Ihr Lieben,
ich traue es mich fast nicht zu schreiben, aber es ging mir heute früh etwas besser. Aber als ich das dann heute früh dachte, bekam ich eine E-Mail meiner Vermieterin, dass ein Wirbelsturm über Köln-Poll hinweggefegt ist, der auch unser Haus betroffen hat. Irgendwie geht es doch immer noch einen Tacken schlimmer. Mein Nachbarsfreund geht gleich mal nachsehen, inwieweit meine Butze betroffen ist, er konnte aber schon sagen, dass das Dach von seinem Fenster aus betrachtet mitgenommen aussieht. Die Garagendächer sind auf jeden Fall abgetragen worden und wie es Cora geht? Da guckt nachher ein anderer Nachbar und Freund mal nach. Herrjeh! Sucht da gerade irgendwer nach einem neuen Hiob? Naja, es gibt immer noch Schlimmeres.
Nach meinem Joghurt-Wassermelonen-Saft-Frühstück, an das ich mich übrigens prima gewöhnen könnte!, fuhr ich mit der Metro in die „Gardens on the Bay“, jene Buchtgärten, die mit ihren Supertrees wie keine andere neue Sehenswürdigkeit die Postkarten- und Kühlschrankmagnetenlandschaft Singapurs bestimmen. Ich lief zuerst einmal ziellos umher, bevor ich mich entschloss, ein Ticket für die Bimmelbahntour zu erstehen. Da wird einem auf englisch erklärt, was, wie und wo. Anschließend kaufte ich mir ein Ticket für den Skyway, das ist eine Hängebrücke zwischen einigen der Supertrees, die man entlang schwanken kann. Erika merkte auf WhatsApp dazu an, ich sei ja mehr in der Luft als am Boden unterwegs. Schreibe ich gerade in meinem Hotelzimmer in der 24. Etage und nicke dabei zustimmend. Man hat einen schönen Blick auf den Park und das Marina Bay Sands. Die Supertrees sind, wie man sehen kann, künstlich, erzeugen Solarenergie, dienen als Regenwasserspeicher und Luftfilter, machen dies und machen das, richtige Wunderwerke der Technik.
Weitere Highlights der Gardens sind die beiden futuristischen Gewächshäuser, in denen sich mehrere Guinness-Book-Einträge befinden sollen. Der freundlichste Olivenbaum, die bestriechende Durianfrucht, der übellaunigste Tourist… ich habe vergessen, was genau. Ein Olivenbaum kommt aber vor. Und statt der auf Schildern angekündigten Otter, die man nicht anfassen soll, läuft einem auch mal ein Waran vor die Linse. Ich nehme an, den soll man dann besser auch nicht….
Leider hatte ich durch meine bisherigen Aktivitäten schon zweieinhalb Stunden vertan und ich wollte ja noch ein bisschen etwas anderes sehen. So schenkte ich mir diese tropischen Indoor-Gärten und setzte mich in die „gelbe Linie“ des Sightseeingbusses. Ich fuhr am Oberdeck durch Regen, Schnee, Sandsturm, leichte Brise bei Sonnenschein und dergleichen bis zum Zentrum zurück, stieg an einer Kirche aus, lief am Raffles-Hotel vorbei bis ins arabische Viertel.
Es heißt zwar so, aber es sind gar nicht so viele Araber da. Es gibt eine Baghdad-Straße und eine Arab-Street, auch nach Kandahar ist eine benannt. Aber es ist eher das Malaien-Viertel, die zwar größtenteils auch Muslime sind, aber wenig mit Arabien zu tun haben. Es ist ein wunderbares Viertel, genau wie die relativ benachbarten chinesischen und indischen Pendants. In allen drei Vierteln riecht es meistens unglaublich lecker, nach Essen, aromatischen Ölen, Räucherstäbchen, Seifen und Parfums. Es gibt entzückende Läden, kleine Wohnzimmertempel und Speisegaststätten aller Nationalitäten. Sogar einen Spanier auf der Ecke, betrieben von einem Vietnamesen, bei dem es singapurisches Tiger-Beer gab. Ich trank eins und konnte es sogar einigermaßen gut schlucken.
Apropos Alkohol: Es kam im Jahr 2013 nach dem Unfalltod eines Wanderarbeiters in Little India zu ethnisch gefärbten Auseinandersetzungen, bei denen Rettungsdienste angegriffen wurden und etliche Menschen verletzt wurden. Seitdem ist in Singapur der abendliche Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit verboten. Am Wochenende gilt dies wohl ganztags.
Ich erkundete das Viertel ein bisschen weiter, schaute mir z.B. die prachtvolle Sultan-Moschee an, und fuhr dann wieder zum Hotel zurück. Ich war dann doch etwas erschöpft und im Hotel angekommen, hatte ich beim Nachmessen immer noch Temperatur. Die Metro ist übrigens sehr simpel zu benutzen. Man hält seine Kreditkarte am Eingang und am Ausgang hin und die Strecke wird dem Konto belastet. Wenn ich meinen Kontoauszug richtig lese, habe ich gestern weniger als 2 Euro für meine Metrofahrten bezahlt. Hier geht sowieso alles mit Kreditkarte. Ich hatte zu Beginn etwas Bargeld am Automaten abgehoben und in den Läden wundert man sich sehr, wenn ich Bares zücke. Aber ich mag das jetzt ja auch nicht alles mit nach Hause nehmen.
Eigentlich wollte ich nur ein kurzes Nickerchen machen, daraus wurde dann leider ein längeres. Und dann musste ich ein paar Nachrichten wegen des Tornados schreiben. Er scheint arg gewütet zu haben. Ganze Dächer wurden abgetragen, Bäume entwurzelt, Autos zerstört. Die Fotos, die mich erreichen, sind erschreckend!! Meine Cora hat auch deftig was abbekommen. Die Frontscheibe und ein Außenspiegel sind hin und so etwa 1.000 neue Dellen dürften hinzugekommen sein. In der Wohnung scheint es gottseidank nur kleine Auswirkungen gegeben zu haben: die Balkontür war aufgedrückt, die konnte mein Schlüsselwalter wieder schließen. Aber das Badezimmerfenster hat einen Sprung. Man hätte seitens der Immobilienverwaltung gerne Fotos von mir. Ich habe die schon auf einen gemeinsamen Weihnachtskaffee vertröstet. Man schrieb mir, dass schon Dachdecker oben rumturnen. Hoffe, es kommt nicht zu späteren Wassereinträgen.
Dann schrieb ich noch eine kurze, pampige Mail an meinen Reiseveranstalter wegen der abgesagten Südamerikareise und checkte bei Vietnam-Airlines für morgen ein. Damit war dann aber genug unurlauberlicher Quatsch gemacht und mir war nach einem letzten Highlight. Ich beschloss, mit der Metro zur Lichtershow an der Marina zu fahren, die jeden Abend jeweils um 20, 21 und 22 Uhr stattfindet. Als ich eintraf, war es gut besucht, aber jetzt nicht brechend voll. Auch ohne Lichtershow ist der Ausblick auf die nächtlich beleuchtete Skyline einen Ausflug zur Marina wert. Die Lichtershow selbst dann war auch ganz wunderbar. Anders als in Dubai, mit auch mystischen Teilen, sowohl musikalisch, als auch optisch. In Sprühnebel wurden Geister und Figuren reingelasert, das war schon beeindruckend. Ich filmte das ein bisschen, sah mir aber den größten Teil dann nicht durch die Linse an. Ich merkte, dass es voller und voller wurde und hatte plötzlich ganz andere Assoziationen zu Dubai. Daher wartete ich das Ende nicht ab, sondern lief davor schon Richtung Metro, wo ich dann auch gut wieder wegkam.
Die Ruhrpöttler luden mich per WhatsApp noch auf einen GinTonic in ihre Hotelbar ein, aber da war ich schon fast wieder bei meinem Hotel. Abgesehen davon kann ich immer noch nicht richtig reden. Aber ich finde, ich habe zwei wirklich nette Pärchen kennengelernt, und wir haben auch vereinbart, dass man sich von Zeit zu Zeit mal sieht. Und für mich ist das auch keine dahergesagte Urlaubsfloskel. Diesmal jedenfalls nicht…
Ich hatte einen Bärenhunger. Bis auf mein Wassermelonenfrühstück und einem Bier hatte ich noch nichts intus. Da ich immer noch Probleme mit dem Schlucken der Pillen hatte, beschloss ich, nicht in einen Food-Court zu gehen und frustriert an Samosas oder Saté-Spießen herumzunagen, sondern mich bei McDonalds mit Shakes und Eistee abzufüllen. Ein Fischburger lag auch auf dem Tablett, aber den bekam ich nur zur Hälfte weg. Vorteil: Ich a) war ausschließlich unter Einheimischen „essen“ und b) kann, wenn mal wieder die Sprache auf Mäkkes kommt, weltmännisch einfließen lassen, dass ich da das letzte Mal… lass mich nachdenken… ja, das muss in Singapur gewesen sein…
Gleich werde ich packen, ich breche um 10 Uhr Richtung Flughafen auf. Mittags fliege ich dann nach Hanoi, dort habe ich mehrere Stunden Wartezeit, dann geht es weiter nach Frankfurt. Wahrscheinlich alles schön KLIMATISIERT!!!! AAAAARGH!!!!
Natürlich gucke ich mir noch die spektakulären Wasserfälle am Flughafen an, schon alleine deswegen wird es auch einen Abreiseblogeintrag geben, ebenso wie daheim dann einen Epilog, wo ich noch einmal alles Revue passieren lasse. Vielleicht schaut Ihr da ja noch rein? Das würde mich freuen!
Liebe Grüße, Euer Gerry