Tag 4: Mein Bier 1 auf Mein Schiff 5

Ihr Lieben,

heute früh wachte ich mit leichten Zahnschmerzen auf, ich muss geknirscht haben wie ein Wilder. Weiß Gott, was ich geträumt habe.
Heute gab es unter anderem Aloo Gobi Masala zum Frühstück. Das liebe ich und so machte ich mir einen komplett indischen Frühstücksteller. Mal was anderes und auch sehr lecker.

Ich packte meinen Pröddel, checkte aus und nahm ein Taxi zum Kreuzfahrtterminal. Dort war ich innerhalb von 5 Minuten eingecheckt, so dass ich ohne Gepäck direkt mit einem Shuttlebus wieder in die Stadt fahren konnte (Ich hätte übrigens auch sofort an Bord gehen, erneut frühstücken oder mit Komasaufen beginnen können, nur die Kabine war noch nicht bezugsfertig.).

Ich fuhr erneut ins Al Seef-Viertel, wo ich im modernen Teil begann, um mich den Creek Richtung Al Shindagha entlang zu schlängeln. Wieder gingen mir die Händler mit ihrer Offensivität schwer auf den Geist. Ich denke, es geht 99% der Touristen so. Warum also wird dieses Vorgehen als zielführend angesehen? Ein Süßigkeitenhändler hat es richtig gemacht. Er hat sich nicht angebiedert, nur gesagt, dass ich Fragen stellen soll, wenn ich welche hätte und mich in Ruhe alles anschauen lassen. Die Ware war ausgepreist und ich habe dennoch einen Nachlass bekommen. Kandierte Pekannüsse und Fruchtsaft-Honig-Nuss-Konfekt landeten in meinem Rucksack. Ich durfte dann noch einen Tee trinken und diverse Kostproben anderer Köstlichkeiten zu mir nehmen. Ein schöner und – aufgepasst, Ihr anderen Kaufleute – UNAUFDRINGLICHER Beschaffungsprozess.

Ich nahm ein Taxi zu Dubais Zentralmoschee. Diese zeichnet aus, dass sie offiziell als einzige Moschee von über 1500 in der Stadt für Nichtmuslime zugänglich ist. Naja, ob das stimmt? Wie soll eine andere Moschee mir denn ansehen, welcher Religion ich angehöre…? Denn die Shahada, das islamische Glaubensbekenntnis, kenne ich ebenso gut wie das christliche. Egal. Die Jumeirah-Moschee betreibt eine Politik der offenen Türen. Sie will explizit offen zugänglich und dafür bekannt sein. Unsere zum Islam konvertierte Führerin Tracy, alias Fatima, gab uns dann tiefergehende Einblicke in ihre Religion und stellte sich auch unbequemen Fragen. Es wurden sogar die Waschungen und Gebete demonstriert. Es war ein lehrreicher Unterricht. Fatima hat sich im Namen ihrer Religionsgemeinschaft vehement gegen religiös verbrämte Morde und Attentate im Namen der Religion ausgesprochen.
Es gab vor- und hinterher arabischen Kaffee, Datteln, Süßigkeiten, man bekam einen Fototermin mit einem Falken (schwerer als gedacht, der kleine Kerl) und konnte zwei Ausstellungen (Moscheen der Welt – mit fantastischen Fotos – und Geschichte des Islam) besuchen. Ich finde, das lohnte sich und war äußerst lehrreich. Man sollte sich natürlich – wie bei so einigen Sachen – über Öffnungs- und Besuchszeiten erkundigen.

Von der Moschee aus lief ich zur Metrostation „World Trade Center“. Das ist eine größere Strecke und ab einem gewissen Punkt sah ich wieder keine einzige verschleierte Frau. Ich sah nämlich gar keine Frau. Was nicht daran liegen konnte, dass ich unbeabsichtigt im Gay District gelandet wäre, obwohl Männer hier Händchen hielten. Ich erinnere in dem Zusammenhang noch einmal an die Todesstrafe. Ich lief wahrscheinlich durch ein sehr konservatives Viertel. Ich weiß jetzt nicht, ob pakistanisch oder indisch, aber ich vermute – auch weil die Herren Kricket spielten – ersteres. Das ist dort dermaßen Nationalsport, dass die Pakistaner 2018 einen Cricketspieler zum Premierminister wählten, Imran Khan.

Ich metrote (könnte jetzt eine Sekunde dauern) zur Station Al Ghubaiba, wo es viele Museen gibt und wo heute die „Shindagha-Tage“ des gleichnamigen Viertels zuende gingen. Es wurde Handwerk ausgestellt (unter anderem das des Austernöffners, er hatte viele Perlen vor sich liegen), es war viel Volk unterwegs und ich bekam eine kleine Fahne der VAE geschenkt.

Inzwischen war ich für den Tag kulturell einigermaßen versorgt und wollte mich in meiner Kabine einrichten. Weit und breit war aber kein Taxi in Shindagha aufzutreiben. Ich seufzte mir einen und machte mich auf den Fußweg, waren ja nur drei Kilometer. Was Google-zu-Fuß offenbar nicht wusste: ich befand mich nach kurzer Zeit in militärischem Sperrgebiet, wo Aufenthalt mit Stockschlägen sowie Fotografieren mit Peitschenhieben bestraft und Gerrys prinzipiell mit einem Gewicht an den Füßen in die See geworfen werden. Ach herrjeh!
War mir aber egal. Was gut war, denn nach kurzer Wanderung hielt ein Taxifahrer neben mir, ob ich zum Schiff wolle, er müsse da ohnehin hin. Ich bin bei so etwas ja prinzipiell misstrauisch, stieg aber ein. Er fuhr mich vor das Terminal und wollte tatsächlich nichts, er lehnte meine 10 Dirham ab, bis ich ihn bat, sie zu spenden. Neben dem Sakat, der Pflichtabgabe an Bedürftige, ist Sadaka eine freiwillige Spende, die im Islam sehr üblich ist. Er war baff erstaunt, dass ich das Wort kannte und nahm an. Wofür so ein Religionsunterricht nicht alles gut ist… 😊

Ich kam mit meinem vorläufigen Bordpass eigentlich zu einfach aufs Schiff, was aber daran liegen könnte, dass ich beim Check-in fotografiert wurde.
Ich suchte meine Kabine auf, duschte und lief zur Rezeption, um mir erklären zu lassen, wie ich mein gebuchtes Internetpaket aktiviere. Das wollten übrigens alle 173 Personen dort wissen, aber ich war vorne in der Schlange. Sehr nette Beratung, klappte nur nicht, da ja gerade alle ins W-LAN wollten. Später passierte das dann übrigens quasi automatisch.

Ich trank ein Willkommensbier auf mich (jeder sollte sich von Zeit zu Zeit selbst feiern) und begab mich ins Restaurant Atlantik, wo sich Max um mein leibliches Wohl kümmerte. Ich glaube, dass das Essen bei Phoenix (meiner bisherigen Haus- und Hofreederei) einen Tacken besser ist, aber man kann auch hier absolut nichts aussetzen! Und alles ist inkludiert. Kaffee, Wein, Brandy. Puh!
Ich machte einen ersten Erkundungsrundgang und stieß auf eine Galerie. Die hatte auch noch echt schöne Bilder. Mist!

Ich nahm mit meinem Handy an der Außenalster platz, der Bar auf dem Oberdeck (der Name gefiel mir als gebürtiger Hamburger natürlich sehr) und von hier aus schreibe ich Euch das gerade hier.
Nach dem sehr durchwachsenen Tag gestern war es schön, heute einen entspannten zu haben und ich freue mich gerade riesig, auf diesem Schiff zu sein, auch wenn ich solche Dimensionen nicht gewohnt bin. Ich glaube aber, dass das Boot nicht ausgebucht ist. Oder es verteilt sich einfach nur prima.
Es gibt immerhin Dutzende Bars und Restaurants.
Jetzt schon steht fest, dass es interessante Menschen an Bord gibt. All inclusive zieht ja vielleicht ein spezielles Klientel an, aber es sind auch kulturinteressierte Personen an Bord, glaubte ich doch zwei aus dem Religionsunterricht wiederzuerkennen.

Morgen liegen wir noch einen halben Tag im Hafen, aber ich werde keine großartige Exkursion mehr machen. Immerhin muss ich ja auch noch die verpflichtende Rettungsunterweisung mitmachen und außerdem gibt es eine Schiffsführung, die man bei einem solchen Riesenkahn vielleicht besser mitmachen sollte.

Auf jeden Fall würde ich mich freuen, wenn Ihr mich weiter auf meiner Tour begleitetet.

Liebe Grüße, Euer Gerry

P.S.: Selbst mit funktionierendem Bord-Internet ist das Online-Schreiben eine Qual. Ich entschuldige mich daher schon jetzt für eventuelle Jskdlxhd und komische Bildausschnitte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert