Tag 6: Omannoman

Ihr Lieben,

hatte ich nicht erst gestern versprochen, keine blöden Wortwitze mehr zu machen? Und jetzt schon in der Überschrift? Naja, ich hatte mich versprochen.

Heute also der Oman, ein Sultanat mit absolutistischem Herrscher, der seit 4 Jahren auf dem Thron sitzt und dessen Namen kaum jemand bei uns kennt. Sein Vorgänger, Sultan Qaboos bin Said Al Said, der 49 Jahre und 11 Monate auf dem Thron saß, ist zu allgegenwärtig. Das ist wie bei Lissi und Charlie. Na, DER Charlie! Seht Ihr? Übrigens, der aktuelle Sultan heißt Haitham bin Tariq Al Said.

Ich stieg um 7 Uhr schon in die Pantoffeln und nein, keine Sorge, das ist keine Folge einer schweren Kopfverletzung, ich tat es, damit ich vor dem Frühstück die Einfahrt in den Hafen mitverfolgen konnte. Es hat immer etwas Erhabenes, wenn man auf eine Stadt zugleitet. Und ja, auch heute war es wieder sehr schön.

Ich erwähnte ja letztlich im Zusammenhang mit Albanien  schon, dass Vorstellung und Wirklichkeit manchmal ziemlich auseinanderklaffen. Den Oman, speziell Muskat, hatte ich mir auch ganz anders vorgestellt. Irgendwie wie Alexandria in kleiner oder Moroni auf den Komoren in groß. Beides trifft gottseidank nicht zu. Die Freundin des Vaters einer Freundin ist begeistert von diesem Land, eine Kollegin samt ihrer Tochter wollen hier nicht tot überm Zaun hängen. Aber was findet man denn nun tatsächlich an?

Nach dem Frühstück begab ich mich zuerst in die Landausflugsabteilung, denn ich hatte inzwischen gelernt, das viele Sehenwürdigkeiten der Hauptstadt nicht besonders nah am Hafen liegen. Leider konnte ich meine Landbuchungen nicht mehr ändern und auch kein Zusatzprogramm am Nachmittag dazubuchen. Das ist jetzt aber nicht schlimm, denn das hatte ich bereits befürchtet.
So begab ich mich zu Bus 25, um mit Reiseleiterin Noof und ihrer Kollegin zu der gebuchten „entspannenden Dhau-Fahrt“ aufzubrechen.
Dhaus sind traditionelle arabische Schiffe und Muskat, so sagt man, ist insbesondere vom Meer aus besonders sehenswert.
Wir erhielten einen ersten Eindruck von der Stadt, als wir zum Anleger etwa 20 Minuten außerhalb des Hafens fuhren. Alles ist sehr sauber, schick und von schlichter Eleganz. Vieles ist relativ neu (das Opernhaus, der Sultanspalast), hat aber so gar nichts vom Protz und Blingbling Dubais.

Klar, der Oman spielt im Wettbewerb der Superlative auf der arabischen Halbinsel auch gerne eine Rolle. Größte Yacht, Titel verloren, noch größere Yacht musste her. Drittgrößte Moschee, Titel strittig, deswegen wenigstens größter Kronleuchter in einer Moschee.
Der Oman hat Öl. Und ist somit nicht arm. Hier ist alles sauber, nett, Blumenrabatte überall und die Autos sind teure Importware. Die Prestige-Neubauten des verstorbenen Sultans sind schlicht-pompös-elegant, wenn Ihr versteht, was ich meine. Erstaunlicherweise ist das Operngebäude nicht das teuerste an der Oper in Muskat. Sultan Qaboos wollte keine Ausländer im zugehörigen Orchester und ließ daher alle omanischen Mitglieder im Ausland für ein Heidengeld ausbilden. Und wer hätte noch nicht vom Great Operahouse Orchestra of Muskat gehört? Ich hätte es gerne live erlebt, aber wir ankern ja nicht über Nacht und wer weiß, ob es eine Vorstellung gegeben hätte.

Am Dhau angekommen stürmten die Mitpassagiere aus dem Bus auf das Boot, ich bildete das Schlusslicht. Auf den Sitzbänken fand ich keinen Platz mehr und bekam vom Bootsführer einen Liegeplatz auf dem Achterdeck zugewiesen. Das war seeehr bequem. Das Boot hatte etwas Schlagseite, so mussten ein paar Dicke (ich nicht, ich durfte liegenbleiben) mit Dünnen tauschen und die Seiten wechseln.
Die Fahrt war toll. Ruhig und tatsächlich, wie angekündigt, entspannend. Die Reiseleiterinnen unserer Tour hielten sich am Bug auf und so verstand ich nicht, was sie erläuterten. Aber der sehr nette Bootsführer, Sohn des Eigentümers der Flotte von Ausflugsdhaus, klärte mich über Sehenswürdigkeiten auf. Es gab kalte Getränke (Alkohol ist im Oman fast komplett tabu, daher gab es Sprite), Datteln, Kaffee. Einziges Manko an der Fahrt war, dass die Sonne vom Landesinneren aus auf Muskat schien und alles daher in einem verschwommenen Dunst lag.

Nach zwei Stunden Bootsfahrt landeten wir wieder dort an, wo wir abgefahren sind und wurden mit dem Bus zum Sultanspalast kutschiert, wo es einen sehr kurzen Fotostop gab. Der Sultan residiert dort angeblich nicht, es ist ein rein repräsentatives Gebäude für z.B. Staatsbesuche. Flugs ging es weiter zum Mutrah Souq, dem örtlichen Basar. Hier sollten wir 30 Minuten Zeit haben, bevor wir zum in Sichtweite liegenden Schiff zurückfahren sollten.
Kurzes Intermezzo: Man darf im Hafen nicht frei herumlaufen. Man muss auf Zubringerbusse warten, die zwischen Schiff und Hafeneingang pendeln. Es ist also nicht zwingend erforderlich, mit dem Touristenbus zurück zu fahren.
Ich erklärte also meinen Reiseleiterinnen, dass sie nicht auf mich warten sollten, ich würde noch umherlaufen, den Basar besuchen und mich dann selbst wieder zum Hafen begeben. Die Zeit sei ja viel zu kurz. Das Trinkgeld hatte ich schon in der Hand. Man erklärte mir, das ginge nicht, ich MÜSSE wieder zum Schiff mitfahren. Auf meine Frage, was denn passiere, wenn ich mich im Souk verliefe, wurde mir mitgeteilt, dass ich das ebenfalls nicht dürfe. Ihr ahnt es, es gab kein Trinkgeld.

Ich lief los, die Corniche von Muskat entlang, schaute dies und jenes an und verlief mich tatsächlich im Basar. Ich hätte nie im Leben in der kurzen Zeit zum Bus zurück gefunden. Und habe es dennoch an Bord geschafft. Juchee!
Es gab eine lange Schlange vor dem Eingang zum Schiff. Weihrauch ist ein beliebtes Mitbringsel aus dem Oman, es ist an Bord aus Brandschutzgründen aber verboten. Daher gab es so eine Art Drogenkontrolle, was aber auch angekündigt war. Passagiere müssen gekauften Weihrauch abgeben und erhalten ihn am Ende der Reise zurück. Das hat den Boardingprozess natürlich arg in die Länge gezogen. Ich hatte übrigens gar nichts gekauft, da mir auch hier die potenziellen Geschäftspartner mal wieder viel zu offensiv waren.
Nach einem kurzen Kabinenbesuch setzte ich mich an die Heckbar, wo mir die Lebensgschichte eines inzwischen im Ruhestand befindlichen Unternehmers zuteil wurde. Das war aber gar nicht so schlimm, wie es sich anhört, da er ein guter, wenn auch von sich ein wenig zu selbst überzeugter Erzähler ist.

Ich hatte nicht viel gefrühstückt, kein Mittagessen gehabt und so fand ich mich in der großen Büffet-Arena „Anckelmannsplatz“ ein, um ein paar Pommes, eine Scheibe Braten und Artisanbrot zu essen. Letzteres backe ich irgendwann hier in einem Kurs auf dem Schiff und wollte doch mal wissen, was ich da zusammenknete. Ich hoffe nur inständig, dass das in Kursen gebackene Brot nicht in den Umlauf kommt, denn man weiß ja nie, wie es um die Handhygiene der Hobbybäckerinnen und -bäcker bestellt ist.

Und während ich noch nach einem Platz suche, treffe ich auf L. und S. von gestern. Wir haben dann tatsächlich viel zu viel gequatscht, ich dabei dem Tischwein zugesprochen, bis mir einfiel, dass ich ja mal Tagebuch anfangen könnte.
So sitze ich jetzt auf dem Zimmer und berichte, während mich pausenlos Durchsagen der „Stimme des Schiffs“ bezüglich des Status verlorengegangenen Gepäcks und verschollener Passagiere erreichen. Diesmal soll British Airways Schuld sein. Ich bin so froh, dass ich eine eigene Anreise…. ach ja, ich erwähnte es bereits.
Jetzt geht es zum Ausguckdeck und anschließend zum Schnabulieren. Wir lesen uns dann gleich wieder.
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Vorm Restaurant traf ich dann den Herrenclub wieder und wir speiste wieder zusammen. Das W-LAN an Bord war komplett weg und somit waren auch die elektronischen Helferlein der Kellner nutzlos. Man musste die Bestellungen ganz klassisch notieren. Das hat wohl ein mittelschweres Chaos ausgelöst, denn wir warteten ewig auf das Essen und stellenweise war es dann auch einfach nur kalt. Es ist schon irgendwie irre, wie abhängig wir uns von der Technik machen.

Nach dem Essen begaben wir uns zur Pool-Bar, wo M. und R. mit ihrer heutigen Reisegruppe verabredet waren. Irgendwann war dann der eine Wein zuviel in mir drin, so fand ich mich gegen meinen Willen in der Borddisco wieder, wo ich sogar auch einmal für ein paar Sekunden das Tanzbein schwang.
Habe ich alleine zur Kabine gefunden oder wurde ich von der Bordsecurity dort hingebracht, weil ich zotige Lieder sang? Ich hoffe ersteres. Auf jeden Fall musste ich erst einmal laaange schlafen. Das ist bei Seetagen ja auch kein Beinbruch.

Apropos Seetage: Da eher wenig spannende Ereignisse zu befürchten sind, würde ich die vor der nächsten Anlandung, nämlich Colombo in Sri Lanka, zusammengefasst hier posten. Es sei denn, die jemenitischen Piraten kommen doch noch an Bord. Das wäre ja ereignisreich genug, um darüber zu berichten.

Also, wir lesen uns dann in ein paar Tagen wieder, würde mich freuen, wenn Ihr wieder reinschaut.

Liebe Grüße, Euer Gerry

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