Nil, Tag 6: Karnak und Dendera

Ihr Lieben,

auch die läppische Show gestern konnte uns nicht davon abhalten, heute sehr früh aufzustehen, um dem Karnak-Tempel einen dreistündigen Besuch abzustatten. Eine Viertelstunde vor Abfahrt quälte ich mich aus dem Bett, schlüpfte in die Sachen von gestern und wankte todmüde zum Ausgang. Hinter dem Schiff stieg eine Armada von Heißluftballons in den Himmel.

Wieder schlossen wir uns Achmed 2 an. Und es hat sich sehr gelohnt! Ich hatte Karnak von 1998 her in allerbester Erinnerung und es hat sich seitdem viel getan. Einiges mehr ist über die Jahre wieder hergestellt worden und auch diesmal hatten wir – aufgrund der frühen Uhrzeit – die Anlage fast für uns alleine.

Achmed ist ein sachkundiger, sehr empathischer Reiseleiter, der Rundgangverging wie im Flug und ich habe wieder so einiges gelernt. Ja, lieben Leute, man ist ja nicht zum Vergnügen hier!

Am Souvenirshops der staatlichen ägyptischen Altertümerverwaltung erstand ich noch ein bisschen Tinnef, wahrscheinlich etwas teurer als im Bazar, dafür aber ohne stundenlanges Verhandeln. Und dann konnte ich endlich frühstücken, während die Crown Vision Richtung Qena ablegte.

Erwähnte ich schon an irgendeiner Stelle, dass ich besonders die Fahrtzeiten… ach so, hatte ich wohl schon. Ja, das war dann die Beschäftigung bis zum Mittagessen. Danach ging es auch munter weiter im Programm. Der Tempel der Hathor in Dendera stand auf dem Programm. Ich glaube, mir droht eine chronische Tempelitis. Aber auch hier versicherte man uns, dass er ein absolutes Must-see ist.

Vorher eine kleine Exkursion. Wir stehen ab jetzt bis Kairo unter massiver Polizei- und Militärbewachung. Also im Sinne von Schutz. Das bedeutet unter anderem, dass wir ab jetzt an einen viel strengeren Zeitplan gebunden sind. Hintergrund ist, dass früher auf der Strecke Luxor – Kairo wohl Boote beschossen wurden und daher diese Reisestrecke für Touristen bis 2013 verboten war. Sie konnte nur wieder ins Programm genommen werden, weil die Veranstalter sich verpflichteten, strenge Auflagen zu akzeptieren. So sind z.B. jetzt 10 Polizisten an Bord und unser morgige Stadtspaziergang wird von 100 (sic!!!) Polizisten eskortiert. Bezahlt wird das nicht vom Reiseveranstalter, sondern aus dem Haushalt Ägyptens. Nur zwei Phoenixschiffe fahren diese Route, was aber auch mit dem niedrigen Wasserstand zusammenhängt.

Aber zurück zu Dendara: Der Tempel ist unter anderem sehr sehenswert, weil er ptolemaische Pharaonentempel, eine frühkoptische Kirche und ein Sanitarium vereint. Zwei Mamisi, Geburtshäuser, mit Geburtsmythosdarstellungen, mit denen Thronansprüche hergeleitet wurden, die in der christlichen Tradition in der Weihnachtsgeschichte ihre Entsprechung finden, komplettieren das Ensemble.

Es finden sich Darstellungen von diversen Ptolemaiussen (jemand bewandt in Plural Bildung?), von Hadrian, Nero, Nofretete; dies ist eine zusätzliche Besonderheit. Der Hathortempel ist dazu noch recht bunt und hat einzigartige Säulenaufbauten und eine Dachterrasse, auf die man durch reich verzierte Treppenhäuser gelangt.

Besonders gut gefallen hat mir übrigens die Skulptur des rotwangigen Gottes des Lachens und des Spaßes, Bes.

Am Nachmittag wurden auf dem Sonnendeck, das Schiff hatte Qena schon wieder verlassen, die Schiffsverantwortlichen vorgestellt, vom Chefkoch über Manager, Housekeeping bis zu unserem in traditioneller Djellabija gekleideten Kapitän, der sein Handwerk von seinen Vorfahren gelernt hat und nach Gefühl fährt. Einen Echolot oder ein Navigationssystem sucht man wohl vergeblich an Bord.

Wir haben einen Barkellner, dem wir besonders zugetan sind, ich habe mich gefreut, zu erfahren, dass er stellvertretende Baraufsicht ist. Gefühlt 70 Prozent der Crew heißen Mohamed, 25 Prozent Achmed. Wer glaubt, das mache die Unterscheidung einfacher, irrt. Es war eine durch Achmed 1 sehr schön moderierte Vorstellungsrunde!

Nach dem Abendessen wurde auf unsere Anregung hin der Film „Tod auf dem Nil“ gezeigt. Das war ein passender Abschluss des Tages, weil Teile des Films in Assuan und in Karnak gefilmt wurden.

Gleich fahren wir noch unter einer ganz besonderen Brücke her, aber mein Bedarf an Erlebnissen ist für heute gedeckt.

Morgen gibt es einen weiteren… wer weiß es?… zu sehen, wenn man möchte, auch ein paar Klöster. Wie schaut’s aus, schaut ihr mit?

Liebe Grüße, Euer Gerry

P.S.: Es wird abends zuweilen frisch…

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