Ihr Lieben,
eine Runde Mitleid bitte, denn ich muss diese schöne Stadt morgen verlassen. Vorher habe ich mir aber noch einiges gegönnt. Zum Beispiel eine Manzanilla. Aber von Anfang an:
Nach dem Frühstück lief ich wieder durch zauberhafte Gassen und Sträßchen (diesmal wählte ich andere) Richtung Palacio de las Dueñas, ich hatte ja schon ein Ticket. Was mir erst einmal nicht weiterhalf, musste ich mich doch wie ein gewöhnlicher Sterblicher in die Kassenschlange einreihen. Nur bezahlen musste ich halt nicht mehr.
Der Palacio gehört seit Generationen den Herzögen von Alba. Von außen sieht er etwas unscheinbar aus. Dafür 13 Euro? Zumal man nicht alles besichtigen darf, da die von-und-zu-auf-und-Davons da noch leben? Ja, denn Gelände und Gebäude sind größer, als man es sich vorstellen kann. Und sehr sehenswert. Der Garten ist verwunschen, das Erdgeschoss zugestellt und -gehängt mit Kostbarkeiten aus mehreren Jahrhunderten. Man kann da prima viel Zeit verbringen! Antonio Machado hat einen Teil seiner Kindheit in diesem Palast verbracht und darüber gedichtet. Und ein Schild auf dem WC verrät, dass dieses am 30. Juni 2021 von Insekten und Ratten befreit und dann desinfiziert wurde. Ich finde das sehr beruhigend!
Ich suchte nach dem nahegelegensten Mercado und wurde zu Las Setas geführt. Für die Holzkonstruktion, die mir gestern ja nicht so wirklich gefallen wollte, wurde der alte Mercado de Encarnación abgerissenen, dafür gab es dann neuen Raum unter den Pilzen. Leider ist der Markt überhaupt nicht ansprechend. Bestimmt sind die einzelnen Buden qualitativ völlig in Ordnung, aber dem ganzen fehlen Charme, Fress- und Trinkbuden, Schmuck und Besucher. Es ist eine sehr triste Angelegenheit. Dafür konnte man heute auf die Plattform der Pilzkonstruktion. Da fand ein kleiner Weihnachtsmarkt statt, der ganz und gar auf kleine Kinder ausgerichtet war. Karussels, Hüpfgedönse, Mini-Eisenbahn. Oberhalb der Pilze kann man einen 200-Meter-Rundweg mit gelungenen Aussichten entlanglaufen. Das kann man aber nicht alleine buchen, man bezahlt eine Panorama-Show über Sevilla mit. Hier ein kleiner Expertentipp: In der Kassenschlange kostete das 16 Euro, bei der Online-Buchung 15. Zudem war die Kassenschlange lang, an der Online-Ticket-Kontrolle stand niemand.
Die Aussichten sind schon super. In dem Holzgeflecht, das gar nicht nach Holz aussieht, ist es auch sehr interessant und es hat mir so dann gut gefallen. Ändert aber meine Meinung zum Standort von unten betrachtet nicht. Ja, und da ich das ja nun mit bezahlt habe, bin ich auch in die 10-Minuten-Show mit Panoramaleinwand gegangen. Das war ganz nett, es wurde auch mit mehreren Sinnen gespielt, indem Düfte verbreitet, Winde imitiert wurden und es teilweise einem sanften Flug glich. Ein Flamenco-Auszug wurde geboten und ein bisschen Gesang und fröhliche Kinder. Aber halt ein teurer Spaß.
Ich schlenderte durch die Altstadtgassen meiner nächsten Aktivität entgegen. Für die Bootsfahrt musste ich um 15 Uhr an einem Anleger hinter der San-Telmo-Brücke sein. Ich hatte ausreichend Zeit, um in den einen oder anderen Laden zu spinxen. Es ist alles sehr bunt gemischt in der Altstadt. Süßigkeiten, Bars, Tinneff-Läden, Boutiquen, dazwischen Museen, Kirchen, fantastische Hausfassaden und Keramiken. Ein Traum, der auch nicht allzu überfüllt war. Nervig sind nur die vielen Raucher in den engen Gasssen, ich denke, dass Rauchen hier immer noch als mega-cool gilt.
Die Bootsfahrt wurde als nettes Erlebnis in kleiner Runde angepriesen. Umso erstaunter war ich, dass Hunderte von Menschen am Anleger standen. Grmpft! Es stellte sich aber heraus, dass die alle auf eine andere Tour wollten, die etwas früher startete, als unsere. Gottseidank! Und tatsächlich saßen wir dann zu zwölft in einer kleinen Barkasse, gondelten gemächlich über den Guadalquivir und ließen uns von unserem Kapitän Cesar unterhalten. Ein Freigetränk war auch enthalten, ich bekam einen Schaumwein. Zwei Teens an Bord durften das Boot steuern, wir sahen Sevilla und Triana vom Fluß aus und erhielten reichlich Erklärungen zu dem, was wir sahen. Ich kann nur raten, die 10 Euro mehr für eine so kleine Gruppe zu investieren. Die Tour geht eine halbe Stunde länger, jeder sieht alles gut, man hat einen geübten Alleinunterhalter und das Blubberwasser war auch ok.
Bei dem Stadtrundgang vorgestern fragte ich den Guide nach dem besten Platz, um Manzanilla zu trinken. Das ist eine Art Sherry, der hier bei Festen in Strömen die Kehlen runterfließt und es bis in eine Arie aus der Oper Carmen geschafft hat. Er riet mir, zu Álvaro Peregil zu gehen. Da war natürlich kein Platz mehr frei. Aber ich wartete 5 Minuten und hatte dann Glück, ein kleiner Tisch wurde frei. Sofort stürmten 50 Leute auf den zu. Hah! Die kannten mich schlecht. Wenn meine träge Masse erst einmal in Fahrt ist, gibt’s kein Halten mehr. Man kann sich im Peregil prima die Kante geben, denn die Getränke sind stark und kosten kaum etwas. Aber ich musste ja vernünftig sein, ich darf ja morgen nicht verschlafen. Der (eigentlich ja die) Manzanilla, den Carmen und Lillas Bastia so gerne trinken, ist leider zum einfach so trinken nicht ganz meins. Sehr trocken und ein bisschen bitter. Als Digestif würde der mir aber gefallen. Ich orderte danach auch noch den Orangenwein. Schwer und dunkel kam der daher, so gar nicht orange. Und den mochte ich. *hicks* Habe mir dann eine Flasche als Mitbringsel gekauft. Verkostung ist wohl bald irgendwann in Köln.
Ja, und dann war der Gerry auch schon wieder fertig. Man muss es ja sagen, das ist schon wieder eine Reise und kein Urlaub. Ich habe meine Schrittzähler-Hokus-Pokus-ich-kann-alles-Uhr ab Madrid ja nicht mehr aufgeladen. Aber ich vermute, ich bin deutlich mehr als drei Schritte pro Tag gegangen. Abnehmen werde ich deswegen wohl nicht, dafür fresse ich zu viel. Alleine das Frühstück hier. Dann da ein Bocadillo, dort ein Törtchen, hier eine Olive und dahinten einen Käse, dann auch noch 12 Weinbeeren zu Silvester. Da kommt was zusammen.
Wie schon eingangs erwähnt, war es das mit Sevilla. Morgen mittag geht es wieder nach Barcelona, wo ich versuchen werde, mich abends mit Rolf zu treffen. Mal sehen, ob es klappt, er reist ja auch erst spät an.
Ihr Lieben, mehr News dann wieder aus Barcelona. Natürlich nur, wenn Ihr mögt. Alles Liebe, Euer
Getanzt habe ich übrigens wieder nicht, dafür hat jemand gesungen.
Près des remparts de Séville …
Schade, schon fast wieder am Ende der Reise. Danke fürs Mitreisenlassen 🤗
Die letzten beiden Tage hältste aber auch noch durch, gelle? 😘
Por supuesto que sí. ¡Con mucho gusto, querido!