Harz, 3. Tag: Geschlossene Gesellschaft

Ihr Lieben,

„Ich hasse Montage“, deklamiert Garfield in einer seiner bekanntesten Comic-Strips. Ich nehme an, er ist gebürtiger Harzer. Heute war ein ganz kleines bisschen der Wurm drin, was auch mit dem Wochentag zu tun hat.

Beim Frühstück war ich zuerst alleine, es scheinen einige Gäste abgereist zu sein. Ich war allerdings auch schon sehr früh unten, hatte ich mir heute doch ein strammes Programm vorgenommen. Mr. Spannleggings samt Frau und Tochter kamen dann später aber auch noch dazu.

Das Wetter war trüb, ich beschloss, ausgedehntere Fahrten zu interessanten Punkten zu unternehmen, das kann man bei Regen und Kälte ja ganz gut tun. Mein erstes Ziel sollte Stolberg (Harz) sein, abzugrenzen vom nordrheinwestfälischen Stolberg. Hier, also im Harz, wurde die Stammmutter der niederländischen Royals geboren. Gut, das war jetzt nicht mein Beweggrund für den Besuch, sondern dass es sehr hübsch da sein soll. Bevor ich aber überhaupt ankam, ging schon das erste Drama los. Ich war gerade 10 Minuten unterwegs, da teilte mir Bibi mit, sie habe Durst. Kein Problem, dachte ich, Tankstellen gibt es wie Sand am Meer. Ich mache es kurz: das ist ein fataler Irrglaube! In Stolberg angekommen, verfranste ich mich erst einmal im Ort, ich wurde hektisch und wollte endlich das Tankproblem lösen. Ich googelte. Ah, 5 Kilometer, kein Problem. Angekommen stellte sich heraus, es war eine Tanke für Landmaschinen. Bibi exklamierte theatralisch, dass sie bald nicht mehr könne. Nochmal Google. Ah, in sieben Kilometern. Diese Tanke hatte dann auch ein Hinweisschild, das etwa 150 Meter in den Himmel ragte. Wundert mich nicht. Aber wir hatten Benzin! 12 Kilometer hinter Stolberg, die ich wieder zurückgurken musste. Eine halbe Stunde habe ich dadurch verloren, da ich bis zur Shell-Station hinter einer Kolonne Kieslaster hergefahren bin.

Stolberg ist sehr nett. Wieder hunderte Fachwerkhäuschen. Aber Stolberg hat ein Problem: Es besteht quasi nur aus drei oder vier Straßen, an denen sich die Schmuckstücke aneinanderreihen. Direkt an der Straße, die auch als Durchgangsstraße dient. Da ist nichts mit Flanieren und Verweilen. Schade eigentlich. Zwar haben ein paar kleinere Lädchen ein Paar Stühle vor dem Geschäft stehen, aber bei nasskaltem Wetter ist das nix. So hatte auch einiges geschlossen. Ich fuhr noch zum Schloss hoch, da waren aber Bauarbeiten zugange und man winkte mich ebenso zurück, wie die schon dort befindlichen Wagen, die jetzt eine diffizile Choreographie aus wenden, zurücksetzen, drehen und absaufen zum Besten gaben.

Ziel Nummer 2 war das Kyffhäuserdenkmal. Das wollte ich damals schon auf meiner Lutherreise besuchen, es hatte aber nicht geklappt. Durch Nieselregen fuhr ich also in den Südharz. Bei Nieselregen kam ich an. Vom Parkplatz zum Denkmal sind es etwa anderthalb Kilometer, es geht dabei schon ganz gut aufwärts. Der Eintritt betrug anderthalb Dönertaschen. Und nun etwas Hintergrund: Der Kyffhäuser ist ein kleines Gebirge im Harz, namensgleich mit einer seiner höchsten Erhebungen. Dort stand einmal eine größere Burganlage (und zum Teil immer noch), bis nach dem Tode vom ollen Kaiser Willem I. (bekannt aus dem Lied mit dem Wiederhabenwollen) beschlossen wurde, ihm dort ein Denkmal zu errichten, und dies mit tatkräftiger Unterstützung des Kyffhäuserbundes. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dann zum Ruhme des verblichenen Kaisers und des deutschen Volkes dieses fast schon monströs-pompöse Monument errichtet. Hm. Und warum thront Willi über einem 6-Meter-hohen bärtigen Zausel? Nun, dieser Zausel ist Friedrich I. Rotbart, der im Kyffhäuser ruhen soll. Barbarossa sollte nämlich nach der Volkssage gar nicht in Italien dahingegangen sein, sondern seiner Wiederkunft im Kyffhäuser Berg harren. Interessante Sage, kann man mal bei Gelegenheit nachlesen.

Das Monument ist gewaltig. Ich bin ins Museum, in das Denkmal selbst hinein und auf den Turm gekraxelt. Ich verfüge übrigens über ein besonderes Talent. Ich zähle immer die Stufen und dann verzettele ich mich. Ich bin auf jeden Fall seeehr viele Stufen nach oben gekraxelt, wo es ganz schön geweht hat und wo ich auch nicht allzu lange über die Brüstung gucken konnte. In einem der Showräume sollte man eine Schachtfahrt mit einer VR-Brille simulieren können. Yeah! Mein erstes VR-Erlebnis!!!! Und dann funktioniere der Mist nicht. Aber insgesamt ist der Kyffhäuser definitiv einen Besuch wert.

Von Kaiser Friedrichs Wartezimmer aus fuhr ich dann nach Straßberg, wo es eine bezaubernde kleine Kirche mit Fachwerktürmchen gibt (geschlossen) sowie die Grube Glasebach (geschlossen). Naja, beides von außen gesehen. Dann eben zur Burg Falkenstein. Hier gibt es einen Wanderparkplatz, von dem man aus über den sogenannten Eselstieg hinaufkraxeln kann. Angeblich 1.200 Meter. Gefühlt aber 5.000! Und steil wie nix. Oben angekommen konnte ich noch durch Tor 1 und 2 gehen, Tor 3 war dann verriegelt. Montags geschlossen. Leute, was soll man denn montags im Harz machen??? Den ganzen Tag auf dem Kyffhäuser verbringen? Sorry, aber dafür ist mir das Museumscafé zu trist. Immerhin hatte ich noch eine spannende Begegnung auf dem Abstieg: Ich sah einen Feuersalamander (sind doch die gelb-schwarzen, oder?), der sich auf dem Weg merkwürdig hin- und herräkelte. Ach herrjeh, der Arme ist verletzt, dachte ich. Bis sich herausstellte, dass Lurchi auf einer Lurchine lag und ich beide bei der Fortpflanzung störte. Ich empfahl mich unverzüglich.

Bibi brachte mich nach Meisdorf, dem „Tor zum Selketal“. Dort wollte ich mir das alte Schloss der Nachfahren derer vom Falkenstein ansehen, das heute ein Hotelbetrieb sein soll. Wegen umfangreicher Umbaumaßnehmen geschlossen. Na, wenigstens konnte ich ein paar Blicke auf ein Wildgehege erhaschen. Der Reiseführer empfahl das Mausoleum des Grafen im Wald. Ach nee, danke. Ich googelte nach der Konradsburg, die mein nächster Anlaufpunkt hätte sein sollen. Montags geschlossen. Ich wurde langsam ungehalten und beschloss, zum Abendessen ins Hotel zu fahren. Scheibe! Das muss man ja bis 16 Uhr ankündigen! Jetzt ist 17:30 Uhr. Dann ist der Speisesaal für mich wohl heute geschlossen. Auf dem weiteren Heimweg kurvten wir durch Ballenstedt. Auf braunen Schildern lockte man mit weißer Schrift: „Ey, Gerry, wir haben hier ein ganz tolles Schlossensemble! Willste gucken kommen?“. WISST IHR WAS? IHR KÖNNT MIR MAL AM DIENSTAG BEGEGNEN!

Am Ende von Ballenstedt gab es dann einen großen Rewe („Heute für Sie geöffnet!“), wo ich mir eine Käsestange und einen exotischen Nudelsalat sowie ein Stück „Schneewittchenkuchen“ (erinnert an Donauwelle) fürs Abendessen kaufte. Nach einem langen Tag kam ich endlich wieder im Hotel an. Was für ein bescheidener Montag. Hm, war es das? Naja, ich habe mich selten so sportlich betätigt, ich habe kopulierende Reptilien gesehen, und immerhin hatte das Kyffhäuserdenkmal auf. Alles in allem dann halt doch nicht so übel. Ne Seilbahn wäre noch nett gewesen. Und das mit dem Stück Zahn heute morgen beim Frühstück hätte es auch nicht gebraucht.

Morgen soll es wieder schön werden. Lust, mit mir in der Sonne ein wenig lustzuwandeln? Wird bestimmt lustig! Liebe Grüße, Euer

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