Tag der Rückreise, Ihr lieben virtuell Mitreisenden. Um 7:15 Uhr wurden wir am Schiff abgeholt, um in der Saigoner Rush-hour zum Flughafen zu fahren. Viel Winke-Winke, ein bisschen Geherze und Umschlagaustausch, aber tränenarm. Am Abend vorher hatte ich im Speisesaal jeden Tisch gefragt, ob Interesse an dem Besuch der Skybar im Bitexco Financial Tower bestand. Die Hälfte der Mitreisenden sowie Lidy kamen mit. Der Besuch der Bar ist straff durchorganisiert, mit Angabe der Besucherzahl an der Rezeption und dann passiert man mehrere headsettragende Personen, die einen durch das Labyrinth des Centers bis an einen passenden Tisch bringt. Das hat sich gelohnt! Wir hatten bei einem (recht hochpreisigen!) Cocktail einen spektakulären Ausblick aus der 52. Etage auf das beleuchtete Saigon. Später zurück an Bord wurde mir gesagt, dass das ein toller Abschluss der Reise gewesen wäre.
Aber zurück zur Heimreise: Wir kamen auch absolut rechtzeitig am Flughafen an, so dass wir noch ausreichend Zeit hatten, unsere restlichen Dong in Tinnef oder Getränke zu investieren. Die Maschine war nicht besonders voll, so dass ich mir einen Sitz mit Beinfreiheit aussuchen konnte. Leider flog sie doch recht verspätet ab, und wir hatten in Bangkok nur ein kleines Zeitfenster zum Umsteigen von 90 Minuten. Zur Boardingzeit der zweiten Maschine landeten wir gerade erst. Aber mit Wegweisern und Priority-Lane-Nutzung gelangten wir auch an diese Maschine. Die Sorge war nur, dass das Gepäck es nicht mehr schafft…
Diese zweite Maschine war unglaublich leer, so dass sich wirklich jeder eine ganze Reihe für sich hätte aussuchen können. Ich blieb an meinem Platz (wieder mit Beinfreiheit und Sitzplatz daneben frei) und unterhielt mich ein bisschen mit dem Herrn am Gang. Dies und mehrere Essen, drei Kreuzworträtsel und drei Filme vertrieben die Zeit. Übrigens, ich schrieb im Prolog von vier Flügen, der geneigte Leser hat natürlich erkannt, dass es sechs waren :-).
Nun ja, in Frankfurt angekommen, eilte unsere Truppe mit sorgenumwölkter Stirn zum Gepäckband. Unsere Gepäckstücke kamen! Sie waren mit riesigen knallgelben Bändern versehen, auf denen HOT TRANSFER stand. Nach kurzen Abschiedsszenen (wieder ohne Tränen!) begab ich mich zum Zug, in dem ich dies gerade schreibe. Neben mir sitzt ein Mann, der seine Mitarbeiter lautstark anpampt, und den es nicht die Bohne interessiert, dass der ganze Großraumwagen über ihn lästert und ihn anstarrt. In Asien hätte er übrigens einen herben Gesichtsverlust erlitten.
Nun, das ist eine wunderbare Überleitung zu dem versprochenen Intermezzo zum Thema Mitreisende. Also:
Intermezzo 2: Die lieben Mitreisenden!
Wie schon angekündigt, hier ein paar Betrachtungen über das Phänomen Reisegruppe, deren Mitglied sein zu dürfen ich ja schon öfter die teilweise schöne, aber auch manchmal recht zweifelhafte Ehre hatte. Ich muss vorwegschicken, dass dies jetzt eher wie eine einseitige Schimpftirade aussehen wird, ohne, dass die betroffenen Personen (die ja ohnehin alle fiktiv sind!) sich wehren und verteidigen könnten. Nun, das ist auch gar nicht vorgesehen.
Ich werde jetzt nicht über einzelne Personen sprechen. Aber mal ein paar kleine Wesensmerkmale herausstellen. Übrigens alles frei erfunden und ohne jedweden Bezug zur Realität (s.o.).
- Der Stinkstiefel
Der Stinkstiefel verreist. Keiner weiß warum. Wahrscheinlich selbst er nicht. Zuhause ist alles besser, im Urlaub alles scheiße. Das Essen ist scheiße, warum gibt es nicht mal eine Wurst oder Kraut? Man muss denen da in der Küche mal kochen beibringen. Und wieso kosten die Getränke extra? Der Stinkstiefel ist physisch nicht gut dabei. Aber was hat die Reiseleitung dazu bewogen, vor die Tempel Treppen hinzustellen und auf Dorfspaziergängen keine Elektrocarts parat zu haben?
- Die Sparsamen
Die Sparsamen haben viel Geld für die Reise bezahlt. Sehr viel Geld. Da muss man dann auch mal gucken, wie man das wieder in eine Balance bekommt. Wasser, Tee und Kaffee sind ja umsonst. Prima. Das wird jetzt den ganzen Tag getrunken.
Busfahrer: „Noch eine Flasche Wasser?“
Sie: „Zweie bidde, für misch un meine Mann!“
Er: „Mir habet doch noch.“
Sie: „Ischt doch umsonst.“
Die Sparsamen gehen auch gerne mehrmals zum Büffet. „Zu Hause esse mir ja nischt so viel. Da träniere mir immer ab, was mir im Urlaub zugenomme habe.“
Die Sparsamen haben übrigens eine Verschwörung aufgedeckt: die internationale Trinkgeldmafia. Deswegen wird nix gegeben. Das kommt ja gar nicht bei dene Leute an. - Der Lustige
Der Lustige hat sich auf diese Reise intensiv durch das Studium der Bestseller „1000 Witze zum Toooootlachen“ und „Schlüpfrigkeit in der deutschen Witzkultur der Nachkriegszeit“ auf Smalltalk vorbereitet. Leider merkt er nicht, wie die ganze Gruppe zusammenzuckt, wenn er zu seinem berüchtigten „Kennen Sie eigentlich den…“ ansetzt und die Gruppe sich wie durch Zauberhand in alle Winde zerstreut. Gehbehinderte haben dann leider das Nachsehen. - Die Gesprächige
1. Tag: „Och, Sie sind ja erkältet! Na dann mal gute Besserung!“ – „Danke sehr, das ist nett von Ihnen.“
2. Tag: „Was macht denn Ihre Erkältung?“ – „Oh, schon viel besser. Danke der Nachfrage.“
3. Tag: „Geht’s voran mit der Erkältung?“ – „Ja, ist weg. Danke.“
4. Tag: „Ist denn das mit Ihrer Erkältung immer noch in Ordnung?“ – „Danke, ja.“
5. Tag: „Was macht denn die Erkältung?“ – „…..“ - Die Wetterfühligen
Die Wetterfühligen teilen sich in zwei äußerst gegensätzliche Gruppen auf. Es zieht. Es ist zu stickig. Es werden erbitterte Diskussionen geführt. - Der Exhibitionist
Der Exhibitionist trägt eine schlabbrige Badehose, die die stolze Wampe des Oberkörpers von den speichenartigen Beinchen trennt. Er gefällt sich dabei, seine geballte… äh… seine… ohjeh….da ist ja gar nichts zum Gefallen. - Die Onliner
Die Onliner fragen immer überall nach dem W-Lan-Passwort. In Restaurants, Hotels, ja sogar in Tempeln. Wenn das dann nicht geht, stellen sich die Onliner in Gruppen zusammen und versuchen, die Ursache zu ergründen. Hinweise auf spottbillige Datenkarten in südostasiatischen Ländern werden abgewimmelt mit dem Hinweis, man sei ja im Urlaub und brauche das nicht. Ober wehe, das W-LAN an Bord fällt aus.
Ach, Ihr Lieben. die Liste ließe sich ewig fortsetzen. Vielleicht fällt Euch ja noch von Euren Reisen ein Prototyp auf, der unbedingt auf diese Liste gehörte. Aber ich muss jetzt auch mal sagen, dass wir eine sehr schöne Truppe waren. Bis auf den Typ Stinkstiefel, der wirklich allen an Bord schwer auf das Gemüt ging, sind ja alle Eigenheiten erträglich. Selbst das Mundorgelgesinge, da es sich auf zwei Lieder in drei Wochen beschränkte. Viele sehr weitgereiste Menschen, die interessant erzählten, sehr liebevolle Menschen, die sich um andere kümmerten (übersetzen oder mal Stufen hochhelfen), sehr höfliche Menschen, die sich Land und Leuten mit Respekt näherten (ich habe oben den Kolonialherren vergessen!)…
Alles in allem eine schöne Reise, mit tollen Erlebnissen und schönen Bekanntschaften.
Die Tage werde ich dann mal ein bisschen Fotoaufarbeitung betreiben und einen Link zu einem Album hier einstellen. Da könnt Ihr dann bei Gefallen ja mal drüberscrollen.
Danke für die Begleitung und bis zur nächsten Reise.
Euer Gerald