Tag 13: Die Wanderung zum Fuße des M

Ihr Lieben,

beim Frühstück interviewten wir James, wo man denn möglicherweise gut wandern könnte. Oh ja, da gäbe es fantastische Möglichkeiten ganz nahe bei. Zum Beispiel im Mont Rochelle Nature Reserve. Man könne prima vom Main Gate zum Uitkykpunt laufen und dann entweder dort eine Scenic Route linkerhand oder aber auch einen fantastischen Bergwanderweg über den Perdekop-Gipfel laufen. Gaaaanz tolle Aussichten. Unvergesslich. Ein Traum. Und soooo leicht.

„Ist es auch nicht zu steil?“ – „Nein, gaaaar nicht! Hach, wie ich Euch beneide, ich würde gerne mitlaufen. Ich hatte Gäste, für die war das der Höhepunkt Ihrer Afrikreise! Bisschen hoch, dann wieder flach, bisschen hoch, dann wieder flach. Total easy!“

Nun, ein bisschen hoch und dann wieder flach, gefolgt von ein bisschen hoch und dann wieder flach… das trifft ja auch auf das Treppenhaus im Empire State Building zu, wenn man vom Keller auf die Aussichtsplattform läuft. Und so fühlte sich der Aufstieg dann auch an. Zwar gab es immer wieder einmal flache Wege, aber in der Regel ging es mit Holzbohlen verstärkte Naturtreppen hoch. Ich mache mir nichts vor, ich habe die Kondition einer mehligen Kartoffel. Aber wenigstens konnte ich daheim noch im Siebengebirge herumtollen. Hier war ich etwa eine Viertelstunde vor dem Ziel nicht mehr in der Lage, noch eine weitere Stufe zu erklimmen. Die übrigens bis zu etwa 40 Zentimeter hoch sein konnten. Meine durchtrainierten Bergziegen Rolf und Otto wollten den Rest bis zum Uitkyk noch besteigen, ich trat den schmachvollen Rückzug an. Beide waren sich aber einig, dass – wir waren schon von 700 auf 1100 Meter gekraxelt – auch sie die weiteren 300 zum Du Toitskop bzw. 400 Meter zum Perdekop nicht mehr überwinden wollten.

Ich drehte also um und legte mich nach dem ersten Schritt erst einmal auf die Fresse. Hui, dachte ich, das kann ja heiter werden. Rolf entfleuchte ein Heiligerbimbamm, es klang nach „Können wir den tattrigen Greis eigentlich alleine lassen?“. Aber ich suchte mir mein Tempo und kraxelte mehlkartoffelig die Hänge wieder herunter. Ich bewunderte die Flora, die Aussichten, die Farben. Ehrlich, das ist soooo ein schönes Wandergebiet. Aber man muss – zumindest für unseren Trail – ein bisschen Grundkondition mitbringen. Überall wächst Fynbos, die typische Vegetation hier. Es summt und brummt. Der Himmel strahlendblau. Fernsichten bis zum Kilimandscharo. Naja, das war jetzt etwas übertrieben. Aber nur ein bisschen. Ich erspähte Greifvögel!

Und dann lag eine kleine, schwarze Schlange auf dem Weg. Ach Du jeh. Ich meine, sie war nicht groß, irgendwie wie ein Aal. Aber ich bin kein Schlangologe und kann eine Puffotter nicht von einer Bordellnatter unterscheiden. Was tun? Ich beschloss, zuerst ein Foto zu machen, damit man mich im Falle eines tödlichen Bisses in die richtige Statistik einordnet. Ich wollte ja nicht als Kobratoter gelten, wenn es doch eine Königsviper war. Und in der Zeit, als ich nach meinem Fotoapparat wühlte, war der kleine Wurm schon verschwunden. Mit einem beherzten Satz hüpfte ich an der Gefahrstelle vorbei und war froh, wieder einmal nur knapp dem Tode entronnen zu sein.

Dann gab es noch bezüglich unseres Treffpunktes ein bisschen Verwirrung, da ich zu einem natürlichen Pool wollte, der sich aber in einer Schlucht befand, zu der ich KEINESFALLS herabsteigen wollte. Ich lief den beiden Alpengazellen entgegen, die sich aber für einen anderen Rückweg entschieden hatten. Ich saß daher ein bisschen verloren auf einem Stein, der mir nach kurzer Diskussion von einer Echse freigeräumt wurde. Naja, wir haben uns irgendwie gefunden, aber dabei den Parkwächter ziemlich verwirrt, der mehrmals Auskunft geben sollte, wo er wen und wann zuletzt gesehen habe. Wir liefen noch zu einem kleinen Tümpel, der gut von Amphibien bewohnt war, uns zum Baden aber ein wenig zu… äh… ja, tümpelig war.

„Du willst Dich doch jetzt nicht ernsthaft genau hierher setzen?“

Zurück im Hotel klärte ich James erst einmal über die Bedeutung des Wortes „steil“ auf. Er fand das rasend komisch. Aber ich nutze mal die Gelegenheit, ihn zu lobpreisen. Er kümmert sich sehr um seine Gäste und ist eine Quelle guter Tipps. Er macht sein Maison Chablis zu einer kleinen Wohlfühloase, da sieht man gerne über den ein oder anderen Minimangel hinweg. Wir poolten ein bisschen herum, dezimierten James‘ Biervorräte (Wandern macht durstig) und brachten unseren Aktivitäts-/Erholungspegel wieder in Balance. Schön.

Warum jetzt eigentlich Wanderung zum Fuße des M? Da vermutete ich meinen Umkehrentschlussort.

Am Abend wollten wir uns dann mit Ike im French Connection, einer altehrwürdigen Institution in Franschhoek treffen. James, der dies mitbekam, meinte, dass wir dann unbedingt Steak oder Ente bestellen sollten. Das taten wir und bereuten es nicht. Auch die Vorspeisen waren sehr gut. Wir haben sofort für unseren Abschiedsabend wieder die gleiche Ecke des Restaurants reserviert. Unseren Absacker nahmen wir dann bei Ike, von wo wir nach einer schönen Plauderrunde zu Fuß wieder nach Hause aufbrachen. Wir hatten das Thema Sicherheit im Lande diskutiert. Und es ist ein Thema. Aber hier in Franschhoek kann man ohne Furcht mal den Hügel runterlaufen.

Morgen werden wir mit Ike verschiedene Weingüter anfahren und auf einem besonders schönen zu Mittag essen. Es geht das Gerücht, es könne wieder – wie schon zuvor – wegen der Covid-Lage ein Alkoholverkaufsverbot ausgesprochen werden, und die kluge Frau baut vor. Wir freuen uns, denn so lernen wir wieder ein bisschen mehr von der Gegend kennen.

Jetzt aber mal liebe Grüße und Guads Nächtle. Euer Gerald

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