Ihr Lieben,
warum werde ich eigentlich zunehmend nervöser? Wird der Flughafen-Bus fahren? Und wenn er fährt, wird er nicht zu voll sein? Bin ich auch wirklich eingecheckt? Ist mit meinem Handgepäck alles in Ordnung? Habe ich mein Portemonnaie eingesteckt? Wo ist denn die Busfahrkarte? Herrjeh. Ist das das Alter, von dem alle sprechen? Denn natürlich hat alles, wie IMMER, gut geklappt und nun sitze ich drei Stunden am Flughafen. Aber ist ja besser, als irgendetwas hinterherzurennen.
Im Frühstücksraum heute früh hat es sehr unangenehm gerochen. Eine der frühstückenden Personen schien mir ihre Körperhygiene deutlich vernachlässigt zu haben. Leute, wenn ihr zuhause rummüffelt, ist das ja eure Sache, aber bitte gebt euch etwas Mühe, wenn ihr euch unter Menschen begebt. Ich schnappte mir also Kaffee und Croissant und frühstückte zur Verwunderung der Rezeptionistin in der Lobby. Sie hat es aber gelassen hingenommen. Ich nehme an, als Rezeptionistin kann einen nur noch wenig erschüttern.
Am Flughafen gönnte ich mir dann einen Sekt. Ich hatte Aussicht auf einen Duty-Free-Shop, wo als Weihnachtsfrauen (?) verkleidete Promoterinnen kleine Kinder erheitern sollten. Sie hatten aber wenig Glück, die Kleinen hatten Angst. Allerdings waren die Damen auch sehr grinchig geschminkt und brachten sogar mich zum Fürchten.
Der Flug war kurz, die Wartezeit auf das Gepäck lang. Ich versuchte herauszufinden, wie ich am besten in die Stadt gelangen könnte. Google schlug mir die Linie C1 von was auch immer vor. Diese Linie fand ich nicht. Ich stieß aber auf ein Gleisfahrzeug, das mit einer 8 gekennzeichnet war und mich schon mal zu den Nuevos Ministerois bringen sollte. Ich kaufte ein Ticket mit Zielangabe „Sol“ und setzte mich rein. An der Endhaltestelle stieg ich aus und fand mich dann gar nicht mehr zurecht. Ich verließ die Haltestelle und versuchte an einer, von der ich glaubte, sie sei richtig, wieder reinzukommen. Karte ungültig, wurde mir beschieden. Ich begab mich zu einem Schalter (einer von vieren besetzt, ich musste warten). Nene, ich dürfe mit der Karte ja nur dies und das, keinesfalls aber jenes. Ah, ok. Zu dies und das gegangen, Karte ungültig. Ich wieder zum Schalter, diesmal doppelt so viele Personen in der Schlange. Ne, keine Lust! Das muss doch auch ohne Beratung gehen. Ausschilderung völlig wirre. Ich fand kaum aus dem Untergrund heraus und verbrachte einige Stunden in dem Tunnelgewirr. Irgendwann auf der Straße konnte ich mich mithilfe der Handy-Navigation wieder orientieren. Aha, da und da lang. Karte gekauft, wieder Tunnelgewirr. Ohne verständliche Ausschilderungen. Ein Metro-Mitarbeiter brachte mich dann zum richtigen Gleis. An der Zielstation das gleiche Spiel.
Ja, irgendwann stand ich auf der „Puerta del Sol“ und bekam direkt die nächste Krise: Es war breeeechend voll. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Die Menge wogte und man musste sich teils schieben lassen und teils durchboxen. Gottseidank war mein Hostal nicht weit weg. Es liegt im 4. Stock eines Hauses in einer der Nebenstraßen. Hochgefahren, wieder 2 Menschen vor mir, die sich ganz Madrid erklären ließen. Ich bekam eine Ahnung, warum Hannibal Lecter so wurde, wie er wurde. Das Hostalzimmer ist wieder sehr einfach, aber nett eingerichtet. Frühstück gibt es hier nicht, dafür hat es ein Kaffeetablett und einen Kühlschrank im Raum. Ich sortiere mich und meine Plünnen ein wenig und schmiss mich wieder ins Gewühl.
Schrecklich, Ihr Lieben. Einfach schrecklich. Ein Geschiebe und Gedränge. Ich habe mit Ach und Krach eine Stunde Erkundungsspaziergang ausgehalten. Die Kaffees oder Cerveserias, die ich mir auf dem Zimmer markiert hatte, waren alle voll. Ich beschloss, im Supermarkt des Corte Inglès für den Abend und das Frühstück einzukaufen und lief zurück ins Hostal.
Ja, jetzt habt Ihr statt toller Erlebnisse nur Gejammer serviert bekommen. Ich fürchte, einen Madridbesuch muss man anders angehen als einen in Barcelona, wo alles viel entspannter wirkt. Immerhin habe ich aber schon ein Onlineticket für den Hop-on-hop-off-Bus erstanden. Ich will früh aufbrechen, um mich einmal ohne Aussteigen komplett durch Madrid gurken zu lassen. Und dann entscheide ich bei einer weiteren Runde, wo ich mal aussteige und mich umsehe.
Ihr Lieben, morgen wird es wieder einen gescheiten Tagebucheintrag geben. Heute war mmir alles halt ein bisschen zu viel. Sehen wir uns? Liebe Grüße, Euer
Zu allem Unglück wird man auch noch ständig angequasselt. Komm, noch zwei Dönekes: Die Straßenhändler haben ihre gefälschte Ware auf Bettlaken ausgebreitet, an jedem Zipfel hängt eine Kordel. Wenn jetzt ein Ordnungshüter des Weges kommt, rupft man an dem Seil, das alle Schnüre verbindet und hat einen geschlossenen Beutel. Seeeehr unauffällig!
Ja, und ich habe schon Kühlschrankmagneten! Yeah!