Nil, Tag 4: Esna und Luxor

Ihr Lieben,

eigentlich hatte ich ja einen Tempel-Overload und wollte heute nur ein bisschen durch Esna laufen. Zusammen mit der Ausflugsgruppe verließ ich das Boot und war schon nach der ersten Kreuzung umschwärmt von Händlern; spontan beschloss ich, doch bei der Gruppe zu bleiben. Das erwies sich als kluger Schachzug, da der Chnum-Tempel wirklich sehenswert ist, obwohl nur die Eingangshalle erhalten geblieben ist. Allerdings mit großteils ursprünglicher Bemalung, die durch Ruß – ich habe vergessen woher der kam – über zweitausend Jahre geschützt wurde. Chnum ist der Ortsgott von Esna und ein Schöpfergott. Er formt auf einer Töpferscheibe die Natur, die Götter und die Menschen. In Tiergestalt wird er als Widder verehrt und da ich Widder bin, war da natürlich sofort eine Connection. Tempel und Ort: Absolute Empfehlung!

Am Morgen übrigens sprach unser Ahmed 1 uns an, ob die Niederländer nicht lieber zur Achmed 2 gehen wollten, da dieser auch Niederländisch spricht. So gab ich mich als Niederländer aus, indem ich laut und vernehmlich „Daaaach!“ in die Runde rief, und konnte heute bei Achmed 2 in der Gruppe sein. Mit dessen Vortragsstil kam ich auch wesentlich besser zu Rande. Allerdings erzählten später die anderen, dass Achmed 1 sich heute nicht wiederholt hat.

Der Weg zum Tempel führte durch eine touristische Basarstraße, in der viele Läden auf deutsch damit warben, das man nicht belästigt werde. Das trifft ja nun so nicht wirklich zu. Nach dem Tempel allerdings liefen wir durch den örtlichen Basar für die Einheimischen. Hier wird man in Ruhe gelassen. Vielleicht, weil der durchschnittliche Tourist keine halbe Kuh oder eine handgenähte Matratze mit aufs Schiff nimmt. Man war aber durchweg freundlich und grüßte in gebrochenem bis hervorragendem Deutsch. Wie soll man einen solchen Basar beschreiben? Na, ich lasse mal Bilder sprechen:

In einer Karawanserei waren wir übrigens auch noch. Vom Dach aus hat man einen guten Blick über den Tempelbezirk und die umstehenden, verfallenen Häuser. Verfallen sind diese, weil ein Abriss und Neubau zu einer möglichen Enteignung zwecks Rückgewinnung von noch vergrabenen Tempelresten führen könnte. Das möchte wohl keiner riskieren. Die Karawanserei, das waren übrigens Beherbergungsstätten für reisende Händler, ist saniert und renoviert.

Was überrascht ist, dass das Panorama in Esna von vielen Glockentürmen mit Kreuzen darauf dominiert wird. Das liegt daran, das sich in Esna seit frühchristlichen Zeiten christliche Gemeinden niederließen und immer noch sehr viele Kopten hier leben. Dennoch sah man keine unverschleierte Frau auf den Straßen.

Wir verließen Esna gegen 12 Uhr und fuhren durch die alte Nilschleuse kurz hinter der Stadt. Diese ist außer Funktion, da ein wenig weiter nilabwärts eine neue Schleuse errichtet wurde, in der wir mehrere Meter auf das neue Nilniveau hinuntergelassen wurden. Ich erfreute mich wieder sehr an den Uferpanoramen, jetzt auch mit Gebirgsketten, und dem vielfältigen Treiben am Nilufer. Schrieb ich schon, dass es suuuuuuuperschön ist? Als zusätzliches Highlight gab es zu Mittag dann ein Barbecue auf dem Sonnendeck.

Ich gönnte mir dann ein wenig Verschnaufzeit auf der Kabine, bevor ich am Nachmittag einen Cocktail zur Stärkung zu mir nahm, denn nun hieß es, per pedes zum Tempel von Luxor zu laufen, wo wir in der Zwischenzeit in zweiter Reihe angelegt hatten. Zwar gab es die Tempelbesichtigung auch organisiert mit Bustour, aber einige aus unserer Truppe wollten sich mal bewegen. Die Corniche, die Uferpromenade Luxors, ist sehr edel und modern und fast schlepperfrei. Irgendwann mussten wir dann eine Treppe hoch auf die Straße, wo dann die Kutscher etwas lästig waren, aber ansonsten war es nicht so schlimm wie in den anderern Städten bisher. Wir waren von Achmed 1 vorgewarnt, dass sich Menschen auf der Straße als Mitarbeiter des Schiffes ausgeben und uns vergackeiern würden. Prompt lernten wir „unseren Bäcker“ kennen und „unseren Tellerspüler“. Wer fällt denn eigentlich auf so etwas rein? „Jaja, und ich bin Deine Mutter!“ ist die probate Antwort auf so etwas.

Wir liefen von außen um das Tempelgelände herum, das ist schon spektakulär. Rolf lud uns in den Tempel ein und wir erorberten das Gelände. Die Gebäude waren durch das späte Nachmittagslicht in Rottöne getaucht und wir konnten gar nicht mehr aufhören zu aaaahen und zu ooohen und zu fotografieren. Nach einem Tempeldurchlauf liefen wir einen kleinen Teil der berühmten Sphinx-Allee hinunter und warteten darauf, dass die Sonne untergeht und die Beleuchtung angeschaltet wurde. Das hat noch einmal einen ganz anderen Oh- und Ah-Faktor.

Wir liefen die Corniche zurück und ich entdeckte eine Boutique mit Festpreisen, wo ich einige ziemlich kitschige Kühlschrankmagneten entdeckte. Und sie waren definitiv nicht teuer, da dir mir bisher zugerufenen Preise auf den Basaren deutlich höher waren. An Bord gab es dann ein thailändisches Buffett, das von einer extra aufs Schiff geholten thailändischen Köchin zubereitet wurde.

Den Abend verbrachten wir wieder auf dem Sonnendeck, denn der als Sensation angekündigte Bauchtanz war nicht nach unserem Gusto. Ruth und Willy haben wenigstens mal kurz geguckt und hielten keine 5 Minuten aus. Insgesamt wieder ein toller Tag. Morgen erkunden wir dann die berühmten Täler, weitere Tempel, die Memnos-Kolosse… Luxor hat viel zu bieten.

Einige müssen wieder früh aufstehen, Ihr könnt ausschlafen und dann später virtuell nachreisen, wenn Ihr mögt. 🙂 Liebe Grüße, Euer Gerry

P.S.: War also doch kein so unruhiger Tag, wie gestern vermutet. Die versprochenen Anekdoten folgen dann auf einem der bevorstehenden ausflugsfreien Tage. Versprochen!

Die Aufnahme von Deckenmalereien erfordert ein Höchstmaß an Konzentration!

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