Tag 5: Die weiße Dame

Mere õhtut, Ihr Lieben!

Ich habe heute Nacht ganz wunderbar geschlafen, es war einfach ein so schöner Tag, und ich war sehr entspannt. Auf dem Weg ins Frühstückszimmer wurde ich abgefangen und begleitet. Wirklich aufmerksam. Der erste Blick auf das Buffet entlockte mir ein mentales „naja“. Schöne Sachen, aber nicht eben viel Auswahl. Dann kam die Kellnerin und brachte mir eine Speisekarte, die von oben bis unten voller leckerer Sachen war, die ich alle bestellen durfte. Habe ich natürlich nicht gemacht, wollte ja noch ins Auto passen. Aber es gab frisches Rührei, einen ganz wunderbaren Obstsalat, und einen sehr leckeren Joghurt. Dazu habe ich etwas Räucherlachs gegessen und das Frühstück war perfekt. Ich hätte sogar Sekt trinken können, aber da ich ja vorhatte, noch Auto zu fahren, ließ ich das bleiben.

Dieser Salat spiegelt das ganze Hotel wieder. Der lieblos draufgeklatschte Joghurt ist von mir.

Ich schlendriante etwas in den Tag hinein, bis ich um kurz nach 11 Uhr dachte, jetzt müsse ich aber mal loslegen. Ich plante eigentlich, nach Saaremaa zu fahren, aber beide Navigations-Apps ermittelten unabhängig voneinander eine mehr als dreistündige Fahrt dorthin, obwohl es nur 150 km entfernt ist. Aber es kommt die Fähre dazu, und scheinbar gibt es dort auch wieder Schotterpisten. 7 Stunden Fahrt für 2 Stunden Aufenthalt wollte ich mir dann doch nicht antun, und begab mich alternativ nach Haapsalu, wo es eine mächtige, in Teilen noch gut erhaltene Bischofsburg geben sollte. Auch das nicht gerade um die Ecke, aber als sehr sehenswert angepriesen. Und jetzt bin ich froh dass ich es gemacht habe.

Der ehemalige Sitz der Bischöfe von Ösel-Wiek

Auf der Fahrt gab es leider einen massiven Wolkenbruch, so dass ich stellenweise auf der letzten Teilstrecke eher Wasserski als Auto gefahren bin. Mir schwante schon Übles. Aber wirklich auf die Minute genau, als ich meinen Wagen auf dem Platz vor der Burg abstellte, hörte es auf zu regnen und fünf Minuten später brach die Sonne durch den Himmel. Ein Wunder! Ich sollte öfters mal Kerzen anzünden, wenn ich auf Reisen bin. Scheint zu helfen.

Blick vom Burgturm aus.

Sehenswert ist Haapsalu in der Tat! Die Burg ist ganz wunderbar. Sehr groß. Wenn man in den Museums- und Kathedralteil möchte, muss man 12 € bezahlen. Aber auch das lohnt sich, die Ausstellung ist ausgezeichnet gemacht, es bereitet richtig Freude, sie anzusehen. Selbst die Toilette in einem Gewölbekeller ist fast schon einen Besuch wert. Die Erklärungen und Skizzen sind auf Glas gemalt und an die Wand gehängt, damit man die Mauern dahinter noch erkennen kann. Die Ausstellungsstücke ziehen sich durch alle Lebensbereiche: Waffen (ein ganz typischer Lebensbereich für uns), Töpferei, Gebrauchsgegenstände, Bischofsinsignien und die Erklärungen schildern das Leben auf der Burg zu damaliger Zeit. Die Kathedrale ist eher schlicht, aber strahlt etwas würdevolles und ruhiges aus.

Der Ort Haapsalu selbst ist auch entzückend. Wieder viele bunte Holzhäuser, stellenweise etwas verfallen, aber das gibt dem Ganzen einen gewissen Charme, dazu kleine Kirchlein, nette Grünanlagen und ein schöner Blick auf das baltische Meer.

Nach zweieinhalb Stunden Aufenthalt trat ich die Rückfahrt an. Sowohl auf der Hin-, als auch auf der Rückfahrt war ich manchmal kilometerlang alleine, ohne ein anderes Auto zu sehen. Nun ja, das gesamte Baltikum ist etwa halb so groß wie Deutschland, es wohnen aber nur ca. 6 Millionen Menschen hier. Die haben es gut. So viel Platz. Manchmal stand ein herrenloses Tier auf der Straße. Da muss man ein bisschen aufpassen. Ansonsten ist es sehr entspannend, mit 90 km/h Höchstgeschwindigkeit über die Landstraßen zu fahren, mehr ist hier nicht gestattet.

Auf der Rückfahrt hielt ich in Pärnu City an, das aber nicht so sehenswert ist, wie das Viertel, in dem ich wohne. Ich kaufte aber noch in einem Supermarkt ein paar Dinge ein, begab mich dann zur Villa, schnappte mir dort zwei Dosen Bier aus meinem Vorrat und setzte mich an den Strand, um den Ausblick auf das Meer zu genießen. Es wehte eine ganz schön steife Brise. Nix für Toupetträger!

Ob mir so ein Schnäuzer auch stehen würde?

Am Ende des Strandes tummeln sich ganz viele von diesen Kitesurfern, ich glaube das heißt so, wenn man mit einem Lenkdrachen auf dem Surfbrett steht, ich weiß es nicht so ganz genau. Aber es ist ein wunderschönes Bild. Auf dem Weg zurück schlenderte ich noch über die Skulpurenpromenade. Ganz nett.

Diese Reise ist bisher wirklich wunderschön, ich hätte nicht gedacht, dass das Baltikum mir so gefällt. Ich nehme an, dass es Ecken in Skandinavien gibt, die so ähnlich sind, und verstehe jetzt die Begeisterung einiger Bekannter, die gar nicht mehr woanders hinfahren mögen.

Es ist alles sehr schön ruhig und friedlich, es gibt unglaublich viel Grün, es gibt das Meer, es gibt Kultur ohne Ende und die Balten sind ein sehr freundliches und liebenswürdiges Volk. Ich kann jedem nur empfehlen, sich auch mal auf den Weg zu machen.

Abends habe ich mich ganz unspektakulär mit einem belegten Brot aufs Zimmer begeben, um dies hier zu schreiben.

Morgen werde ich diesen schönen Ort verlassen, um nach Tallinn zu fahren. Aber auch darauf freue ich mich schon sehr, denn es soll eine komplett erhaltene mittelalterliche Innenstadt geben, da stehe ich ja drauf, und habe erst einmal für zwei Nächte ein Appartement am Hafen gebucht. Dann sehen wir mal weiter.

Ich freue mich, wenn ihr mich morgen wieder begleitet. Bis dahin Allen alles Gute.

Euer Gerald

P.S.: Was das mit der weißen Frau in der Überschrift bedeutet? Prima! Ihr habt aufgepasst! Hier die Erklärung:

Gänsehaut!
Ich suche nach zwei Nächten Tallinn. Booking.com so….
… ich so! (Pst… Sparpreis)

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