Phnom Penh. Der Hügel der Frau Penh. Erster Tag volles Tourprogramm, zweiter Tag frei. Und das Tourprogramm heute hatte es in sich, liebe Leute.
Phnom Penh wurde zur Hauptstadt der Khmer, nachdem Angkor Wat an Bedeutung verlor, die Siamesen einfielen, es interne Streitigkeiten gab und die Vasallenstaaten nicht mehr so mitspielten. Man verließ den Norden und siedelte sich an einem Ort an, an dem die alte Frau Penh Buddhastatuen unter einem Baum entdeckte. Dies war natürlich ein gutes Omen.
Eine kurze Anmerkung übrigens zu dem Begriff Khmer: Die Khmer sind ein uraltes Volk, lange Zeit vorherrschend in der Region (Blütezeit Angkor Wat), weit über das heutige Kambodscha hinaus. Auch das heutige Kambodscha besteht zu 95 % aus Khmer. Die Sprache heißt Khmer. Ich habe bei diesem Begriff immer automatisch an die roten Khmer gedacht, aber hier gilt es, zu differenzieren.
Unser erster Besuch galt dem Königspalast. Unsere Reiseführerin vor Ort hieß Ros Phal, sprach perfekt deutsch und hatte ein unglaublich breit gefächertes Wissen, dass sie auch noch hervorragend vermittelte. Wir schauten in die Krönungs- bzw. Thronhalle (fotografieren und betreten verboten), die gerade für einen Staatsbesuch aus Chile vorbereitet wurde.
Wir wurden über botanische Besonderheiten aufgeklärt, wie z.B. den Kanonenkugelbaum oder die Palme der Reisenden (das hatten wir übrigens bei allen Reiseleitern, dass sie uns besondere Pflanzen zeigten). Wir sahen verschiedene Ausstellungen (eine Halle über die Krönungsfeierlichkeiten von Sihamoni oder über zeremonielle Kleider und eine Fotogalerie über Sihanouk), und besuchten die Silberpagode, deren Boden mit 5 Tonnen Silber ausgelegt ist und die vor Buddhastatuen überquillt. Eine prachtvolle Anlage direkt am Zusammenfluss des Mekong und des Tonle Sap.
Die Bevölkerung hofft übrigens sehr, dass der 65-jährige Monarch bald mal heiratet und für einen Nachkommen sorgt. Man muss wissen, dass er sein Leben zu großen Teilen dem Tanz und dem Film widmete. Hmm. Wir drücken an dieser Stelle mal alle Daumen!
Unser nächster Halt war das Nationalmuseum. Ein wunderschönes Gebäude, obwohl viel schlichter als der Königspalast. Erbaut in Khmer-Stil und schön rot. Wir waren übrigens zeitgleich dort mit einer Delegation, die ein verschollenes Stück kambodschanischer Kunst an das Museum zurückgab. Wobei ich – ehrlich gesagt – um dieses belanglose Gemälde nicht so ein Brimborium gemacht hätte, aber ich leide ja leider auch nicht an all zuviel Diplomatie.
Das Museum hat mehrere Abteilungen, von präangkorianisch bis quasi Neuzeit. Unsere Reiseleiterin hat in einem kurzen Rundgang bestimmte Stücke ausgewählt, über die sie dann sehr kompetent berichtete. Besonders interessant waren z.B. die Ausführungen über die enorme Ausdehnung des Khmer-Reiches, aber auch die über die durch die Mode bedingten Unterschiede in der Gestaltung von Skulpturen. (gerade frage ich mich, ob ich diesen Satz auf Anhieb verstehen würde, wenn ihn jemand anderes geschrieben hätte…..)
Danach besuchten wir den Hügel, nach dem die Stadt benannt ist. Siehe oben. Die Anlage ist sehr schön, es gibt viele Buddhastatuen, die dem Tempel gestiftet wurden. Auch eine Figur der Frau Penh hat einen eigenen Altar. Eine große weiße Stupa überragt das Gelände, es gibt eine riesige Uhr am Fuße des Hügels.
Zum Mittagessen kehrten wir in das Restaurant Titanic ein. Der Besitzer hat nicht nur dieses Restaurant und einen Restaurantschiff auf dem Fluß, sondern wohl auch eins in Berlin. War nett dort.
Nach dem Mittagessen war äußerst schwere Kost angesagt: S 21. Tuol Sleng. Auch genannt „Foltermuseum“. Hier verhörten und folterten die Roten Khmer die Opfer, die allesamt später auf den sogenannten Killing Fields ihr Leben verloren. Hm. Das klingt zu nett. Wo sie brutal ermordet wurden. Von dokumentierten 17.000 Inhaftierten überlebten sieben Personen. Durch Zufall. Tuol Sleng war wohl das grausamste Gefängnis. Es gab aber landesweit über 160 ähnliche davon. Die Schätzungen der Todesopfer schwanken, aber es sind wohl definitiv mehr als 1,5 Millionen gewesen.
Wir haben auf der Reise durch Kambodscha viel über das Pol-Pot-Regime gehört. Es laufen immer noch Prozesse. Täter und Opfer sind wieder Nachbarn. Mir fällt nichts dazu ein. Es war ein schlimmer Moment, ein Besuch einer Stätte des Grauens. Inklusive der beiden Überlebenden, die am Ausgang Ihre Memoiren verkaufen und sich mit Besuchern gegen Geld fotografieren lassen. Die Erlaubnis dazu soll übrigens eine Art Entschädigung des Staates sein für erlittene Qualen. Sehr schwieriges Thema.
Der nächste Programmpunkt war ein Markt. Ich beschloss, den auszulassen und mich statt dessen auf einen Fußmarsch einzulassen, der mich durch Phnom Penh zum Boot zurückführte. Das hat zwar fast 2 Stunden gedauert (weil ich mich ständig verlief), aber hat diese entsetzliche Bedrückung…. irgendwie ein bisschen kompensiert.
Ich kam schweißgebadet am Boot an, duschte kurz und setzte mich aufs Deck. Dort erwartete uns vor dem Abendessen eine traditionelle Tanzaufführung, die von Waisen bzw. benachteiligten Kindern dargeboten wurde, die von privater Seite aus Tanz- und Musikförderung erfahren. Wir hatten es hier an Bord schon mit fortgeschrittenen Jugendlichen zu tun. Was soll ich sagen? Ich fand es toll. Die Bedeutung der Tänze wurde vorher kurz angerissen und man hat sie dann auch verstanden. Ich glaube sehr, dass es beiden Seiten sehr viel Spaß gemacht hat.
Es gab dann noch einen Programmpunkt „nächtliche Tuk-Tuk-Fahrt“, aber den habe ich wegen Reizüberflutung ausgelassen. Stattdessen hatte ich wieder einmal interessante Gespräche mit anderen Daheimgebliebenen. Unter anderem über Nazizeitaufbereitung in Ost und West oder aber auch über die Situation der Ureinwohner Kanadas. Ja, auch dieses Land war nicht unbewohnt, als Siedler ankamen.
Morgen ist ja freie Zeit eingeplant. Ich bin versucht, einfach mal nichts zu tun. Dann müsst Ihr auch nicht so viel lesen.
Für heute dann mal liebe Grüße und beste Wünsche aus Phnom Penh!
Euer Gerald