Tag 19: Malaiische Mutprobe

Ihr Lieben,

gestern habe ich mal nicht so lange in Bars rumgelungert, so dass ich einigermaßen fit war, als der Wecker um viertel nach sieben klingelte. Erster Blick vom Balkon: zwei weitere Cruiser liegen im Hafen. Der Shuttle in die Stadt fuhr um 8 Uhr 30, so konnte ich noch eine Ladung Wäsche für die Bordwäscherei zusammenstellen und das Einreiseformular für Singapur ausfüllen. Also, was die alles wissen wollen! Also, die singapurischen Behörden, nicht die Wäscherei. Wie heißen Sie, wo wohnen Sie, wann sind Sie geboren? Das kann ich ja noch verstehen. Aber ob ich Drogen mitnehmen möchte oder hochansteckende Krankheiten habe… wer kreuzt denn da um Himmelswillen „ja“ an? „Planen Sie ein Attentat?“ – „Hach, ich überlege noch…“.

Im Bus erklärte unsere Reiseleitung Haslina kurz den Ablauf der Fahrt, wo kommen wir an, wann fahren wir zurück, wo kann man Drogen für Singapur kaufen… solche Sachen eben. Wir erhielten U-Bahn-Tickets und ihre Telefonnummer, falls wir verloren gehen sollten. Kann mir mit meinem Aufkleber von gestern ja fast nicht passieren.

An den Petronas-Towers angekommen, wurden wir ausdrücklich darauf hingewiesen, bitte pünktlich um halb vier am Treffpunkt zu sein, Haslina käme möglicherweise in Schwierigkeiten, wenn es Verzögerungen gäbe.
Wir wollten umgehend zum KL Tower, da schon im Bus erwähnt wurde, dass das lokale Ausflugsbüro für nunmehr drei Kreuzfahrtschiffe Ausflüge organisiert hatte, von denen viele den Fernsehturm auf dem Programm stehen hatten. Dazu riefen wir ein „Grab“, das ist quasi das örtliche Uber, für 5 Personen. Ich fand mich auf dem Notsitz im Kofferraum wieder, wo ich aber möglicherweise mehr Beinfreiheit hatte, als auf der Rückbank. Nur musste ich am Ziel leider per Schweißbrenner wieder da rausgeholt werden. Fast jedenfalls.

Es war erfreulich wenig los und so waren wir in Nullkommanix auf der oberen Aussichtsplattform. Eine spektakuläre Aussicht hat man da. Auch direkt nach unten, wenn man sich in die gläsernen Skyboxen traut. Gerry, Du wirst doch nicht etwa…? Doch, Gerry wirstete! Mit Angstschweiß auf den Lippen, das Geländer so umkrampft, dass es Dellen davontrug. Ich sage jetzt mal, das war ein unvergessliches Erlebnis. Das kann man ja deuten, wie man will.

Etwas weiter unten gibt es das Observationsdeck, das durften wir auch besuchen. Da ging es dann deutlich entspannter zu.
Nach dem Fernsehturm trennten wir uns. Den Jungs war es zu heiß, sie besuchten die Pavillon-Mall, ich wollte durch Little India nach Chinatown. Besuche von Tempeln, über die ich wieder haufenweise stolperte, schenkte ich mir aber. Es hat sich ein bisschen ausgetempelt.

Ich erstand noch ein paar Magnete, irgendwann mutiere ich noch zu Dr. Magneto, und erhielt u.a. einen 20-Ringgit-Schein zurück, der ziemlich zerfleddert und geklebt war. Den wollte ich ein paar Stände weiter gegen ein weiteres Souvenir eintauschen. Man weigerte sich, den Schein anzunehmen, es kam zu keinem Geschäft.

Ich besuchte dann den Zentralmarkt, wo ich erst einmal einen Schal erstand. Im Bus war es auf der Hinfahrt nämlich eiskalt, auch nachdem auf meine Bitte hin die Klimaanlage um ein paar Grad nach oben korrigiert wurde. Meine Halsschmerzen wurden dadurch nicht besser und so langsam gehen sie mir auf den Zeiger. Heute morgen habe ich sogar einen Corona-Test gemacht, weil ich übles ahnte. Ich ahnte gottseidank falsch. Ein Schal ist bei Klimaanlagenattacken ja schon einmal eine Hilfe. Ich hinterließ den o.g. Schein dann in diesem Laden, zog mit meinem Schal von dannen, als eine Minute später die Verkäuferin aufgebracht an meinem Ärmel zupfte. Ich möge ihr einen anderen 20er geben. Ich fragte sie, was sie glaube, wo ich den Schein her hätte. Wie es sein könne, dass man Touristen so etwas zumute, selbst aber solches Geld, denn darum handele es sich ja schließlich, nicht annähme? Sie zog peinlich berührt oder aber auch verärgert, wer weiß das schon?, davon.

Ich erstand noch zwei Hemden und setzte mich dann in die Metro Richtung Petronas-Mall. In der Metro war es noch kälter als im Bus. Und die Klimaanlage blies wie ein Orkan. Es herrschten gefühlte Minusgrade. Eigentlich müssten hier doch alle krank sein.
In der Mall suchte ich dann eine Apotheke. Und suchte. Und suchte. Und fand. Yeah! Man fragte mich kurz nach den Symptomen und dem Verlauf und mit Spray und Lutschtabletten versehen spazierte ich hinaus.

Wir waren um 14 Uhr im Food Court zum Mittagessen verabredet und ich hatte noch Zeit. Ich besuchte eine Kaffeekette und bestellte aus Neugier einen Cold Brew Coffee Latte on Ice. Ja, ehrlich, das braucht ja irgendwie kein Mensch! Und er war genau so teuer, wie mein anschließendes Mittagessen, das aus einem undefinierbaren Getränk, einer Fischklößchensuppe und einem Nudelgericht mit Chili und Ei namens Ban Mi bestand. Sehr scharf, aber auch sehr lecker. Ich konnte sehen, wie die Nudeln von Hand zubereitet wurden.

Es wurde Zeit, zum Treffpunkt zu gehen. Alle noch mal auf die Pippibox und dann ab dafür. Die Reisegruppe stand geschlossen unten, als ich ankam, es war 5 Minuten vor halb. Es wurde halb, fünf nach, zehn nach. Der erste Herr tauchte auf. Man habe beschlossen, noch ein Eis zu kaufen, das dauere länger als gedacht. Um es kurz zu machen, wir hatten deswegen fast 20 Minuten Verspätung. Haslina lief in dieser Zeit nervös auf und ab, ich wurde zehnmal angesprochen, wo denn „meine Gruppe“ bleibe, ich solle mal anrufen. Das war, sorry, eine dumme Aktion, die alle verärgert und mich als Sippenverhafteter in die Bredouille gebracht hat. Ich saß auf der Rückfahrt angepisst und in meinen Schal gehüllt im eiskalten Bus. Bis zum Hafen hatte ich mich dann aber wieder eingekriegt.

Unsere Pässe wurden am ersten Tag eingezogen und einbehalten. In allen Ländern bisher galt unser Bordpass als adäquater Ersatz. Die Einreiseformalitäten erledigten dienstbare Geister im Hintergrund für die Passagiere. Für Singapur wird das Original gebraucht. Heute wurden daher in Schichten die Pässe wieder ausgegeben. Man wies auch schon heute darauf hin, dass die Einreise sich morgen hinziehen könne. Mal schauen.

Vor dem Abendessen hörte ich mir den Vortrag des Bordlektors zu Singapur an. Ich gewann interessante, neue Einblicke. Anschließend schaufelte ich mir ziemlich viel Eis rein, das ging so schön runter. Und jetzt geht es auch früh zu Bett, die ganzen Ibuprofen und Paracetamol machen mich total schlapp.

Ich sach mal Tschüss aus Malaysia, und bis morgen in Singapur.

Euer Gerry

4 Gedanken zu „Tag 19: Malaiische Mutprobe“

  1. tja lieber Gerry, bleib tapfer und ich wünsche dir gute Besserung.
    Ich ziehe meinen Hut, dass Du das mit dem gläsernen Aufzug geschafft hast.
    LG Claudi👋

  2. Hi Gerry, wie immer geniesse ich deine Reiseberichte als späte Bettlektüre…

    Unfassbar viele Erlebnisse, mir wird schon schwindelig und neidisch manchmal auch beim vergnügten Lesen..

    Toitoi, dass du Singapur bei guter Stimm- e und – ung..wieder geniessen kannst…

    LG Petra

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