Tag 11: Inspektion Colombo

(und schon wieder so ein blöder Wortwitz)!

Ihr Lieben,

da mosert der alte Mann erst, dass ihm das zu viele Seetage waren, aber kaum ist er an Land, ist es auch wieder nicht richtig. Wie das?

Das Schiff legte um 5 Uhr früh in Colombo an, das war mir dann doch zu zeitig, um dafür den Wecker zu stellen.

Mein Tourbus sollte die Ausflügler, die mit dem Tuk-Tuk die Stadt erkunden wollten, um 8 Uhr 45 zu den entsprechenden Vehikeln kutschieren. Zum Frühstück schaffte ich es nicht mehr, da ich mit meinem Handy kämpfte, auf dem ich die SIM-Karte für Sri Lanka und die kommenden Landungsziele einrichten wollte. Es klappte hinten und vorne nicht und salzige Tränen des Frustes tropften auf den Frisiertisch meiner Kabine. Ich ließ es dann auf sich beruhen und machte mich ausgehfertig. Da ich nicht wusste, ob wir tempeln würden, zog ich mich züchtig an, lange Hose, weites Hemd. Als ich am Ausgang des Schiffes heraustrat, traf mich die stehende Luft mit gefühlten 120% Luftfeuchtigkeit und 53°C Temperatur wie ein Faustschlag. Ab in den klimatisierten Bus! Puh, das kann ja heiter werden.

Wir fuhren ein wenig durch das Stadtzentrum, das einigermaßen nah am Hafen liegt, und erhielten auf unserer Fahrt zum Umsteigepunkt schon einige Informationen über Sri Lanka und Colombo. Achi hieß unsere charmante Reiseleiterin, die ein wunderbar verständliches Englisch sprach.

Colombo hat eine Skyline! Und viele interessante andere Ansichten.

Bei den Tuk-Tuks angekommen hieß es, je zwei Personen pro Gefährt. Da ich der einzige Single war, gesellte sich Achi zu mir. Das war natürlich perfekt: Die kompetente Reiseleitung direkt neben einem! Wir fuhren fast zwei Stunden durch Colombo, machten hier und da einen Fotostop und liefen auch mal einen kurzen Weg durch einen Park, wo gerade ein riesiges Pfadfindercamp residierte. Ungelogen, es handelte sich um mehrere tausend Jungen, die zwischen hunderten von Zelten umherwuselten. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Gibt es bei uns eigentlich noch Pfadfinder? Ich kenne die eigentlich nur aus Donald-Duck-Comics und aus amerikanischen Filmen, wo pausbäckige Mädchen Erdnussbutter-Kekse an den Mann bzw. die Frau bringen sollen. Ein zweiter Ausstieg mit kurzer Freizeit war am Monument zum Unabhängigkeitstag möglich.

Also, leider ist ein Tuk-Tuk für eine Besichtigungfahrt nicht das geeignete Transportmittel für großgewachsene Personen. Ich musste, wenn ich etwas sehen wollte, auf das Achi mich hinwies, mein Kinn auf meine Knie legen und mich im 45-Grad-Winkel nach vorne fallen lassen. Achi bot mir an, sie würde Fotos mit meinem Handy machen, wenn die Sehenswürdigkeit zudem auch noch auf der falschen Seite zu sehen war. Sie ging dabei mit einer Unbekümmertheit vor (indem sie z.B. das nigelnagelneue Handy mit einer Hand etwa zwei Meter weit aus dem Tuk-Tuk hielt), dass mir der Angstschweiß an den Schläfen herunterperlte. Apropos Angstschweiß: Der Fahrstil hier im srilankischen Linksverkehr ist gut mit Freistil umschrieben, wobei auch der Einsatz der Hupe nicht zu kurz kommen darf.

Unser Fahrer war ein Herr in meinem Alter, der so ziemlich alles von mir wissen wollte, den ich aber leider sehr schlecht verstand. Ich scheine in den meisten Fällen richtig erraten zu haben, was er zu wissen wünschte, denn nur wenige Male schaute er mit hochgezogenen Augenbrauen in den Rückspiegel, da meine Antwort ganz offensichtlich nicht zu seiner Frage passte.

Die wesentlichen Sehenswürdigkeiten von Colombo habe ich wahrscheinlich irgendwie wahrgenommen, aber am Schiff angekommen erstand ich nur noch ein paar Kühlschrankmagneten und beschloss, den von mir naiverweise als entspannt eingestuften Fußrundgang nicht anzutreten. Ich zog mich um, setzte mich an Deck und war nach zwei Minuten durchgeschwitzt. Wie wäre es mir auf einer kleinen Wanderung ergangen? Zumindest wäre ich möglicherweise auch noch auf andere Art und Weise klatschnass geworden, denn gegen 17 Uhr fing es an zu schütten, zu blitzen und zu donnern wie bei einem Weltuntergang. So also sieht es in den Zeiten des Monsuns hier aus. Tokio Hotel wären begeistert gewesen.

Beim Mittagessen richteten mir meine bezaubernden Digital Natives übrigens die eSIM ein. Es lag nicht komplett an meiner Blödheit, dass ich das morgens nicht hinbekommen hatte, es lag auch ein bisschen an meinem blöden Handy bzw. am Schiffs-W-LAN.

Mit den Beiden traf ich mich dann spätnachmittags auf der Ausblickbar, die je nach unserer Laune HimmelunÄd oder auch Himmeldieberge heißt. Ich müsste tatsächlich nachsehen, wie sie wirklich benamst ist.

Anschließend speisten wir zu fünft heute zu fast aller Zufriedenheit im Atlantik Mediterran, um uns dann in Showbesucher und Aufdeckbleiber aufzuteilen. Da ich die großartige Terri Green ja schon gesehen hatte, plauderte ich lieber am Pooldeck mit anderen Mitreisenden und mit einigen Offizieren. So bekommt man mal eine andere Sicht auf das Bordleben.

Es gab wieder diese sehr pompöse Ausfahrmusik. Ich lernte, dass sie von „Unheilig“ stammt, der/die ja mal einen großen Hit hatte(n). Irgendwie mag ich ja dann doch die eher klassisch orchestrierten Stücke anderer Reedereien lieber.

Auf dem Pooldeck gibt es einen dem Regen trotzenden Umlauf, da gab es einen Weihnachtsmarkt. Die gebrannten Mandeln sind super! Die Weihnachtsstimmung an Bord ist spürbar, aber für Weihnachtsflüchtlinge wie mich erfreulich dezent. Hier muss man das Entertainment-Management mal ausdrücklich loben!

Wie soll ich den Tag zusammenfassend beschreiben? Es fällt mir nicht leicht. Für das Klima kann niemand etwas, die Reiseleitungen geben ihr Bestes und an Bord wird sich nach Kräften bemüht. Mein erster Eindruck von Colombo ist nicht der schlechteste. Ich habe nur andere Mitreisende beneidet, die einen ausführlichen Tempelbesuch hatten, die wiederum mich wegen der tollen Tuk-Tuk-Fahrt beneideten. Hier zeigt sich wieder das generelle Problem von Kreuzfahrten: morgens hin und abends weg ist natürlich ein bisschen knapp für eine fundierte Landeskunde.

Colombo ist eine weitere Visite möglicherweise durchaus wert. Vielleicht, wenn nicht gerade Monsunzeit ist.

Morgen sind wir in Hambantota. Wie ich finde: ein Name, der geradezu nach einem Gedicht schreit!

Vielleicht schreibe ich ja eins.

Liebe Grüße, Euer Gerry

Nach Bordbäcker und Barkeeper eine weitere Jobperspektive: Tuk-Tuk-Fahrer

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