanden wir eine heruntergeklappte Abdeckung, die wir gemeinsam wieder richteten. Sie ist auf den letzten Kilometern die ganze Zeit auf den Boden geschleift. Das hätte mir noch gefehlt, einen Tag hier mit ADAC und Werkstatt zu verplempern. Aber ich hatte das auch schon auf der Dresden-Fahrt. Ich muss meine Werkstatt mal bitten, die Klappe zu verschrauben.
Ich brachte meine Siebensachen in die Wohnung und richtete mich etwas ein, währenddessen fing es an zu schütten, wie auch schon die ganze Zeit auf der Hinfahrt. Jetzt hatte ich mir bei Amazon einen Reiseführer bestellt, der schon vor zwei Tagen hätte ankommen sollen (große Überraschung: er tat es nicht!) und so beschloss ich, trotz strömenden Regens kurz in den Ort zu fahren, wo es ein einigermaßen großen Supermarkt gibt. Und tatsächlich hatten sie dort Reiseführer. Ich kaufte mir noch eine Räucherfischplatte für abends und zwei Bügelflaschen Pils, schon die ersten Souvenirs und ein paar Sachen fürs Frühstück. Einiges hatte ich schon von zuhause mitgenommen.
Als ich mit meinen Einkäufen fertig war, gab es eine kleine Regenpause, die ich nutzte, die Gegend um den sogenannten Alten Hafen zu erkunden, nur gibt es hier keinen Hafen mehr. Der ist seit einer Sturmflut und den daraus resultierenden Landschutzmaßnahmen weiter seewärts. Nach einer Viertelstunde Erkundung fing es wieder an zu schütten und ich trat die Heimfahrt an, nahm aber einen kleinen Umweg über den tatsächlichen und neuen Hafen.
Zum Gedenken an die Fischer, die der blanke Hans nicht hat zurückkehren lassen…
Dann gab es erst einmal die Räucherfischplatte mit einem ofenfrischen Baguette vom Bäcker („Geben Sie mir bitte dieses Stangenbrot…“ – „Das heißt Baguette!“), ganz ehrlich, das würde ich zu Hause gar nicht essen, hier an der See schmeckt es köstlich! Auf dem Balkon war es mir zu kalt, so aß ich in der Küche, deren Fenster einen fantastischen Ausblick auf den Siel, die roten Häuser und ganz viel Grün bietet. Die Wohnung ist wirklich, wirklich schön!
Dennoch plane ich natürlich, nicht den Rest meiner kurzen Urlaubszeit hier zu verbringen und hoffe, dass das Wetter etwas besser wird. Nachher beschäftige ich mich ausgiebig mit Zielen im Reiseführer, die ich noch nicht kenne, es ist ja nicht mein erster Besuch in Ostfriesland. Wenn es regnet wird es Städte- und Museumsbesuche geben, wenn das Wetter schön wird, fahre ich interessante Fleckchen ab.
Vielleicht seid ihr ja dabei, darüber würde ich mich sehr freuen! Bis Morgen, liebe Grüße aus Dornumersiel, von eurem
das Haus hat strikte Hausregeln: Keine Partys, keine Musik, kein Lärm, keine fremden Besucher, kein gar nichts. Es gäbe 4 night guards, die gnadenlos durchgriffen, sollte gegen die Regeln verstoßen werden. Was sollen wir sagen: Party, Musik, Besucher, Alkohol im Treppenhaus usw. usf. Heute morgen, ich wollte zum Bäcker gegenüber, latschte ich erst einmal über Gläser und Bierflaschen sowie durch eine klebrige Getränkelache, die vor unserer Tür standen bzw. eben „lachen“… Haben die night guards mitgefeiert?
Wir hatten Tonnen von Lebensmitteln und Getränken ins Auto gepackt, weil wir keine Zeit mit Einkaufen verplempern wollten. Gut, Kaffeepads, Milch, Sekt und Wein haben wir getrunken bzw. genutzt. Ich nehme es vorweg: All die Nüsse, die Chips, das Brot, Marmelade, Käse, Wurst kamen hingegen wieder im Originalzustand mit nach Hause. Wein und Sekt hatten wir sowieso viel zu viel dabei. Aber gegenüber war eine Bäckerei, die fanden wir viel verlockender zum Frühstück als unser gesundes Eiweißbrot. So ein frisches Croissants ist auch viel urlaubsgemäßer.
Wir packten unsere Siebensachen, räumten ein bisschen auf und verließen unsere Bleibe, die gemischte Gefühle hinterlässt. Die Betten waren sehr bequem, die Lage war okay. Demgegenüber das speckige Sofa, der Aufzug des Grauens und die Mitbewohner. Aber im Ernst: Theoretisch hätten in unserer Wohnung 10 Menschen übernachten können, wenn sie sich a) entweder alle furchtbar lieb gehabt oder b) sich dermaßen ins Koma gesoffen hätten, dass alles egal gewesen wäre. Das hieße pro Person etwa neun Euro Übernachtungskosten und das in Antwerpens Zentrum. Klar lockt das ein gewisses Klientel an. Wir haben aber – auch dank Ohrstöpsel – nur am Rande davon mitbekommen.
Wir schleppten uns zum Parkhaus, beluden Cora und entschieden uns, zuerst zum Begijnhof zu laufen. Beginen waren Laienschwestern, die keusch und karitativ in Gemeinschaften zusammenlebten, meist waren es Töchter aus gutem Hause. In den Niederlanden und in Belgien waren sogenannte Beginenhöfe sehr populär. Es gibt übrigens eine ehr nette Romanserie über eine Begine des Mittelalters, die Kriminalfällte löst, habe ich früher gerne gelesen.
Beginenhöfe sind Oasen der Ruhe, meist mit Gärten, klösterlich anmutend. Auch der inmitten von Antwerpen bildet da keine Ausnahme. Sehr ruhig, sehr schön, sehr grün. Ganz wunderbar und einen Besuch wert.
Unser nächstes Ziel war die Sankt-Paul-Kirche. Sie besticht insbesondere durch ihre reichen Kunstschätze im Inneren. Gemälde von Rubens, van Eyck und anderen Berühmtheiten sind zu finden. Wir betraten das Gotteshaus von der Hofseite her und durchquerten es bis zum Haupteingang. Dabei liefen wir an einer Messe vorbei, in der gerade mit voller Wucht ein Teil eines Requiems gegeben wurde. Auch der Altarraum ist außergewöhnlich prachtvoll!
Ein Stück entfernt liegt das sehr moderne Museum am Strom. Das Gebäude liegt am Antwerpener Hafen und hat eine (für mich) anziehende Architektur. Natürlich war die Zeit zu knapp, um die 10 (!) Etagen des Museums zu besuchen, aber man kann ohne Ticketerwerb auf die oben gelegene Panoramaplattform fahren/steigen und hat einen sagenhaften Blick über die ganze Stadt, die Schelde und das Umland. Bei Sonne wären wir wahrscheinlich ausgeflippt, leider war es um diese Zeit noch etwas bewölkt und diesig. Ein Aufstieg lohnt sich aber allemal.
So ein Croissant hält ja nicht ewig und eine von Elkes Klientinnen drängte sie vor Abreise dazu, sie müsse unbedingt Fritten (gestern erledigt), Waffeln und Muscheln essen. Heute waren die Waffeln dran. Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zu flämischen Waffeln, seit ich mal um die Ecke des Manneken Pis in Brüssel eine so widerlich süße Waffel kredenzt bekam, dass ich den Rest meines Lebens darauf verzichten wollte. Wir ergatterten einen der begehrten Tische am Waffelhuis (vielmehr beim Konkurrenzlokal daneben) gegenüber der Kathedrale und ich entschied mich dann für Pfannkuchen mit Obst und Schokosauce, das ist ja auch sehr flämisch. Es war sehr lecker und nur ein bisschen teuer, und das Probestück von Elkes Waffel hat mich auch wieder ein bisschen mit diesem Gebäck versöhnt. Für den Fall, dass kein Tisch frei gewesen wäre (und es war seeehr voll am Kathedralplatz), hatten wir einen Plan gefasst: Uns ganz eng an einen Tisch zu pressen, auf dem die Teller schon leer waren, und den Leuten intensiv in die Augen zu starren, so dass sie uns freiwillig die Plätze überlassen würden. War aber ja nicht nötig. Und jetzt kam auch endlich die Sonne durch!
Ich wollte unbedingt Pralinen mitnehmen. Jetzt ist es so, dass es an allen Ecken und Enden z.B. Leonidas-Läden gab oder Touristenbuden mit „echt belgischer Schokolade“, aber ich bin da ein verwöhntes Rotzblag. Es muss Pierre Marcolini oder vergleichbares sein. Aus Brügge kannte ich „The Chocolate Line“, den suchten wir dann im Stadtpalais auf. Ich verrate jetzt nicht, was da ein Kilogramm Pralinen kostet, sonst fallt Ihr in Ohnmacht und könnt meinen Blog nicht zuende lesen. Ich werde jetzt, bis die Schachtel leer ist, jeden Tag eine Praline essen, auf Meißner Porzellan, mit Stoffserviette, Silberbesteck und ausgewählten Weinen dazu. Dafür veranschlage ich dann jeweils eine Stunde.
Um die Ecke liegt das Rubenshaus, das zur Zeit aber renoviert wird und bis mindestens 2027 nicht besuchbar sein wird. In Köln könnte man das Datum direkt auf 2127 raufsetzen, vielleicht bekommen die Antwerpener das aber besser hin. Dennoch konnten wir einen Blick von Außen erhaschen. Schon auf dem Weg zum Begijnhof stießen wir auf einen Kunsthandwerksmarkt. In der Nähe des Rubenshauses gab es einen, der eher auf Fressen und Saufen ausgerichtet war und nebenher Plastiktinnef aus Fernost feilbot. Beide Märkte erforschten wir mit Hingabe, ich erstand auf dem ersten ein Armband und auf dem zweiten Tonnen von Käse.
Es wurde Zeit, an die Heimfahrt zu denken, Elke musste noch vor Einbruch der Dunkelheit Amy von ihrer Pflegemami abholen. Wir besuchten noch einmal das Stadtpalais, wo wir beim Besuch der Pralinerie freie Tische im Restaurant des Hofes gesichtet hatten. Ein Kaltgetränk und einen Snack später machten wir uns auf zum Parkhaus, um Antwerpen zu verlassen. Eine Aufgabe hatten wir aber noch: Wir mussten belgisches Bier kaufen. Zwar hatten viele entsprechende Läden geöffnet, aber finde in Antwerpen davor mal einen Parkplatz. Wir parkten dann am Bahnhof in der Tiefgarage, pesten zum DelHaize dort und kauften zwei kleine Kisten. Das Parkhaus war dann noch eine kleine Herausforderung, auf die ich im Detail jetzt aber nicht eingehe. Ich war nervlich aber etwas beansprucht.
Die Heimfahrt verlief stockungs- und störungsfrei, in Poll luden wir die Habseligkeiten um und ich war um 18 Uhr fertig mit Auspacken und Verräumen. Ich finde, das war eine super Idee von Elke, man muss auch mal spontan sein. Antwerpen ist eine Reise wert, das Wetter hat mitgespielt und für nur eine Nacht haben wir echt was gesehen, erlebt, unternommen.
Ich hoffe, unser kleiner Trip macht Euch auch Lust. Wir sehen uns in zwei Wochen wieder, dann in Ostfriesland. Bis dahin alles Gute und noch einen schönen Pfingstmontag! Liebe Grüße, Euer
P.S.: Gestern Abend bei der Weinplörre sprachen uns zwei Frauen an, die wir nur mit allergrößter Anstrengung davon überzeugen konnten, dass wir uns nicht kennen. Sie sind noch nicht einmal darauf gekommen, als sie feststellen mussten, dass wir gar kein Flämisch sprechen. Das war auf jeden Fall genug Stoff, um für den Rest des Trips einen Running Gag zu haben.
Vor kurzem fragte Elke an, was ich denn so an Pfingsten triebe. Nunja, freitags hatte ich schon einen Doppelkopftermin, aber sonst… Nach Durchsicht der Preise für Unterkünfte über die Pfingsttage fielen wir erst in Ohnmacht und beschlossen nach Wiedererlangung unseres Bewusstseins, es bei einer Nacht in einer Stadt auf Beneluxgebiet zu belassen. Wir guckten uns Antwerpen aus und buchten dort eine riesige Ferienwohnung für eine Nacht in der Nähe des Bahnhofs. Die war nämlich vergleichsweise preiswert.
Vorher hieß es aber noch eine Woche arbeiten, Reiseführer kaufen und Anreise planen. Ich suchte ein Parkhaus aus, das zwischen unserem Appartement und der Vermietungsagentur lag, bei der wir den Schlüssel abholen sollten. Alles so im 500-Meter-Radius. Das Besondere an diesem Parkhaus war, dass die Einfahrt über Kennzeichenerkennung erfolgen sollte. Wir trugen Coras Daten ein. Elke war zuvor noch nie mit ihr gefahren und die alte Dame will ja noch was von der Welt sehen. Also Cora, nicht Elke.
Ja, und jetzt muss ich mich selbst verpetzen. Seit 3 Monaten fahre ich mit dem Ersatzaußenspiegel im Kofferraum herum, der schon längst sein elendigliches Pendant, das mit Panzertape mehr schlecht als recht befestigt war, ersetzen sollte. Nämliches war ja im Tornado im Dezember quasi getötet worden. Ich stellte mir Elke vor, wie sie auf dem Beifahrersitz sitzend ununterbrochen auf den Trümmerspiegel glotzte und sich fragte, ob ich sie noch alle hätte.
Manchmal meinen die Nornen es aber gut mit einem. Ich hatte am Abend vor unserer Abfahrt ja besagten Doppelkopftermin, dort musste ich aus Zeitnot mit Cora hinfahren. Im Scherz fragte ich Matthias, Petras Mann, ob er nicht mal eben den Spiegel… Er konnte. Ohne zu zögern und im Affentempo tauschte er den Spiegel aus. Obwohl elektrisch und mit Hochtöner über der Verschraubung und Steckverbindung hinter der Türblende. Sagenhaft! Und Petra hatte auch noch eine Spargelquiche feinster Güte gezaubert. Ich werde dann als Rentner zu ihnen ziehen, sie wissen es halt noch nicht. Überraschung. Ich glaube, sie wären vollkommen aus dem Häuschen.
Die Doppelkopfrunde verließ ich dann schon nach 4 Stunden, da ich noch Wäsche im Keller hatte und Pakete aus der Packstation abholen musste. Außerdem spiele ich ohne Alkohol zu gut. 😜Elke kam am darauffolgenden Morgen pünktlich an, wir luden Gepäck um und starteten unseren Kurztrip.
Der Verkehr war bis kurz vor unserer Ferienwohnung völlig okay, insbesondere für ein Pfingstwochenende. Für den letzten Kilometer brauchten wir dann gefühlt allerdings genau so lange, wie von Köln nach Antwerpen. Wir mussten die Carnotstraat Richtung Bahnhof entlang und es ging nur im Schneckentempo voran. Aus den Seitenstraßen wollten Schlangen von Blechkisten auch auf die Carnot, aber alles stand Stoßstange an Stoßstange. Als wir mal einen durchließen, sahen wir in ein sehr glückliches Gesicht. Nach sehr vielen zähen Minuten verkündete Google Maps, wir wären da. Leider war die Einfahrt links und wir durften nicht abbiegen. Elke und ich überlegten, was unsere Strategie sein könnte. Wir hatten ja dank Stau ausreichend Zeit dafür. Ich weiß jetzt gar nicht, wie ich es irgendjemandem erklären könnte. Aber plötzlich erhob sich Cora, schwebte auf die andere Seite und wir standen vor der Parkhauseinfahrt. Ein Wunder. Hüstel. Nur die Nummernschild-Erkennung funktionierte natürlich nicht. Aber dafür hatten wir als Redundanz noch einen QR-Code, der uns einließ. Wir suchten einen Platz in dem überfüllten und engen Parkhaus und schworen uns gegenseitig, den Wagen bis zur Abreise nicht mehr zu bewegen.
Wir suchten die Agentur auf, um die Schlüssel abzuholen. Wir merkten auf dem Weg schon, dass Antwerpen unglaublich voll und entsprechend laut war. Vor der Agentur schon eine kleine Schlange, die sich nach Erledigung unseres Anliegens noch verzehnfacht hatte. Das Gespräch war kurz. Man schicke mir alles per WhatsApp auf das Handy, was ich wissen müsse. Schlüssel in die Hand und Tschüss. Nur bekam ich keine Nachrichten. Mir wurde klar, dass ich ihm die falsche Telefonnummer gegeben hatte. Wieder anstellen? Keinesfalls!!!
Elke war da auch nicht so für und wir holten unsere Plünnen aus dem Kofferraum und schleppten alles zur angegebenen Adresse. Dort nahmen wir einen Aufzug aus dem 3. vorchristlichen Jahrhundert, der dann auch prompt zwischendurch steckenblieb. Als wir oben ankamen, war das Licht im ganzen Gebäude aus und wir tasteten uns zur Türe.
Was für ein riiiiiesiges Appartement! Wie heruuuuuuntergekommen. Nicht wirklich dreckig, aber total abgewohnt. Wenigstens mit kleinem Minibalkon für Elke. Die Spülmaschine war funktionslos, dafür klebte ein Zettel dran, sie wäre ja auch nicht als Ausstattung aufgelistet worden. Eins der beiden Sofas wurde wegen Fleckiose als unbesitzbar klassifiziert. Klo und Waschbecken einen halben Kilometer auseinander. Ein Schlafzimmer mit 3 Doppelbetten und zerfledderten Vorhängen, ein kleines mit einem Bett. Was soll’s, für eine Nacht ist es zu überleben.
Wir packten aus, schlabberten einen Begrüßungssekt (mitgebracht!) und begaben uns auf Sightseeingtour.
Beide waren wir schon einmal hier. Wir können uns beide nicht erinnern. Es ist ewig her. Die Stadterkundung brachte auch keine Erinnerung zurück. Aber es ist eine sehr sehenswerte Stadt! Allein der Bahnhof, bei dem wir unseren Spaziergang starteten. Pompös, prächtig, protzig und palastös! So etwas habe ich als Bahnhof noch nicht gesehen.
Weiter über die Haupteinkaufsstraßen, die uns ja eigentlich generell nicht reizen, Richtung Kathedrale und Grote Markt. Eigentlich? Ja, denn die Läden sind nicht anders als in jeder beliebigen Großstadt bei uns; C&A, Drogerien, Handyzubehör. Aber in was für Bauten stellenweise! Historismus, Jugendstil, Klassizismus und und und. Nicht unterschlagen werden darf aber, dass Antwerpen auch sehr hässlich kann.
Der große Marktplatz und seine Umgebung sind dann aber ganz wunderbar. Klar, sehr touristisch, sehr überlaufen, sehr laut. Aber es gibt so tolle Gebäude, Gassen, Geschäfte!
Wir hatten ein kleines Hüngerchen und liefen zur Schelde, da wir dort viel Gastronomie vermuteten. Pustekuchen. An der Scheldeburg, het Steen, wollten wir dann aber auf einer unscheinbaren Terrasse wenigstens mal ein Bier trinken. Das war dann lecker, die Sonne kam durch, der Laden innen ganz toll… Wir beschlossen, sehr früh zu Abend zu essen und uns den Rest des Abends mit Snacks über Wasser zu halten. Bomma heißt das Restaurant und es hat uns gut gefallen.
Wir erklommen het Steen, suchten den Vlaaikensgang auf (eine zauberhafte verwinkelte Gasse mit hochgelobten Restaurants) und strollten durch die Straßen rund um die Kathedrale. In einer sehr netten Restauration tranken wir draußen einen gruseligen Wein und beschlossen darüber, daß Viertel Sint Andries zu erlaufen. Dies war früher ein Armenviertel, ist nun aber gentrifiziert und gilt als hip! Ich musste ein bisschen an Amsterdams Jordaan denken. Es hat uns ganz gut gefallen.
Wir liefen zur Schelde runter, wo die Sonne sich bettfertig machte und wir einen schönen Uferspaziergang machten. Wir sahen über der Stadt mit der Liebfrauenkathedrale im Hintergrund einen Regenbogen auf sich aufmerksam machen.
Wir flanierten dann noch durch Straßen und Gassen zu unserem temporären Zuhause, wo wir einen Absacker nahmen und uns einig waren, dass wir nichts falsch gemacht hatten.
Das Haus ist ultralaut, es gibt Hausregeln, die keiner beachtet, aber wir haben uns ausreichend Müdigkeit erlatscht, um das ignorieren zu können.
Morgen? Wissen wir noch nicht, mal sehen. Schön aber wäre, wenn Ihr uns dennoch begleitetet!
es ist so viel passiert, das ist schon gar kein Schnipsel mehr, das ist schon ein Schnopsel…
Meine asiatische Infektion hat mich auch nach dem Urlaub für 2 Wochen niedergestreckt, wobei ich zwischen Weihnachten und Neujahr auch noch krank arbeiten war. Äußerst dumm, wie mein Arzt später kommentierte. Was das für eine Infektion war, weiß ich nicht. Es habe keinen Zweck, auf alle möglichen Krankheiten zu testen; so lange ich also quasi nicht stürbe, würde man eben auf Besserung hoffen. Es war auf jeden Fall mit tagelangem Fieber verbunden, davon 5 über 39,5° C, trotz Tonnen von antipyretischen Arzneien. Dazu Gliederschmerzen, die so massiv waren, dass ich zwanzig Minuten brauchte, um in meine Socken zu kommen. Es war wirklich ätzend!
Irgendwann war ich dann einigermaßen wieder hergestellt, so dass ich mich um Cora kümmern konnte. Diese hat der Poller Tornado ja unter einem Berg von Dachziegeln begraben. Ein absoluter Totalschaden. Die Windschutzscheibe zertrümmert, der rechte Außenspiegel abgerissen, die Karosserie komplett zerbeult. Der Besitzer des Hauses, vor dem Cora geparkt war, hatte mir geschrieben, alles sei seiner Versicherung, der R&V, gemeldet, was mich erleichterte.
Den Außenspiegel habe ich dann erst einmal selbst wieder angeklebt und mit Silber-Tape stabilisiert und ausgerichtet, so dass er richtig eingestellt war. Wegen der Frontscheibe war ich guter Dinge, dass sich die Versicherung des Dachziegeleigentümers zeitnah meldet. Langer Vorgang auf kurzen Punkt gebracht: R&V braucht keine Sau! In ersten Gesprächen hieß es noch, man kümmere sich und melde sich, dann wurde der Ton rauher und man gab sich unschuldig. Dann meldete man sich gar nicht mehr.
Beim ADAC holte ich mir dann eine Rechtsberatung. Ich solle R&V auffordern, die Dachbegehungsprotokolle herauszugeben. Das habe ich gestern spaßeshalber per E-Mail gemacht, allerdings verspreche ich mir davon nichts.
Machen wir uns nix vor: Cora wird bis zu unserer Trennung verbeult herumfahren, das kann kein Mensch bezahlen, aber die Windschutzscheibe und der Außenspiegel mussten natürlich gerichtet werden. Man wollte bei Car-Glas 1.300 Euro für die Scheibe haben, in meiner Werkstatt 1.000 Euro plus 300 für den Außenspiegel. Ich war not amused. Bis mir ein Nachbar vorschlug, es doch über eine Handwerkervermittlungsseite im Internet zu versuchen. Da fand ich jemanden, der mir die Scheibe inklusive Material für 400 Euro machen wollte. Und es wurde sehr gut gemacht, ich bin ganz begeistert. Leider kann ich den Mann jetzt nicht öffentlich loben, denn er hat das aus reiner… äh… Freundschaft für mich gemacht. Was den Außenspiegel angeht, hat YouTube mir gezeigt, dass es keine Raketenwissenschaft ist, den auszutauschen. Ich warte jetzt aber noch auf das Ersatzteil.
Der Fortschritt ist nicht mehr aufzuhalten: Mein rechter Außenspiegel ist jetzt kabellos!
Was die Wohnung angeht: Mein Wohnzimmer war verwüstet, weil die vorderen Balkontüren durch den Sturm aufgedrückt wurden. Das wurde leider erst zwei Tage später bemerkt. Um das Laminat ist es daher geschehen. Auf dem hinteren Balkon hat es den Glastisch atomisiert (sic!!!), gottseidank konnte meine Vermieterin einen Industriesauger organisieren, und einen Stuhl zerfetzt. Mein Dekoschaf (aka Deichgräfin Dörte) hat es auch erwischt.
Durch das abgedeckte Dach hat es ein wenig in die Wohnung reingenässt, aber das ist bei mir deutlich weniger schlimm als bei den Nachbarn. Einem davon ist der Kamin so auf den Balkon geplumpst, dass seine Steinplatten geborsten sind. Und mein Badezimmerfenster ist kaputt, gottseidank nur die äußere Scheibe der Doppelverglasung.
Jetzt heißt es, dauernd daheim sein, weil Sachverständige und Gutachter kommen, der Dachdecker hier und da gucken möchte, die Fensterbauer Zutritt benötigen, ebenso wie der Schreiner, der die Balkontrennwand nun richtet.
Seit zwei Tagen ist Köln nun zugeschneit und ich oute mich jetzt mal als am Rande der Gesellschaft stehende Person: ICH HASSE WINTER! Ja, auch wenn alles unter einer weißen Decke liegt, glockenhell juchzende Kinder Schneemänner bauen oder der Schnee unter den Schuhen knirscht. Es bedeutet Kälte, Nässe, Kälte, Nässe sowie Kälte und Nässe! Ob hier in Köln oder in den Alpen: ICH HASSE SCHNEE! Ich habe mich übrigens erkundigt: Das ist kein ausreichender Einweisungsgrund für eine psychiatrische Klinik.
Alles in allem war das ein besch…eidener Jahreswechsel, den kein Mensch braucht. Aber es war noch nie so klar, dass es jetzt wirklich nur besser werden kann. 🙂 Immerhin gab es im Januar schon zwei Highlights: Ein sehr schöner Tapasabend mit Nachbarn in Polls einzigem Sternerestaurant ohne Stern und der Besuch der Banksy-Ausstellung mit Freunden mit anschließendem Essen in einer Luxus-Pizzeria. Aber es war auch schon alles hausgemacht und ehrlich lecker.
Und ich beschäftige mich fast jeden Abend mit der Planung meiner Kubareise auf eigene Faust, das ist a) sehr spannend und b) habe ich etwas, auf das ich mich gerade so richtig freue!