Tag 2: Vecindario und Arinaga

Ihr Lieben,

es war gestern sehr warm in der Butze oben und da habe ich über Nacht mal alle Fenster und Türen zur Veranda aufgelassen. Naja, was soll ich sagen? Es hat ein bisschen reingeregnet. Das hatte ich doch aber gar nicht bestellt!!!

Morgens nieselte es immer noch ein bisschen, so habe ich dann erst einmal ausgiebig gefrühstückt. Es gab Filterkaffe. Wusste schon fast nicht mehr, wie so etwas zubereitet wird. Eine winzig kleine Cafetera für die Herdplatte ist aber auch vorhanden.

Bei Facebook bin ich in ein paar Kanarengruppen, da wurde gepostet, wie es in Las Palmas Bindfäden regnete, daher beschloss ich, in der Gegend zu bleiben und nach Vecindario in ein Shopping-Center zu fahren. Unterwegs klarte es auf und so lief ich, in Vecindario angekommen, erst einmal die gefühlt 20 Kilometer lange Fußgängerzone rauf und runter. Sie unterscheidet sich schon sehr von den unsrigen. Es ist viel durchmischter. Plätze, Kirchen, Wohnhäuser, Läden. An einer Ecke saß ein recht betagter und zerlumpter Harfenist, der „Despacito“ zum Besten gab und das wirklich extrem gut. Die Kinder hier tragen alle Schuluniform in Form von burgunderroten Trainingsanzügen. In einer kleinen Kirche wurde gerade ein Kinderkonzert beendet, bei dem die Protagonisten alle als Weihnachtsmänner (und -männinnen?) verkleidet waren. Leider habe ich nur den Schlussakkord und den tosenden Applaus der zutiefst ergriffenen Verwandtschaft mitbekommen.

Was mir auch auffiel: man kennt sich. Alle winken, hupen und rufen sich zu. Allerdings bleibt man nicht zum Plauschen stehen, sondern wechselt im Weiterlaufen drei oder vier Worte. Das finde ich sehr angenehm. „Hola vecina, ¿qué tal? – Todo bien. – ¿Que tiempo, verdad? – ¡Sísísí!“ und Schluss.

Auf meinem Weg an den Lädchen vorbei entdeckte ich an einem Telefonladen das Schild der kanarischen Überlandbusgesellschaft. Ich hatte vor drei Jahren ja eine TarjetaGC erstanden, die man aufladen kann und mit der man ums Bezahlen beim Busfahrer drumherumkommt. Diese Tarjeta ist personalisiert mit einem entzückenden Jugendfoto von mir. Ich war gespannt, ob die noch funktionierte. Was soll ich sagen? Sie konnte aufgeladen werden und hatte sogar noch ein Restguthaben von früher.

Es fing an zu nieseln. Ich beschloss daher, meine Wenigkeit in das überdachte Centro Commercial Atlantico zu spedieren, auch weil ich mir mal…. äh…. die Nase pudern wollte. Versucht mal, Toiletten in einem Einkaufszentrum von der Größe Madrids zu finden! Im Carrefour erstand ich dann noch ein paar überlebensnotwendige Dinge wie Küchenkrepp, Glasreiniger und Turrón. Wie? Jaja. Klar ist Turrón überlebensnotwendig! Was für eine überflüssige Frage!

Ich beschloss, zuhause eine Siesta einzulegen. Die zog sich dann unvermutet lange hin. Was nebenbei der Grund ist, warum ich bei mir daheim versuche, es zu vermeiden. Im Nickerchen machen gehöre ich zur Weltelite. Jetzt war ich total bematscht, was nebenbei der Grund… ach, das hatten wir ja schon. Im Bematschtsein bin ich übrigens auch nicht schlecht. Also, raus an die frische Luft und einen Spaziergang zum Leuchtturm gemacht. Von da aus hatte ich einen schönen Blick auf das besonnenuntergangte Arinaga.

Ich belohnte mich für meine Anstrengung mit einem kleinen und einem weiteren kleinen Bier. Die verbrauchten Kalorien müssen ja irgendwie wieder ran! Ich weiß, das ist kein tragfähiges Konzept, um abzunehmen… Auf der Terrasse des Restaurants am Leuchtturm saßen viele Spanier, die wild gestikulierend aufeinander einredeten. Alle irgendwie gleichzeitig. Na, Hauptsache, man versteht sich. Ein Pärchen trank Gin Tonic im Minutentakt, der Mann wurde immer dramatischer in seinen Erzählungen. Ich habe zwar kein Wort verstanden, aber ich glaube, am Ende hat er in einem wilden Zweikampf Lord Voldemort getötet… 😉

Nach einem kurzen Zwischenstopp daheim – es wurde frisch und ich musste meinen Webpelz holen – versuchte ich, ein Restaurant mit typisch kanarischem Essen zu finden. Ich kehrte im Ohasis ein und war sehr angetan. Die Kellnerin hat mein Gestammel verstanden und einen perfekten Wein gebracht. Ich rasselte dann ein paar Gerichte von der Außenkarte herunter und erntete erstaunte Blicke. Das sei alles viel zu viel. Ich vergesse immer, dass Tapas hier eben doch meistens Raciones sind. Ich beschränkte mich daher auf Croquetas caseras, Pulpo gallego und Polvito uruguayo als Nachtisch.

Jetzt sitze ich völlig vollgefressen, aber glücklich an meinem PC und teile meinen Tag mit Euch. Morgen? Morgen es mañana. Mal sehen. Freue mich aber wieder auf Eure Begleitung.

Liebe Grüße,
Euer Gerry

P.S.: Übrigens wird daheim gerade der „Ehrwin des Jahres“ gewählt. Auch Peter Norff vom Eselpark Zons (Ehrwin des Monats Juni) ist nominiert. Er sowie das ganze Team vom Eselpark würden sich sehr freuen, wenn er/wir diese schöne Trophäe für ehrenamtlichen Einsatz ergattern könnten. Man kann übrigens auch mehrfach abstimmen. 😎
https://www1.wdr.de/fernsehen/hier-und-heute/ehrwin-des-jahres-116.html

P.P.S.: Unnützes Wissen, Teil 39284. Hier gibt es noch Endstücke im Toastpaket. Und Teil 39285. Früchte- oder Kräutertee heißt hier Infusión. Und Kamille heißt Manzanilla, also irgendwie „kleines Äpfelchen“.

P.P.P.S.: Dem Autor ist nicht so kalt, wie es den Anschein erweckt.

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